Zusammenfassung
Bemerkung 1. Rechtliche Natur. Ob der Arztvertrag Dienstvertrag oder Werkvertrag ist, d. h. ob der Arzt Dienste zu leisten (§§ 611ff. BGB.) oder durch seine Dienste einen Erfolg herbeizuführen, also ein Werk herzustellen hat (§§ 631 ff.), ist noch immer stark umstritten. Die herrschende Judikatur und Literatur nimmt grundsätzlich DienstV. an, doch mehren sich die Stimmen, welche sich insbesondere bei Operationen für WerkV. aussprechen, und zwar meist in dem Sinne, daß den Erfolg nicht die Heilung, die erfolgreiche Operation, sondern die sachgemäße Operation bilde. Dies führt aber unweigerlich zu der den Ärzten schädlichen und unangemessenen Konsequenz, daß der Arzt, der ja beim WerkV. die „Gefahr“ bis zur Abnahme des Werks trägt (§ 644), kein Honorar zu beanspruchen hat, wenn er die Operation wegen Erkenntnis der Erfolglosigkeit oder zu großer Gefährlichkeit oder weil der Patient während der Operation stirbt, abbricht. Auch die dem Arzt nur bei Annahme des DienstV. zustehende Befugnis jederzeitiger Kündigung des § 627 spricht sehr maßgeblich gegen den WerkV.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Schrifttum und Rechtsprechung
Ebermayer: Der Arzt im Recht. Leipzig: Georg Thieme 1930.
Finkenrath-Ruhbaum: Ärztliches Abc. Leipzig 1930, Barth
FLÜGge: Das Recht des Arztes. Berlin-Wien 1903.
GÖTte: Was bringt das Bgb. den deutschen Ärzten Neues? Berl. klin. Wschr. 1899, 978.
Hadricn: Wirtschaftstaschenbuch für Ärzte, Leipzig 1916, Hartmannbund.
Hefke: Der Arzt im römischen und heutigen Recht. Arch. prakt. Rechtswiss. 1886, 1–69, 113–152.
Hegeher: Das Vertragsrecht des Arztes. Berlin: Rich. Schoetz 1925.
Hellwig: Die Stellung des Arztes im bürgerlichen Rechtsleben. Leipzig 1908.
Hundt v. Hafften: Der Arzt im Rahmen des Rechts. Dresden: Hammermüllerand Co.
Joachim-Korn: Deutsches Ärzterecht. Berlin 1911.
I Ollbrunner: Die rechtliche Stellung des Arztes. Zürich 1903.
Meyer, TH.: Das ärztliche Vertragsverhältnis. Berlin 1905.
Moll: Ärztliche Ethik, Stuttgart 1902, Enke
OvItz: Rechte und Pflichten der Ärzte und Zahnärzte, Berlin 1926, Springer.
Rabel: Die Haftpflicht des Arztes. Leipzig 1904.
Rapmund-Dietrich: Ärztliche Rechts-und Gesetzeskunde. Leipzig 1906.
Teufel: Der ‘Arztvertrag (Tüb. Diss.) 1919.
WalcxER: Rechte und Pflichten des Arztes. Dtsch. med. Wschr. 1931, Nr 46, 47, 48; 1932, Nr 2, 3.
Meier • Handbuch der zahnärztlichen Rechtskunde. Halle a. S.: Marhold 1921.
Ritterkorn: Deutsches Zahnärzte-Recht. 2. Aufl. Berlin 1930.
Lang: Dentistische Rechtskunde.
a) Aus der Rechtsprechung des RG. sind nur Urteile bekannt, welche Dienstvertrag annehmen, auch bei Operationen, z. B. RG. 128, 121
JWy. 1912, 528, ferner München, SeuffBl. 1905, 181, SeuffArch. 60, 223, KG. 23. 9. 29, Ber1Älhorr. 1930, 102;
München, Bay. RpflZ. 1909, 477 (betrifft Tierarzt); ebenso Nipperdey in Staudinger (9) Vorb. vor § 611-II2, II 5a, V 1;
Planck (4), 955; Hellwig: Stellung des Arztes, S. 17;
FLÜGge S. 64; Rabel S. 6, 75; Hegener S. 13ff.;
Thiersch: JW. 1929, 2242; RiiMelin• Dienstvertrag und Werkvertrag, S. 15, 94ff. (1905);
Ebermayer: Der Arzt in Gesetz und Rechtsprechung (Vorträge des Instituts für Geschichte der Medizin an der Universität Leipzig 2, 45ff., 47);
Walcker: Dtsch. med. Wschr. 1932, 120.
Zitelmann: Die Haftung des Arztes, S. 3.
Dagegen wird vielfach, namentlich für Operationen, der Dienstvertrag abgelehnt. So behandeln Operationen als Werkvertrag: Karlsruhe, BadRpr. 1905, 49;
Augsburg, SeuffBl. 1907, 501 (wenn die Vornahme einer bestimmten Operation vereinbart ist betr. Tierarzt); zweifelnd LG. Mainz, HessRspr. 8, 37.
Am weitesten entfernt sich von der herrschenden Lehre Teufel S. 7ff., wenn er auch zutreffend die Einheit der auf Behandlung gerichteten Maßnahmen betont, vgl. Bem. 1. (Gegenstand des WerkV. ist die Summe der auf Heilungsoder Gefahrenbeseitigung gerich teten Maßregeln, einschließlich chirurgischer, geburtshilflicher Eingriffe, der dem chirurgischen Eingriff nachfolgenden Behandlung, bloßer Untersuchungen. DienstV. soll dagegen vorliegen, wenn die ärztliche Tätigkeit hauptsächlich in Überwachung besteht.) Ferner Oertmann, der nur für einfache ärztliche Begutachtung DienstV. annimmt, sonst WerkV. (Erfolg ist nicht die Heilung, sondern Diagnose, Heilplan und Beratungsergebnis, bei Operationen ihre Herstellung ohne Rücksicht auf das Endergebnis); ähnlich L Otmar: Arbeitsvertrag II 433, 877ff., dem sich Oertmann anschließt.
Nach Meyer S. 28-ist Behandlung in Sprechstunde und im Hause DienstV., dagegen Operation und Gutachten WerkV. (Erfolg besteht bei Operationen nicht in der Wiederherstellung der Gesundheit, sondern in der Erreichung der gewollten mechanischen Veränderung eines menschlichen Körpers unter Beobachtung der von ärztlicher Kunst vorgezeichneten Regeln, S. 36);
nach Eck Vorträge S. 511, M2, 518 dauernde ärztliche Behandlung DienstV., ärztliches Attest und Operation WerkV.;
nach Joachim-Korn, S. 341, 348 ist Ausstellung eines Attestes, eines ärztlichen Gutachtens, Anfertigung eines Heilapparates WerkV;
nach BRÜCkner: Recht 1908 500, die einzelne operative Maßnahme, Rat oder Gutachten WerkV.; nach Eneccerus § 147, ’
Werkv. nur der Vertrag über eine bestimmte Operation; ähnlich GöTte: Berl. kiln Wschr. 1899, 978; Bacharach: JW. 1915, 818;
BRÜCkmann: Ärztl.Sachverst.Z. 1902 313, nimmt nur für technische Hilfsleistungen, sog. niedere Operationen, wie Magenauspumpen, WerkV. an.
c) Ohne Einschränkung für WerkV. Richter-Sonnenberg: Kassenärztliche Rechtsverhältnisse (1930) S. 6.
d) Hinsichtlich des Zahnarztes wird vielfach der Unterschied gemacht, daß die zahntechnischen Arbeiten (künstlicher Zahnersatz) Gegenstand eines Werkvertrages, die sonstigen zahnärztlichen Leistungen (Beratung, Untersuchung, Behandlung, innere wie operative) Dienstleistungen sind. So nehmen
Ritter-Korn S. 1184 bei Zahnplombieren und Brücken WerkV., für die Vor-und Nachbehandlung dagegen DienstV. an, ebenso KG. 30. 5. 30, JW. 1930, 2975 bei Anfertigung einer Brücke und Goldplatte WerkV., dagegen LG. II Berlin, Zahnärzt1Mitt. 1913, Nr 21 bei orthodontischer Behandlung (Geraderichten von Zähnene und AG. Berlin-Lichterfelde in ZahnärztlMitt. 1922, Nr 37 bei Anfertigung einer Prothes) DienstV. Lang S. 1165 spricht von einem gemischten Dienst-und Werkvertrag. Dagegen erklärt Hirschfeld: DMedW. 1931, 1904 die Anwendung des Werkvertragsrechtes heute für überholt unter Hinweis auf Reichsverband der Zahnärzte in der Einleitung zur Adgo für Zahnärzte 1930. Nur für DienstV. tritt ausführlich, und wohl mit Recht, Meier, Handbuch S. 38 ein, da jede Tätigkeit des Zahnarztes in seiner Praxis Heilzwecken diene, stets seine persönliche Tätigkeit das ausschlaggebende sei, das Material (auch rechnerisch, vgl. Baden: DZahnärztlW. 1917, 73) Nebensache, vgl. ebenso die Gutachten der Pr. Zahnärztekammer, zitiert bei Meier S. 42, der auch ausführt, daß die Grenzziehung zwischen Dienst-und Werkvertrag vielfach nicht, und die gleichzeitige Anwendung nie durchführbar wäre. Daß die bloße Herstellung künstlicher Gebisse, Kronen usw. anderer Zahnärzte WerkV. ist, kann nicht zweifelhaft sein.
e) Der Hausarztvertrag wird allseitig als DienstV. behandelt, vgl. z. B. Enneccerus§ 365 Anm 5; Meyer S. 28;
Oertmann (5) Bem. zu § 611 Nr lb; Josef: Djz. 1913 916; Alberts: Der Hausarztvertrag, Bresl. Diss. 1912, 20, 25ff.; Frankel: Erlanger Diss. 1911. f) Der Kassenarztvertrag s. S. 167 ff., 179. g) Der Krankenhausarzt steht nach übereinstimmender Ansicht im Dienstverhältnis zum Krankenhaus, s. S. 73. Über den Krankenhausaufnahmevertrag s. S. 94 ff.
