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Zusammenfassung

Die bekannte Frage, ob der Satz: „Alle Deutschen sind vor dem Gesetze gleich“ (Art.109I RV.) den „Rechtsanwender“, den „Gesetzgeber“ oder beide binde, geht von bestimmten Lehren aus. Das mag unschädlich sein, wenn die vorausgesetzten Meinungen alle denkbaren Möglichkeiten erschöpfen, verstößt jedoch gegen die Regeln der Forschung. Ist eine Frage aus Bestandteilen möglicher Antworten gebildet, so liegt der Verdacht nicht fern, daß die Frage für eine Antwort ‚gestellt‘ sei. Die Bedenken wachsen, wenn die Worte, die zunächst eine Einteilung zu geben schienen, als mehrdeutig erwiesen werden. „Rechtsanwendung“ und „Gesetzgebung“ dienen aber — wie ein Blick ins Schrifttum zeigt — zum Ausdruck verschiedener Begriffe. Die der „Rechtsanwendung“ bisweilen beigegebene Klammer „(Justiz und Verwaltung)“ klärt keineswegs, da die in der Klammer gebrauchten Worte selbst eine Erklärung nötig hätten. Eine genauere Bestimmung der Elemente ihrer Frage versuchen die Fragesteller nicht; falls sie es versuchten, würden sie sich gar bald im Hauptteil ihrer Aufgabe finden, die ja darin besteht, den Begriff für den Gebotsempfänger des Art. 109 I zu schaffen.

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Literatur

  1. Im Sinne des Wunsches, bestimmte Gewaltträger dem Gebote zu unterwerfen, wie im Sinne des auf die gewünschte Bindung dieser Gewaltträger hin Zurechtdenkens (s. ineb. 29). Mainzer, Gleichheit vor dem Gesetz. s Daß man vor einer solchen steht, ist allgemein erkannt (vgl. Aldag 1, E. v. Hippel: AöR. NF. 10, 125), wird indes bei der Ausführung nur zu oft wieder vergessen.

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  2. Diese Rechtfertigung muß freilich von gewissen Grundbegriffen ausgehen, deren Untersuchung zur Lösung der Aufgabe nicht nötig ist. Denn im einzelnen Methodenstreitfalle ist der Aufbau aus den Grundbegriffen nur von der Begriffsstufe ab zu erneuern, auf der die Streitenden zusammenkommen oder eine Verschiedenheit des Wollens bekennen müssen, welche die Erkenntnisgemeinschaft aufhebt, die Voraussetzungen der Auslegung, der Wissenschaft, der die gegenwärtige Fragestellung dient, können nicht selbst in Frage gestellt werden.

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  3. Um aber die Verhältnisse der im rechtswissenschaftlichen Bannkreis vorgetragenen Gedanken ermessen zu lassen, muß man ihren weltanschaulichen Ursprung wenigstens andeuten. Zu diesem Zwecke sind vor allem die unvermeidlichen vieldeutigen Worte zum Ausdruck allgemeinerer Begriffe wenigstens so weit zu erklären, daß die Begriffe des Verfassers auf ihr Verhältnis zu anderen Begriffen geprüft werden können. Eine wissenschaftliche Abhandlung stellt sich nicht dadurch auf „rechtsphilosophische Grundlage“, daß sie im philosophischen Jargon kommt, sondern dadurch, daß sie ihre Begriffe in die letzten weltanschaulichen Bestandteile zerlegt. Die Klagen über die „babylonische Sprachverwirrung der Rechtswissenschaft” (Heck), die „förmliche Sprachverwirrungswut der Rechtsphilosophen“ (Bergbohm 52 Anm. u. 364 Anm.; vgl. auch Goemhe: Gespräch mit ECKERMANN v. 2. 3. 1827 zumal gegen Hegel, von dessen Schule ein Teil der neuesten Verwirrungen auszugehen scheint) werden nicht eher ein Ende nehmen, als ein jeder die Zeichen von Sinn, die er gibt, augenblicks zu erklären gehalten wird.

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  4. Mehr indes als Analyse der eigenen Begriffe, eine Kritik der Begriffsbildung, kann nicht gelegentlich der Behandlung von Sonderfragen, sondern nur unter Fragestellungen versucht werden, die sich auf dieses Ziel richten.

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  5. Ähnlich schon v. SAVIGNY: System I, 216; ausführlich BIERLING: Prinzipienlehre IV, 197–200.

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  6. Die Willenselemente selbst sind nicht logisch ableitbar, sondern nur psychologisch erklärbar. Erst wo ein Willenselement ist oder angenommen wird, kann über die Tauglichkeit aller Begriffe für den gegebenen Willen (Denkzweck) geurteilt werden. Weiteres 51f.

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  7. Die „wunderliche“ (E. Beling: Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie 20 Anm. 1) Frage, ob die Rechts„wissenschaft” als „Wissenschaft” der Auslegung des geltenden Rechts unter den (heimlich wertbetonten!) Begriff der Wissenschaft falle, erklärt sich nur aus Bemühungen um Herabsetzung des sog. Positivismus (der die Auslegung des geltenden „positiven“ [s. folg. Anm.] Rechts als Hauptaufgabe behandelt) zur bloßen „Technik” (ähnlich Baungar EN I, 220). Denn der Begriff der Wissenschaft ist unabhängig von der Beschaffenheit des Gegenstandes, sofern dieser nur der „Wirklichkeit“ (folg. Anm.) angehört. Wissenschaft heißt die Organisation der Erkenntnis (dazu Anm. 1 S. 4), die auf vollständige, durch Ordnung gesicherte Ergebnisse ausgeht. Dem genügt auch die Wissenschaft vom geltenden Recht.

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  8. Recht bedeutet zum Unterschied von „Gerechtigkeit“ = „Recht” im „idealistischen Laiensinne“ (s. Anm. 3 S. 27) schon für sich allein nur „geltendes” _ „wirkliches“ Recht. Von einer hier unausführbaren Kritik des neuerdings wieder verwirrten Wirklichkeitsbegriffs nur so viel, wie zur Vorbereitung der Unterscheidung von wirklichem Recht und bloß gewünschtem unerläßlich erscheint: Ein Gedanke, ein Wollen ist wirklich als psychischer Vorgang oder Inhalt, ohne daß damit „das” Gedachte, Gewollte wirklich sein müßte. Z. B.: Die Vorstellungen eines rächenden Geistes, einer Strafdrohung, der Willensfreiheit, eines absolut Gerechten, Guten, Wahren, Schönen wirken (= leben = sind wirklich): Der Abergläubische flieht, der Putativdelinquent macht einen Schaden gut, der vermeintlich Willensfreie beherrscht sich, der Gläubige predigt, aber deshalb muß noch nicht der „rächende Geist“, die „Strafdrohung”, der „freie Wille“, das „absolut Gerechte” usw. wirklich sein, mit anderen Worten: Das Leben oder die Wirklichkeit einer Vorstellung erlaubt noch keinen Schluß auf die Wirklichkeit ihres „Gegenstandes“ („Inhaltes”). (Fehlschluß z. B. bei Kaufmann: Staatsrl. H. 3, 11, zurückgehend auf den sog. ontologischen Beweis von Gottes Dasein aus der Vorstellung, dem Glauben daran.) Die Auslegungswissenschaft hat es nun aber nicht mit allen möglichen gedachten oder denkbaren, mit welcher geistigen Autorität und philosophisch vielleicht begründeten „Gültigkeits“-Ansprüchen immer auftretenden

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  9. Inhalten zu tun, sondern nur mit dem „Wollen“, das in der Welt des Wirklichen zu der allein dem „geltenden Rechte” eigentümlichen herrschendenWirkung der potentiellen Sanktion durch die Staatsgewalt(Rechtsgeltung) gelangt ist (begriffsbestimmende Eig e ns c haft der „Rechtsnorm“, dazu vgl. Bergbohm 79, 80, insb. 80 Z. 6–1 v. unt. u. Anm. sowie Baumgarten I, 172–177). Die tautologische Bildung „geltendes Recht” (als ob ein „nichtgeltendes” = unwirkliches „Recht“ Recht genannt werden dürfte!) ist aus dem Versuche hervorgegangen, den Gegenstand des Juristen von allerlei zu unterscheiden, das ihm als „Recht” vorgestellt wird, ohne wirkliches Recht zu sein. „Unvermeidlich“ wird sie, „wo es sich gerade um ein in Gegensatz zum,positiven` gedachtes sonstiges,Recht` handelt, um die Rechtfertigung der Annahme eines solchen, seines juristisch klingenden Namens usw. Es hat bei den Leuten denselben Namen, also, schließt man unbewußt und aller Vorsicht zum Trotz unter dem bekannten Einfluß der Sprache auf das Denken, ist es auch das nämliche Ding” (Bergbohm 50/51, Ableitung 43f., insb. auch 49 Anm.).

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  10. Zur heute wie je verworrenen (s. Bergbohm 40, 502–507, insb. Anm. 31; 512 Anm. 39) Lehre von den „Quellen“ oder der Geltung des Rechts, insb. zur Bedeutung des „Juristenrechts” wird auf Bergbohm 521f. und Bierling IV (1911), 323f. verwiesen.

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  11. Einstweilen vgl. Bierrn1g IV, 201; W. Jerraxhk: Gesetz, Gesetzesanwendung usw. 158; Heck: Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz 10.

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  12. Ähnliche Nötigung zu einem für sauberen Sprachgebrauch überflüssigen Beiwort wie die in Anm. 7 S. 2 bemerkte: „Unreine“ Auslegung ware keine Auslegung; wer die gemischten Aufgaben des Richters (als des typischen Auslegers) unter „Auslegung” faßt, setzt partem pro toto und stiftet Verwirrung.

