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Theater im Dienste des NS-Staats

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Karlsruher Theatergeschichte

Zusammenfassung

Es hat wenige Bereiche des öffentlichen Lebens gegeben, in denen sich die nationalsozialistische „Machtergreifung“ des Jahres 1933 so radikal ausgewirkt hat wie gerade im Theaterleben. Das heißt, am 30. Januar 1933, dem Tage, an dem Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, gab es eigentlich nichts Neues. Während in Karlsruhe die Verbände der SA mit Fackelzügen den Anbruch des „Dritten Reiches“ feierten, spielte das Landestheater drei Einakter von Ludwig Thoma, die sich damals großer Beliebtheit erfreuten. Auch im Februar blieben die Dinge scheinbar beim alten. Dies lag unter anderem daran, daß die Nationalsozialisten in der Badischen Regierung nicht und im Badischen Landtag nur mit 6 Abgeordneten vertreten waren, so daß die Karlsruher Zentrumsregierung zunächst im Amt blieb. Die Wende kam durch die Reichstagswahl vom 5. März 1933, die der NSDAP auch in Baden mit 45,5% der Stimmen eine deutliche Mehrheit einbrachte. Am Abend des B. März legte die Reichsregierung die Geschäfte der Badischen Landesregierung in die Hände des Reichskommissars und späteren Gauleiters Robert Wagner, und am darauffolgenden Tag trat die alte Regierung in Karlsruhe ab. Reiner Zufall ist, daß an jenem 11. März, an dem die neuen Naziminister zu wirken begannen, im Landestheater die Neueinstudierung von Kleists „Hermannsschlacht“ gespielt wurde, während der Bachverein in der Festhalle das „Deutsche Requiem“ von Brahms zur Aufführung brachte. Kein Zufall hingegen ist, daß im „Führer“, der Karlsruher NS-Zeitung, vom 10. März ein Leitartikel von Hanns Johst über „das neue Drama“ erschien, in dem die „Neuordnung des deutschen Bühnenlebens“ programmatisch angekündigt wurde. Johst, geb. 1890, der als Präsident der Reichsschrifttumskammer wenig später eine führende Position im deutschen Theaterleben einnehmen sollte und dessen „Schlageterdrama“ gleich zu erwähnen sein wird, schreibt: „Das Drama war zuletzt am augenscheinlichsten die Stätte der Zersetzung, der Auseinandersetzung, der Materialismen, der Parteilichkeit. Das kommende Theater wird Kult werden müssen oder das Theater hat seine Sendung, seinen lebendigen Ideengehalt abgeschlossen und wird nur noch als eine Art versteinerte Fossilie in den Kulturschiebungen mitgeführt. Das kommende Drama wird leben!“ Damit hat ein führender Funktionär angedeutet, welche Rolle dem Theater im NS-Staat zugedacht war. Nachdem es in radikaler Abkehr von allen Tendenzen der Zwanzigerjahre das experimentelle Theater hinter sich gelassen hatte, sollte es zum Ausdruck gesunden Volkstums zurückfinden, sollte die in der nationalsozialistischen Ideologie verankerten Grundwerte des deutschen Menschen darstellen und damit dem völkischen Gedanken ihren sinnfälligen Ausdruck verleihen. Am Ende dieser Entwicklung würde das kultische Theater stehen, dessen Inhalte freilich recht verschwommen blieben, zumal sich bald abzeichnete, daß es sich auf der herkömmlichen Bühne nicht verwirklichen ließ.

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Günther Haass Wilhelm Kappler Bernhard Müller Marie Salaba Hansmartin Schwarzmaier

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© 1982 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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Schwarzmaier, H. (1982). Theater im Dienste des NS-Staats. In: Haass, G., Kappler, W., Müller, B., Salaba, M., Schwarzmaier, H. (eds) Karlsruher Theatergeschichte. Braun-Verlag, Karlsruhe. https://doi.org/10.1007/978-3-662-24608-5_8

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