Gegen die Anwendung des § 675 und damit gegen die Anwendung der in § 675 genannten Vorschriften über den Auftrag haben sich ausdrücklich ausgesprochen Staudinger § 675 Bem. 2
GÖTte, S. 978, Meyer S. 6 Anm 2, Teufel S. 11 ff. und insbesondere Oertmann § 675 Bem. 1 b (weil die ärztlichen Dienste für den Patienten nicht unmittelbar von wirtschaftlicher Bedeutung seien); siehe dort auch weitere Literaturangaben.
Für die Anwendung treten ein Dernburg: Bürg. Recht (1906) II 2, S. 414
Hellwig: Stellung des Arztes, S. 10, von Blume: Recht 1908 653 und mit ausführlicher Begründung gleichfalls Planck (4) § 675, wie uns scheint, mit vollem Recht (vgl. oben Bem. 1); er gelangt zu dem Ergebnisse, „daß der § 675 bei allen solchen Dienst-und Werkverträgen anzunehmen sein wird, wo es sich um Dienste handelt, die für den Dienstherrn (in unserem Falle für den Patienten) als Gegenstand einer Fürsorgehandlung geleistet werden insofern, als eine an sich ihm zufallende Tätigkeit innerhalb seines Rechts-und Wirtschaftskreises für ihn von dem andern (Arzt) besorgt wird“. Dazu rechnet er die Verträge mit Ärzten. Auch der Rokomm. dürfte der gleichen Meinung sein; nach ihm ist Geschäftsbesorgung eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art, die für einen andern und in dessen Interesse vorgenommen wird, im Gegensatz zu Diensten, die keine selbständige Betätigung des Willens und der Überlegung fordern, ferner zu Diensten, denen eine Beziehung zu dem Vermögen des Geschäftsherrn fehlt, endlich zu Diensten und Tätigkeiten, die nur an einem andern, nicht für ihn, geleistet werden. Zu den hierher gehörigen Tätigkeiten wird auch das Vertragsverhältnis zwischen Stadtgemeinden als Eigentümern öffentlicher Krankenhäuser und den gegen Entgelt verpflegten Kranken gerechnet. Für die rein ärztlichen Dienste muß u. E. dasselbe gelten.
Hellwig S. 15. Passanten, Polizei, Kellner des Hotels, in dem der Gast Gift genommen hat, sind nicht Vertragsgegner, anders der Gastwirt, da er im Gegensatz zu dem Kellner ein eigenes Interesse hat. Ebenso Tu. Meyer S. 16/17.
Schrifttum: Ascn: Djz. 1910 759.
BRÜCkmann: JW. 1902, 116; 1906, 76.
Holz: JW. 1914, 1124.
Josef: ArchCivPr. 118 378; Kgb1. 1915 65.
Meyer: JW. 1905 194.
Meyners: DMedW. 1931, 1714.
Priebatsci: DÄBI. 1930, 18; BerlAKorr. 1931, 230. Rabel: RheinZ. 1919, 89, 112.
Siebert: JW. 1930, 1562.
Ullmann: JW. 1905 520.
Wittkowsky: JW. 1902 87.
Wasser: Djz. 1910 405.
Behandlung der Ehefrau durch den von ihr zugezogenen Arzt. a) KG. 24. 11. 10, KGB1. 1911 23: Keine Haftung der Ehefrau, da sie innerhalb der Schlüsselgewalt gehandelt hat oder als Vertreterin des Mannes, ohne zum Ausdruck zu bringen, neben oder an Stelle des Mannes kontrahieren zu wollen. Ebenso LG. II Berlin, KGB1. 1909 115; Breslau 5. 10. 09,.OLGRspr. 21 216;
Wolff in Ennercerus-Kipp-Wolff II 2 § 43 zu Anm. 13; Holz, Ullmann Anderer Meinung BRÜCkmann, JW. 1906 76: § 1357 in der Regel nicht anwendbar. Arzt schließt Vertrag mit Frau und besorgt gleichzeitig für den Mann auftraglose Geschäftsführung. Ebenso Rgkomm. (6) § 679 Nr 4; Planck (4) § 679 Nr 2b;
Ebermayer: Der Arzt in Gesetz und Rechtsprechung, S. 49, in Bd. 2 der Vorträge des Instituts für Geschichte der Medizin an der Univ. Leipzig 1929;
Thiersch, JW. 1929 2241/42; Priebatsch a. a. O.; Oertmann (5) Vorbem. vor § 677 S. 1079 (in der Regel dürfte § 1357 nicht zutreffen);
Siebert (Vertragshaftung der Frau, kumulative Schuldübernahme des Mannes). Ebenso bejahen Vertragsanspruch gegen Ehefrau und aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen Mann Hamburg, JurRdsch. 1930, Nr 1917 und LG. Iii Berlin, BerlAKorr. 1931, 230.
ß) Breslau 5. 10. 09, Olgrspr. 21, 216: Infolge ausdrücklich ausgesprochenen oder aus den Umständen zu entnehmenden Willens der Vertragschließenden kann eine Verpflichtung beider Ehegatten oder auch nur der Frau begründet werden (§ 1357); immer aber wird die Vereinbarung oder ein besonderer Umstand, wie z. B. besonderes Interesse der Frau an Geheimhaltung der Krankheit dargelegt werden müssen. Colmar 21. 10. 10, Olgrspr. 23, 407 schließt aus den Umständen (Frau aus sehr wohlhabender Familie, vermögensloser Mann, kostspielige zahnärztliche Arbeiten) auf eigenen Verpflichtungswillen der Frau. (Anders Celle unter b.) Die Umstände können auch ergeben, daß beide Eheleute als Vertragschließende auftreten, so Rgkomm. (6) § 1357 Nr 5, RG. in JW. 1911, 766 (beide Eheleute haben fortgesetzt betont, die Ehefrau müsse alles bezahlen), AG. Berlin-Köpenick in DÄBI. 1930, 367.
b) Vermögende Frau, mittelloser Mann. a) Celle 11. 4. 08, Olgrspr. 18, 254: Die Mittellosigkeit des Mannes ist nicht ohne weiteres ein Umstand, der den Willen der Frau, ihren Mann durch die an sich in den Rahmen der Schlüsselgewalt fallenden Geschäfte zu verpflichten, ausschließt.
ß) Liegt ungerechtfertigte Bereicherung vor? Bejaht von LG. II Berlin, Djz. 1910 760 und Wittkowsky, dagegen Asch.
y) Schadensersatz wegen Verstoßes gegen die guten Sitten, § 826. Josef: ArchCivPr. 118, 378 formuliert: Eine Ehefrau, die auf Grund der Schlüsselgewalt abschließt, obwohl sie weiß, daß der Mann zahlungsunfähig ist und voraussichtlich bleibt, schädigt den Arzt vorsätzlich gegen die guten Sitten. Vgl. hierzu Wasser und LG. II Berlin, Kgb1. 1909, 88.
Planck (4) § 1360 Nr 17: Die Haftung der Frau wird sich häufig daraus ergeben, daß sie, wenn der Mann vermögenslos und deshalb nicht unterhaltspflichtig ist, mit der Verschaffung ärztlicher Hilfe nicht die Geschäfte des Mannes, sondern ihre eigenen besorgt. Ebenso Wasser.
e) Geschäftsführung ohne Auftrag. Vgl. a a. Colmar 25. 3. 04, Olgrspr. 8, 343: Wenn auch der Mann nach seinen sozialen Verhältnissen seiner Frau gegenüber tatsächlich nur zur Bestellung irgendeines geeigneten Arztes verpflichtet war, so lag doch angesichts des bedenklichen Charakters der Erkrankung die Behandlung durch einen tüchtigen Spezialarzt im Interesse des Mannes. Da andererseits der Arzt angesichts der Schwere des Falles annehmen konnte, daß der Mann gerade seinen Beistand wünsche, die Geschäftsführung also seinem mutmaßlichen Willen entsprach, ist er nach § 683 haftbar.
Vgl. zu den Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag Holz und Josef, dessen einschränkende Ausführungen sehr beachtlich sind. Vgl. ferner unten S. 204 Bem. 1 ff.
d) Behandlung des Mannes durch den von der Frau zugezogenen Arzt. AG. Berlin-Mitte, Dab1. 1930 157 bejaht die Haftung der dem vermögenslosen Manne gegenüber unterhaltspflichtigen Frau. Der Arzt mußte davon ausgehen, daß sie ein eigenes Interesse an der Herstellung des Mannes hatte und selbst haften, wolle.
e) Behandlung der Frau durch den vom Manne zugezogenen Arzt. Naumburg AK. 1928 189, Naumburg 9. 10. 28: Der Ehemann hat durch seine Auftragserteilung zum Ausdruck gebracht, daß er in Verfolg seiner ehemännlichen Unterhaltspflicht die Heilbehandlung wünsche und sich vertraglich verpflichten wolle. Der Ehefrau gegenüber liegt keine Geschäftsbesorgung vor. Ebenso die herrschende Meinung, vgl. Rgkomm. (6) § 679 Note 4, Planck (4) § 679 Nr 2 b, Anderer Meinung Litt Ckmann (neben dem Ehemann als Besteller haftet die Ehefrau entweder aus Vertrag, indem sie die Behandlung genehmigt oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn sie ohne Bewußtsein ist), ihm folgend OertmarrN (5) Vorb. vor § 677 S. 1079 und Siebert.
f) Getrenntleben.Olgrspr. 9. 10. 08, 18 256 (München) bejaht Haftung des Mannes für die Kosten der Behandlung der auswärts zur Erholung weilenden Frau, da die Trennung nur vorübergehend war. Solange der Mann jedoch getrennt leben durfte, ist der Anspruch des Arztes unbegründet.
München in SeuffBl. 1905 181, SeuffArch. 60 223 läßt trotz des durch einstweilige Verfügung gestatteten Getrenntlebens den Mann haften, da die Frau in der durch die Verhältnisse (das Getrenntleben) gebotenen Vertretung des Mannes gehandelt hat. (?)