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  13. Wertung ist uns die intellektuelle Erscheinung des Willens. „Wille des Gesetzgebers“ verweist nicht etwa auf eine erdichtete Person „Gesetzgeber”, sondern ist Ausdrucksverkürzung oder Fiktion, in beiden Fallen kaum zu vermeiden und wohl verständlich. (Vgl. insb. Bierlind IV, 258/59.) (Allerdings ist, wer sich dieser Ausdrucksverkürzung oder Fiktion bedient, schuldig, ihren Inhalt bereit zu haben, auf daß Allegorie nicht doch wieder zu Mythus werde.) Wir verstehen unter Wille des Gesetzgebers

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  14. a) in concreto (als Ausdrucksverkürzung): Die im einzelnen Rechtssatz zur Rechtsgeltung (d. h. eben zu Recht) erhobene Strebung derjenigen Macht, als deren Werk die Rechtsschöpfung aufzufassen ist, weil ihre Wertung in diesem Satze zur Herrschaft gelangt ist (Rechtsschôpfungsmaoht); zur Herrschaft gelangt etwa bei einer beschließenden Körperschaft abgesehen von der Möglichkeit einer Willensdivergenz entweder ein Kompromiß-Wollen (internee Kompromiß) der beschließenden Macht oder das Wollen eines Machtteils, das von den andern Machtteilen aus welchen Gründen immer geteilt und zum Sieg geführt wird. (Externes Kompromiß: Fraktion 1 stimmt für einen Antrag der Fraktion 2, damit Fraktion 2 für einen andern Antrag der Fraktion 1 stimme maßgebend jede Strebung für sich; Kompromißwollen dagegen: gemeinsamer Antrag: maßgebend die Resultante der Strebungsvereinbarung; vgl. Wninsoastn: Pand. 83, HECK: Gesetzesauslegung usw. 64/65, Enneocerus: Allg. T. d. bürg. Rechts § 49 [ 1923 ] 109 )

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  15. b) In abstracto (als Fiktion): Das Zeichen der Einheit des Rechtssystems, der notwendigen Ordnung aller rechtlichen Wertungen, bezogen auf die Einheit des Staates und des von seiner Grundgewalt legitimierten Gesetzgebungsorgans.

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  16. Daß der „Wille des Gesetzgebers“ in gewissen Juristenkreisen „eine heute nicht mehr sehr beliebte Denkfigur” (MORsTEn -MaR%: Zeitschr. f. d. ges. Staatswiss. Bd. 86, 549) ist, beweist nicht das Geringste gegen den Wert dieses Begriffs, sondern zeigt nur, wie das politische Ressentiment gegen den Staatsinhalt (der Demokratie) selbst die formalsten Symbole staatlicher Willensbildung unbrauchbar zu machen sucht.a D. i. die „Wirklichkeit“ als Totalität, aus der erst durch den Griff des Willens „Falle”, „Sachverhalte“ usw. abgegrenzt werden. Näheres 32 f.

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  17. Hier zwingt der Stand der Frage, unsere Anschauung vom Wesen der Erkenntnis in einer Richtung anzudeuten, die für die Aufgabe von praktischer Bedeutung werden wird.

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  18. Die Zusammenhänge der Meinungsbildung, zu beobachten an der Geschichte der Doktrinen wie am Spiele der Kinder, lassen „Erkenntnis“ als die Funktion eines menschlichen Organs erscheinen, das so besonders es sein mag

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  19. wie jedes andere der Lebenseinheit seines Organismus’ dient. Da nun die Lebenseinheit (als von anderen „getrennte“ Organisation des Werdens), der das Erkenntnisorgan zugehört, der einzelne Mensch ist, so steht Erkenntnis notwendig im Dienste des Einzelnen, genauer: dessen, was aus den Kämpfen innerhalb seiner Organisation als „Wille”, als das Werden augenblicklich bestimmende Strebung hervorgeht, bei einer bestimmten Ordnung der Kräfte: des „Charakters“, eines Willens im engeren Sinne. Hierdurch sind die elementaren Unterschiede der Denkziele und Fragestellungen, der Arten des Begreifens gegeben. Weitere Unterschiede bewirkt die Beschaffenheit des Denkorgans.

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  20. Diese Anschauung erlaubt zwar nicht mehr, unter den berühmten, mit „heit“ und „keit” gebildeten Worten (Wahrheit, Schönheit, Gerechtigkeit usw.) „absolute“ Gegenstände der Erkenntnis zu denken, führt aber dennoch zu einem der Wissenschaft genügenden Begriff von Objektivität. Denn, indem der Einzelne der Gattung angehört, teilt er die Bedingungen ihres Werdens und also Ziele und Arten ihres Denkens. Wie die Verschiedenheiten der Menschen untereinander unbeträchtlich erscheinen, sobald man eine andere Art daneben hält, wie „Unterscheidungen”, die für eine Rangordnung der menschlichen Gesellschaft von höchster Bedeutung sein mögen, für den Arzt, für den Techniker verschwinden, weil er es mit Daseinsbedingungen von Gattungseigenschaften zu tun hat, so erscheint die Mannigfaltigkeit individueller Denkziele unbedeutend im Verhältnis zu den Strebungen der Gattung. Und wie die Augen der Einzelnen zwar nach Stärke der Farbempfindung, Schärfe des Umrisses usw. verschiedene Bilder der Umwelt geben, aber doch so ähnliche, daß ein gemeinsames „Begreifen“ des Wahrgenommenen, die Bildung eines Begriffs, der jene Unterschiede vernachlässigt, möglich ist, so haben gattungsmäßige Strebungen eine Art der Vorstellungsverbindung (Logik) geschaffen, neben der Besonderheiten der einzelnen Denkorgane abgesehen von mangelhafter, d. h. strebungswidriger Funktion nicht in Betracht kommen. (Erheblichere Unterschiede machen die engeren Gattungen innerhalb der menschlichen Art, z. B. Rassen und Sprachgemeinschaften.)

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  21. Hierauf allein beruht mit der Sprache das wissenschaftliche Verfahren, das den Einzelnen nötigt, einen durchAbstraktion, d. h. durch Ausscheidung aller für den Denkzweck der wissenschaftlichen Gemeinschaft unwesentlichen Merkmale, gebildeten Begriff mit dem vereinbarten Ausdrucke festzuhalten. Hierauf gründet sich schließlich jeder Anspruch auf überindividuelle (gattungsmäßig absolute) Geltung einer Erkenntnis. Und wie das gemeinsame Begreifen einer Gattung die Sprache, die Wissenschaft, die „Kultur“ erzeugt, so verfällt mit ihrer Sprache die Kultur, mit ihrer Ausdruckssicherheit („Terminologie”!) die Wissenschaft. Sprachsünden zerstören endlich jede geistige Gemeinschaft.

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  22. Die Lehre von der Dienstbarkeit des Verstandes für den Willen ist vornehmlich durch Schopenhauer und NIETZSCHE entwickelt, die Lehre von der Beschränkung der Erkenntnis auf die „Erscheinung“ der Dinge, d. h. das, was unsere Werkzeuge uns „vermitteln” = daraus für uns machen, kann, trotz aller Unterschiede der Entwicklung, als eiserner Bestand der Erkenntnistheorie Kants, Schopenhauers und NIETZSCHES gelten. Versuch einer Zusammenfassung: VA Ungers „Philosophie des Als-Ob”.

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  23. Über den „Zusammenfall von Sprache und Denken“ (genauer: für den Ausdruck zur Wirkung auf die Umwelt arbeitendem Denken) vgl. statt vieler Stammler: Theorie 602, auch etwa Nietzsche: Wille zur Macht; Nietzsches Werke, Kröner 1922, X, 391 Nr. 522: „Wir hören auf zu denken, wenn wir es nicht in dem sprachlichen Zwange tun wollen.”

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  24. Insofern wird die Rechtswissenschaft als Wissenschaft zur Auslegung des geltenden Rechts Geschichte der Politik zum Gegenstande nehmen (und bedeutet die oft berufene Rektoratsrede Trizpei 31926 „Staatsrecht und Politik“ [s. insb. 19] keine Kursänderung). Aber Wissenschaft von der Politik und Politik ist zweierlei, und die Einsicht, daß über „Erkennen” und „Gestalten“ derselbe Wille herrscht, zwingt den „Erkennenden” zu verschärfter Achtsamkeit auf die Grenzen seiner Funktion.

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  25. Daß der politische Wille und seine Ideologie unbewußt oder bewußt unter dem Vorwande der Erkenntnis politischer Zusammenhänge arbeitet, aus denen der Sinn von Rechtssätzen ersehen werden soll, ist im Zeitalter des Erkenntnis-Nihilismus eine Gefahr, die zum Untergange der Wissenschaft vom geltenden Rechte führen kann. Daß diese Gefahr bei Auslegung der Verfassung am größten ist (eindringlich Bergbonn 348/49), daß hier die Forschung am strengsten auf ihr Ziel, die Erkenntnis des gesetzgebenden Willens, halten muß,. daß der „Kampf gegen das Willensdogma“, wenn irgendwo, bei der Auslegung des Staatsgrundgesetzes ungerechtfertigt erscheint (vgl. W. Jelline: Gesetz usw. 157, HECK: Gesetzesauslegung usw. 182), daß endlich alles gegen die sog. objektive Theorie in der folgenden Anmerkung im allgemeinen Auszuführende für unsere Verfassungsfrage erhöhte Bedeutung hat, bedarf kaum des Hinweises.

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  26. Wie weit die „Politisierung der Rechtswissenschaft“ schon fortgeschritten ist, wird gerade an dieser Frage deutlich werden, und es ist bezeichnend für eine verbreitete Stimmung, wenn Waldecker (MR. NF. 13, 96) sagt: „Bis heute hat noch niemand das Geheimnis verraten, wie man politische Einflüsse aus der Justiz überhaupt eliminieren kann.” Mag aber wirklich niemand vor sich selbst sicher sein, so hat man doch in der Leidenschaft der Erkenntnis die Kraft, politische Leidenschaften niederzuzwingen. Im Stolz des Denkers liegt das „Geheimnis“: Die Geschichte bietet genug Beispiele jenes geistigen Feuers, in dem der Mensch sich vergißt, ja um Erkenntnis willen sein Leben einsetzt. Je mächtiger das Erkenntnisleben, desto geringer die politische Irritabilität (vor dem übrigen „Wollen” in und außer uns).

