Zusammenfassung
Die Scheidung der in der Regel durch äußere Einflüsse entstandenen Nervenkrankheiten mit organisch nachweisbaren krankhaften Veränderungen von den vorwiegend endogen begründeten Neurosen undPsychosen aufrecht zu erhalten, empfiehlt sich auch vom Standpunkte einer sozialpathologischen Betrachtung aus. Die Nervenkrankheiten mit nachweisbar organischen Veränderungen sind in sozialer Hinsicht allerdings nicht annähernd so wichtig wie die anderen. In der Mitte zwischen den beiden Gruppen steht der chronische Alkoholismus. Daß gerade diese sozial so ungemein wichtige Erkrankung sich nicht in die beiden oben erwähnten Gruppen einreihen läßt, zeigt schon, daß diese Einteilung nicht wesentlich begründet, sondern nur zum Zwecke vorläufiger Orientierung konstruiert ist.
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Literatur
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Außer den Kreisanstalten hat Bayern: 2 psychiatrische Universitätskliniken (München und Würzburg) mit . 180 Betten
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Privatirrenanstalten (Neufriedenheim und Obersendling bei München, Herzogshöhe bei Bayreuth) mit 230, Betten Summe: 622 Betten Im Jahre 1909 wurden in diesen sieben Anstalten 3718 Kranke mit 194571 Verpflegungstagen verpflegt, was einem Durchschnittsstand von 533 Kranken entspricht.
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Bezeichnend ist u. a. folgende von der Krankenkassenzeitung (Nr. 7, Jahrg. 1907) veröffentlichte Korrespondenz des Polizeipräsidenten von Berlin mit dem Staatsanwalt am Kammergericht. Der Arzt am Berliner Stadtvoigteigefängnis hatte sich bei dem Oberstaatsanwalt beschwert, weil dem Gefängnis aus dem Polizeigewahrsam eine Menge als arbeitsscheu aufgegriffener, in Wahrheit aber kranker Personen zugeführt werden. Der Oberstaatsanwalt wandte sich um Abhilfe an den Polizeipräsidenten. Dieser jedoch lehnte ab unter Bezug auf ein Gutachten des Polizeirats Dr. Z. Darin heißt es: „Sollten die Vorschläge des Stadtvoigteigefängnis-arztes Berücksichtigung finden, so würde ich ein Krankenhaus von der Größe eines Berliner städtischen Krankenhauses sehr wohl mit den Besuchern des Polizeigewahrsams füllen können, denn unter den Tausenden, welche dasselbe passieren, dürften kaum 10 % sein, welche nicht einem Krankenhaus, einem Tuberkulosenheim, einem Epileptikerheim, einer Nervenheilanstalt überwiesen werden müßten. Das Heer der Obdachlosen ist fast durchweg krank und einer Anstaltsbehandlung bedürftig.“ Diese offizielle Konstatierung ist wertvoll. Man begreift nur nicht die Schlußfolgerung, daß die bedauernswerten Patienten trotz ihrer Krankheiten einem Gefängnis statt einem Kranken- oder Siechenhaus überantwortet werden.
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Grotjahn, A. (1915). Nerven- und Geisteskrankheiten. In: Soziale Pathologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-25042-6_15
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