Zusammenfassung
Artikel CII der Carolina sagt: „Nach der Verurteilung des Armen zum Tod/ soll man ihn anderwärts beichten lassen/ auch zum wenigsten ein Priester oder zween am Ausführen oder Ausschleifen bei ihm sein/ die ihn zu der Liebe Gottes/ rechtem Glauben und Vertrauen zu Gott/ und dem Verdienst Christi unsers Seligmachers/ auch zur Bereuung seiner Sünden vermahnen. Man mag ihm auch in dem Führen für Gericht/ und Ausführung zum Tod/ stetigs ein Crucifix fürtragen.“ Die Mitwirkung Geistlicher setzt schon bei der Folter ein und wird hier Belehrung genannt1. Sie ist beim Rechtstag sichtbar und geht — in einem Nürnberger Fall wenigstens — mit Ordnungsstrafen einher2. Sie mag zu Schreckbildern3 greifen, sieht aber ihre Hauptaufgabe darin, die seelische Verfassung herzustellen, die die alten Chronisten Frieden mit Gott und der Welt nennen.
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Referenzen
1604 ist man über einen Dieb besonders empört, da er sich „trotz des pfarrers und beder capläne bei tag und nacht angewandten möglichen vleiss“ nicht belehren lassen wollte. Man geht also von der Leitertortur zum Feuer über. Knapp, Hermann: Das Lochgefängnis. Tortur und Richtung in Alt-Nürnberg, S. 38. Nürnberg 1907.
Magister Hagendorn, der Nürnberger Geistliche, ist mit Dieb Georg Merz durchaus nicht zufrieden. Es handelt sich ohne Zweifel um einen Geisteskranken : „Vor Gericht hat er sich nicht anderst erzeiget als ein Lächler und Tor, eine Weil zur rechten, eine Weil zur linken Hand sich gewendet, das Maul gefletscht oder gekrümmet, deswegen ich ihm dann zweimal gestrafet und zur Bescheidenheit vermahnt habe“. Hampe, Theodor: Die Nürnberger Malefizbücher, S. 21. Bamberg 1927.
„Inzwischen — es handelt sich um eine Hamburger Hinrichtung aus dem Jahre 1877 — war der entscheidende Augenblick eingetreten. Der Geistliche erschien im Ornat und geleitete Beck an einem in einer Nebenzelle aufgestellten großen Kruzifix vorüber, auf dessen Postament, grell beleuchtet vom Scheine zweier Kerzen, ein Totenkopf hervorstarrte.“ Wosnik: a. a. O. Bd. I/1, S. 125.
Hampe, Theodor: a. a. O. S. 30.
„Hat sich gestellt, als könne er uff kein Fuss treden, also daß man ihn hinaus tragen müssen, gar nicht gebetet, die Priester stilschweigen heissen, machen im den kopff thol, wie er gestorben, das weyss Gott wol.“ Maister Franntzn, a.a. O. S. 48. — Andererseits wird allzu große Hast des Delinquenten auch nicht gern gesehen. Hannah Dagoe, eine herkulische Irländerin, wurde am 4. Mai 1763 in London gehängt. Sie griff den Henker tätlich an, verteilte ihre Kleidungsstücke an die Zuschauer und stürzte sich dann, ehe das offizielle Zeichen gegeben wurde, vom Henkerskarren mit solcher Gewalt in die Schlinge, daß das Genick sofort brach. Newgate Calender: a. a. O. S. 157.
Eine Kindesmörderin erklärt im Jahre 1663 in Nürnberg in beinahe den gleichen Worten ihre Zufriedenheit: „Diese Arme hat gegen Einem Wohl Edlen Hochweisen Rat alle ihr erzeigte Gut- und Wohltaten, sonderlich die gnädige Urtl sich demütig bedankt, wünschend, daß Gott dero Hoch-Adlige Herrliche-keiten mit beständiger Gesundheit und glücklichem Wohlergehen an Leib und Seele begnaden wolle.“ Hampe: a. a. O. S. 30 und 31. Eine andere arme Sünderin „hat sich des gnädigen Urtel, auch für alle ihr bishero erwiesene Guttaten nach Länge gegen Einem Wohl Edlen Hochweisen Rat ganz demütig bedanket; sich auch bis in ihren Tod so christlich und andächtig mit herzlicher Bereuung ihrer begangenen Sünd erzeigt, dass darob männiglichs Verwunderung getragen.“ Ebenda S. 31. Die genaue Kenntnis von Titulaturen wird schwerlich von dem einfachen Mädchen stammen.
Seinem Beichtvater Edgeworth gestand König Ludwig XVI. von Frankreich, kurz ehe er den letzten Gang antrat, er fühle in seinem ganzen Wesen „une sensation délicieuse et extraordinaire dont il ne se pouvait rendre compte“, die er aber nie vorher verspürt habe. Es war eine Euphorie auf der Grundlage eines starken religiösen Gefühls. Lafue, Pierre: Louis XVI, S. 282. Paris 1942.