LG. Stettin 29. 9. 30. JW. 1931 1517 hält den getrennt lebenden Ehemann zur Zahlung der Arztkosten, die durch plötzliche Erkrankung seiner Ehefrau entstanden sind, neben der durch Vergleich festgesetzten Unterhaltsrente für verpflichtet.
Meyer: a. a. O. verneint mit Recht den Anspruch des Arztes gegen den Mann, solange dieser gemäß § 1361 an die Frau Rente zahlt.
g) Haftung bei wilder Ehe. Gibt sich ein Mann den Anschein, als sei er der Ehemann der behandelten Frau oder der eheliche Vater der behandelten Kinder, so haftet er genau in der gleichen Weise wie der wirkliche Ehemann und Vater (AG. Berlin-Mitte 29 C. 4150/30).
h) Behandlung von Kindern. a) Haftung der Eltern. RG 19. 6. 14, Leipz.Zeitschr. 1914 1800: Der Vater, der den Arzt zur Behandlung eines vermögenslosen Kindes zuzieht, handelt regelmäßig für seine Person, nicht als Vertreter des Kindes.
ß) Ungerechtfertigte Bereicherung der unterhaltspflichtigen Mutter durch Behandlung des Kindes nimmt an LG. Hannover, Djz. 1912 231: Da der Vater zur Zeit der Dienstleistungen des Arztes sein Vermögen verloren hatte und in dem auf den Namen der Frau betriebenen Geschäft gegen Gehalt angestellt und selber frusta excussus war, greift die Unterhaltspflicht der Mutter Platz. Diese hat durch die ihrem Sohne zuteil gewordene ärztliche Behandlung ohne rechtlichen Grund einen Vermögensvorteil insofern erlangt, als sie verpflichtet war, auf ihre Kosten den Sohn ärztlich behandeln zu lassen. Hiergegen mit Recht
Josef: ArchCivPr. S. 385. Es liegt nur eine mittelbare Vermögensverschiebung vor: der Arzt hat an den Mann geleistet und diese Leistung ist der Frau nur mittelbar zustatten gekommen.
y) Bei großjährigen Kindern: Während nach LG. I Berlin, JW. 1929 2297 in den Kreisen, denen der Vater angehört, es üblich sei, daß dieser über seine gesetzliche Pflicht hinaus für seine Kinder sorge und deshalb, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, persönlich hafte (§ 164), wenn er für seinen großjährigen Sohn einen Arzt bestellt
vgl. hierzu JosEF:l JW. 1930 1617 Anm. verneint LG. Leipzig, JW. 1928 924 bei Behandlung der großjährigen, im Hause der Eltern aber gegen Abgabe bestimmter Beträge für Kost und Wohnung lebenden berufstätigen Tochter den Willen des Vaters, der den Arzt nicht geholt hat, für die Kosten aufzukommen, obwohl er von der mehrwöchigen Behandlung gewußt hat.
i) Zum Hausarztvertrag vgl. BRticuMann: JW. 1906 76ff.; Siebert: JW. 1930 1562ff.
Nach Lotmar: Arbeitsvertrag 2 517, Anm 2 liegt Gesellschaft vor (§ 705). Dagegen nimmt Josef GRocre, Beitr. 48 264 an, daß die Verbindung von Ärzten ohne gemeinsamen Betrieb einer Heilanstalt, aber mit der Absicht auf Vergemeinsamung ihrer ärztlichen Einnahmen kein Gesellschaftsvertrag sei, wenn nicht auch die ärztlichen Dienste gemeinschaftlich geleistet werden.
Celle 10. 11. 05, Olgrspr. 12, 272: Geschäft ist jede Angelegenheit, die zu dem. Interessen-(Rechts-und Pflichten-) Kreise eines anderen gehört und nicht nur ein solches Geschäft, das der andere selbst vornehmen kann, sondern auch ein solches, das er nur durch Stellvertreter, Beauftragte oder Dienstverpflichtete auszuführen vermag, also auch ärztliche Behandlung. Ebenso Hellwig S. 10ff.;
Zitelmann: ArchCivPr. 99, 112; FLÜGge S. 80. Für entsprechende Anwendung der §§ 677ff. Oertmann: S. 1079; GÖTte: Berl. khn. Wschr. 1899, 978;
Kuhlen-Beck: JW. 1909, 121;
Meyer: S. 6 Anm. 3 und WittuowsKv: JW. 1902, 87, welche als „Geschäfte“ nur solche anerkennen, welche der Geschäftsherr selber vornehmen kann, wogegen sich BRÜCkmann • JW. 1902, 116 mit Recht wendet. Noch enger IsAY: Geschäftsführung S. 44.
erkennt Celle Olgrspr. 10. 11. 05, 12, 272 den Arzt als Geschäftsführer für den Ortsarmenverband an. Der Arzt will das Geschäft des zunächst erreichbaren Unterstützungspflichtigen führen. Er muß nur den Willen haben, ein Geschäft, dessen Fremdheit ihm bekannt ist, auf Rechnung des Interessenten zu führen.
vgl. Hellwig S. 13; Zitelmann: ArchCivPr. 99, 116ff.; Joachim-Korn 346 (der krankhaft veränderte Wille und der Wille des in Übereilung, Aufregung, Schreck handelnden Selbstmörders ist unbeachtlich. In den seltenen Fällen aber, wo an der ruhigen Überlegung nicht zu zweifeln ist, versagt die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag, jedoch Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung).
Bei einem Autounfall ist, wenn der Fahrer des Wagens den Verunglückten zum Arzt bringt, der Eigentümer des Autos nur zur Begleichung der Kosten für die erste Untersuchung und den ersten Verband aus Geschäftsführung ohne Auftrag verpflichtet; weiterhin aber muß der Arzt dem Kraftwagenhalter erst Mitteilung machen und seine Entschließung abwarten (AG. Neukölln, 15 C 1875/30, zitiert in GrBerlÄBl. 1931, 230).
a) Die überwiegende Ansicht im Schrifttum geht dahin, dem Arzt Anspruch nicht nur für Auslagen, sondern auch auf das übliche taxmäßige Honorar zuzubilligen, denn nach moderner Rechtsanschauung gelten als Aufwendungen auch solche Arbeitsleistungen, welche zu dem Berufe des Arbeitenden gehören, so Hellwig S. 14; BRÜCkmann: Die Rechte des Geschäftsführers ohne Auftrag 1903, 185; FLÜGge S. 82; Planck § 683 Nr 3a; Rgrkomm § 683 Nr 5. Vgl. auch Kohler • Iherings Jahrb. 25, 110–138, dessen für das frühere Recht entwickelte Idee der auftraglosen Geschäftsführung als Menschenhilfe in dieser Verallgemeinerung vom Bgb. zwar nicht verwirklicht worden ist (vgl. Bem. 7), der aber auch mit Geltung für das heutige Recht zutreffend sagt: Die Tätigkeit des Arztes ist wie eine pekuniäre Ausgabe zu betrachten. Die gewerbliche Leistung ist eine Ausgabe aus dem gewerblichen Kapitalfonds, welchen der Mann des Gewerbes in sich und seinem Geschäfte trägt; daher führen hier bereits die gewöhnlichen Grundsätze der neg. guestio zu einer Belohnung, welche der üblichen Bezahlung solcher Arbeiten im Verkehrsleben entspricht.
b) Auch Celle 10. 11. 05, Olgrspr. 12, 272 geht davon aus, daß wer auftraglos ein Geschäft besorgt, das in den Kreis seiner beruflichen Tätigkeit fällt, auch dem Geschäftsherrn seine Dienste nur gegen Entgelt zur Verfügung stellen will, also muß auch der Geschäftsherr die Vergütung zahlen. Ebenso Colmar 25. 3. 04, Olgrspr. 8, 343.
Vgl. die oben S. 100 angegebene Literatur.
Vgl. dazu auch die oben S. 104, 110, 201 mitgeteilte Literatur und Judikatur; und noch etwa: Elster: Haftung des Arztes und des nichtärztlichen Heilbehandlers für Kunstfehler. Jur. Rundschau f. d. Privatversicherung, zit. in Djz. 1931, 102.
Heller• Zur Rechtsprechung über die Haftung des Arztes und Versicherungsträgers wegen Körperletzung eines Kranken, in Dkrankk. 1931 1367, macht auf die wirtschaftlich bedenklichen Folgen der weiten Ausdehnung des Fahrlässigkeitsbegriffes durch das RG. aufmerksam.
Übersicht über Typen von Kunstfehlern aus der Düsseldorf 10.7. 14, Olgrspr. 33, 328: Kein Schadensersatzanspruch gegen den Hausarzt, der ohne Zustimmung und Kenntnis des Patienten die Zuziehung eines Irrenarztes und dessen Untersuchung veranlaßt hat; in solchem Falle können nicht alle Maßnahmen nach vorheriger Rücksprache mit dem Patienten getroffen werden. Ebenso RG. SeuffArch 65, Nr 239: Fahrlässigkeit ist ausgeschlossen, wenn der die Unterbringung in Irrenanstalt veranlassende Arzt die begutachtete Person für gemeingefährlich hielt und ohne sein Verschulden halten konnte. Dagegen RG. 25. 11. 09, JW. 1910, 18: Ein Arzt, der über den Geisteszustand eines andern befragt wird, muß sich der schweren Verant-wortung bewußt sein, die er übernimmt, wenn er ihn für geisteskrank erklärt. Gibt er sein Gutachten ohne genügende Unterlagen ab, so handelt er nicht nur grob fahrlässig, sondern unter Umständen vorsätzlich gegen die guten Sitten (§ 826 ).
b) Nur Durchschnittsmaßstab. RG. 1. 3. 12, 78, 432: Auch der geschickteste Arzt arbeitet nicht mit der Sicherheit einer Maschine; trotz aller Aufmerksamkeit und Sorgfalt des Operateurs kann ein Griff, ein Schnitt oder Stich mißlingen. Ebenso verlangt KG. 23. 9. 29, BerlAKorr, 1930 102 nur diejenige Sorgfalt, die bei der Anwendung der allgemeinen Regeln der Heilkunde von einem ordentlichen Arzt durchschnittlich zu verlangen ist.
c) Unrichtige Prognose. LG. Berlin, ÄVB1. 1929, 684: In unrichtiger Prognose über den Heilungsverlauf liegt meist kein Verschulden, da hierüber regelmäßig keine bestimmte Zusage gemacht werden kann.’
d) Unterlassene Röntgenuntersuchung. RG. 22. 12. 22, JW. 1923 603 hat in einem Falle, in dem der Verletzte sich in einem mit einem Röntgenapparat ausgestatteten Krankenhaus befand, die Unterlassung der Röntgenuntersuchung als Fahrlässigkeit angesehen; unter solchen Umständen sei der Arzt zur Röntgenaufnahme verpflichtet, wenn auch der äußere Befund die regelmäßigen Merkmale einer bestimmten Krankheitsform zeigt und deshalb nach den bisherigen Erfahrungen des Arztes auch mit Sicherheit auf diese schließen läßt.
