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Zusammenfassung

Hundert Jahre erscheinen dem einzelnen Menschen, dessen durchschnittliches Lebensalter meist viel weniger Jahre beträgt, schon als ein ganz stattlicher Zeitraum, sie werden aber gegenüber der mehrere tausend Jahre betragenden Entwicklung der Medizin nur zu einer kurzen Spanne. Sind ja schon die uns erhaltenen ältesten Dokumente, die uns über eine bereits nach vielen Richtungen hin ausgebildete Heilkunde berichten, zweieinhalb Jahrtausende alt. Aber hundert Jahre sind selbst in unserer jubiläumsreichen und jubiläumsfreudigen Zeit schon ein Abschnitt, nach welchem es sich lohnt, einen kurzen Moment innezuhalten und auf die geleistete Arbeit zurückzuschauen, und das insbesondere in einer Zeit, in der sich der Fortschritt wie auf vielen anderen Gebieten, so auch auf dem der Medizin fast überhastend und überstürzend vollzieht. Es ist fraglos, daß sich jeder Fortschritt, jede Errungenschaft an den Namen eines einzelnen Menschen knüpft, wenn dieser einzelne Mensch auch bewußt oder unbewußt auf den Schultern vieler, vieler Vordermänner steht, und es ist zweifellos, daß ärztliche Gesellschaften oder Korporationen ebensowenig wie die Vereinigungen auf anderen Gebieten unmittelbaren Einfluß auf den Entwicklungsgang einer Wissenschaft oder Kunst nehmen können. Aber man darf doch nicht verkennen, daß die Vereinigungen gleichstrebender Männer dem Gelehrten, der sein Leben der Forschung am Krankenbett, am Leichentisch, im Ambulatorium oder an der Retorte widmet, eine öffentliche Tribüne bieten, von der aus er für seine Ideen und Erkenntnisse wirken, für sie auch eintreten kann; haben ja oft wertvolle Erfindungen und Entdeckungen, namentlich solche theoretischer Natur, das Schicksal, in wenig gelesenen Werken oder Archiven begraben zu werden, in denen sie besonders dem Praktiker unzugänglich sind. Solche Vereinigungen vermitteln gegenseitig befruchtende Gedanken, sie tragen durch öffentliche und freie Aussprache zur Klärung und Kritik bei, geben durch Veröffentlichungen ihrer Berichte in Zeitschriften, Archiven und Jahrbüchern weiteren Kreisen Anregung, erleichtern durch Schaffung von Fachbibliotheken, insbesondere Zeitschriftenbibliotheken, die Möglichkeit, die Errungenschaften des Auslandes kennenzulernen, und sind schließlich oft auch in der Lage, Fragen, die nur in gemeinsamer Arbeit zur Klärung kommen können, zu fördern. Nicht zu unterschätzen ist auch der Umstand, daß ein kollegiales Sichkennenlernen manche Schärfen der wissenschaftlichen Diskussion zu mildern vermag, und Alexander von Humboldt betonte, „daß ein persönliches Nähertreten gerade im unentbehrlichen Widerstreit der Meinungen und zur Überwindung des Beharrens auf veralteten Anschauungen notwendig“ sei. Ähnliche Erwägungen schwebten aber schon Baco vor, der für die ganze zivilisierte Welt eine wissenschaftliche Vereinigung, ein „House of Salomon“, geschaffen wissen wollte.

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Consortia

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Gesellschaft der Ärzte. (1938). Vor- und Gründungsgeschichte der Gesellschaft. In: Geschichte der Gesellschaft der Ärzte in Wien 1837–1937. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-28695-1_1

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