„Eine Anzahl (von Delinquenten)“, schreibt der amerikanische Henker Robert G. Elliott (Agent of Death, S. 158, New York 1940), hat um die Erleichterung eines Schluckes Wisky gebeten, ich kenne aber keinen Fall, in dem es geschah. Der Staat will, daß die Mörder bei vollem Bewußtsein sind, wenn sie Strafe erleiden.“ In einem Physikatsgutachten (Mordfall Timm, Hamburg 1854) lesen wir : „daß der Inquisit gegenwärtig in körperlicher Beziehung bis auf den wohl bereits in Heilung begriffenen Beinbruch (Beinbruch am 4. April, Gutachten vom 8. April) ganz wohl, in geistiger Beziehung vollkommen gesund und namentlich das Bewußtsein durchaus ungetrübt ist“. Wosnik: a. a. O. I, 2, S. 187.
„Obschon wir weder Narkotika, noch andere Stimulantien geben“, schreibt Lawes (Life and death in Sing Sing, S. 179, Garden City 1928) „entschloß ich mich, in diesem Falle, die Regel zu brechen und tat Schritte, ihm auf legale Weise eine ärztliche Verschreibung auf 2 Unzen Wisky zu verschaffen.“ — Nur der britische Bericht von 1953 legt in der Frage von Narkotiken an Hinzurichtende eine „nachsichtige Lösung“ nahe. Royal Commission a. a. O. S. 266.
Lucas XXIII, 43.
Joh. VIII, 52.
Joh. XVII, 3. Für Leben wie für Tod ist der griechische Ausdruck längster Dauer „in die Aeonen“. Diese Anfangs- und Endlosigkeit ist ein wesentliches Attribut Gottes und wird auf seine Günstlinge ausgedehnt.
Die Angaben über Reue oder die Annahme geistlichen Trostes variieren. Dr. Squire berichtet, daß von 138 Todeskandidaten in Sing Sing nur 5 die Hilfe der Geistlichen ablehnten (Sing Sing doctor, a. a. O. S. 176). „Die meisten“, sagt der Arzt, „gingen in den Tod, überzeugt, daß ihre Sünden vergeben seien.“ Andere Angaben weichen erheblich ab.
The Newgate Calender ed. Henry Savage, S. 195. Hartford 1926.
Ebenda S. 196.
Ebenda S. 114.
Ebenda S. 272.
Ebenda S. 160.
Ebenda S. 23.
Tod, T. M.: The Scots black calender, S. 65. Perth 1938.
Ebenda S. 79.
„Ich blieb die letzte Nacht in seiner Zelle, um ihm nahe zu sein und mit ihm zu beten (Mordfall Adam Finzel, Coburg 1894). Seine Todesangst war furchtbar. Zitternd, daß die Ketten klirrten, und in Schweiß gebadet, saß er auf seinem Bett und versicherte mir, die Qualen, die er ausstehe, seien kaum zu ertragen ... ich erwartete das ersehnte Wort, da kam sein böser Dämon wieder über ihn, und er vollendete den Satz mit den Worten: Rose ist der Mörder.“ Die Beschuldigung war offensichtlich falsch. Seyfarth: Adam Finzel, Pitaval der Gegenwart VII, S. 190–192. Tübingen 1912.
Breiden, Heribert: Die Hexenprozesse der Grafschaft Blankenheim von 1589–1649, S. 179. Bonner Diss. 1954.
Ebenda S. 207.
Ebenda S. 229.
Juchler, Hans: Das Strafverfahren im Lande Appenzell, S. 137ff. Berner Diss 1905.
Ebenda S. 139.
Newgate Calender a. a. O. S. 65 ... „sie starb in einem Zustande völliger Betrunkenheit, obschon sie vorher wirkliche Reue und Zerknirschtheit gezeigt hatte.“
Ebenda S. 72 ... „er war damals so schwerkrank, daß er keine öffentliche Erklärung abgeben konnte, um dem Abscheu für das Verbrechen Ausdruck zu geben, dessentwegen er verurteilt worden war.“
Ebenda S. 157.
Hampe: a. a. O. S. 89.. . Auch Tatsachenirrtum wird eingewendet. Newgate Calender: a. a. O. S. 128.
Von der Elisabeth Mechlin schreibt Meister Hagedorn (Hampe a. a. O. S. 40) : „Sie hat die 4 Tage über, weil wir bei ihr ab- und zugegangen, ihre Sünden herzlich beweinet, ist willig und bereit gewesen zum sterben, wann sie nur, wie sie fürgabe, wissen solte, daß sie ein Kind und Erb der ewigen Freud und Herrlichkeit sein möchte... Sie hat ihr und uns den letzten Tag sauer genug gemacht, doch will ich hoffen, sie sei wol und christlich gestorben.“
“Cranstoun died on the 30 th of November, 1752, and the fraternity of monks und friars looked on his conversion as an object of such importance, that solemn mass was sung on the occasion, and the body was followed to the grave not only by the ecclestistica, but by the magistrates of the town.” Newgate Calender, a. a. O. S. 130. Die Stadt war Furnes in Flandern.