Vgl. hierzu Strassmann und Thiersch: JW. 1923 603 Anm. (das Verschulden liege nicht in der unterlassenen Untersuchung, sondern in der unterlassenen Aufklärung des Patienten); vgl. dazu unter e).
RG. 20. 6. 30, JW. 1931 1466: Der Arzt hat die Verpflichtung zur Röntgenuntersuchung, wenn er ein früher in die Wunde zur Eiterentleerung gelegtes Röhrchen beim Verbandwechsel und dann bei instrumentaler Untersuchung nicht findet. Einem ihn in der Behandlung ablösenden Arzt muß unter diesen Umständen der Arzt Mitteilung machen, daß möglicherweise noch eine Durchleuchtung vorgenommen werden müsse. Gegen die Ausführungen von Strassmann (JW. 1931 1466 Anm.), eine solche Pflicht bestehe, schon wegen der damit verbundenen Kosten, erst bei ungewöhnlicher Verzögerung der Heilung, wendet sich ebenda Philipsborn, welchem sich Reichel (ÄrztlSachverstZ. 1931 287) anschließt.
e) Aufklärungspflicht über gefährliche Folgen. Aus dem Schrifttum s. u. a. Hegner: a. a. 0. S. 33.
Grundsätzlich besteht, wie LG. I Berlin am B. 6. 29 (Krk.hausarzt 1930 129, ZKrW. 1930 292) entschieden hat, die Pflicht des Arztes, den Patienten auf die Folgen einer Operation, die im sicheren Bereich der Möglichkeit liegen, aufmerksam zu machen, nicht aber auf die Folgen, die nur in Ausnahmefällen zu erwarten sind. So schon RG. 1. 3. 12, 78 432: Keine Pflicht, auf alle nachteiligen Folgen aufmerksam zu machen, die möglicherweise entstehen können. Eine solche Belehrung würde nicht selten sogar falsch sein, sei es, daß der Kranke zu Unrecht abgeschreckt, sei es, daß er in schädliche Angst und Erregung versetzt würde. Auch Hamburg 3.2.28
HansRgz. B 495; 41. Spruchsamml. d. Djz. 1930 21, ÄVB1. 1929 491: Auf möglicherweise eintretende Operationsfolgen hat der Arzt nur unter besonderen Umständen hinzuweisen.
Unrichtige Beratung des Arztes: RG. 11.5.31, ZMedBe. Rspr. 1931 117, GrBerlÄBl. 1931 299: Ein Arzt, der vom ärztlichen Standpunkt aus die Folgen einer Operation nicht völlig überblicken kann und trotzdem versichert, daß nach operativer Entfernung der Geschwulst die Gebärfähigkeit erhalten bleiben werde, bandelt fahrlässig, wenn er erkennen kann, daß die Patientin auf die Erhaltung der Gebärfähigkeit Gewicht legt und im Vertrauen hierauf sich zur Vornahme der Operation entschließt.
f) Belehrungspflicht. RG. 17. 10. 30, ZMedBe. Rspr. 1931 89: Es ist fahrlässig, wenn ein Spezialarzt nach Anlegung eines Gipsstreckverbandes die Eltern des Kindes nicht anweist, auf Veränderungen der Lage und der Farbe der Zehen zu achten und dem Arzt gegebenenfalls sofort Mitteilung zu machen.
g) Ist der Arzt zur Anwendung bestimmter Heilmittel verpflichtet? RG. B. 7. 30, DRichtZ. Rspr. 1930, 682 verneint diese Pflicht im allgemeinen. Eine solche Pflicht besteht nur, wenn sie sich für ein bestimmtes Heilmittel oder Heilverfahren aus einem Sondergesetz ableiten läßt. Das ist in der Regel nicht der Fall, auch nicht bei der Frage der Anwendung der Serumbehandlung bei Diphtherie.
h) Abweichung von der Schulmedizin, Naturheilkundige. RG. 25. 6. 12, JW. 1912, 857: Auch die Ärzte an einer Naturheilanstalt sind nicht nur verpflichtet, den in die Anstalt Aufgenommenen nach den Regeln des Naturheilverfahrens zu behandeln, sondern sie müssen bei der Aufnahme und später bei der Behandlung prüfen, ob die Anwendung des Naturheilverfahrens in diesem Falle den Regeln der ärztlichen Wissenschaft entspricht; hätten sie bei pflichtmäßiger Berücksichtigung dieser Regeln die Untauglichkeit oder gar Schädlichkeit des Naturheilverfahrens erkennen müssen, so bedeutet diese Behandlung eine Fahrlässigkeit.
Naumburg 7. 6. 18, JW. 1919, 1002: Ein Naturheilkundiger ist verpflichtet, die Zuziehung eines Arztes zu veranlassen, wenn er erkennt oder erkennen muß, daß es sich um ein Leiden handelt, welches ärztlicher Behandlung, namentlich eines operativen Eingriffs, bedarf (Krebs). Es genügt nicht, daß er dem Kranken gelegentlich anheimstellt, sich an einen Arzt zu wenden.
Olg. Hamburg 3.4.28, LeipzZeitschr. 1928 1458: Ein Facharzt für Naturheilkunde darf, wenn er bei einem Behandlungsfall an der herrschenden, im wesentlichen auch bewährten. Lehre der Schulmedizin vorbeigeht, seine eigene Methode nur dann anwenden, wenn der Kranke nach Aufklärung über den Sachverhalt der Anwendung dieser Methode zustimmt.
RG. 18. 1. 29, DRichtZ. 1929, 98: Ein Arzt bedarf, auch wenn er Anhänger. der. Naturheilmethode ist und wenn er annehmen darf, daß der Kranke sich gerade mit Rücksicht auf diesen Umstand in seine Behandlung begeben hat, gleichwohl nicht bei der Diagnose ein in der sog. Schulmedizin bewährtes und anerkanntes Verfahren (Untersuchung auf Spirochäten bei Syphilisdiagnose) einfach beiseite lassen, mindestens nicht ohne den Kranken entsprechend zu belehren.
i) Zurücklassung von Fremdkörpern in der Wunde. Während RG. 9. 7. 13, 83, 71 bei einer Blinddarmoperation in dem Zurückbleiben eines Tampons eine Fahrlässigkeit erblickt,’ da auf jeden Fall ein Mittel gefunden werden mußte, wodurch das Hineinrutschen des Tampons verhindert und die Entfernung sämtlicher Tampons aus der Wunde gewährleistet wurde (hierzu vgl. Mansfeld: Leipz. Zeitschr. 1915 338, welcher die Kritik von Kohler zurückweist), und RG. in ZKrW. 1929 701 es dem Arzt zum Verschulden anrechnet, daß er keine Anordnungen getroffen hatte, die Entfernung von Fremdkörpern aus der Wunde vor deren Schließen zu gewährleisten, stellt RG. 17. 10. 19, 97 4 es auf den Einzelfall ab: Das Zurückbleiben einer Gazeserviette bei einer Ovariotomie, bei der eine dreifache, nicht voraussehbare und nicht vorausgesehene Komplikation eintrat, bildet keine Fahrlässigkeit; es genügte, daß der Chirurg die verwendeten Servietten, um deren Übersehen beim Schluß der Operation tunlichst unmöglich zu machen, mit einem Zipfel heraushängen ließ oder mit einem Instrument festklemmte, ein Abzählen der Servietten war nicht erforderlich. Ähnlich RG. 6. 1. 28, ZMedBe. Rspr. 1928 102: Bei einer Operation war ein Scherenstück abgesprungen und in der Brustwand zurückgeblieben; der Arzt, der das Abspringen sofort bemerkt und in der Wunde gesucht hatte, hat das Scherenstück nicht gefunden und mußte wegen bestehender Lebensgefahr die Operation mit tunlichster Beschleunigung beenden. Unter diesen Umständen wurde Fahrlässigkeit verneint.
Hamburg 1. 3. 29, ZKrW. 1930, 290: Das Zurückbleiben eines Gewebestückes im Unterleib bildet keine Fahrlässigkeit, da bei der bestehenden Lebensgefahr die Aufmerksamkeit des Arztes und seiner Gehilfen durch die Notwendigkeit einer nicht zu tiefen aber auch. nicht zu leichten Narkose von der Operationstätigkeit abgelenkt wurde. Andererseits brachte der starke Bluterguß in dem Unterleib besondere Gefahren für das Verschwinden eines der zum Abstopfen der Blutung verwendeten Gewebestücke mit sich.
k) Durchsto/iung der Gebärmutter. RG. 12. 3. 12, JW. 1912 581.
Röntgenverbrennung. Aus dem Schrifttum vgl. Ebermayer S. 142ff. und die dort angegebene Literatur. Zur Rechtsprechung vgl. die oben S. 105 angegebenen Beispiele, ferner noch:
RG. 24. 3. 30, DKrankK. 1930, 1119, ZMedBe. Rspr. 1930, 62: Bei der allgemein bekannten Gefährlichkeit der Röntgenbestrahlungen muß der Arzt sein ganz besonderes Augenmerk auf die Vermeidung von Gefahren richten. Es genügt nicht, daß über die einzelnen Applikationen in den Büchern Aufzeichnungen gemacht waren, aus denen sich aber nicht die in Wirklichkeit angewendete Dosis feststellen ließ. Aus dieser mangelhaften Buchführung kann geschlossen werden, daß dem Arzt ein Verschulden zur Last fällt.
