Zusammenfassung
Jeder, der eine schöpferische Tätigkeit ausübt, muß eine ausreichende geistige Vorstellung der Formen besitzen, und die Vorarbeit, die ein Ingenieur vor dem Aufzeichnen eines Entwurfes zu leisten hat, ist genau die gleiche, wie sie ein Künstler vor dem Beginnen seines Werkes verrichtet, nämlich Formen im Geiste überlegen. Beide, der Künstler und der Ingenieur, schöpfen dabei aus geistigen Erinnerungsschätzen, die sie durch Anschauung oder, besser ausgedrückt, durch bewußtes Sehen früher erworben haben, und die sie zu neuen Werken zusammensetzen. Zu diesem bewußten Sehen der Formen gehört aber Übung, und bekanntlich ist das Zeichnen nach Anschauung und später aus der Vorstellung die beste Erziehung zum Sehen, außerdem aber ist es ein ausgezeichnetes Mittel zum folgerichtigen Denkenlernen. Das Zeichnen nach der Anschauung läßt sich ohne Modell natürlich nicht ausführen; es kann nach beliebigen nicht zu schwierigen Gegenständen, die durchaus nicht technischer Natur zu sein brauchen, aber möglichst einfache Formen haben müssen, vorgenommen werden. Selbstverständlich muß dieses Zeichnen freihändig gemacht werden. Auf das Größenverhältnis der Teile und ihre Lage zueinander ist möglichst genau zu achten, weil sich dadurch das richtige Schätzen mit den Augen, das Augenmaß, entwickeln läßt, dessen Ausbildung für einen Ingenieur unerläßlich ist. Das Zeichnen aus der Vorstellung muß zunächst aus der Erinnerung an schon gezeichnete Modelle geübt werden, die man nach dem Gedächtnisbild hinzeichnet, und kann sodann mit Hilfe von Beispielen, wie solche nachstehend gewählt sind, weiter entwickelt werden.
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Krause, R. (1906). Zeichnen zur Entwickelung der Formenvorstellung und die Parallelperspektive. In: Technisches Zeichnen aus der Vorstellung mit Rücksicht auf die Herstellung in der Werkstatt. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-32668-8_4
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