Zusammenfassung
In den beiden ersten Kapiteln, der Phänomenologie und der objektiven Psychopathologie, haben wir gleichsam die Elemente unserer Wissenschaft kennen gelernt. Wir lernten die einzelnen konkreten Formen, Tatbestände oder Vorgänge kennen, die wir uns I entweder als wirklich erlebte seelische, subjektive Gegebenheiten anschaulich vergegenwärtigen konnten (Phänomenologie), oder die wir als sinnlich greifbare Leistungen, Symptome, Ausdruckserscheinungen des Seelischen objektiv fassen konnten (objektive Psychopathologie). Im Vordergrund unseres Interesses stand damit die reine Beschreibung. Überall begannen aber die Fragen: woher kommt diese Erscheinung? mit welcher anderen steht sie in Zusammenhang? Den Zusammenhängen des Seelischen werden wir uns nun zuwenden. Weite Gebiete unserer Wissenschaft sind bisher allein der Beschreibung zugänglich, und wir können auf Fragen nach Zusammenhängen allzu oft noch keine Antwort geben. Was wir bisher wissen, suchen wir hier zur Darstellung zu bringen. Dabei werden wir eine ebenso prinzipielle Scheidung vornehmen müssen, wie die zwischen der subjektiven Psychopathologie (Phänomenologie) und der objektiven Psychopathologie es ist.
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Literatur
Vgl. zum Folgenden meinen Aufsatz: Kausale und verständliche Zusammenhänge zwischen Schicksal und Psychose bei der Dementia praecox. Z. f. g. d. N. u. Ps. 14, 158. 1913. Dazu kritisch: L. Binswanger, Intern. Zeitschr. f. ärztl. Psychoanalyse 1, 383, 1913; Z. f. d. g. N. u. Ps. 26, 586ff.
Anton, Über den Wiederersatz der Funktion bei Erkrankungen des Gehirns. M. f. P. 19, 1.
Nach einigen Vorläufern im Altertum (Theophrasts Charaktere) sind hervorragend die Franzosen Montaigne, Pascal, Labruyère, Larochefoucauld, Vauvenargues, Chamfort. Durchaus einzig und die größten von allen verstehenden Psychologen sind Nietzsche und Kierkegaard.
Vgl. z. B. Freud, Kleine Schriften II, 138ff. Pf ister, Psychoanalytische Methode 127, 263, 314 usw.
Psychologisch grundlegend für die Psychologie des Gegensatzes ist Lipps, Vom Fühlen, Wollen und Denken, II. Aufl., Leipzig 1907. In der Psychopathologie: Bleuler, Groß, Freud, vgl. Ps. W. 1903 Nr. 26, 1906 Nr. 37, 38, 1910 Nr. 1, Jahrb. f. Psychanalyse II, III. Bleuler, Die Schizophrenie, S. 158 ff.
Max Scheler, Über Ressentiment und moralisches Werturteil, Zeitschr. f. Path. 1, 268, 1912.
Siefert, Über die Geistesstörungen der Strafhaft, Halle 1907.
Wilmanns, Über Gefängnispsychosen, Halle 1908. Homburger, Lebensschicksale geisteskranker Strafgefangener, Berlin 1912. Nitsche und Wi1manns, Referat in Z. f. d. g. N. u. Ps., Reteratenteil 3, 1911.
Sträußler, Z. f. d. g. N. u. Ps. 18, 547, 1913.
Wetzel, Ein Beitrag zu den Problemen der Unfallneurose. Archiv f. Sozialwissenschaft. 37, 535, 1913.
Stierlin, Über die medizinischen Folgezustände der Katastrophe von Courrières. Berlin 1909. Vgl. ferner Deutsch. med. Wochenschr. 1911, Nr. 44.
Meine Dissertation über „Heimweh und Verbrechen“, Arch. f. Krirninalanthr. 35.
Vgl. Saaler, A. Z. 69, 866, 1912. Ein Fall, der von einem Nichtfreudianer beobachtet wurde.
Baelz, A. Z. 58, 717.
