Die Bekämpfung der Tuberkulose unter den Rindern

Zusammenfassung

Die Anschauungen über die Beziehungen zwischen der Perlsucht der Rinder und der Schwindsucht der Menschen haben im Laufe der Zeit außerordentlich gewechselt. In der Zeit vor Robert Kochs Entdeckung des Tuberkelbazillus gingen diese Anschauungen schon deshalb sehr weit auseinander, weil die Ätiologie beider Krankheiten noch vollständig ungeklärt war; bis zu Ville min (1865) war der ansteckende Charakter beider Erkrankungen noch nicht einmal erkannt und wurde dann noch bis zu Robert Kochs Entdeckung bestritten. Die Literatur dieser Periode ist von Johne (1) übersichtlich zusammengestellt. Von 1882 an wurde in Übereinstimmung mit Kochs grundlegender Arbeit über den Tuberkelbazillus zunächst allgemein die Identität von Perlsucht und menschlicher Tuberkulose angenommen. Hierauf wurden Anfang der neunziger Jahre Unterschiede zwischen Menschen- und Hühnertuberkelbazillen festgestellt. 1898 veröffentlichte Theobald Smith Ergebnisse von Untersuchungen mit „bovinen“ und „humanen“ Bazillen, die er auf Grund ihres morphologischen, kulturellen und tierpathogenen Verhaltens in zwei Varietäten schied. Koch hat dann 1901 auf Grund eigener in Gemeinschaft mit Schütz durchgeführter Versuche, die die Nichtübertragbarkeit von menschlichen Tuberkelbazillen auf das Rind ergaben, sowie auf Grund der von Koch angenommenen Tatsache, daß Tausende von Menschen täglich mit Perlsuchtbazillen stark infizierte Milch genießen ohne zu erkranken, und unter Heranziehung von Baumgartens Beobachtung, daß die Verimpfung von Rinderbazillen auf Krebskranke mißlang, den Standpunkt vertreten, daß die Gefahr der Übertragung der Tuberkulose auf den Menschen durch Produkte (Milch) tuberkulöser Rinder unerheblich sei, und daß die zur Bekämpfung dieser vermeintlichen Gefahr ausgesetzten Geldmittel besser auf die Beseitigung der Hauptansteckungsquelle, der menschlichen Lungentuberkulose, zu verwenden seien.