Zusammenfassung
Mit der Abfassung der Klageschrift legt der Kläger gewissermaßen das Thema (oder auch Streitprogramm1) fest, um das im folgenden gestritten wird. Die Aufführung des „Programms“ selbst liegt nach deutschem Recht dagegen weitgehend beim Richter; er ist die Hauptfigur des gesamten weiteren Fortgangs. Das bedeutet natürlich nicht, daß der Anwalt nunmehr eine sekundäre Rolle spielen würde; nach wie vor ist er derjenige, der durch Anträge und sonstigen Vortrag das Verfahren beeinflussen und gegebenenfalls in die von ihm gewünschte Richtung dirigieren kann und das — aus haftungsrechtlichen Gründen — im Einzelfall auch tun muß etwa durch Hinweis auf eine entscheidungserhebliche Norm (BGH EWiR § 675 BGB 7/96, 691 [Henssler]). Doch geht auch dieser Einfluß immer nur über den Richter, weil er — grob gesagt — bestimmt, „wo’s lang geht“. Infolgedessen wechselt in der nachfolgenden Darstellung die Perspektive, indem der weitere Ablauf des Verfahrens hauptsächlich aus der Sicht des Richters beschrieben wird.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Referenzen
Vgl. K. W. Nörr, Das Streitprogramm: eine historisch-vergleichende Skizze, FS Baur, 1981, 349.
Nicht nur in der NS-Zeit, sondern auch in jüngerer Vergangenheit gibt es hier Negativbeispiele auf höchster Richterebene; vgl. Ponnath, Der deutsche Widerstand und seine Richter, BRV-Nachrichten Sept. 1993, 3; ders., Ein schändliches Urteil, Evangelische Kommentare 1995, 200; Schminck-Gustavus, Der „Prozeß“ gegen Dietrich Bonhoeffer und die Freilassung seiner Mörder, 2. Aufl., 1996.
Von zeitlosem Interesse ist — gerade im Hinblick auf das Bemühen um die richterliche Unabhängigkeit — die Beschreibung des antiken athenischen Prozeßablaufs durch Aristoteles in: Der Staat der Athener, Kap. 63–69.
Zu der höchst umstrittenen Frage nach einem eventuellen Schutz des Vertrauens in eine lange währende Rechtsprechung s. etwa Medicus, NJW 1995, 2577; Eckardt, Jura 1997, 189, 193.
Idealiter sollte sich ein Richter deshalb darüber im klaren sein, daß und — vor allem welches Vorverständnis und insbesondere welche Vorurteile er hat. Ausblenden kann er sie wohl nie; infolgedessen ist es umso wichtiger, von ihrer Existenz zu wissen. Wohlgemerkt: Vorurteil in dem hier verwendeten Sinn ist nicht per se etwas Negatives (vgl. Larenz/Canaris [Lit.-Angaben], S. 30); vielmehr handelt es sich dabei um ein unabdingbares Mittel zur Reduktion der alltäglichen Komplexität des Seins; niemand kann ständig das Rad neu erfinden. Zu den Gefahren eines Vorverständnisses überaus lesenswert der Roman von Werner Bergengruen, Der Großtyrann und das Gericht.
Kennen Sie die im materiellen Zivilrecht statuierte Grenze dieser richterlichen Freiheit?
Ein erheblicher Nachteil dieser Generalklausel ergibt sich jedoch — unbeschadet des Definitionsversuchs in § 42 II — daraus, daß in der Praxis eine große Anzahl rein querulatori-scher Ablehnungsanträge gestellt wird.
Einem vergleichbaren Mechanismus sind wir bereits bei § 39 begegnet, oben Rdn. 40.
Die Parteien können und sollen sich zu der übertragung auf den Einzelrichter äußern, §§ 253 m und 277 12.
Zur Frage was geschieht, wenn die Klage beim unzuständigen Gericht eingereicht worden ist, s. § 281 sowie unten Rdn. 157.
Befindet er sich im Ausland, sehen die §§ 199 ff. Sondervorschriften vor, die jedoch in ihrer Bedeutung weit hinter dem Haager übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (Jayme/ Hausmann Nr. 103) rangieren. Zu ihm BVerfG JZ 1995, 726 mit Anm. Stadler, zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Zustellung, mit der eine Klage auf US-amerikanischen Strafschadensersatz eingeleitet werden sollte.
Zur Kontrolle: Woher kennen Sie diesen Begriff „unverzüglich“, und was bedeutet er?
Dazu, wer „der Richter“ ist, s. oben Rdnn. 143 f.
Da sich das Gericht mit dieser Klage aber bereits beschäftigt hat, wird es in diesem Fall gleichwohl die Klage als unzulässig abweisen.
Ist nicht § 89 in diesem Fall direkt anwendbar? I. ü. gilt für den Fall des nach Prozeßbeginn eintretenden Verlustes der Postulationsfahigkeit § 244.
Der Beklagte muß sämtliche Rügen, die ihm bekannt sind, vortragen; anderenfalls wird er mit einem entsprechenden Einwand nicht mehr gehört = präkludiert, § 296 III.
Beachte, daß sich damit hinter diesem Verbot die ganz pragmatische Einsicht des Gesetzgebers verbirgt, daß es nicht die eine, richtige Lösung eines Falles gibt, sondern daß zwei Richter zu durchaus unterschiedlichen Beurteilungen kommen können.