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  27. Hier, im Ziel und Begriffe der Auslegung, scheiden sich die sog. „subjektiven“ und„objektiven” Deutungstheorien.

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  28. Die sog. subjektive Theorie, deren Grundzüge oben entwickelt werden, sucht in dem vieldeutigen Wortbestand des Gesetzes nur die Wertung, die von den Schöpfern („subjektiv“) damit gesetzt sein sollte. Die sog. objektiven Theorien „suchen” in den Worten des Gesetzes einen vom Wollen seiner Schöpfer mehr oder weniger unabhängigen, angeblich „objektiv” aus ihnen zu gewinnenden Sinn. „Das Gesetz denkt und will gegen diese Un-Vorstellung s. insb. STAmmixu: Theorie 614 oder Bierlind IV, 258/59, was der vernünftige Volksgeist aus ihm entnimmt“ usw. (Bindino: Hdbch. d. Strafr. I, 454f.). „Gesetz” sei, was das „Rechtsbewußtsein der Rechtsgemeinschaft“ (Lersholz), der „Gesetzesadressaten” (Laun: Staatsrl. 3, 45), der „breiten Massen“ (Laun: ebenda), der „führenden Volks- oder Kulturschicht” (WÜSTENDÖRFER), der„Juri- sten“ des einzelnen Richters usw. bei dem Gesetz als Recht denke (vgl. Merhl: DRZ. 1919, 291 ).

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  29. Die in der Praxis herrschende sog. „Ausdruckstheorie” (vertreten etwa durch Bierling, s. Prinzipienlehre IV, 230/31, und Enneccerus, s. Allgemeiner Teil [1923] 107 § 49 hierzu die von der Doppeldeutigkeit des Wortes „Ausdruck“ ausgehende u. E. treffende Kritik HECKS, Gesetzesauslegung 79) ist subjektivistische Theorie mit dem Zugeständnis der Ängstlichkeit, daß der von ihr gesuchte, geschichtliche Wille des Gesetzgebers „irgendeinen, wenn auch ganz unzulänglichen” „Ausdruck“ im Gesetz gefunden haben müsse.

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  30. Eine ausführliche Würdigung des Problems vom „subjektivistischen“ Standpunkt gibt HECS: Gesetzesauslegung usw. (vgl. jetzt noch RüMELIN 26f.). Wir müssen uns auf einen Gedanken beschränken, der für die gegenwärtige Auslegungsfrage von besonderer Bedeutung werden wird.

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  31. Eine rechtliche Wertung wird aufgerichtet, damit sie herrsche, das Gesetz als Ausdruck dieser Wertung wird geformt, um vollzogen zu werden genauer: um die Wertung zu vermitteln, damit sie, angewandt, ihre Herrschaft ausübe. Das ist so selbstverständlich, daß es bei Ableitung des Satzes, die der Rechtsanwendung dienende Auslegung habe nur die „gesetzte“ Wertung zu suchen, gar nicht ausgesprochen werden mußte.

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  32. Es ist daher nicht etwa wie z. B. Merkl: DRZ. 1919, 292f. meint eine petitio principii, die „unausgesprochene Forderung des Gesetzgebers nach Anwendung der historischen Interpretation für rechtsverbindlich zu erachten“. Es ist zwar denkbar, daß der Gesetzgeber dem Ausleger alle möglichen Freiheiten einräumt, aber nicht die eine: von der seiner Vorschrift immanenten Wertung, vulgär ihrem „Sinne” abzuweichen. Denn ein Gesetzgeber, der die Auslegung anwiese, nicht nur den Wortlaut entsprechend der gesetzten Wertung gegebenenfalls durch „Tatbestandsberichtigung“ aufzufassen, sondern die Wertung selbst anzugreifen, d. h. seinen gesetzgeberischen Willen nicht zu beachten, würde in Wahrheit keinen gesetzgeberischen Willen äußern, vielmehr die gesetzschaffende Gewalt an die „Gesetzesanwendung” abgeben. Wäre deshalb die Aufstellung werthaltiger Rechtssätze in der Absicht, die Wertsetzungsbefugnis zu übertragen, unbegreiflich, so enthält jede werthaltige Satzung des Gesetzgebers notwendig (und deshalb auch ohne ausdrückliche Bestimmung) den Befehl, die, gesatzten Wertungen anzuwenden. (In unserem Sinne jetzt wohl MERuL: Allgemeines Ver-. waltungsrecht 114 Z. 24/23 v. unt.)

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  33. Zur Vorbereitung der Gesetzesanwendung wird der Auslegungswissenschaft jedes Mittel recht sein müssen, das auf die Erkenntnis des gesetzten Willens hinführen kann, mithin die Setzungsgeschichte heranzuziehen sein, soweit die sprachlichen Ausdrucksmittel des Gesetzgebers versagt haben. (Näheres oben einstweilen vgl. HECK 49 [Gesetzesauslegung usw.], EHRLICH in JherJahrb. 67, 29 Z. 9/14.)

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  34. Warum also streben alle sog. objektiven Theorien von der Entstehungsgeschichte los Y Warum wollen sie die Mittel der Auslegung auf die eine Gruppe der sprachlichen beschränken Y

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  35. Nun weiß man, daß alle sprachlichen Ausdrucksmittel mehrdeutig sind, daß sie „Verschiedenen verschiedenes“ (SIGwART vgl. STAMMLER• Theorie 604 u. insb. JherJahrb. 67, 1f.) bedeuten.

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  36. Dazu kommt die allgemein erkannte Möglichkeit mangelhaften sprachlichen Ausdrucks, d. h. der Abweichung des „sprachlich bevorzugten Bildes“ (HECK) vom wirklichen Willen des Gesetzgebers.

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  37. Wenn daher die sog. Objektivisten die Auslegung auf die Wirkung gründen, die ein möglicherweise unpassender und mehrdeutiger (d. h. eben: verschiedener Wirkungen fähiger) Wortlaut im „Rechtsbewußtsein“ und „Rechtsgefühl” auslöst, so verraten sie, daß es ihnen gar nicht um die Wertungen zu tun ist, zu deren Anwendung das Gesetz geschaffen worden (vgl. BIERLING: Prinz’. IV, 272), und wenn man ihre verschiedenen „geläuterten“ Rechtsbewußtheiten und Rechtsgefühle nur ein wenig näher betrachtet, so sieht man, daß dergleichen in der Wirklichkeit nirgends „an sich” zu finden, sondern immer nur durch das Bewußtsein eines Auslegers zu „ermitteln“ ist, daß es sich wie unsere Ausführung am Beispiel des Art. 109I zu zeigen haben wird um Erdichtungen oder schöne Worte handelt, hinter denen sich die Rechtswünsche des Auslegers oder einer ihn beherrschenden Gruppe verbergen. Wieviel „Idealismus” dabei im Spiele sein mag, der dem Recht von „Gestern“ den Gehorsam aufkündigt, um richtiges Recht zu schaffen (vgl. etwa WÜSTENDÖRFER: ArchzivPrax. 110, 316/18), ist für die Auslegungswissenschaft belanglos. Auch „Positivisten” haben Ideale und bannen sie aus dem Bereich der Rechtserkenntnis, „nicht um das Denken und Fühlen einer vergangenen Zeit… zu konservieren“ (Stoll: JherJahrb. 76, 180), sondern weil nur der im Gesetz herrschende Wille Gegenstand der die Anwendung dieses Willens vorbereitenden Erkenntnis sein kann. Die Auslegung vermag wohl die Wertung von Gestern auf die Verhältnisse des Heute sinnvoll zu übertragen („denkender Gehorsam” Heck, vgl. auch RÜMELIN: Gesetz usw. 290f., insb. 292), sich derart in die Willensverhältnisse des Gesetzgebers zu vertiefen, daß mit brauchbarer Wahrscheinlichkeit (nicht mit Sicherheit, wie W. Jellinek: Gesetz usw. 167 meint, vgl. Heck 239) bestimmt werden kann, was er „anordnen würde” (allerdings nicht „als verständiger Mensch“, womit die subjektive Spekulation der sog. objektiven Lehre in die richtige Variante der sog. subjektiven Theorie einzudringen sucht, sondern in seiner wirklichen Beschaffenheit, ohne Antastung der geschichtlich bestimmend gewordenen Wertung!) , aber gerade zu dieser Leistung befähigen sie nicht so sehr die sprachlichen wie die geschichtlichen Erkenntnismittel

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  38. Wer deshalb der Entstehungsgeschichte in Auslegungsfragen ihren Platz zu nehmen, das Gesetz vom Gesetzgeber „loszureißen“, den „Willen der Verfasser gleichgültig” (THÖL: Einleitung in das Privatrecht 150) zu machen sucht, ist verdächtig, das Gesetz vereiteln zu wollen. Wer die Auslegung allein auf das sprachliche Ausdrucksbild des Gesetzes abstellt, ist selbst wenn er es nicht beabsichtigt in Gefahr, in den „Ausdruck“ hineinzulegen, was nach seinem Gutdünken Recht sein sollte (vgl. WrNDSCHEID: Pand. 89 Anm. 8). Deshalb ist, wie schon oft betont (z. B. von Merkl: DRZ. 1919, 292), das Beiwort „objektive” Theorie falsch: In Wahrheit hat man es mit den verschiedensten Versuchen zu tun, Subjektivismen an Stelle der geschichtlich begründeten (objektiven) Rechtswirklichkeit zur rechtlichen Geltung zu bringen (vgl. noch Bierlind: Prinzl. IV, 273 Anm. 62).

