Die bioelektrische Hirnrindenaktivität und ihre Steuerung durch Stammhirnreize

Zusammenfassung

Verschiedene Erscheinungsformen des menschlichen Elektroencephalogramms lassen darauf schließen, daß Stammhirnstrukturen mit diffusen Großhirnprojektionen die bioelektrische Spontanaktivität des Cortex in weitem Umfange beeinflussen. Unter diesem Gesichtspunkt werden die generalisierte Hemmung des Alpha-Ruherhythmus durch periphere Reize, die stufenweise Entwicklung des kindlichen EEG sowie die Schlafveränderungen der Rindenrhythmik und ihre Reaktion auf Weckreize analysiert. An Hand tierexperimenteller Befunde aus dem Schrifttum (W. R. Hess und Mitarbeiter, Magoun und Mitarbeiter, Bremer, Gehhorn u. a.) wird dabei gezeigt, daß die bioelektrische Grundaktivität des Cortex durch die unspezifischen Stammhirnsysteme sowohl im Sinne einer allgemeinen „Dämpfung“ als auch einer „Aktivierung“ verändert werden kann. Am nicht narkotisierten Tier sind die gegensätzlichen bioelektrischen Phänomene stets mit entsprechenden motorischen Aktivitätsveränderungen sowie mit Verschiebungen der vegetativen Tonuslage zur trophotropen bzw. ergotropen Seite gekoppelt. Im Zusammenhang mit diesen Befunden werden an Hand eigener Untersuchungen über die physiologischen Stammhirn-Cortex-Beziehungen verschiedene spezielle Probleme behandelt, die die Existenz gesonderter Dämpfungs- und Aktivierungsstrukturen in Zwischen- und Mittelhirn sowie die Frage betreffen, inwieweit die tierexperimentell gewonnenen Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind. Dabei wird u. a. gezeigt, daß es sich bei den unspezifischen Steuerungssystemen des Hirnstammes offenbar um stammesgeschichtlich alte Strukturen handelt, deren Einfluß auf telencephale Erregungsprozesse bereits bei den Kaltblütern nachweisbar ist.