Sträußler, Z. f. d. g. N. u. Ps. 16, 441, 1913.
Er wurde von Kretschmer beschrieben und benannt: Der sensitive Beziehungswahn, ein Beitrag zur Paranoiafrage und zur psychiatrischen Charakterlehre. Berlin 1918.
Ganser, A. f. P. 30, 633, 1898. — Hey, Das Gansersche Symptom, Berlin 1904. — Raecke, A. Z. 58, 115. — Flatau, Z. f. d. g. N. u. Ps. 15, 122.
Über das Problem reaktiver Zustände bei Schizophrenen siehe meine Arbeit Z. f. d. g. N. u. Ps. 14. Ferner: Bornstein, Z. f. d. g. N. u. Ps. 36, 86. Van der Torren, ebenda 39, 364. K. Schneider, ebenda 43, 420.
Riklin, Über Versetzungsbesserungen, Ps. W. 1905.
Bertschinger, Heilungsvorgänge bei Schizophrenen, A. Z. 68, 209, 1911.
Vgl. ferner Oberholzer, Z. f. d. g. N. u. Ps. 22, 113, 1914.
Tarde (Les lois de l’imitation) hat die Nachahmung, indem er den Begriff ungeheuer weit ausdehnte, in ihren Erscheinungen beschrieben und unter der üblichen Verabsolutierung einer Verstehensart zur Grundlage der Soziologie machen wollen. Die Eigenart einzelner Kreise, Stände, Berufe hat in unwillkürlicher Nachahmung eine ihrer Quellen. Die milieubedingte Persönlichkeit und ihr ursprüngliches eigenartiges Wesen sind meistens schwer zu trennen.
Stern, Beiträge zur Psychologie der Aussage, 1, 336.
Levy, Die natürliche Willensbildung, Leipzig 1909.
Die hypnotischen Phänomene, die in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhundert überall eingehend studiert wurden, werden ziemlich übereinstimmend beschrieben. Die Erklärungen und Theorien, die uns hier nicht interessieren, sind allerdings sehr wechselnd. Die wichtigsten Darstellungen sind: Bernheim, Die Suggestion, deutsch von Freud, Wien 1888.
Forel, Der Hypnotismus, 4. Aufl., Stuttgart 1902.
Moll, Der Hypnotismus, 4. Aufl. 1907.
Von Psychologen: Lipps, Suggestion u. Hypnose (Abhandl. der bayr. Akad. 1897). Wundt, Hypnotismus und Suggestion, Leipzig 1892. — Wie weit hypnotischer Einfluß bei disponierten Individuen gehen kann, zeigt beispielsweise ein Fall Hübners, A. Z. 68, 734.
Über die Psychopathologie der Hysterie vgl. Janet, L’état mental des Hystériques, II. Aufl., Paris 1911.
Hellpach, Grundlinien einer Psychologie der Hysterie, Leipzig 1904.
Wollenberg, A.f. P. 20, 62. Schönfeldt, A.f. P. 26, 202. Weygandt, Beitrag zur Lehre von den psychischen Epidemien, Halle 1905. — Hellpach, Die psychischen Epidemien (in der Sammlung „Die Gesellschaft“). Schoenhals, M. f. P. 33, 40 (Literatur). Riebeth, Z. f. d. g. N. u. Ps. 22, 606, 1914. Peretti, A. Z. 74, 54ff.
Bezüglich der sexuellen Perversionen, insbesondere der Homosexualität, stellen sich die Ansichten gegenüber, die sie auf angeborene, inhaltlich von vornherein bestimmte Triebrichtungen zurückführen, und diejenigen, die sie als durch zufällige Schicksale, Fixierung erster Erlebnisse der Weckung der Sexualität gegenüber ungeeigneten Objekten erworben ansehen. Wie meist bei solchen Gegensätzen haben beide Teile recht je nach Art der Fälle. Vgl. Stier, Zur Ätiologie des konträren Sexualgefühls, M. f. P. 32, 1221, 1912.
