Zusammenfassung
Man hat mit dem Begriff Konstitution von jeher diejenigen Umstände zu umschreiben gesucht, welche dem anatomischen Aufbau und der physiologischen Leistung eines bestimmten Einzelwesens den persönlichen Charakter aufdrücken. Eine wesentliche Quelle des Konstitutionsbegriffs in der Pathologie ist die Tatsache, daß die praktische Medizin es im Gegensatz zu den exakten Naturwissenschaften, Physik und Chemie, mit Objekten zu tun hat, die Individualgeltung haben. Damit ist gesagt, daß die Konstitutionslehre nichts mehr und nichts weniger anstrebt, als diejenigen somatischen und funktionellen Differenzen faßbar und erklärbar zu machen, welche die einzelnen Menschen voneinander unterscheiden. Die Konstitutionspathologie ist die Pathologie der Person1). Es hat dem Konstitutionsgedanken in früheren Zeiten Eintrag getan, daß die Kriterien, auf Grund deren man eine bestimmte Konstitution annahm, mehr oder weniger unbestimmter und allgemeiner Natur waren. So kann man auch heute noch mit den Begriffen, mit denen das Volk rechnet, in dem es von starker und schwacher, robuster und zarter Konstitution redet, wissenschaftlich nichts anfangen. Nicht viel mehr ist der Erkenntnis gedient, wenn man einem Menschen, der einen Schlaganfall erleidet, eine apoplektische Konstitution, einem Leberleidenden eine biliöse Konstitution zuschreibt. Es handelt sich bei derartigen Klassifizierungen nur um eine tautologische Umschreibung des krankhaften Geschehens, das uns im einzelnen Falle die Trage nach der Notwendigkeit des krankhaften Vorganges nicht beantwortet.
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Literatur
Vgl. bes. Friedrich Martius: Konstitution und Vererbung. Berlin, Julius Springer. 1913.
Wilhelm Stoeltzner: Oxypathie. Berlin, S. karger, 1911
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Grote, L.R. (1921). Die klinische Bedeutung des Konstitutionsbegriffs. In: Grundlagen Ärztlicher Betrachtung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-32942-9_3
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