RG. 17. 3. 31, ZMedBe. Rspr. 1931 93: Bei einem durch mangelhafte ärztliche Röntgenkontrolle entstandenen „Röntgenkrebs“ wurde ärztliches Verschulden deshalb bejaht, weil entweder bei den Einzelbestrahlungen zu stark dosiert wurde oder Fehler rein röntgentechnischer Art begangen wurden oder die gesamte Bestrahlungsdauer zu lange Zeit hindurch fortgesetzt worden ist.
na) Diathermieverbrennung. a) RG. in ZMedBe. Rspr. 1931 151 verneint Fahrlässigkeit, da die Behandlung dem damaligen Stand der Wissenschaft entsprach und es sich auch nicht um die Anwendung einer noch unerprobten Methode, sondern um eine damals (1911) wissenschaftlich noch nicht beobachtete und ungeklärte Nebenwirkung handelt.
ß) RG(Str) 7. 2. 30, JW. 1930 1597: Da bei der Diathermiebehandlung immer die Ge-’ fahr einer Verbrennung besteht und als einziger Maßstab für die Stärke des anzuwendenden. Stromes nur das Empfinden des Patienten dienen kann, der bei Gefühlslähmungen gegen elektrische Ströme überempfindlich ist, ist besondere Vorschrift geboten. Eine ärztliche Klinik muß so organisiert sein, daß jeder Patient vor der ersten Diathermiebehandlung einem Arzt der Klinik vorgestellt wird. Diese Anordnung muß durch schriftliche Anweisung eines Klinikarztes und durch Anweisung an den Bademeister, Diathermiebehandlungen nur nach Vorlegung einer solchen schriftlichen Anweisung vorzunehmen, kontrolliert werden. Die Ausführung durch geschultes Personal muß ärztlich überwacht werden. Der Bademeister darf sich nicht durch die „Badehilfe“ vertreten lassen, ohne sich zweifelsfrei zu vergewissern, daß dieserschwerhörige
Gehilfe das bei der Gefühlslosigkeit des Patienten wichtige Verbot der Stromverstärkung richtig verstanden hat. Eine weitere Fahrlässigkeit des Bademeisters liegt darin, daß er unmittelbar nach der Feststellung der Verbrennung das ausdrückliche Verlangen des Patienten, einem Arzt vorgeführt zu werden, abgelehnt hat.
n) Unleserliche Ausstellung von Rezepten. Schrifttum: Schilling: Mögliche Folgen unleserlicher Unterschriften, in ZKrW. 1929, 373. Ebermayer: a. a. O. S. 126.
RG. 27. 9. 29, 125, 374, JW. 1930, 1580: Nur dann, wenn der Arzt es als gewiß ansehen darf, daß die von ihm angewendete abgekürzte Form eines Rezeptes, die die Verdünnung des eine starke Dosis Superarenin enthaltenden Mittelé nicht erkennen ließ, den Apothekern als die Bezeichnung der von ihm gewünschten ungefährlichen Zusammenstellung allgemein bekannt ist, konnte er sich bei der Gefährlichkeit des Medikamentes der Abkürzung ohne Verletzung der von ihm zu beobachtenden Vorsicht bedienen.
o) Unterlassung der Führung von Krankengeschichten. RG. 22. 11. 27, ZMedBe. 1928, 77/78: Das Unterlassen der Aufzeichnungen (Krankengeschichte und Fieberkurve) kann dem Arzt zum Verschulden angerechnet werden.
Aus dem Schrifttum s. Freymlth: Rechtliche Verantwortlichkeit der Arztfrau als Gehilfin ihres Mannes, Leipzig 1917 (behandelt eigene Verantwortlichkeit der Frau, die ohne Sachkunde in Abwesenheit des Mannes ärztliche Handlungen vornimmt, und Einstehen des Arztes für ein solches Verhalten seiner Frau).
Vgl. die oben S. 105 Nr 4ff. und S. 209 Nr 1 mitgeteilte Literatur und Judikatur, die auch hier zu verwenden ist. Eine Darstellung der typischen Kunstfehler des zahnärztlichen Berufes geben Ritter-Korn: Deutsches Zahnärzte-Recht, S. 74ff. Berlin 1930. (Kunstfehler in bezug auf Aseptik und Antiseptik, bei Zahnextraktion, beim Füllen der Zähne und beim Zahnersatz, z. B. Abbrechen eines Bohrers, Verschlucken einer Nervnadel, Verletzung der Zunge durch ein Schleifrad, Sepsis nach Zahnbehandlung, Abbrechen einer Injektionsnadel, einer Nervnadel.) Vgl. auch Meier• Zahnärztliche Rechtskunde, bes. S. 96ff. Halle 1921.
Schmerzensgeld infolge von Fahrlässigkeit angenommen vom KG. 22. 11. 15 (bei Lang: Dentistische Rechtskunde S. 1248) für das Ziehen von 4 noch brauchbaren Zähnen durch einen Dentisten.
Olg. Frankfurt 25. 1. 29 (Lang: a. a. O. S. 1249 ): Schmerzensgeld bei Anwendung der veralteten und in der Wissenschaft als gefährlich verurteilten Methode der gewaltsamen Lockerung der Zähne, auch wenn die Patientin einen dahingehenden Wunsch äußerte.
Ob die Behandlung mit einer Spiralnervennadel ohne Halter fahrlässig ist, wird in der Rspr. verschieden beurteilt (vgl. Nachweise bei Lang S. 1220ff.). Über das Abbrechen von Injektionsnadeln vgl. Lang S. 1225ff.
Colmar 20. 2. 14, Olgr. 33, 329: Ein Dentist, der auf Verlangen ohne medizinisches Bedürfnis gesunde Zähne auszieht, ist nach § 826 schadensersatzpflichtig. Es verstößt bei jedem, der die Heilkunde beruflich ausübt, gegen die guten Sitten, einem Kranken, auch wenn er es wünscht, eine Behandlung zuteil werden zu lassen, von der er weiß, daß sie sachwidrig und gesundheitsschädlich ist. Vgl. dazu S. 110ff., 114.
ScmuTZ: Die Operation ohne Genehmigung des Patienten, in MedWelt 1930 733 stellt die Judikatur zusammen und behandelt die Rechtsfolgen der ohne oder gegen den Willen des Patienten vorgenommenen Operation.
Ebermayer: a. a. O. S. 148ff.
Hahn • Untersuchungen über die rechtliche Natur ärztlicher Eingriffe. Breslau 1928, u. a.
Thoma: Die Einwilligung zu Operationen an Minderjährigen. ZblJugendrecht 20,$295 (1929), bespr. in ZKrW. (bei Gefahr im Verzuge kann der Arzt ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters eine Operation vornehmen).
Mansfeld: LeipzZeitschr. 1915, 337.
Zitelmann: ACivPr. 99 112 und die Haftung des Arztes, 1908, S. 3ff. Handeln (mit Einwilligung), S. 8ff. (Handeln ohne Einwilligung).
a) RG. 27. 5. 08, 68 431: Ein Arzt, der ohne die erklärte oder doch mutmaßliche Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters eine Operation vornimmt, macht sich einer widerrechtlichen Körperverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 Bgb. schuldig; ein Ausnahmefall besteht bei Gefahr im Verzuge (vgl. hierüber zu k). Bei einer Einweisung in eine orthopädische Anstalt ist weder die Vornahme operativer Eingriffe selbstverständliche Voraussetzung für die ärztliche Behandlung, noch ist ohne weiteres das Einverständnis des Patienten oder seines Vertreters mit einem etwaigen Eingriff zu unterstellen. Der Irrtum, daß eine Einwilligung vorliege, kann bei gutem Glauben entschuldbar sein; unentschuldbar aber handelt der Arzt, der gar nicht prüft. Der Leiter einer größeren Klinik braucht nicht persönlich mit dem gesetzlichen Vertreter wegen der Einwilligung zu verhandeln, muß aber Anordnungen treffen, welche dafür Gewähr bieten, daß die Einwilligung eingeholt wird. Die Krankenschwester ist hierfür nicht ohne weiteres geeignet.
b) RG. 13. 10. 16, SS, 436: Nur soweit die Einwilligung des Krankren reicht, ist der Eingriff nicht rechtswidrig.
e) RG. 3. 10. 11, WarnErg. 1911 Nr 431: Das Vorliegen der Einwilligung des Kranken oder des gesetzlichen Vertreters hat der Arzt zu beweisen.
d) RG. 21. 5. 07, Djz. 1907 1025: Ohne Fahrlässigkeit kann der Arzt die stillschweigende Einwilligung zu einer meist harmlosen Operation (Schieloperation) als erfolgt ansehen, auch wenn er die Patientin für minderjährig hielt.