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  39. Das aber ist das Wesensmerkmal jener unreinen Denkart, die wir „naturrechtlich“, besser (da das „Naturrecht” im engeren Sinne des Natur- oder Vernunftrechts der Aufklärungszeit nur eine Spielart der sog. naturrechtlichen Denkweise ist typische Verwechslung des allgemeinen und des geschichtlichen Begriffs bei Leibholz 73 u. Nachw. 3) wunschrechtlich nennen.

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  40. Unter Wunschrechtelei verstehen wir die Verquickung von Rechtswirklichkeit und Rechtswünschbarkeit, sei es, daß geltendes Recht um seiner Geltung willen als wünschenswert (ideal, wünschbar) oder gewünscht, sei es, daß ein (bloßer) Rechtswunsch als geltendes Recht dargestellt wird. Ursache dieser Erscheinung ist jene Verquickung von Wirklichkeitsbild und Wunschbild, die nicht nur im Reich des Rechts, sondern auf allen Gebieten menschlichen Denkens und Handelns die Erkenntnis des Wirklichen wie die Verwirklichung der Wünsche hintanhält und in Schwächen des Intellekts (Begriffsschwäche) wie des Willens begründet ist, die sie unsterblich zu machen scheinen.

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  41. Die konservative Strebung der Wunschrechtelei, welche in neuerer Zeit namentlich von Kelsen demaskiert worden ist (vgl. insb. „Naturrecht und positives Recht“ in Internationale Zeitsohr. f. Theorie d. Rechts, 2. Bd., 88f.), geht, aus welchen Motiven immer, auf die Glorifizierung des positiven Rechts und erzeugt Ideologien oder Mythen, kraft deren die rechtliche

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  42. Das Ziel der rechtswissenschaftlichen Auslegung. 7 Realität den Rechtsunterworfenen als ein aus „Gott“, „Gerechtigkeit” oder ähnlichen Geltungsquellen abgeleiteter Wert erscheint (Rechtsmythisierung). Von dieser Richtung droht bei der Einstellung der meisten Wunschrechtler zum bestehenden Staate augenblicklich keine Gefahr, an der Tagesordnung ist vielmehr und beschäftigen wird uns ausschließlich die andere Strebung, die in Widerspruch mit der bestehenden Ordnung eigene Erzeugnisse für geltendes Recht ausgibt.

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  43. Diese revolutionäre Strebung der Wunschrechtelei, welche lange für die einzige gegolten hat, weil nur sie ein vom geltenden Recht sachlich verschiedenes Produkt, das sog. Naturrecht besser Wunschrecht (worin sich das Pseudowesen des als „Recht“ auftretenden Wunsches ausdrückt), aufweist, ist bereits von BERGBOHM nahezu erschöpfend untersucht worden. Zwar möchten die modernen offenen und verkappten Wunschrechtler BERGBOHM gar zu gerne begraben, und ist es Mode geworden, mit verächtlichen Wendungen, welche jeder Begründung entbehren, über ihn hinwegzugehen, in Wahrheit aber ist seine Kritik der Machenschaften der revolutionären „Naturrechtlerei” bis heute nicht widerlegt worden. Was immer der BERGBoBssschen Lehre noch fehlen mag (s. namentlich Kelsen a. a.0.!), entwertet nicht jene scharfsinnige Analyse der gelehrten Rechtsfälschung, welche heute wie je aktuell ist und die Verfehmung einzig ihrer Peinlichkeit verdankt.

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  44. Mit BERGBOHM erkennen wir jedes Wunschrecht als den Versuch eines Rechtswunsches, rechtliche Geltung auf Kosten der positiven (wirklichen) Rechtsord- nung zu behaupten.,,… Naturrechtlich ist“, faßt Bergbohm (140/41) zusammen, „jede Vorstellung von einem Recht, das nicht mit dem positiven Satz für Satz… identisch ist, trotzdem aber den Anspruch haben soll, etwas für das Rechtsleben… Maßgebendes zu bedeuten. Naturrecht treibt mithin, wer eine solche Idee von einem Recht, das kein Produkt eines aus äußeren Tatsachen erkennbaren Bildungsprozesses innerhalb des Rechtskreises, für den es gelten soll, sondern seines eigenen Bewußtseins, Nachsinnens oder Wunsches ist, hegt und seine Ansichten über Umfang und Inhalt der im Leben rechtsverbindlichen Normen dadurch beeinflussen läßt. Ob er diese seine Rechtsvorstellung mit einem Namen benennt oder als unbenannte Größe in juristisch sein sollende Deduktionen hineinspielen läßt (!), ob er ihre Rechtsqualität offen behauptet oder nur subintelligieren (!) läßt, macht dabei keinen Unterschied… Der Sache nach besteht naturrechtliche Methode überall, wo die behufs Beurteilung einer Rechtsfrage erforderliche Norm aus subjektiven tYberzeugungen statt aus objektiven Erkenntnismitteln des gewordenen Rechts oder aber aus den Quellen eines fremden Rechtsgebiets(das merke man besonders vor!) statt aus den einheimischen geschöpft wird.”

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  45. Wie das wunschrechtliche „Rechtsideal“ konzipiert wird ob aus dem Wesen der „Natur”, „Gottes“ mit „unwandelbarem” Inhalt oder aus den „nach Zeit und Ort wandelbaren Anschauungen der Gesellschaft“ (Triepel: Goldbilanzenverordnung usw. 30), aus dem stets in Bildung begriffenen „Volksgeist”, ob es „rationalistisch“ abgeleitet oder „phänomenologisch durch unmittelbare intuitive Anschauung” (Leibholz: Nachw. 3) erwiesen wird, ist danach unwesentlich, das einzige Merkmal, durch das alle Arten des Wunschrechts unverkennbar gezeichnet sind, ist die Anmaßung des bloßen Rechtswunsches, geltendes, d. h. für die Rechtsgemeinschaft verbindliches Recht zu sein, ohne daß er zuvor die Machtprobe der „Positivierung“ bestanden hat, d. h. normalerweise: auf dem verfassungsmäßigen Wege Gesetz geworden ist.

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  46. Der Versuch der objektivistischen „Ausleger“, die Forschung nach dem Willen, der dies erreicht hat, zu verhindern, um an seiner Stelle etwas anderes als Gesetz ausgeben zu können, ist daher ein unfehlbares Symptom wunschrechtlicher Befangenheit. Die sog. objektive Theorie ist nur das Rüstzeug jeder Art Wunschrecht zu einer Zeit, in der offene „Bekenntnisse” zu peinlich gewesen wären. Nachdem sich aber die „objektivistischen“ Stimmen genügend gemehrt, hat die sog. „Freirechtsschule” die unbequeme methodische Maske abgenommen und das revolutionäre Gesicht gezeigt. Und heute geht es der Wunschrechtlerei wieder so gut, daB ihre charakteristischen Wendungen allenthalben ohne Scheu hervorkommen und an Ort und Stelle den Nachweis ermöglichen, daß es den betreffenden Autoren gar nicht um Auslegung des Art. 109 I, sondern darum zu tun ist, durch die Magie eines altehrwürdigen Zeichens ihre rechtspolitischen Wünsche der Verfassung unterzulegen.

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  47. Deshalb ist es gefährlich, einen Aufsatz zu überschreiben „Rechtspositivismus und modernes Naturrecht in ihrer methodologischen Berechtigung“ (Tartarin-Tarnneyden in ZöR. 7, 22f.), denn, wie schon jetzt zu sehen, hängen die Methoden von den Zielen ab, die für Realisten und Naturrechtsgläubische etwa so verschieden sind wie für Naturwissenschaftler und Theologen. Macht man den Versuch, aus „dem” Wege ein Urteil über die Ziele zu gewinnen, so geht man der petitio principii so gewiß entgegen, wie die Wunschrechtelei mit Vorliebe im Schafspelz methodologischer Untersuchungen auftritt. „Der Gegensatz zwischen Naturrechtslehrern und Positivisten läuft“ nicht, wie TARTARIN-TARNH:EYDEN (S. 37) meint, „… auf eine Unklarheit über die Methoden der Rechtswissenschaft… hinaus”, sondern umgekehrt sind alle größeren Unklarheiten der Methodik nur Folgen des Kampfes zwischen Rechtsrealismus und Wunschrechtelei um das Ziel.

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  48. Freilich hat der Verteidiger des Realismus heute wie je zu erwarten, daß er in den Darstellungen von Schriftstellern nicht wiederzukennen ist, die sich selber Idealisten nennen, indem sie bei geistesgeschichtlicher Gelegenheit die Mehrdeutigkeit des Ausdrucks, die Wertbetonung des landläufigen Begriffs von Idealismus ausbeuten (man vergleiche dazu, was CARL Spitteler: Prometheus und Epimetheus, Vorwort zur 2. Aufl. [1906] „der Literaturgeschichte zur Notiz“ empfiehlt!), ihre Gegner aber als „Formalisten” (dazu vgl. Kelsen: ZöR. 1928, 225), „Materialisten“ (statt der richtigen geistesgeschichtlichen Einfügung als „Rechtsrealisten” ohne Beigeschmack ! wie, wenn man den sog. Rechtsidealismus fortan Rechtsspiritismus nennen wollte Y!) zu bezeichnen pflegen, die sogar mit einer Krankheit, der „Naturrechts-phobie“ oder „Methodenhypochondrie” behaftet seien (während ein jeder weiß, daß zu allen,,Bekenntnissen“ heute weniger Mut gehört, als zu dem des Rechtsrealismus, und daß die Strenge des methodischen Denkens im Betriebe der Wissenschaft geradezu der Kraftmesser des männlichen Geistes ist).

