Zusammenfassung
Eine zweite Betrachtungsweise von wissenschaftlichen Theorien als einer Art komplexer Strukturen hat in den letzten Jahren große Beachtung gefunden. Sie wurde von Thomas S. Kuhn entwickelt, der ihre erste Version erstmals 1962 mit Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (1979) verö ffentlichte. Kuhn begann seine akademische Laufbahn als Physiker und wandte sich dann der Wissenschaftsgeschichte zu. Dabei wurden seine Vorstellungen vom Wesen der Wissenschaft zutiefst erschüttert. Er erkannte, daß traditionelle Beschreibungen der Wissenschaft, ob nun aus induktivistischer oder falsifikationistischer Sicht, dem Vergleich mit der historischen Wirklichkeit nicht standhalten konnten. Kuhn entwickelte seine Wissenschaftstheorie in der Folge als einen Versuch, den historischen Gegebenheiten, so wie er sie sah, angemessener gerecht zu werden. Ein Grundzug seiner Theorie ist die Betonung des revolutionären Charakters wissenschaftlichen Fortschritts, wobei eine Revolution die endgültige Aufgabe einer theoretischen Struktur bedeutet, die durch eine andere, mit ihr unvereinbaren Struktur ersetzt wird. Ein weiteres, wichtiges Merkmal der Kuhnschen Theorie ist die entscheidende Rolle, die die soziologischen Bedingungen der ”Scientific Communities” spielen.
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Referenzen
Nach der 1. Auflage von Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen hat KUHN eingerä umt, daß er den Terminus “ Paradigma” ursprü nglich in einem zweideutigen Sinne verwandt hat. In dem Postskriptum zu der zweiten, revidierten und ergä nzten Auflage unterscheidet er zwischen einer umfassenderen Bedeutung des Terminus, wofü r er die Bezeichnung “ disziplinares System” (“ disciplinary matrix” ) einfuhrt, und einer Bedeutung im engeren Sinne, fü r die er den Terminus “ Musterbeispiel” (“ exemplar” ) heranzieht. Hier wird weiterhin der Begriff “ Paradigma” dafü r verwendet, was KUHN als “ disziplinares System” bezeichnet. -In seinem Postskriptum nimmt KUHN Bezug auf die Kritik am Paradigmenbegriff von MASTERMAN (1974). (Anm. d. Hrsg.)
Vgl. den etwas prä ziseren Begriff der positiven Heuristik von LAKATOS.
.In der von KUHN verwendeten Bedeutung sind Rä tsei jene besondere Problemkategorie, die zur Erprobung von Scharfsinn oder Geschicklichkeit dienen kann. Es ist kein Kriterium der Gute eines solchen “ Rä tseis” , daß seine Losung in sich interessant oder wichtig ist. Im Gegenteil, die wirklich drä ngenden Probleme, z.B. ein Heilmittel gegen Krebs oder das Konzept fü r einen dauerhaften Frieden sind oft ü berhaupt keine “ Rä tsel” , weil sie vielleicht gar keine Losung haben. Nicht der innere Wert ist das Kriterium fü r ein Rä tsei, sondern das sichere Vorhandensein einer Losung (vgl. KUHN, 1979, S.50 f.). (Anm. d Hrsg.)
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Chalmers, A.F. (1986). Theorien als Strukturen: II. KUHNs Paradigmen. In: Bergemann, N., Prümper, J. (eds) Wege der Wissenschaft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-10883-3_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-10883-3_8
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