Zusammenfassung
Wenn ihr jetzt hier in Berlin irgend einen Menschen, der auch nur eine Ahnung von der Macht des Geistes über die Welt hat, nach dem Kampfplatze fraget, auf dem um die Herrschaft über die öffentliche Meinung Deutschlands in Politik und Religion, also über Deutschland selbst, gestritten wird, so wird er euch antworten, dieser Kampfplatz sei in der Universität, und zwar das Auditorium Nr. 6, wo Schelling seine Vorlesungen über die Philosophie der Offenbarung hält. Denn für den Augenblick sind alle einzelnen Gegensätze, die der Hegelschen Philosophie jene Herrschaft streitig machen, gegen die eine Opposition Schellings verdunkelt, verwischt und zurückgetreten; alle die Angreifer, die außerhalb der Philosophie stehen, Stahl, Hengstenberg, Neander, machen einem Streiter Platz, von dem man sich versieht, daß er den Unbesiegten auf seinem eignen Gebiet bekämpfen wird. Und der Kampf ist wirklich eigentümlich genug. Zwei alte Jugendfreunde, Stubengenossen im Tübinger Stift, treten sich nach vierzig Jahren als Gegner wieder unter die Augen; der eine tot seit zehn Jahren, aber lebendiger als je in seinen Schülern; der andere seit drei Dezennien, wie jene sagen, geistig tot, nun urplötzlich des Lebens volle Kraft und Geltung für sich ansprechend. Wer „unparteiisch“ genug ist, sich beiden gleich fremd zu wissen, d. h. kein Hegelianer zu sein —denn zu Schelling kann nach den paar Worten, die er gesagt hat, sich bis jetzt wohl niemand bekennen — wer also diesen vielberühmten Vorzug der „Unparteilichkeit” hat, der wird in der Todeserklärung Hegels, die durch Schellings Auftreten in Berlin ausgesprochen ist, die Rache der Götter sehen für die Todeserklärung Schellings, die Hegel seinerzeit verkündete.
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Mayer, G. (1920). Schelling über Hegel. In: Mayer, G. (eds) Friedrich Engels Schriften der Frühzeit. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-25059-4_17
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