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  49. Soweit die Auslegung des Art. 109 I mit derlei Auslassungen begleitet wird, kann es nicht unsere Aufgabe sein, die schiefen Antithesen zu widerlegen, mit denen man aus dem Positivismus ein herrlich zu schlachtendes Monstrum macht (wie z. B. LEIBHOLZ: Nachw. 1–4, als Beleg ein beliebiger Satz, etwa folgende „beiläufige“, von mildem Verstehen getragene Bemerkung, [die beiläufig die vorausgehende unbewiesene Behauptung der Existenz der „höherwertigeren Sinnordnungen” der „transpersonalen Werte“ suggeriert] S. 2: „Man kann natürlich aus Resignation oder Bequemlichkeit auf das letzte Erkenntnisstreben transpersonaler Werte Verzieht leisten” als ob jemand, der nach seiner Sprache noch nicht mit dem ersten Streben nach Erkenntnis begonnen zu haben scheint, das Streben nach Erkenntnis letzter Werte für sich in Anspruch nehmen dürfte!). Denn außer dem Bemühen, mit wissenschaftlicher Gebärde den realistischen Ausleger des Art. 109 I von vornherein unmöglich zu machen oder die Gegensätze in abstrakte Entfernungen zu projizieren, auf welche die Richtigkeit der Projektion im Augenblick nicht nachgeprüft werden kann, haben sie mit unserem Gegenstande keinen „notwendigen“ Zusammenhang.

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  50. Gegenüber dem ganzen neuerlichen Terror der Naturrechtsphrase sei nur auf einige Bemerkungen BEROBORMS verwiesen, die auch für die Zukunft genügen dürften: 5, 39, 115/119 u. 119 Anm. 239 (gewollte Unklarheit, Sprachmißbrauch, Begriffsverfälschung), 342, 343 (suggestive Unklarheit), 361–364 (Formenwechsel).

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  51. Damit ist kein Vorrang dieses Erkenntnismittels vor dem der Entstehungsgeschichte gemeint, sondern- man wird von dem Mittel der Erkenntnis des gesetzgeberischen Willens ausgehen, das gerade zur „Vermittlung“ des Willens geschaffen worden und nach dem Gedanken jeder Wortgesetzgebung in der Regel seinenZweck erfüllt. Nur diese, nicht hoch genug zu schätzende, Bedeutung der Sprache als „Gedankenweckerin” (vgl. Beroborm 382, Z. 4–1 v. mit.) gibt jenen Theorien eine gefährliche Anziehungskraft, die ausschließlich auf den Wortlaut Wert legen, weil sie die durch das Wort „geweckten“ Gedanken des Auslegers an Stelle der gesetzgeberischen zu setzen trachten. (S. Anm. 1 S. 6f.).

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  52. Das Gewohnheitsrecht kann bei Vorbereitung der Auslegung einer Gesetzesstelle vernachlässigt werden.

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  53. Vgl. Nawiasry: Staatsrl. H. 3, 30. Eine genauere Bestimmung des Verhältnisses des von der Nationalversammlung geschaffenen Verfassungsrechts zu dem Recht, auf das die Nat.Vers. stieß, und zu dem späteren nicht verfassungsändernden Recht erübrigt sich bei der geringen Bedeutung der in unserem Falle außer der Verfassung in Betracht kommenden Rechtsquellen.

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  54. D. h. zum Zwecke der Übermittlung des gesetzgeberischen Willens ungeeignet (vom „Versprechen“ [Redaktionsversehen] bis zur leichtesten Schwankung des mit einem Worte verbundenen •Begriffs).

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  55. Gebotsvorstellungen“ (vgl. Heck 94/95) dürfte zu eng sein. Denn die Gesetzgeber können etwas wollen, ohne es vorzustellen, ja es ist bisweilen die wirkliche oder vermeintliche ZielgewiBheit gemeinsamen Wollens, welche die Ausbildung von Vorstellungen über den Inhalt des Gebots hindert (s. z. B. 61 f.). Das Bewußtsein stellt sich erst infolge von (inneren oder äußeren) Widerständen ein, als eine Beleuchtung, die ständig wechselt und nicht immer bis zur entscheidenden Tat der Abstimmung vorhält. Von unbewußten Vorstellungen aber kann man nicht sprechen, ohne den Begriff der Vorstellung eines wesentlichen Merkmals zu berauben.

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  56. Unter dem „normativen Willen“ des Gesetzgebers wird vielfach (z. B. bei HECK 49/50) das oben Ausgeführte verstanden. Aber die sprachlich unrichtige Bildung, welche einen Inhalt des Willens als Eigen. sohaft erscheinen laßt, gerät leicht in unbegründeten Gegensatz zu dem „wirklichen” („psychischen”, „psychologischen“) Willen der Gesetzgeber von dem er abstrahiert ist. Hat man erst das „normative” dem „wirklichen Wollen“ der Gesetzgeber gegenübergestellt, so kann es mit allerlei anderem Geist als dem der Gesetzgeber gefüllt werden. Vgl. noch Baanuo as 545, Anm. 9 unt. u. W. Jellineb: Gesetz usw., 162/63.

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  57. Nur eine Folge dieses Grundsatzes ist es, wenn das RG. (81, 282) die Vernehmung von Abgeordneten als Zeugen der Entstehungsgeschichte billigt.

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  58. Näheres HECK, § 11, 105f.; über die aus dem verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahren erwachsenden Schwierigkeiten und Erleichterungen insbesondere Bieblmg IV, 273f., vornehmlich 278/79, 284/85.

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  59. Unter Berufung auf die hiermit entkräftete Stelle kündet LEIBHOLZ im Nachwort (10): „es ist schon darauf hingewiesen worden, daß aus der Entstehungsgeschichte eines Rechtssatzes niemals bindende Schlüsse auf die inhaltliche Deutung der auszulegenden Normen gezogen werden können, insbesondere dann nicht, wenn gerade geltend gemacht wird, daß der tiefgehende Wandel in der Statik wie der Dynamik unseres Verfassungslebens eine andere Sinndeutung des Rechtssatzes erfordert“. Seltsame Verdrehung! Was in aller Welt kann über den „tiefgehenden Wandel in der Statik wie der Dynamik unseres Verfassungslebens” Aufschluß geben, wenn nicht die Geschichte dieses Wandels, konzentriert in dem geistigen Kampfe um die Weimarer Verfassung (Entstehungsgeschichte) f Freilich tut LEIBHotz so, als ob die Vertreter der geschichtlichen Auslegung ihre Schlüsse aus dem nicht mehr geltenden Art.4 der alten preußischen Verfassung zogen; in Wahrheit spielt die Auslegung des vorrevolutionären preußischen Gleichheitssatzes nur soweit eine Rolle, wie die Schöpfer der Weimarer Verfassung sie in ihren Willen aufgenommen haben, und weder AxsonüTZ noch v. HIBPEL haben daran gedacht, ihre Auffassung des Art. 4 in das neue Staatsrecht zu „transponieren“ (Heck). Deshalb geht die Anmerkung 24 (10) des LEumorzschen Nachwortes an den Ausführungen v. HmPELS 139f. (insbesondere 142, S. 9–14) vorbei. Erst eine nach Erlaß der Weimarer Verfassung eintretende Rechtsumwälzung könnte die Bedeutung der Entstehungsgeschichte des Art. 109 I modifizieren. (Von Smend, 165, wohl übersehen.)

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  60. Indes scheint es Leibholz selbst mit der „Lösung der Norm von ihrer Entstehungsgeschichte“ nicht allzu ernst zu nehmen, da er (34) erklärt: „diese Annahme (daß sich Art. 109 I an den,Gesetzgeber` wende) kann sich vor allem auf die Entstehungsgeschichte der Grundrechte berufen. In der ausgesprochenen Tendenz geschaffen, das Individuum nicht nur gegen Willkürakte der Verwaltung, sondern auch des Gesetzgebers zu schützen (dazu Hinweis auf Art. 107 des III. Entwurfs!), wird diese Auffassung durch die Existenz einer Reihe von Verfassungsbestimmungen bestätigt, die aktuelles und zwar auch den Gesetzgeber bindendes Recht enthalten” durch ein kleines Unglück im Satzbau sind hier die Motive der LEIBHoLzschen „Auffassung“ entblößt (sachliche Widerlegung in Anm. 4 S. 27)

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  61. Seite 35 hält er es allerdings wieder für gut zu sagen: „entscheidend für die Interpretation ist immer der mit dem Wortlaut zu verbindende Sinn der einzelnen Bestimmung“.

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  62. Der Vorwurf der Methodenuntreue (die ein verzeihliches Versehen sein kann) wäre hier nicht am Platze. Es handelt sich vielmehr um gelegentliche „methodische“ Ergüsse zur Verbrämung jenes (weit verbreiteten) unwissenschaftlichen Verfahrens, das jeweils die Mittel anwendet, die zum gewünschten Ergebnisse führen, und dem der Jurist den Ruf verdankt, „alles begründen zu können”. Man wird nicht fehlgehen, dahinter wunschrechtliche Gedanken zu suchen, deren Anspruch, als Recht zu gelten, schließlich jede Methode hinderlich wird. Der Nachweis dieser Absichten wird in der Ausführung abfallen, ohne daß es nötig ware, sämtliche Stellen zu konfrontieren, an denen Leibholz sich als Positivist gibt, und an denen er sein Wunschrecht geltend macht. Einstweilen vgl. „positivistisch“: 63, 66 Z. 4–3 v. unt., wunschrechtlich: 69, 71 Anm. 1 mit dem berüchtigten, auf der Doppelbedeutung von „Recht” beruhenden Wortspiel, Z. 10–6 v. unt., und 97, ferner v. Hippel 130 u. Nawiasky: Staatsrl. H. 3, 41, deren Feststellungen LEIBHOLZ (Nachw. 3) durch die schon erwähnte (Anm. 1 S.5f.) Verwechslung des allgemeinen Naturrechtsbegriffs mit dem geschichtlichen, (unter den sein „Rechtsidealismus“ von niemand gestellt wird), zu entgehen sucht.