Nick, Friedrich: Stuttgarter Chronik und Sagenbuch, S. 348. Stuttgart 1875.
Ebenda S. 348. „Einen Rabbiner schickt mir!“ schrie Süß in höchster Aufregung, einen Rabbiner, aber um Gottes Willen keinen Kumarim (christlichen Geistlichen).“ — Ein getaufter Jude ist wählerisch, lehnt die eine christliche Konfession ab, nimmt die „stärkere Medizin“ an: „hat das nachtmahl nicht empfangen“, schreibt Meister Franz (a. a. O. S. 36), „aber uf Catolisch hat er gewolt.“
Ein Vicar bat ihn, er solle „gegen seine arme Seele nicht so grausam sein“. Süß schrie weiter nach Adonnai, seinem Gott. „Willst du denn“, rief ein anderer Vikar, „willst du denn, du Unglückseliger, in deinen Sünden so dahinfahren ?“ Der arme Sünder blieb unberührt und wurde nun die Galgenleiter hinaufgezogen. Als der Vicar jetzt zu seinem Schrecken bemerkte, daß die „Judenseele“ ihm entging, schrie er zornig und mit wütender Gebärde ihm nach: „So fahre hin, du verstockter Jude, weil du es dann nicht anders wilt! So fahre hin in Satans Klauen! Jesus, den du verläugnet hast, wird nun bald dein Richter sein und in wenigen Augenblicken wirst du sehen, in wen du gestochen hast ...“ Ebenda S. 352.
Templewood, Viscount: The shadow of the gallows S. 128. London 1951. Es handelt sich um Auszüge aus der Oberhausdebatte von 1948. Nach diesem Lord können unreligiöse Menschen leichter für die Todesstrafe eintreten. “Those who thought human personality vanished like a candle flame might support the death penalty“.
Ebenda S. 128.
Siehe Maeder, Paul: Geschichtliches über die Todesstrafe in der Schweiz S. 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 36, 38, 40. Berner Diss. 1934.
Ebenda S. 12.
Ebenda S. 18.
Ebenda S. 19. Erbauungsrede auf der Richtstätte zu St. Gallen nach der Enthauptung des Übeltäters Johann Baptist Custer von Eschenbach, gehalten von Josef Anton Artho in St. Gallen. St. Gallen 1831.
Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, S. 755. Berlin 1951.
Ebenda S. 768.
Maister Franntzn: a. a. O. S. 10.
Ebenda S. 17.
Ebenda S. 44.
Ebenda S. 54.
Ebenda S. 61 ... „bey dem galgen niedergefalln, als wann ihn die böse Kranckheyt würget, war ein Gottloser Mensch“.
„Hat das Nachtmahl nicht empfangen, ist Catollisch gewesen“, wollte zu seinem Beichtvater in dem Heimatdorfe gehen und dann wieder zurückkommen. Ebenda S. 68.
Ebenda S. 73.
Wosnik: a. a. O. 1, 2, S. 77.
Elliott: a. a. O. S. 168.
Ebenda S. 168.
Ebenda S. 172. Ein anderer beklagt sich über den schlecht abgestaubten elektrischen Stuhl, läßt sich ein Tuch geben und fährt darüber. Ebenda S. 167.
Der Mann hieß Appel (Apfel). Er sagte zu den Beamten, die ihn festschnallten : Jungens, bald werdet Ihr einen Bratapfel sehen. Ebenda S. 166.
Ebenda S. 182.
Ebenda S. 182.
Ebenda S. 183.
Wosnik: a.a. O. I, S. 161.
Lang, Josef: Erinnerungen des letzten Scharfrichters im K.K.Österreich, S. 45. Leipzig 1920.
Wosnik: a. a. O. II, 3, S. 65.
Hampe: a. a. O. S. 27.
Wosnik: a. a. O., I, 2, S. 185.
Hampe: a. a. O. S. 27.
Hampe: a. a. O. S. 28.
Maister Ffranntzn: a. a. O. S. 9.
Tod: a. a. O. S. 46.
Smith: a. a. O. S. 141 ff.
Maister Ffranntzn: a. a. O. S. 15: „Kayser und König will ich in Jehner Welt anruffen und verclagen, daß kein Justicia nicht geschehen.“
“I trust for their conduct that a ’thae parties shall be overta ’en by the vengeance of Goad and sent into everlasting dammation.“ Tod, a. a. O. S. 53
Nick: Stuttgarter Chronik a. a. O. S. 348 „Ich bin“, schrie er „für Andere, die mehr verschuldet haben, als ich, nun das Schlachtopfer, fluchte seinen Richtern und lud sie vor den höchsten Richterstuhl Gottes in das Tal Josaphat“
Lang: a. a. O. S. 44.
Wosnik: a. a. O. I, 2, S. 141.
Hau, Karl: Lebenslänglich, S. 168. Berlin 1925.
Scott, G. R.: The history of capital punishment, S. 134. London 1950.
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