Zusammenfassung
Bei den engen Bindungen der Psychiatrie an das medizinische Denken ist auch die psychopathologische Forschung trotz der mit Gaupp, Jaspers, Kurt Schneider Schon früh einsetzenden methodologischen Kritik nicht immer frei von naturwissenschaftlichen Vorurteilen geblieben. Im Sinne eines solchen Vorurteils werden die Krankheitseinheiten, mit denen die Klinik arbeitet, nicht mit Jaspers als Idee und unerreichbare Aufgabe, sondern als erwiesene, wenn auch noch nicht eindeutig bestimmbare leibliche Krankheiten verstanden, die mit Hilfe wohldefinierter psychopathologischer Symptome, deren Dignität wiederum von Erblichkeit, Verlauf und Ausgang abhängig gemacht wird, zu diagnostizieren seien. Man vergißt, daß es sich bei den im Sinne einer weitgehend anerkannten Konvention endogen genannten Psychosen letztlich um Hypostasierungen handelt, wenn auch um fruchtbare und gerade in Gestalt der von Kraepelin begründeten Dichotomie von Dementia praecox (Schizophrenie) und manisch-depressivem Irresein (Cyclothymie) vorerst unentbehrliche Hypostasierungen. Aus klinischen Rücksichten ist man gezwungen, den psychopathologischen Typus als den irreduzibelen Kern endogen psychotischer Bilder durch erbbiologische Untersuchungen, Verlaufsgesichtspunkte, Symptomstatistik und nosologische Hypothesen zu Krankheitseinheiten zu ergänzen. Die so gewonnene Diagnose besitzt jedoch nur begrenzte Gültigkeit. Insbesondere bleibt die psychopathologische Symptomatik als die Grundlage der im klinischen Gebrauch benötigten Einheiten prinzipiell unabhängig von jeder diagnostischen Etikettierung.
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Janzarik, W. (1959). Die nosologische Problematik der endogenen Psychosen in psychopathologischer Sicht. In: Dynamische Grundkonstellationen in Endogenen Psychosen. Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie, vol 86. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-11589-3_1
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