Vgl. jedoch Olg. Darmstadt 16. 11. 06, HessRspr. 7 178: Da es sich um einen nicht unbedenklichen Eingriff in ein wichtiges Organ (Auge) handelte und keine Eile geboten war, hat der Arzt schuldhaft ohne Einwilligung operiert.
e) Hamburg 27. 3. 13, Olgrspr. 28, 182: Spricht der Arzt nur davon, daß Wucherungen an der Gebärmutter zu beseitigen seien, daß aber Gefahr im Verzug sei und daß die Patientin das Einzelne alles ihm überlassen müsse, so läßt sich allerdings noch nicht feststellen, daß die Patientin mit der Vornahme der dann tatsächlich an ihr vollzogenen schweren Operation der völligen Entfernung der Gebärmutter sich stillschweigend einverstanden erklärt hat. Jedoch durfte der Arzt mit gutem Grund die Einwilligung als von der Patientin tatsächlich erteilt voraussetzen.
f) KG. 21. 10. 30, ZKrW. 1931 630: Ein Arzt, der bei einer Operation (Beseitigung einer Gebärmutterknickung) erkennt, daß der Blinddarm erkrankt ist, ist berechtigt, diesen zu entfernen; er mußte davon ausgehen, daß diese Entfernung dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen der Patientin entsprach und kann in voller Höhe seine Gebühren verlangen.
g) Stuttgart 12. 7. 29, JR. 1909. 41. Spruchsammlg. Djz. 1930, 38: Bei der Entfernung harmloser Warzen darf der Patient erwarten, daß unter keinen Umständen vom Arzt ein Mittel angewendet wird, bei dem mit der Möglichkeit schwerer Schädigungen gerechnet werden kann. Wendet der Arzt ein solches Mittel an, trotzdem ihm andere Mittel zu Gebote stehen, so handelt er schuldhaft.
h) Bedenklich RG. 14. 3. 11, JW. 1911 449: Rechtswidrigkeit trotz Zustimmung der Eltern, da der Arzt zur Heilung des an sich harmlosen Leidens eine ungeeignete Behandlungsweise wählte und die Eltern mit dem zur Beseitigung der Talgdrüsenentzündung nicht erforderlichen schmerzhaften Brennen und der dadurch verursachten Entstellung des Kindes,nicht einverstanden waren.
i) RG. 30. 6. 11, JW. 1911 748: Die ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorgenommene Operation bleibt rechtswidrig, mag auch der Minderjährige selbst ihr zugestimmt haben.
k) Bei Gefahr im Verzuge: a) RG. 27. 5. 08, 68, 431. Bei Gefahr im Verzuge besteht ein Ausnahmefall. Ebenso ß) RG. 19. 5. 31, GrBer1AB1. 1931 299. Dagegen läßt y) RG. 30. 6. 11, JW. 1911 748 die Frage, ob bei besonders gearteter Sachlage die Verweigerung der Einwilligung Mißbrauch der elterlichen Gewalt und daher die Operation sogar gegen ausdrückliches Verbot objektiv gerechtfertigt ist, unentschieden. 1) RG. 21. 11. 13. Iii277/13, zitiert bei Mansfeld, LeipzZeitschr. 1915 337: Erklärt der Arzt, es sei Gefahr im Verzuge und der Kranke müsse ihm alles einzelne überlassen, und unterzieht sich daraufhin der Kranke der Operation, so ist dadurch der Arzt vertragsmäßig berechtigt und verpflichtet, die Operation in dem Umfange auszuführen, wie es nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Interesse der Heilung erforderlich ist.
RdErldMfV. 11. 6. 31, Volkswohlf. 1931, 607: Eine neuartige Heilbehandlung darf nur vorgenommen werden, nachdem die betreffende Person oder ihr gesetzlicher Vertreter nach vorheriger. Belehrung sich unzweideutig einverstanden erklärt hat, sonst nur, wenn Gefahr im Verzuge. In Kliniken und Anstalten nur vom leitenden Arzt selbst oder in seinem ausdrücklichen Auftrag und unter seiner vollen Verantwortung von einem anderen Arzt. Die Vornahme eines Versuchs ist bei fehlender Einwilligung unter allen Umständen unzulässig und nur nach Laboratoriumsversuch und Tierexperiment zulässig, Versuche an Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren unstatthaft, wenn sie die Person auch nur im geringsten gefährden, Versuche an Sterbenden aus ethischen Gründen unzulässig.
Über wissenschaftliche Versuche an lebenden Tieren RdErl.MfV. 3. 4. 30, ZMedBe. 1930, Rspr. 71.
Olg. Königsberg 5. 2. 31, DÄBl. 1931, 341: Die von der Patientin nicht genehmigte Blutentnahme (in staatlicher Frauenklinik) ist fahrlässige Körperverletzung, da sie nichts mit der Behandlung, dem Unterricht und wissenschaftlichen Zweck zu tun hat. Die menschliche Pflicht, Blut zur Rettung anderer hinzugeben, ist keine Rechtspflicht. Ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis ist nicht erwiesen.
Endemann: Ablehnung einer Operation als mitwirkendes Verschulden?
Schorn: Die Operationspflicht nach bürgerlichem und öffentlichem Rechte, in DZgerMed. 14 84–109.
Zur Operationspflicht des Beamten besonders: SchoRN: RPrVB1. 52, 610; gegen ihn
Foerster: RPrVB1. 52, 970. Beide behandeln die Frage, ob der Beamte sich durch Ablehnung einer gefahrlosen Operation disziplinarisch verantwortlich macht (SchoRN verneinend, Forrster bejahend für besondere Fälle). Ferner wird erörtert, ob infolge einer solchen Weigerung die Gehalts-und Pensionsansprüche gekürzt werden können (SchoRN bejahend in Anwendung des im § 254 Bgb. enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens, Forrster grundsätzlich verneinend für Gehalts-und Pensionsansprüche, nur könne die schuldhafte Ablehnung einer Operation gemäß § 1 Abs. 2 Preuß. Pensionsgesetz, §L36 RBeamtG. und den Beamtenunfallfürsorgegesetzen die Entstehung eines Ruhegehaltsanspruches ausschließen).
a) Im Arztprozeß. RG. 12. 3. 12, JW. 1912 581: Zur adäquaten Verursachung und Haftbarmachung des Arztes genügt es, wenn bei einer Operation zwei Durchstoßungen der Gebärmutter in ihrer Gesamtwirkung die tödliche Bauchfellentzündung herbeigeführt haben.
RG. 18. 5. 28, ZMedBe. Rspr. 1929, 4: Keine Schadensersatzpflicht des Arztes besteht f Behandlung bei Unglücksfällen, wenn die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Unfall selbst, nicht die mangelhafte Behandlung, die Verletzung ursächlich bedingte. RG. 3. 6. 21, 102, 230: Wenn infolge Verschuldens des zuerst behandelnden Arztes ein zweiter zugezogen wird, wenn dieser zweite Arzt gegen alle ärztliche Regel und Erfahrung schon die ersten Anforderungen an ein vernünftiges, gewissenhaftes ärztliches Verfahren in gröblichstem Maße außer acht gelassen hat; in einem solchen Falle ist der Mißerfolg der Heilung im Rechtssinn allein auf diese ungewöhnlichen Umstände zurückzuführen (RG. 22. 6. 11, JW. 1911, 755 ).
b) In anderen Prozessen. RG. 17. 1. 28, 41. Spruchsammlg Djz. 1930 37: Ursächlicher Zusammenhang bleibt bestehen, auch wenn sich der Verletzte einer durch den Unfall notwendigen Operation unterziehen muß und hierdurch weitere Schadensfolgen eintreten, selbst dann, wenn bei der Operation von dem Arzt ein Kunstfehler begangen wird.
RG. 13. 2. 05, 60 147: Wenn nach ärztlicher Erfahrung begründete Aussicht auf Heilung oder wesentliche Besserung der Krankheit besteht, liegt auch in der Ablehnung einer Anstaltsbehandlung ein mitwirkendes Verschulden; die Kur darf weder eine Steigerung der Gefahr für das Leben noch besonders heftige körperliche Schmerzen mit sich bringen und muß auf Kosten eines anderen unternommen werden können.
RG. 27. 6. 13, 83, 15: Die. Ablehnung einer Operation bedeutet dann kein mitwirkendes Verschulden, wenn sie nur in der Chloroformnarkose vorgenommen werden kann.
RG. 12. 7. 30, 129 398: Dem Verletzten ist der Vorwurf eines mitwirkenden Verschuldens dann nicht zu machen, wenn die Ärzte über die Rätlichkeit des Eingriffes verschiedener Meinung sind, auch dann nicht, wenn der Verletzte Veranlassung hat, dem von der Operation abratenden Arzte besonderes Vertrauen entgegenzubringen.
a) RG. 5. 12. 27, 119 204: Grundsätzlich stellt sich der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entspringende Schaden als eine Einheit dar und nicht als Summe einzelner selbständiger unzusammenhängender Schäden, so daß die Ungewißheit über den Umfang und die Höhe des Schadens den Beginn der Verjährung nicht ausschließt, daß vielmehr alle Folgezustände, die im Zeitpunkt der erlangten Kenntnis von dem Schaden überhaupt auch nur als möglich vorauszusehen waren, mit dieser allgemeinen Kenntnis als dem Verletzten bekannt geworden zu gelten haben. Aber diesen Grundsatz hat das RG. in den Fällen nicht zur Anwendung gebracht, in denen sich wider Erwarten aus leichten Erkrankungen schwerere Folgezustände herausbilden (Warneyer Rspr 1912Nr 432) oder aus anscheinend vorübergehenden Krankheiten chronische Leiden entwickeln (Warneyer Rspr. 1914 Nr 56 u. 84). In gleicher Weise hat das RG. die Verjährung dann verneint, wenn später neue Wirkungen der unerlaubten Handlung hervortreten, die erst infolge nachträglich eintretender Umstände dem Verletzten weitere Nachteile bereiten (JW. 1909 725). Vgl. ebenso b) RG. 21. 12. 08, 70 150. c) RG. 11. 12. 13, 83, 354: Die Einheitlichkeit des Schadens bleibt so lange gewahrt, als die Schadens-folgen sich noch als eine nach den Verkehrsanschauungen möglicherweise zu erwartende Weiterentwicklung der zum Schadensersatz verbindenden Handlung ansehen lassen. d) RG. 5. 11. 14, 85, 424. e) RG. 10. 2. 23, 106 283.