Warum ist die Anwendung dieser Norm hier nur in Analogie möglich?
Zur Kontrolle: Wer ist dieser „er“, wenn das Gericht ein Kollegialgericht ist?
Zur zweiwöchigen Mindestfrist s. § 274 III; die Berechnung der in der ZPO angeordneten Fristen erfolgt nach den §§ 221–226, wobei § 2221 auf die §§ 187–189 BGB verweist.
S. auch § 129.
Beim Kollegialgericht ist das der Berichterstatter.
Für eine Zustellung im Ausland beachte § 276 I 3.
Aus § 331 III ergibt sich noch ein weiteres Erfordernis für den Erlaß eines Versäumnisurteils. Um welches handelt es sich, und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für die Abfassung einer Klageschrift?
Bereits die Allgemeine Gerichtsordnung für die preußischen Staaten von 1793 merkt dazu an, daß eine vom Richter initierte Versöhnung vor „nie gänzlich zu vermeidenden Zeit- und Kostenverlust bewahret“, und daß „aus fortgesetzten Rechtsstreitigkeiten leicht entstehende Animositäten und Verbitterangen abgewendet werden sollen“. Zur durch und durch neutralen Entscheiderrolle des anglo-amerikanischen Richters paßt ein solches Einmischen übrigens nicht; da ist der Streit Privatsache.
Vgl. Greger, Rechtstatsächliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Vereinfachungsnovelle in der Praxis, ZZP 100, 1987, 380, 382 f.
Thomas/Putzo § 146 Rdn. 2.
Für den Beklagten gibt es also ebensowenig wie für den Kläger eine Verhandlungspflicht, sondern nur eine Verhandlungslast. Das heißt: Er ist nicht zum Tun verpflichtet, doch erwachsen ihm aus seinem Nichtstun u. U. nachteilige Konsequenzen.
Halten Sie es für gerechtfertigt, daß das Gericht seine bisherigen Aktivitäten sofort und ungeprüft abbrechen muß, wenn der Beklagte ein derartiges Anerkenntnis abgibt, das überdies vielleicht gar nicht der materiellen Rechtslage entspricht?
Unter , sofoif i. S. d. § 93 versteht man auch noch die erste mündliche Verhandlung bzw. wenn ein schriftliches Vorverfahren gemäß § 276 angeordnet ist — die Zeit bis zum Vortrag eines Angriffs- oder Verteidigungsmittels.
Dieses Vorbringen muß, wie sich aus dem schon erwähnten § 137 ergibt, in einen Antrag gekleidet werden. Wie muß er lauten, wenn der Beklagte die im Text angesprochenen Rügen vorträgt?
Zur Erinnerung: Extensive richterliche Aufklärung kann zur Ablehnung durch die Gegenpartei als befangen fuhren! Vgl. Rdn. 141.
Dasselbe gilt selbstverständlich auch für den Kläger, wenn er auf eine Einwendung des Beklagten erwidert, d. h. repliziert. Infolgedessen wird im Text öfters der gegenüber dem ‚Beklagten‘ allgemeinere Begriff ‚Partei‘ verwendet.
Jauernig (I § 25 V 3) weist zu Recht darauf hin, daß eine gewissenhafte Prüfung von Schlüssigkeit und Erheblichkeit des Parteivorbringens durch den Richter unnötige Beweisaufnahmen und damit Kosten wie Zeit sparen kann.
Thomas/Putzo § 288 Rdn. 3.
S. etwa Medicus, AT, 7. Aufl., Rdnn. 91 ff.
Natürlich genügt eine außerhalb des Prozesses vorgetragene Erklärung der Einrede. Für den Prozeß ist jedoch entscheidend, daß der Richter von diesem Vorgang Kenntnis erlangt — wobei es egal ist, von wem.
Was folgt aus dieser Formulierung: „zu seiner Verteidigung“? Beachte im übrigen, daß es auch vorkommen kann, daß der Kläger eine Gegenaufrechnung geltend macht; dazu Pawlowski (Lit.-Angaben).
In eindeutigen Fällen wird der Kläger die unten, Rdnn. 345 ff., zu erörternde Erledigung des Rechtsstreits erklären.
Grundsätzlich’ bedeutet bei den Juristen bekanntlich: ‚nicht ausnahmslos‘. Kennen Sie bereits eine Ausnahme, in der ebenfalls dem Richter eine nur eventuelle Prüfung vorgeschrieben ist?
Unten, Rdnn. 397 ff., wird zu zeigen sein, daß die erfolgreiche Geltendmachung eines Rechtsmittels immer von einer Beschwer durch die Entscheidung abhängig ist. Wer also kann im Falle eines Vorbehaltsurteils etwa die Berufung einlegen?
Was könnte der Grund für diese Ausnahme sein?
Zur Wiederholung: Wann muß nach h.M. auch bei der objektiven Klagenhäufung ein „Zusammenhang“ bestehen?
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2000 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Paulus, C.G. (2000). Prozeßbeginn. In: Zivilprozeßrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-10996-0_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-10996-0_3
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-540-67456-6
Online ISBN: 978-3-662-10996-0
eBook Packages: Springer Book Archive