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  63. Eine „allgemeine Ideengeschichte“ „des” Gleichheitssatzes von den Zeiten der Griechen (vgl. etwa R. Hirzel, Themis, Dike u. Verwandtes, 1907, 228f.) oder auch nur der nordamerikanischen Verfassung her gibt es gar nicht. Denn das einzig „Bleibende“ in dieser Geschichte wäre die Phrase von der Gleichheit aber bedeutet „égalité” wirklich dasselbe wie „equality“ und beides dasselbe wie „Gleichheit”, um nicht verklungener Worte noch entlegener Sprachgemeinschaften zu denken, in denen „der Gleichheitsgedanke“ „Ausdruck gefunden hat” ?

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  64. Bei der Übersetzung der Worte verschieben sich“ bekanntlich die Gedanken (BERanom 424, AL. 10 s. a. unsere Anm. 2 u. 7 S. 2 u. 1 S. 4). In Wahrheit hätte man es nicht mit der Geschichte einer nach irgendeiner Richtung festgehaltenen Idee, sondern mit den Ge- schichten einer ganzen Anzahl von Ideen zu tun, die zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten, mit verschiedenem Gehalt entstanden und nur scheinbar durch Zeiten und Länder „gewandert” sind, weil jede Rezeption ihr Wesen wieder geändert hat. Schon der Versuch

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  65. Nawiastys (Staatsrl. 3, 26), die Geschichte „des“ Gleichheitssatzes „auf eine kurze Formel” zu bringen, zeigt, daß unter den Schlagworten der Gleichheit mehrere wesensverschiedene Ideen umgegangen sind (vgl. auch Riezler: Das Rechtsgefühl 88). Untersucht man erst die dem Satz „am Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts“ von NAWIASKY verliehene Bedeutung mit ALDAO (13f.) ein wenig weiter, so wird „klar, daß zwischen Art. 1 der Erklärung der Menschenrechte von 1789 „naissent et demeurent libres et égaux en droit” und Art. 3 der Verfassung von 1793 „sont égaux par la nature et devant la loi“ ein großer Unterschied besteht” (ALDAG 15), und daß in dem Schock französischer Verfassungen von 1791 bis 1830 sich auch noch einige „kleinere“ finden lassen. Es kann dahin gestellt bleiben, ob

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  66. Aldags Zusammenstellung und Würdigung der Verschiedenheiten vollständig ist (vgl. jetzt noch STIER-SOMLO 173f.), sie beweist, daß die Wesensverschiedenheiten der geschichtlichen Gleichheitsideen um so deutlicher zu Tage treten, je tiefer die Forschung geht und je mehr die ausscheidende und hinzudichtende Gewalt des Forschers zurücktritt, daß „der“ Gleichheitsgedanke nur ein Phantasiegebilde ist, in die Geschichte hineingesehen, um später wieder aus ihr entnommen zu werden.

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  67. Wer daher ideengeschichtliche Untersuchungen anstellt, muß sie auf alle Zeiten und Länder, die Unterschiede der Sprachen, der Kulturen, schließlich der gesamten geschichtlichen Bedingungen der Menschen, in denen „der“ Gleichheitsgedanke je gelebt hat, erstrecken, wenn er der Gefahr entgehen will, die ihm sympathischenldeen zu bevorzugen und durch alle möglichen (formalistischen!)„Übertragungen” zu der gewünschten Auslegung des Art. 109 I herabzusteigen.

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  68. NAWIASKY selbst kämpft gegen diese Gefahr, welche die sogenannte „geistesgeschichtliche Methode“ zumindest ebenso gefährlich macht wie die von ihr verpönte Begriffs-Jurisprudenz, aber er leistet ihr mit dem Streben nach der „kurzen Formel” Vorschub. Und wenn er im Anschluß daran von dem „tatsächlichen oder möglichen Bedeutungswandel eines in wenige Worte gekleideten Rechtssatzes“ spricht, so begünstigt er nur die Vorstellung einer im wesentlichen feststehenden Idee, in der die von ihm abgelehnte Rechtsvergleichung ihre Stütze sucht: die selbstherrliche Annahme eines Gedankens, „der in der Gemeinschaft der Völker im 18., 19., 20. Jahrhundert lebendig war und ist”

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  69. Kaufmann: Staatsrl. 3, 5 ähnlich LEIBHOLZ, Nachw. 9). All dem gegenüber ist nur festzustellen, daß nicht, wie der Formalismus „idealistischer“ Formelvergleichung will, ein in wenige Worte „gekleideter” (auch in diesem Wort verrät sich die unbewußte Supposition des Lieblingsgedankens) Rechtssatz, sondern viele in den verschiedenenWorten verschiedener Sprachen gedachte, in verschiedenen Systemen fungierende Rechtssätze im Ausgangspunkt einer methodisch einwandfreien Rechtsvergleichung stehen.

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  70. Von „Bedeutungswandel“ eines Rechtssatzes aber darf nur gesprochen werden, wenn ein und derselbe Satz innerhalb eines Rechtssystems neue „Gedanken weckt”, weil das System Veränderungen erfährt (z. B. Rechtsschöpfungen des Kaiserreichs durch Gesetzgebung der Republik, ebenso v. HIPPEL 142 ob.).

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  71. Die Mannigfaltigkeit einer wahrhaften „Ideengeschichte“ kann daher niemals auf etwas „Überpositives” führen wie

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  72. Holstein: Staatsrl. 3, 55 meint sondern höchstens auf die wirklichen (positiven) Gerechtigkeitsvorstellungen der Menschen, deren Werk die Verfassung ist, und folglich auch nicht etwa eine besondere „geistesgeschichtliche Methode“ begründen, sondern allenfalls dienendes Glied der realistischen Auslegung sein (vgl. v. Hippel 138/39 u. RünsELIN 26). 1 = „Souveränität” als „Unterordnungslosigkeit einer normsetzenden Instanz“ „in bezug auf die Geltung ihrer Normen”, „vollkommene Unabhängigkeit der Geltung dieser Normen von denen jedes andern Normensystems“ (Wenzel: Staatsrl. 4, 143). Bestehende völkerrechtliche Bindungen ändern daran so lange nichts, wie unmittelbare Eingriffe anderer Mächte in die Gesetzgebung des Reiches ausgeschlossen sind (Näheres etwa bei WENZEL: Juristische Grundprobleme 182/83.) (Art. 4 RV. steht zur Verfügung des deutschen Gesetzgebers, fordert überdies nach herrschender Meinung die „Anerkennung” des Völkerrechtssatzes durch das Reich, wenn er deutsches Recht sein soll.)

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  73. Diese den meisten Lesern wohl als selbstverständlich erscheinenden Sätze sind leider nicht überflüssig. Man lese nur bei LxrcHoLz (36): „daß die Gleichheitsbestimmung in diesem (soeben S. 35 aus dem deutschen Wortlaut entnommenen!) Sinne verstanden werden darf,. beweist die außerdeutsche Literatur und Praxis“ (Hervorhebung von mir) oder (Nachwort 8) „an Hand der ausländischen Rechtssprechung sollte erwiesen (!) werden, daß die selbständig gegebene, rechtsphilosophisch unterbaute, inhaltliche Bestimmung des Gleichheitssatzes richtig (!) ist und weiter, daß mit dieser Auslegung nicht irgendwie eine Verschiebung der verfassungsrechtlichen Grundlagen oder eine Gefährdung der Rechtssicherheit verbunden ist”. Wie die Gerichte eines anderen Staates dessen Recht auslegen, soll also für die Auslegung des deutschen Art. 109 I beweisen, die Harmonie der fremden Auslegung mit ihren verfassungsrechtlichen Grundlagen soll die Harmonie einer inhaltlich gleichen Auslegung mit der Verfassung des deutschen Reichs verbürgen?

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  74. Eine gröbere „formalistischere“ Gleichsetzung der Rechtssysteme verschiedener Staaten dürfte kaum möglich sein. Zu erklären ist sie nur aus jener wunschreohtlichen Einstellung, die in allen positiven Rechtsordnungen nur „Belege” für eine „Idee“ sucht, welche auch unabhängig von ihrer Positivierung „Recht” zu sein behauptet. Zum Beweise hier nur der bezeichnende Satz, mit dem LErnaoLZ die Ausdehnung seines Gleichheitssatzes auf Länder und Selbstverwaltungskörper rechtfertigt (152): „es ist ein Gedanke (der,im Art. 109 ausgesprochene`), der letzthin (wohl statt,letztlich` oder,schlechthin`)… jeder „Rechts“ordnung immanent ist und ihr zugrunde liegen muß, wenn sie in ihrer positiven Gestalt ihrer Aufgabe und ihrem Ziel, den Rechtsgedanken nach Möglichkeit zu fördern, nicht untreu geworden ist.” Auf die inneren Widersprüche dieses Satzes [„immanent” = „darin enthalten“ und doch „zugrunde liegend” (vgl. dazu 35, Z. 15 „immanente Voraussetzung“) in der „Rechts”ordnung enthalten, wenn sie „in ihrer positiven Gestalt“ dem „Rechtsgedanken treu”, das heißt eben Rechtsordnung in Gänsefüßchen ist: ergo ein und dasselbe, gedacht „in“ und „außerhalb” positiver Gestalt (Verstoß gegen den Satz vom Widerspruch, um positivistisch zu erscheinen, der offene Naturrechtler würde sagen:,,…wenn sie ihrer Aufgabe usw.“] kann nur hingewiesen werden , sein Sinn ist eindeutig: der