RG. 5. 2. 31, 131 278, JW. 1931 1458: Ein Vergleich, durch den der Verletzte sich wegen aller jetzigen oder künftigen Ansprüche für endgültig abgefunden erklärt, kann nicht gemäß § 242 bloß deswegen beseitigt werden, weil es eine große Unbilligkeit darstelle, nach der ganz erheblichen Verschlimmerung im Zustande des Verletzten an ‘dem Vergleich festzuhalten. Eine Ähnlichkeit mit der Billigkeitsrechtsprechung über die Geldentwertung oder andere allgemeine Veränderungen der Gesetzgebung oder Rechtsprechung besteht nicht. Um die an sich den Streit endgültig beseitigende Wirkung des Vergleichs auszuschließen, muß der nachträglich eingetretene Schaden objektiv völlig außerhalb dès Vorgestellten liegen und subjektiv nach dem damaligen Sachstand unvorhersehbar gewesen sein. Dieser Schaden muß so erheblich sein, daß bei seiner Kenntnis beide Parteien, auch der beklagte Arzt, nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs den Vergleich nicht geschlossen und der Beklagte seine Schließung dem Geschädigten nicht zugemutet hätte. Natürlich können auch unerwartete Folgen als abgefunden zu betrachten sein. Eine so weitgehende Vorsorge ist aber nicht ohne weiteres zu vermuten; sie folgt auch nicht notwendig aus allgemeinen Redewendungen, namentlich nicht aus solchen in Vordrucken, die für Vergleiche aller Art ohne Rücksicht auf die Eigenart des einzelnen Falle von Versicherungsgesellschaften benutzt werden. Erst in Verbindung mit der wirklichen Sachlage läßt sich der vertragliche Wille der Parteien unter Beachtung redlichen Verkehrs ermessen. Aus dem Schrifttum ist außer den Kommentaren zur Zpo. von Stein-JoNas (14.) §§ 286, 287
FÖRster-Kann: § 286
RüMelin• Haftung, S. 21
Rabel S. 22
Thiersch: JW. 1928, 2213
Ebermayer: Arzt im Recht, S. 103ff. und besonders Locher: Der Primafacie-Beweis in Arztprozessen, ArchCivPr. Beilageheft 1931, 245ff. hervorzuheben.
Der Prima-facie-Beweis ist, wie Locher ausführt, nichts Vorläufiges und Oberflächliches, keine Angelegenheit des ersten Eindrucks; seine Grundlage ist ein feststehender Sachverhalt, der eine durch Gegengründe nicht entkräftete Wahrscheinlichkeitsannahme zuläßt (S. 253). Er stützt sich auf die Anwendung von Erfahrungssätzen, die auf Grund ausreichender Gesetzmäßigkeit eines Lebensgebiets beruhen (S. 256), er entspricht der Billigkeit, weil der Patient oft keine Möglichkeit hat, auch nur dem äußeren Geschehen zu folgen (Narkose) und sich daher oft in Beweisnot befindet, er berücksichtigt aber auch die ebenfalls mögliche Beweisnot des Arztes, der oft außerstande ist, eine bestimmte Abnormität des Kausalverlaufs, die ohne sein Verschulden ausnahmsweise die Schädigung herbeigeführt hat, aufzuzeigen, weswegen das Reichsgericht wiederholt ausgesprochen hat, daß die Unmöglichkeit einer sicheren Ursachenfeststellung nicht zu Lasten des Arztes gehen dürfe (S. 271).
Locher wägt die Fernwirkungen ab: Auf der einen Seite verschärfe jeder verlorene Arztprozeß die „ärztliche Vertrauenskrise“, da das Publikum nicht glaubt, daß es auch ohne Verschulden des Arztes mal schief gehen könne. Andererseits gehe es nicht an, die Ärzteschaft für die der Medizin eigentümlichen Unvollkommenheiten verantwortlich zu machen (S. 274).
RG. 28. 3. 30, 128, 121, JW. 1930, 1591: Die Verteilung der Beweislast mag nicht unzweifelhaft sein, soweit das Verschulden des Arztes in Frage steht. Soweit der Kläger den Anspruch aus unerlaubter Handlung herleitet, hat zwar ohne weiteres er selbst das Verschulden des Arztes darzutun. Soweit aber der Kläger als Dienstvertragsberechtigter dem Arzte gegenübersteht, läßt sich darüber streiten, ob nicht der Arzt sich über die mangelfreie Erfüllung seiner ärztlichen Vertragspflichten auszuweisen hat (§ 282 Bgb.). In RG. 1. 3. 12, 78, 432 hat der erkennende Senat die Frage nach ihrer grundsätzlichen Seite dahingestellt gelassen. Auch im vorliegenden Fall läßt RG. 28. 3. 30, 128, 121 die Frage unentschieden, da das Verschulden feststeht und nur der ursächliche Zusammenhang in Frage steht. Die Beweislast des Klägers hierfür ist aber schon nach den allgemeinen Grundsätzen nicht in Frage zu ziehen. b) RG. 16. 6. 31
Zmedbe. 1931, Rspr. 151 verwirft die Bezugnahme auf § 282. Es kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt diese Bestimmung auch auf den Fall der nicht vollständigen Erfüllung Anwendung findet. Denn bei einer ärztlichen Behandlung wie der vorliegenden (Diathermiebehandlung) kann von einer unvollständigen Erfüllung nicht gesprochen werden, da die Behandlung an sich geleistet wurde. Es handelt sich nur um eine bei der Behandlung vorgekommene, angeblich schuldhafte Verletzung, hinsichtlich deren dem Beschädigten die Beweislast sowohl dafür obliegt, daß die Beschädigung die Folge des von dem Arzt zu vertretenden Umstandes ist als auch daß der verursachende Umstand vom Arzt zu vertreten ist.
Nach den in der Rechtsprechung ausgebildeten Grundsätzen über den Prima-facie-Beweis (RG. 21, 109; 31, 64; 97, 14) hat der Patient den Eintritt des Schadens und den Verdacht des ärztlichen Verschuldens darzutun, vgl. RG.’ 18. 5. 28, JW. 1928, 2213. Es müssen Tatsachen darüber angeführt werden, in welcher Weise der Arzt den Regeln der ärztlichen Wissenschaft schuldhaft zuwider gehandelt haben soll (KG. 23. 9. 29, GrBerlÄB1. 1930, 102 ).
RG. 1. 3. 12, 78, 432, JW. 1912, 528: Er ist schon dann entkräftet, wenn der Arzt dartut, daß ein eingetretener ungünstiger Erfolg auch ohne sein Verschulden eingetreten sein kann, daß nach dem soweit möglich klargelegten Sachverhalt ein positiver Anhalt für sein Verschulden nicht gegeben ist. Ebenso b) RG. JW. 1928, 2213: Es genügt, wenn der Arzt auch nur die Wahrscheinlichkeit eines Gesamtherganges dartut, in dem kein ursächliches Verschulden auf seiner Seite zu erblicken ist. c) RG. 1. 3. 12, 78, 432: Wie man auch grundsätzlich die Beweislast regeln mag, keineswegs kann die Unmöglichkeit, die Ursache einer Verletzung des Kranken bei der Operation sicher festzustellen, zu Lasten des Arztes gehen. Ebenso d) RG. 1. 10. 12, JW. 1913, 32 und e) RG. 4.11.21, Warneyer Rspr. 1922, Nr 7: Die Nichthaftung des Arztes setzt aber immer voraus, daß für ein Verschulden seinerseits kein Anhalt gegeben ist. f) RG. 9. 7. 26
GruchBeitr. 69, 86: Immer bleibt zu prüfen, ob die jeweilige Sachlage einen Anhalt dafür gewährt, daß ein schuldhaftes Verhalten des Arztes vorliege, das nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge geeignet ist, die Verletzung des Kranken hervorzurufen und ob dieser Anhalt so stark ist, daß eine Unmöglichkeit der Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs nicht mehr angenommen werden kann. g) RG. 16. 6. 31
ZMedBe. 1931, Rspr. 151: Die Tatsache der Verbrennung bei Diathermiebehandlung für sich allein stellt noch keinen typischen Geschehensablauf dar, der nach den Erfahrungen des Lebens auf eine bestimmte, vom Arzt zu vertretende Ursache hinweist.
RG. 28. 3. 30, 128, 121: Hat der Arzt eine Lücke in der Beweisführung als Folge seines Kunstfehlers selbst zu vertreten unterlassene Röntgenaufnahme so ist der Richter befugt, aus diesem Sachverhalt Folgerungen für die Beweiswürdigung zu seinen Ungunsten zu ziehen. b) RG. 22. 11. 27, ZMedBe. 1928, Rspr. 77: Die Unaufklärbarkeit einer Schädigung kann dann zu Lasten des Arztes gehen, wenn er die Unaufklärbarkeit durch den Mangel einer Krankengeschichte und das Fehlen einer Fieberkurve verschuldet hat. c) RG. 24. 3. 30, Hrr. 1930, Nr 1097: Mangelhafte Buchführung über Röntgenbestrahlung.
Hamburg 1. 3. 29, LeipzZeitschr. 1929, 1395: Ist der Prima-facie-Beweis mißglückt, so ist der Patient in vollem Umfange beweispflichtig.
Außer den allgemeinen Büchern vgl. noch u. a. Bischofswerder: Haftung des Arztes für Kleidungsstücke, in DÄB1. 1930, Nr 7. BovEnsiEpen: Haftung für Garderobe. Rechtsfragen der Praxis 6, 24 ff. (H. Sack, Berlin 1928 ).
RG. 27. 4. 20, 99 35: Weder durch die Zurverfügungstellung der Vorrichtungen zur Kleiderablage in dem Vorraume der Wohnung noch durch die Bereithaltung des Hausmädchens zur Unterstützung beim Ablegen der Kleidungsstücke wird ein besonderer Verwahrungsvertrag geschlossen. Auch aus dem Arztvertrag ist keine Nebenverpflichtung zu einer besonderen Obhut und Bewachung der im Vorraum abgelegten Kleidungsstücke zu entnehmen. Jedoch kann jeder Sprechstundenbesucher damit rechnen, daß der Vorraum geschlossen gehalten wird; für Diebstähle durch andere Besucher haftet der Arzt nicht.
vgl. u. a. Ebermayer: Der Arzt im Recht, S. 80ff., eingehend Joachim-Korn: Preuß. GebO. S. 18ff. Dort (S. 52ff.) auch Höhe des Honorars.
Dietrich-Schopohl: Gebührenwesen der Ärzte und Zahnärzte. Berlin 1927.
a) Aus dem Schrifttum vgl. über die Frage, ob bei einer Behandlung durch Autoritäten ein stillschweigender Ausschluß der GebO. vorliegt (bejahend) Staudinger: § 612 IV, 2c. - Strassmann: JW. 1919, 195 (unterscheidet zwischen Spezialärzten und sog. Autoritäten; bejahend für letztere).
Delius: MedArch. 1912, 161ff.
Dafür auch Ebermayer: a. a. O. S. 77.
