Zusammenfassung
Unter Krankenpflege versteht man die Fürsorge für unsere Mitmenschen, die durch Krankheit außer Stande sind, für sich selbst zu sorgen. Wir müssen annehmen, daß dem Menschen Mitgefühl, Nächstenliebe und Fürsorge für die Kranken und Elenden angeborene Eigenschaften sind, denn wir finden sie sogar schon bei den Wesen, die einen niedereren Entwickelungsgrad an Geist und Gemüth als die Menschen haben, bei den Thieren. Nicht allein, daß das Muttervieh für sein Neugeborenes sorgt, so lange es hilflos ist — nicht allein, daß sich die Thiere zusammenscharen, um sich vor einem drohenden Angemach, einem Feinde, mit gemeinsamen Kräften zu retten, nein, das unvernünftige Thier springt dem kranken, dem ermüdeten zu Hilfe, leckt seine Wunden, um sie zu reinigen und zu kühlen, trägt es mit den Zähnen oder auf den Flügeln an einen gesicherten Ort und lagert es, wo und wie es vor Schädlichkeiten geschützt ist. Mag man es Jnstinkt, Treue, Klugheit nennen, wenn der Hund seinen vor Müdigkeit zusammengesunkenen Herrn bewacht, wenn des Kriegers Ross nicht von der Seite seines sterbenden Herrn weicht, es ist und bleibt doch das angeborene Gefühl, das, als die Kultur sich im Menschen zu entwickeln begann, seinen Ausdruck fand in dem altbiblischen Satz: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.“ Was heißt das aber anderes, als thue Deinem Nächsten das, was Du Dir wünschest, daß man Dir thue. Es ist das die erste und zugleich die höchste Forderung der Sittlichkeit, wie sie das Herz eines jeden gebildeten Menschen beherrschen muß man vor Allem dem Kranken, dem Schwachen Hilfe bringen muß, ihm beistehen muß in seiner Noth, seiner Krankheit und Gefahr.
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Lazarus, J. (1897). Einleitung. In: Krankenpflege. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-32832-3_1
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