Zusammenfassung
Jeder chemischen oder mikroskopischen Untersuchung klinischen Materials muß eine genaue unmittelbare Betrachtung ohne wesentliche instrumentelle Hilfsmittel vorausgehen. Die unbewaffneten Sinne des Untersuchers entdecken oft Eigenschaften, die durch noch so sorgfältige mikroskopische und chemische Untersuchung nicht erkannt werden können. So selbstverständlich diese Forderung erscheint, so oft wird sie doch namentlich von übereifrigen Anfängern der Laboratoriumstechnik außer acht gelassen. Die Verfeinerung der Technik bringt besonders dem Ungeübten Gefahren und oft sind die Urteile erfahrener Praktiker, gestützt auf die direkte Beobachtung, wertvoller, als die subtilen Untersuchungsresultate eines Neulings. Wer „mikroskopisch“ sehen will, der soll vorher seine Augen „makroskopisch“ geschult haben. Wenn es auch begreiflich ist, daß wir heute, dank der ständigen Verbesserung der bakteriologischen und chemischen Untersuchungsmethoden, kein so großes Gewicht mehr auf eine allzu peinliche makroskopische Beschreibung und Benennung der Eigenschaften von Sekreten und Exkreten der Kranken legen, so wäre es dennoch vollkommen falsch, diese wichtige Seite der Diagnostik zu vernachlässigen.
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Meyer, E. (1922). Einleitende Bemerkungen. In: Mikroskopie und Chemie am Krankenbett. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-28407-0_1
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