Joachim: BerlÄKorr. 1928, S. 88: Bei Autoritäten von Weltruf verstößt die Berufung des Patienten auf die GebO. wider Treu und Glauben.
b) Rechtsprechung für einen solchen Ausschluß: KG. 12. 11. 19, JW. 1920, 443: Es ist eine gerichtsnotorische Sitte, daß ärztliche Autoritäten, nicht allerdings „jeder bekannte Spezialarzt“, ihr Honorar nicht nach der GebO. fordern; gegen zu hohe Forderungen sind die Patienten dadurch geschützt, daß die Bestimmung des Honorars nach „billigem” Ermessen zu erfolgen hat (§ 315 Bgb.).
c) Dagegen für die Unterwerfung.auch der Autoritäten unter die GebO. vgl. Oertmann: § 612, 2a
Joachim-Korn: Dtsch. Ärzterecht I, S. 385.
Holz: JW. 1919, 195 bezeichnet dies als „communis opinio“ der Ärzteschaft. Überwiegend steht auch die
d) Rechtsprechung auf diesem Standpunkt. Olg. Stettin 14. 4. 08, Olg. 17, 400: Die Kenntnis des Patienten, daß der Arzt zu den ersten Spezialisten gehöre und daß sich Universitätsdozenten meist nicht nach der GebO. zu richten pflegen, läßt noch keinen Schluß zu, daß dem Arzt über die Höchstsätze der GebO. hinaus ein Bestimmungsrecht hat eingeräumt werden sollen. So auch KG. 15. 6. 18, JW. 1919, 195: Auch wenn ein bekannter Spezialist eine sehr schwierige, mit Gefahr für das Leben des Patienten verbundene Operation vornimmt, bleibt die GebO. maßgebend. Olg. Kiel 15. 6. 25; JurRdsch. 1925, Nr 1457: Es besteht weder ein Gewohnheitsrecht noch eine allgemeine Übung dahin, daß ohne weiteres, bei jedem, der sich in die Behandlung eines besonders angesehenen Facharztes begibt, der stillschweigende Wille zu vermuten wäre, sich einer von der gesetzlichen Vergütung abweichenden Berechnungsart zu fügen. Von besonderer Bedeutung für die Praxis ist RG. 12. 6. 31, ZMedBe. 1931, Rspr. 150 und BerlÄCorr. 1931, 314: Auch die sogenannten Autoritäten, Universitätsprofessoren und Spezialisten sind, wenn keine Parteivereinbarung getroffen ist, an die GebO. gebunden. Ein entgegenstehendes Gewohnheitsrecht gibt es nicht.
Teufel S. 34. Mit Übersendung der Rechnung beginnt die Pflicht zur Verzinsung. Über die Bindung des Arztes an die Höhe der Liquidation:
Joachim-Korn S. 56ff. und Olg. Celle 25. 3. 07, Olgrspr. 16, 36: Vom Zeitpunkt des Zugehens der Liquidation ist nachträgliche Erhöhung ausgeschlossen; Olg. Rostock 23. 7. 27
Dkrankk. 1930, Nr 26 gegen nachträgliche Erhöhung, wenn der Arzt nicht ausdrücklich einen dahingehenden Vorbehalt macht. Olg. München 28. 1. 05, SeuffArch. 60, 223: Arzt ist verpflichtet, ordnungsmäßig spezifizierte Rechnung auszustellen. KG. 28. 11. 29
DÄBI. 1930, 40: Trotz der Pflicht des Arztes, auf Verlangen seine Rechnung zu spezifizieren, ist er zur unentgeltlichen Angabe der Diagnose auf der Liquidation nicht verpflichtet. Ebenso vom Standpunkt der Wahrung des Berufsgeheimnisses aus DÄVB. in Dab1. 1930, 54.
Vgl. Knoll, Die Diagnose auf der Rechnung,. Zrvers. 1931, H. 11.
Über die Bemessung des Honorars allgemein: RG. 28. 1. 27, JurRdsch. 1927, Nr 690: Ein Arzt verstößt nicht gegen die Billigkeit, wenn er bei Aufstellung seiner Honorarforderung die Vermögensverhältnisse des Patienten berücksichtigt. Doch darf er nicht den Grundsatz anwenden, daß ihn die von einem wohlhabenden Patienten zu leistenden Honorarzahlungen dafür entschädigen müßten, daß er von anderen Patienten keine angemessene Vergütung erhält.
RG. 17. 12. 29, JW. 1930, 1577: Bei einem vertragsmäßigen Ausschluß der Taxe sind für die Angemessenheit eines Honorars drei Faktoren maßgebend: die ärztliche Leistung, die Stellung und Bedeutung des Arztes und die Vermögensverhältnisse des Patienten.
Über die Zahlungspflicht eines sich als Kassenpatienten ausgebenden Patienten vgl. Tietz: GrBer1ÄB1. 1931, 325: Danach hat der Arzt, wenn er in einem solchen Falle behandelt, ohne daß ein Krankenschein eingefordert und übersandt wird, nur Anspruch auf die Kassenbezahlung gemäß der Preugo.
Vgl. die zu § 61 KonkO. allgemein auf S. 117 angegebene Literatur. Über die Frage, ob auch Zahnärzte das Vorrecht des § 61 Ziff. 4 genießen
Stepp: Konkursprivileg der Zahnärzte (LeipzZeitschr. 1914, 1841) bejahend,mit weiteren Literaturangaben;
Edelstein: Das Konkursvorrecht des Arztes (LeipzZeitschr. 1912, 904) ausführlich über die ganzen Fragen; tritt für ein Vorrecht der Zahnärzte ein, aber auch für ein solches der nur im Auslande Approbierten und der Dentisten, soweit sie ärztliche Leistungen vollbringen. A. A. LehnsEN: Konkursprivileg der Zahnärzte? (Djz. 1914, 567), da in § 29 GewO. die Zahnärzte ausdrücklich neben den anderen Ärzten aufgeführt werden, während dies im § 61 KonkO. nicht erfolgt ist; vgl. noch Ritter-Korn: Deutsches Zahnärzterecht, 2. Aufl. 1930, S. 175ff.;
Meier• Handbuch der zahnärztlichen Rechtskunde, 1921.
Korn: Wieweit erstreckt sich das Vorrecht der Ärzte im Konkurse des Patienten? (Recht 1912, 197) vertritt den für die Ärzte günstigen
Standpunkt, daß unter dem „letzten Jahre“ nicht das Jahr zu verstehen sei, in dem die Forderung des Arztes entstanden ist, sondern das Jahr, in dem sie fällig geworden ist. LG. Chemnitz 10. 4. 93 (SächsArchRpfl. 8, 567) gegen ein Vorrecht der Kurpfuscher und Naturheilkünstler, LG. Rostock 10. 7. 00 (ZCivPr. 29, 245) gegen ein solches der nur im Aus-lande Approbierten, da diese sich, bei Fehlen von besonderen Staatsverträgen, im Inlande nicht als „Arzt” bezeichnen dürfen.
RG. 5. 4. 09, JW. 1909 311: Das Gesetz versteht in § 670 unter Aufwendungen nur die auf freiem Willen beruhende Auslage oder Aufopferung von Vermögenswerten; daher kein Ersatzanspruch für unfreiwillig erlittenen Schaden bei Hilfeleistung, unbeschadet der besonderen Gestaltung des einzelnen Falles. Eine solche besondere Gestaltung wurde angenommen von: f3) RG. 18. 11. 28, 94 169 (Einfangen eines tollwütigen Hundes im Auftrage der Polizei); y) RG. 31. 3. 14, JW. 1914 676 (Auftrag eines Polizeisergeanten an einen Dritten, ihm die Teilnehmer an einer Schlägerei zu zeigen); (3) RG. 26. 2. 20, 98, 195 (Zuziehung von Hilfspersonen seitens der Polizei bei Rettungsarbeiten anläßlich eines Brandes). Fis handelt sich hier und in den Fällen f3 und y um Schäden, deren Gefahr mit der Ausführung des Auftrages von selbst verbunden war und als besondere Gefahr dieser Geschäftsbesorgung von beiden Teilen von vornherein in Rechnung gezogen werden mußte. Sie sind den Aufwendungen gleichzusetzen. RG. 20. 12. 24, GruchBeitr. 68, 311 (Polizeibeamter beauftragt einen in der Wirtschaft Anwesenden mit der Bewachung eines Festgenommenen). Stillschweigende Vereinbarung nehmen an r) RG. 1. 7. 29, Recht 1929 Nr 1829 und C) RG. 5. 1. 31, JW. 1931 3441 (Hilfeleistung bei dem erkrankten Pferd eines Landwirts), lehnen dagegen ab y) RG. 19. 11. 28, 122 298 (Ein Mitglied der Pflichtfeuerwehr verunglückt bei Ausführung eines Auftrages) und 6) Olg. Stuttgart 23. 12. 06, Olgrspr. 14 58 (Unfall bei Salutschießen im Auftrag des Kriegervereins).
Aus dem Schrifttum vgl. Planck (4) § 670 Note 5: Wo die Billigkeit die Tragung des Schadens durch den Auftraggeber fordert, wird immer eine stillschweigende Garantieübernahme nach § 157 angenommen werden können. Ähnlich
MÜLler-Erzbach: Gefährdungshaftung. ArchCivPr. 106 461: Rgrkomm. § 670 Note 2; Oertmann (5) § 670 Note 3 (typische Gefahren);
Enneccerus § 159 Anm. 3; Teufel. Der Arztvertrag S. 35/36.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Editors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1932 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Philipsborn, A. (1932). Arzt und Patient im Zivilrecht. In: Ebermayer, L., Philipsborn, A. (eds) Krankenhausrecht Einschliesslich Arzt- und Heilmittelrecht. Jahrbuch für das Gesamte Krankenhauswesen, vol 1. J.F. Bergmann-Verlag, Munich. https://doi.org/10.1007/978-3-662-29966-1_12
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-29966-1_12
Publisher Name: J.F. Bergmann-Verlag, Munich
Print ISBN: 978-3-662-29822-0
Online ISBN: 978-3-662-29966-1
eBook Packages: Springer Book Archive