Zusammenfassung
Der Begriff der Reticulose, ursprünglich von der Pathologie entwickelt, liegt heute mehr denn je im Spannungsfeld zwischen Klinik und pathologischer Anatomie. Es ist genau 35 Jahre her, daß Letterer mit ihm ein an eine akute Leukämie erinnerndes, aber aleukämisches Krankheitsbild bei einem Säugling umriß, das inzwischen den Namen Abt-Letterer-Siwesche-Krankheit erhalten hat. Damit ist aber nach überwiegender heutiger Auffassung ein akuter entzündlich-granulomatöser Prozeß gemeint, der trotz seines meist deletären Ausgangs von einer echten Geschwulstkrankheit abgegrenzt werden sollte. Was heute dagegen meist unter „Reticulose“ im engeren Sinne verstanden wird, ist eine geschwulstartige, mehr oder minder generalisiert auftretende und in ihrem Ablauf anscheinend autonome Wucherung von Zellen des reticulo-histiocytären Systems. Der Begriff der „Reticulose“ hat also einen Bedeutungswandel erfahren.
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Referenzen
Praktisch wichtig ist in diesem Zusammenhang die nosologische Abgrenzung jener eigentümlichen Melano-Erythrodermien älterer Erwachsener („Melano-Erythrodermien mit Kachexie“ nach Kiessling und Tritsch), die vielfach im Hinblick auf die charakteristischen Lymphknotenveränderungen auch als „Réti-culose lipomélanique“ bezeichnet werden. Pautrier und Woringer als Schöpfer dieses Begriffs (1932–1939) waren sich aber von vornherein über die reaktive Natur des zugrundeliegenden Prozesses im klaren, und auch heute noch dürfte die vor 20 Jahren von dem italienischen Dermatologen Baccaredda gewählte Bezeichnung „Reticulohistiocytosis cutanea hyperplastica benigna cum melanodermia“ das Wesen der Krankheit (hyperplastica, nicht neoplastica!) ganz eindeutig, wenn auch etwas umständlich ausdrücken. Möglicherweise sind endokrine Faktoren, so besonders von seiten der Nebennierenrinde, von pathogenetischer Bedeutung für die grundsätzlich reversible Umwandlung verschiedener reaktiver Dermatosen in diese „hyperplastische Reticulohistiocytosis“ des höheren Lebensalters.
In diesem Zusammenhang verdient gerade das Problem der „Präsarkomatösen“ — in Analogie zu den Präcancerosen — Beachtung, zumal es bisher kaum gesehen worden ist (Ausnahme : Die Auffassung des Morbus Brill-Symmers als Präsarkomatose durch v. Albertini und Rüttner). Jedenfalls bedeutet die hier skizzierte Hypothese von der gegebenenfalls primär präblastomatösen („präsarkomatösen“) Natur der reticulären Zellwucherung mit „unspezifischer“ bis granulomatöser entzündlicher Reaktion für die nosologische Beurteilung der Mycosis fungoides ein u.E. neuartiges Moment.
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Hornstein, O. (1960). Reticulosen der Haut. In: Röckl, H., Marchionini, A. (eds) Vorträge des III. Fortbildungskurses der Dermatologischen Klinik und Poliklinik der Universität München vom 27. Juli – 1. August 1959. Fortschritte der Praktischen Dermatologie und Venerologie, vol 3. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-30543-0_11
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