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  75. Leibhotzsche Gleichheitssatz ist notwendiger Bestandteil jeder Rechtsordnung, die Lernaolzens Gänsefüßchen verdient. Eine Rechtsordnung, die eich unterstünde, ihn nicht zu enthalten, wäre eben keine „wahre“ „diesen Ehrennamen verdienende” (aus dem Schreiben des Vorstands des Richtervereins beim RG. vom B. 1. 24, DRZ. 1924, 7 über diese unvermeidliche Konsequenz jedes Wunschrechts BEEGBOHM 403) „Rechte “ordnung. Da aber so hat der Leser zu ergänzen die Weimarer Verfassung dem „Rechtsgedanken” nicht „untreu geworden“ sein kann, muß auch sie den Gedanken enthalten ! Deutlicher kann der Glaube an ein von menschlicher Satzung unabhängiges (Wunsch) Recht, wenigstens bei LnrsnoLzscher Entschiedenheit und Klarheit, nicht zu Tage treten (s. noch 124, Z. 7–14). Die „Rechtsvergleichung” ist danach nur positivistische Gebärde, nicht anders als die dent Satze folgende, von seinem Standpunkte aus überflüssige Einschränkung: „die Norm gilt ferner deswegen usw. (Z. 14–16)“ und die „Analogie” aus dem Naturrechtssatz 152, Anm. 1. Und wenn LErsHoLz schließlich im Nachwort (8, Z. 1–4 und 9, Z. 6–1 v. unt.) gegen ANSCHÜTZ und y. HIPPEL So tut, als habe er nur zur „Verdeutlichung“, nicht zum „Nachweis der ohnehin notwendig gewordenen Umdeutung des Gleichheitssatzes” ein bißchen Rechtsvergleichung gespielt, so wird man nach den eingangs angeführten Stellen wissen, was davon zu halten ist.

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  76. Man erinnere sich der Zusammenhänge von Denken, Sprache und Kultur (Anm. 1 S. 4).

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  77. Den Nachweis gleicher Bedeutung muß W. Jellinek voraussetzen, wenn er (Gesetz usw. 164) sagt: „wenn mehrere andere Gesetzgebungen den gleichen (!) Gegenstand gleichmäßig in einem bestimmten (!) Sinne geregelt haben, so spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Gesetzgeber ebenso gedacht hat wie seine Genossen.“ Deshalb enthält der Satz einen gefährlichen Zirkel, oder er ist bedeutungslos: wenn man den „bestimmten Sinn” des Rechtssatzes schon keimte, wäre die Frage nach dem Gedanken des ausländischen Gesetzgebers ja überflüssig. In Wahrheit liegt diese Frage auf dem Wege der Erkenntnis. Hier aber steht der Ausleger nicht vor einer als „gleichmäßig in einem bestimmten Sinne“ erkannten Regelung, sondern noch vor den dunklen, zunächst sprachlich verschiedenen Formeln und hat daher keine Wahrscheinlichkeit für Gleichheit der damit verbundenen Gedanken.

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  78. Typisch die Fehlschlüsse bei ALDAG 8, Z. 7–4 u. f. v. unt. (Aus welchen Urkunden herüber genommen? Nachweis?)

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  79. Unbefangenen Rechtsvergleichern hätte zumindest auffallen müssen, daß die amerikanische Verfassung (Amendments Art. XIV) von „equal protection of the Laws“ spricht, also von „gleichem Schutz durch die Gesetze” worauf sich (nach TRIEPEL, Goldbil. 26, selbst) die ganze von der jüngeren Lehre herangezogene amerikanische Rechtsprechung aufgebaut hat, aber dann hätten alle die schönen Excerpts ihren Sinn verloren. 1 Das und nichts weniger ist der „gemeinsame Boden“ „nützlicher” Rechtsvergleichung, der nach TRIEPEL: Staatsrl. 3, 50, „natürlich“ vor jeder Vergleichung gefunden werden muß doch, wie sogleich zu zeigen, bis heute nicht einmal ernstlich gesucht worden ist.

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  80. Vgl. Gieses Kritik an ALDAG: PrVB1. 47, 117.

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  81. Ober Österreich etwa die dürftigen Bemerkungen bei LEIBHOLZ 130f.

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  82. Mit jener ewigen petitio principii, die aus dem zum Vergleich herangezogenen Gegenstand, ohne die Ähnlichkeit zu prüfen, die Entscheidung herausholt, die sie in ihrem Gegenstande nicht begründen kann. Ein verhältnismäßig harmloses Beispiel ist etwa das bekannte Verfahren gewisser Praktiker, die, wenn sie einen Fall entscheiden sollen, ohne Prüfung der Tatbestandsmerkmale von irgendeinem „ähnlichen“ Falle ausgehen, der ihnen vielleicht eben deshalb einfällt, weil sie aus ihm die unbewußt gewünschte Entscheidung ableiten können. Das spart die Pein des Denkens und kann, je nach Begabung und juristischem Begriffsbesitzstand zu mehr oder weniger „Treffern” führen, da man sich innerhalb eines Rechtssystems bewegt. Der Sprung in die Rechtssysteme anderer Staaten aber führt notwendig zu den bösesten Begriffsbrüchen.

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  83. In den französischen und belgischen Verfassungen von 1830 z. B. bedeutet der Satz nur die „Selbstverständlichkeit…, daß Gesetze ohne Ansehen der Person und des Standes gleichmäßig gegenüber allen Menschen zu handhaben seien, auf die sie Anwendung finden“ (R. THOMA: Grundrechte und Polizeigewalt in Festgabe für das preußische Oberverwaltungsgericht 1925, 217/18). Vgl. auch Errera: Das Staatsrecht des Königreichs Belgien (1909, S. 30) u. Vauthier: Das Staatsrecht des Königreichs Belgien (1892) beide in Hdb. d. öff. Rechts d. Gegenwart, dazu jetzt noch STIER-So1wt o 174–176.

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  84. Ale Durchschnittsleistung der Leere, die sich hinter Worten verbirgt, mag folgende Stelle bei Liiiiiholz (Nachw. 9) gelten:,,denn es gibt auch ( ?) gemeinschaftliche (!) Kulturzusammenhänge, deren Erkenntnis auf die innerstaatliche Auslegung von Rechtssätzen (statt: für die Auslegung innerstaatlicher Rechtssätze) von großer praktischer Bedeutung ist“. (Das ist eine Behauptung, die niemand bestreitet.) „Aus diesem Grund (7?) ist man geradezu (Y) verpflichtet, die fremden Rechtssysteme, die charakteristischerweise in ihrer äußeren Struktur eine gewisse (ebenso,Gleichheit usw.’ 36) Verwandtschaft mit der des deutschen Reiches aufweisen, in den Kreis der Untersuchung einzubeziehen.” In den gesperrten Worten liegt die vielleicht gutgläubige

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  85. Erschleichung des formalistischen Formalistentöters. a Man zweifle nirgends am „guten Gewissen“ der „rechtsvergleichenden” Schriftsteller. Man beneide die Unbeschwertheit, die, nachdem sie durch „Rechtsvergleichung“ den deutschen Gleichheitssatz als eine Forderung an den „Gesetzgeber” „erkannt“ hat, sich auf die Lehre Cuatts berufen kann, nach der die Auslegung des Gleichheitsbegriffs „nur auf dem Boden einer nationalen Rechtsordnung möglich” ist zumal wenn sie, wie beiALDAG 23, Z. 7–4 v. unt. und 24, Z. 4 v. oben, „Gleichheitsbegriff“ und „Gleichheitssatz” verwechselt! Daß indes auch eine optima fide betriebene Rechtserschleichung gefährlich ist, wird man zugeben, wenn man den bei LEn3HOLZ 112, Z. 9–13 daran geknüpften Schluß liest, durch den sich der „Rechtsver- gleicher“ der Verpflichtung zu einer „näheren Erörterung” der ausländischen Rechtssprechung entzieht, die er nur dort, wo er aus ihr „beweisen“ zu können glaubt, ausbreitet.

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  86. Nennt man, wie es üblich ist, die Tendenz, zur Befriedigung des nächstliegenden Auslegungswunsches allerlei Äußerlichkeiten zu einem Häuflein von „Argumenten“ zusammenzuklauben, Formalismus, so ist klar, daß das Verfahren der Gegner, welche wie noch im Einzelnen gezeigt werden wird mit dem Scheine der Ähnlichkeit in falsch interpretierten Bruchstücken oder Formeln arbeiten, statt in die Sinnzusammenhänge einzudringen, formalistisch genannt werden muß (s. 11, A. 1, 12, A. 2, 14, A. 2 u. d. Ausführung S. 56f.). Danach ist der Formalismus keineswegs, wie die Entsteller des Rechtsrealismus unaufhörlich wiederholen, eine Eigenschaft des Positivismus, sondern eine Neigung der Person, die in jeder Methode zu Entartungen führen muß. Der geisteswissenschaftliche Betrieb ist davor so wenig gefeit wie jede andere Schule, unter deren Herrschaft die hier bekämpfte Tendenz ihre sinnstörenden Wirkungen ausübt. Vgl. jetzt noch Kelsen: Juristischer Formalismus und reine Rechtslehre, JW. 1929, 1723f., insb. 1725. 1 denen allein die im Deutschen Reiche (sofern man es als Bundesstaat auffaßt) überwiegenden Reichsgesetze entsprechen!

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  87. wer ernennt oder wählt die „den“ Gleichheitssatz handhabenden Richter, und in welcher Weise hängen die Ernennenden oder Wählenden vom „souveränen Volk” ab ?