Dazu Naecke, Z. f. d. g. N. u. Ps. 15, 537, 1913. Einige Forscher sind der Ansicht, daß die Homosexualität in vielen Fällen auf einer festbestimmten Anlage des geschlechtlichen Fühlens, dagegen die übrigen Perversionen (z. B. Fetischismus, Exhibitionismus) auf erlebnismäßig erworbenen, dann auch zum Teil rückgängig zu machenden Fixierungen sexuellen Fühlens beruhen.
Z. B. Jahrbuch f. psychoan. Forsch. V, 378ff., 1913.
Zusammenfassende und kritische Darstellung mit vollständigen Literaturangaben: O. Lipmann, Die Spuren interessebetonter Erlebnisse und ihre Symptome, Leipzig 1911. Darin sind auch die Symptome bei anderen Versuchen (z. B. Aussageversuchen) dargestellt. Dazu: Rittershaus, Z. f. d. g. N. u. Ps. 8, 273. Grundlegend: Jung, Diagnostische Assoziationsstudien in J. f. Ps. u. N.
Janet, L’automatisme psychologique, Paris 1910, 6. Aufl.
Azam, Anal. médic. psychol. Juli 1876. Zusammenfassend Binet, Les Altérations de la personnalité, Paris 1902. Schönster Fall: Morton Prince, The dissociation of a personnaiity, Newyork 1906. Vgl. Flournoy, Die Seherin von Genf, Leipzig 1914. Hallervorden, Z. f. d. g. N. u. Ps. 24, 378, 1914.
Breuer und Freud, Studien über Hysterie, Wien 1895. Die spätere Entwicklung Freuds hat von diesen Ansichten weit abgeführt. Die ursprünglichen Ansichten über psychotraumatische Zusammenhänge werden jetzt hauptsächlich von Frank (Über Affektstörungen, Berlin 1913) theoretisch verfolgt und therapeutisch nutzbar gemacht.
Pfister, Die psychanalytische Methode, Leipzig 1913.
Rüdin, Über die klinischen Formen der Seelenstörungen bei zu lebenslänglichem Zuchthaus Verurteilten, München 1909.
Friedmann, M. f. P. Bd. 17.
Birnbaum, Psychosen mit Wahnbildung und wahnhafte Einbildungen bei Degenerativen, Halle 1908.
Jung, Über die Psychologie der Dementia praecox, Halle 1907.
Bleuler, Die Schizophrenie, Wien 1911. Maeder, Psychologische Untersuchungen an Dementia-praecox-Kranken. Jahrb. f. psychoanalyt. Forsch. 2, 185. Sehr besonnen im verstehenden Deuten ist Hans W. Maier, Über katathyme Wahnbildung und Paranoia. Z. f. d. g. N. u. Ps. 13, 555.
Specht, Zeitschr. f. Pathopsychol. Bd. 2.
Kretschmer, Die Gesetze der willkürlichen Reflexverstärkung in ihrer Bedeutung für das Hysterie- und Simulationsproblem, Z. f. d. g. N. u. Ps. 40, 354, 1918. — Wenn K. auch einen Zusammenhang gut heraushebt, braucht man nicht gleich die Verabsolutierung dieses einen mitzumachen und mit ihm die Existenz der Hysterie zu leugnen.
Pick, A. f. P. 13, 518. Meroklin, A. Z. 57, 579. Heilbronner, A. Z. 58, 608. Arndt, C. f. N. 28, 773 (1905).
Das Realitätsarteil über Trugwahrnehmungen habe ich in der Z. t. a. g. N. u. Ps. 6, 460 analysiert.
Redlich und Bonvicini, Über das Fehlen der Wahrnehmung der eigenen Blindheit bei Hirnkrankheiten. Jahrb. f. P. 29.
Pick, Agrammatische Sprachstörungen, S. 54.
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Jaspers, K. (1920). Die Zusammenhänge des Seelenlebens: I. Die verständlichen Zusammenhänge. In: Allgemeine Psychopathologie für Studierende, Ärzte und Psychologen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-26726-4_4
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