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Zusammenfassung

Schon bei den Beobachtungen sollte der Mediziner gewöhnt werden, sich die Dinge ganz anders klarzumachen als im gewöhnlichen Leben1). Die Einstellung sollte viel eher wie die zu einem forensischen Tatbestand sein, aber mit dem Unterschied, daß immerhin eine Auswahl dessen herausgehoben wird, was für den gegebenen Fall wichtig ist. Die ganze Tücke dieser letzern Einschränkung ist mir voll bewußt: nicht so selten führt eine ganz zufällige Beobachtung in einer Richtung, an die man gar nicht dachte, zur Diagnose; und um zu wissen, was wichtig ist, sollte man eben schon zum voraus alles verstehen, und da würde man sich im Kreise herumdrehen, wenn man den Satz zu wörtlich nehmen wollte. Ein gewisses, sagen wir „flüchtiges“ Erfassen und ein vorläufiges Erwägen alles zu Beobachtenden muß ja natürlich jeder Untersuchung vorausgehen. Aber zwischen einseitiger Beschränkung auf das, was den einzelnen gerade interessiert und was er für wichtig hält, und dem wahllosen Beobachten aller mit den Sinnen erkennbaren Einzelheiten gibt es ein optimales Mittel, dem man sich möglichst annähern sollte. Ein Beispiel kann vielleicht am besten zeigen, was not tut und was zu vermeiden ist. Bei Sektionen findet man gewöhnlich nur Dinge, die man schon kennt. Wenn man die Sektionsberichte vollständig ausnutzen wollte, so müßte eigentlich alles darin stehen, was überhaupt zu sehen ist.

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Literatur

  1. Die undisziplinierte Beobachtung trifft die Auslese (und eventuelle Verfälschungen) etwa nach folgenden Gesichtspunkten: beobachtet wird z..das Gewohnte, was viele Assoziationen besitzt; z. das den Affekten, den Denkzielen Entsprechende, dazu gehört auch das Gesuchte, Gewünschte; 3. das durch seine Art Auffallende (heftiger Reiz, Neger in Europa usw.); 4. das, wofür man eine besondere Anlage oder besondere Assoziationen hat (dem Maler das Malerische, dem Techniker, was technisch interessant ist). So wird es begreiflich, daß eine unendliche Menge von Vorurteilen scheinbar von Beobachtungen abgeleitet sind. Bei Epileptikern ist es z. B. gewöhnlich, daß die Angehörigen auch bei Widerspruch behaupten, der Patient habe seine Anfälle nur bei bestimmten Mondphasen. Ich habe das durch Zehntausende von Anfällen nachgeprüft, ohne daß es je gestimmt hätte.

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  2. Eine besonders ausgebildete Technik der Beobachtung besitzt die Astronomie.

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  3. Der Chirurg Kocher soll vor jeder Operation seinen Befund diktiert haben und dieses Diktat rücksichtslos mit dem ebenfalls unfrisierten Operationsbefund verglichen haben. Das sei mutatis mutandis überall zur Nachahmung empfohlen.

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  4. Rüdin: Studien über Vererbung und Entstehung geistiger Störungen. Monogr. aus dem Geb. der Neurol. u. Psychiat. Berlin: Julius Springer 1916.

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  5. Nicht selten findet man die Notiz: „Dementia praecox ausgeschlossen“; meist ohne Angabe, wie man sie ausgeschlossen habe. Manchmal soll das durch eine „Intelligenzprüfung” geschehen sein, was ein Unsinn ist. Außerdem läßt sich eine Schizophrenie nicht ausschließen, sondern höchstens nicht nachweisen, etwa wie eine Lues vor der Wassermannzeit.

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  6. Vgl. Bleuler: Mendelismus bei Psychosen, speziell bei Schizophrenie. Schweiz. Arch. f. Neurol. u. Psychiatrie, 1917, S. 19. Jetzt würde ich die Ablehnung der betreffenden Untersuchungen noch schärfer ausdrücken als damals.

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  7. Soeben lese ich in einer Arbeit über gynäkologische Krebsoperationen (Aebly: Zur Frage der Krebsstatistiken. Korrespond.-Bl. für schweiz. Ärzte, rgr8, Nr. 25) den hoffentlich etwas zu sehr verallgemeinernden Satz: „Bei Einführung einer neuen Methodik steigt die Mortalität jeweils, oft sogar beträchtlich“.

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Bleuler, E. (1962). Forderungen für die Zukunft. In: Das Autistisch-Undisziplinierte Denken in der Medizin und Seine Überwindung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-26517-8_6

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