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  88. Beispielsweise lese man hier die Hinweise auf italienisches. Schrifttum im Nachwort LEmuoLZens (Anm. 58 [25] u. 61 [28])! Vergebens wird man fragen, in welcher Weise denn in der italienischen Verfassung ein (nicht „das“) „Gleichheitsprinzip” enthalten sei, was die angeführte Prüfung der italienischen „Dekretgesetze“, d. h. „Erlasse mit Gesetzeskraft, deren Zulässigkeit umstritten, zumindest von der Voraussetzung eines besonderen Dringlichkeitsgrundes abhängig war”, mit der Prüfung unserer ordentlichen Gesetze (dem Aufwertungsgesetz, von dem

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  89. Leibholz bei der Frage nach dem Prüfungsmaßstab oben [28] handelt) zu tun habe; man möchte vielleicht erfahren, welches jene „bestimmten äußersten Grenzbegriffe“ des Rechts sind, deren Unversehrtheit den italienischen Juristen am Herzen gelegen hat, ob nicht vielleicht bestimmte positive Sätze der italienischen Verfassung, welche die Schranke der Dekretalgesetze bilden, wie etwa die deutsche Verfassung die Schranke der Notverordnungen aus Art. 48 RV. Statt dessen erhält der deutsche Gesetzgeber den wohl-gemeinten Rat, bei der Gestaltung des Ausführungsgesetzes zu Art. 48 RV. die in der italienischen Rechtssprechung enthaltenen Grundsätze nicht außer acht zu lassen. Sind solche Anmerkungen mehr als Dekoration? Allerdings, sie haben zwar nicht den Zweck, den Leser über das fremde Recht aufzuklären, aber ihn zu verwirren. Die Behauptungen einer deutschen Lehrmeinung, deren Begründung schwerfällt, werden in fremden Sprachen wiederholt. Vor den Mysterien der fremden Sprache aber muß die Kritik verstummen.

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  90. Nicht die Rechtsvergleichung also, sondern der mit ihr getriebene Unfug wird verpönt. Daher ist es irreführend, wenn Leibholz im Anschluß an die Anm. 2 S. 12 zitierten Stellen von „Bankrotterklärung“ der rechtsvergleichenden Methode spricht. Die von Leibholz beliebte „Methode” würde allerdings zum „Bankrott“ der Rechtsvergleichung führen.

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  91. Abhängige“ Rechtsvergleichung könnte man die der Entstehungsgeschichte untergeord- nete Rechtsvergleichung nennen, die, wie alles, was auf dem Wege der Auslegung liegt, nur Mittel zur Erkenntnis des gesetzgeberischen Willens ist.

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  92. Der völkerrechtliche Vertrag „als solcher“ hat für die Auslegung des innerstaatlichen Rechts noch keine Bedeutung. Denn der Staat kann, unter Verletzung seiner Völkerrechtspflichten, gültige, d. h. in seinem Bereich verbindliche Gesetze erlassen. Erst die „Umformung” zu Staatsrecht fügt den Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages in das innerstaatliche Rechtssystem ein, geschehe sie „automatisch“ (Art. 4 RV.) oder auf dem Wege der Gesetzgebung (doppelte Bedeutung des Reichstagsbeschlusses: nach Art. 45 III und Art. 68 II).

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  93. Von „allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts“ (Art. 4 RV.) kann bei den Minderheitsverträgen aber keine Rede sein. Deshalb führt es irre, wenn Kaufmann (Staatsrl. H. 3, 5) auf die Auslegung von völkerrechtlichen Verträgen hinweist, an denen das Reich nicht beteiligt ist. Solche Verträge können nur so weit von mittelbarer Bedeutung werden, wie das Reich Verträge nachweislich „gleichen ” Inhaltes abgeschlossen hat. (Dabei dürfen über der Typik der Minderheitenfrage die Unterschiede der Sprache [Bedeutung der Vertragssprache für die Völkerrechtsauslegung!] und aller Verhältnisse, die den „Verständigungsbereich“ der Vertragsschließen-den ausmachen, nicht übersehen werden). Freilich ist

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  94. Kaufmanns Abweg nur die Folge der bereits widerlegten (Anm. 1 S. 11) Annahme einer bestimmten schon unabhängig von Verträgen gültigen (Staatsrl. 3, 61, Z. 6 v. unt.) Gleichheitsidee, als deren Sitz

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  95. Kaufmann nächst dem „allgemeinen Rechtsbewußtsein der Zeit“ (5) das „internationale Rechtsbewußtsein” (5), das „Rechtsbewußtsein der zivilisierten Menschheit“ (61) und ähnliche Rechtsbewußtseine erschafft. Und wenn er (5) für seine Idee, der die völkerrechtlichen Verträge nur als „neue Bezeugung” und „besondere Garantie“ dienen, „fiber-positive”, d. h. von menschlicher Satzung unabhängige rechtliche Geltung in Anspruch nimmt, so wird offenbar, daß

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  96. KAUFMANN gar nicht auf eine Vergleichung der Völkerrechtsquellen ausgeht, sondern von der Quelle einer höchsteigenen „Rechts“ ordnung „richtiges Recht” in jene völkerrechtlichen Verträge und über sie in die bescheidene Verfassung des deutschen Reiches zu leiten sucht. Die Schöpfer des wirklichen Völkerrechts scheinen indes den Abschluß bestimmter Verträge jener in KAUFMANNS „internationalem Rechtsbewußtsein“ lebenden Idee noch immer vorzuziehen!

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  97. Daß im Gefolge Kaufmanns Leibholz (Nachw. 9) erscheint, wird nach allem (Anm. 3 S. 9) Gesagten nicht mehr wundernehmen.

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  98. Vgl. jetzt noch die Kritik Stier-Somlos 187–190, die nur daran leidet, daß sie (189/90) den eigenen (realistischen) Rechtsbegriff den Behauptungen KAUFMANNS unterstellt (und so sie mühelos ad absurdum führt), während sie den Wunsch-Rechtsbegriff enthalten und nur mit ihm verständlich sind. (Folge der quaternio terminorum: Recht und „Recht“!)

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  99. Da der Erkenntnisgegenstand, der „Wille des Gesetzgebers“, wie dargelegt, nur eine Abstraktion aus Willenswirklichkeiten ist, werden die Zusammenhänge des Willensausdrucks (Motiv-Ausdruck) und der Willensbildung (Motiv-Motiv) den Weg bestimmen. Dies von der Praxis überall befolgte Prinzip erklärt zwanglos, daß Mathematik, „Rechnen mit Begriffen”, allerdings wenig mit Auslegen gemein hat. (Ebenso TRrziEr,: Staatsr. u. Pol. 31).

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  100. Die „psychologische“ Anlage (mit den von ihr abhängigen „Formgefühl”, „Sprachgefühl“), in Gemeinschaft allerdings mit der Fähigkeit zur Abstraktion, bestimmt den Verlauf dogmatischer Untersuchungen. Die unausweichliche Anwendung der Seelenkunde, der Wissenschaft vom Ausdruck der Seele einstweilen mehr als „Künste” geübt, haben der Auslegungswissenschaft zu Unrecht den Namen einer Kunst eingetragen. „Wie“ der Dichter, der Gesetzgeber zum Begriffe das ausdrucksgerechteste Wort, „so” sucht der Jurist zum Worte den Inhalt jedoch keinen „inhaltsrichtigen“. Denn der Schöpfer des Ausdrucks hat den Begriff selbstherrlich aus seiner Natur gestaltet (Kunst), der Ausleger (Jurist) gestaltet nicht in diesem Sinne (einen Begriff zum Worte), sondern sucht durch das Wort nur jenen (geschichtlich) wirklichen Begriff des Wortschöpfers (Wissenschaft).

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  101. Der Jurist verhält sich zum Gesetzgeber wie etwa der Kritiker zum Dichter, ein Vergleich mit anderen „geisteswissenschaftlichen“ Gebieten würde zeigen, daß das Einbrechen der Triebe in die Bereiche intellektueller Arbeit eine allgemeine Erscheinung ist, die ihre Ursache weniger im Verfall der geistigen Kräfte als in der Schwäche des „Willens” (im engeren Sinne) gegenüber den Trieben haben dürfte. 2 Warum könnte man fragen steht die Erörterung des Sinnzusammenhanges, von dem die Deutung des einzelnen Grundrechts abhängt, nicht am Anfang Y Diese Frage ist so gewiß berechtigt, wie es zutrifft, daß viele „Positivisten“ der Frage nach Sinn und Sinnzusammenhang einer Vorschrift aus dem Wege gehen. — Aber die verbreiteten menschlichen Schwächen der Kurzsichtigkeit und daraus folgenden Angstlichkeit, die sich an die nächstliegenden Erscheinungen klammert, der Bequemlichkeit, des Stumpfsinns, der Bildungseitelkeit usw. sind keine Eigenschaften der Erkenntnisziele oder -wege, an denen sie sich auswirken. Ihre Wirkung im Bereich der sog. geistesgeschichtlichen Methode ist, wie die Polemik (Anmerkungen S. 11–15, 21f., 30 usw.) zeigt, keineswegs geringer. Mit welcher Energie die Frage nach dem Sinn einer Vorschrift gestellt wird, hängt von der Begabung ab, die nicht nur auf juristischem Gebiet, sondern, wo immer sie sich findet, nach Sinn und Zweck jeder Äußerung, Einrichtung usw. fragt, die auf die Erkenntnis von Willen und Willenszusammenhängen schlechthin gerichtet ist und durch keine „Schule” zum Schweigen gebracht oder hervorgezaubert werden kann.

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  102. Indes gibt es Fragen, deren Lösung, zumal nach umfangreicher Bearbeitung von den verschiedensten Standpunkten aus, durch unmittelbare Sinnfragen eher gefährdet als gefördert würde. Die Gefahr einer Sinngebung, die Pflicht, zu erweisen, daß die entwickelten Sinnzusammenhänge „wesentlich“ sind, die Aufgabe schließlich, alles Vorgebrachte zunächst zu verarbeiten, zwingt, Entscheidendes bis zu der Stelle aufzusparen, an der es genügend begründet erscheinen wird.

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  103. Mainzer, Gleichheit vor dem Gesetz. 2

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Mainzer, O. (1929). Einleitung. In: Gleichheit vor dem Gesetz Gerechtigkeit und Recht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-32951-1_1

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