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Die Bildung und rechtliche Beurteilung des Sachverhalts

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Methodenlehre der Rechtswissenschaft

Part of the book series: Springer-Lehrbuch ((SLB))

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Zusammenfassung

Rechtssätze sollen auf tatsächliche Vorgänge, auf einen geschehenen Sachverhalt „angewandt“ werden. Wie wir bereits gesehen haben, ist das nur möglich, indem der geschehene Sachverhalt ausgesagt wird. Was im Tatbestand eines Urteils als „Sachverhalt“ erscheint, ist der Sachverhalt als Aussage. Das Geschehene muß zu diesem Zweck benannt, und das Benannte in eine gewisse Ordnung gebracht werden. Aus der unübersehbaren Fülle, dem ständigen Fluß des tatsächlich Geschehenen nimmt der Sachverhalt als Aussage stets eine Auswahl vor; bereits diese Auswahl trifft der Beurteiler im Hinblick auf die mögliche rechtliche Bedeutsamkeit der einzelnen Fakten. Der Sachverhalt als Aussage ist also dem Beurteiler nicht von vorneherein „gegeben“, sondern er muß von ihm in Hinblick auf die ihm bekannt gewordenen Fakten einerseits, deren mögliche rechtliche Bedeutung anderseits erst gebildet werden. Die Tätigkeit des Juristen setzt gewöhnlich nicht erst bei der rechtlichen Beurteilung des ihm fertig vorliegenden, sondern schon bei der Bildung des seiner rechtlichen Beurteilung unterliegenden Sachverhaltes, des Sachverhaltes „als Aussage“, ein.

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Referenzen

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  21. Podlech (ArchöffR 95, S. 190) hat hiergegen eingewandt, der Versuch, „tatsächliche Unterschiede in Sachverhalten, die so subtil sind, daß sie durch die Maschen sowohl der Umgangssprache wie der juristischen dogmatisch-systematischen Argumentation hindurchfallen, mit dem groben und nur grundsätzliche Entscheidungen zulassenden Kriterium der Gerechtigkeit fassen zu wollen“, sei untauglich. Dies habe ich auch nicht gemeint. Vielmehr ging es mir nur um die Frage, ob der Richter in Grenzfällen, in denen die eine wie die andere Beurteilung „vertretbar“ ist, die Wahl davon abhängig machen darf, welche ihm eine nach seiner persönlichen Überzeugung „gerechte“ Entscheidung ermöglicht. Eine Objektivierung des Urteils kann dadurch allerdings nur so weit erreicht werden, als es auf diese Weise möglich ist, evident ungerechte Entscheidungen zu vermeiden. Im übrigen bleibt es dabei, daß in solchen Fällen die Persönlichkeit des Richters den Ausschlag gibt, wie Podlech sagt, „die Recht anwendenden Organe als Zufälligkeitsgeneratoren fungieren“.

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  27. Rechtsphilosophie, § 214. Obgleich, wie Hegel betont, der Idee nach für jede Tat nur eine Strafe die „gerechte“ ist. Sie läßt sich aber nicht bis auf die Stunde (Freiheitsentzug) oder den Pfennig (Geldstrafe), wie Hegel sagt, „vernünftig bestimmen“.

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  39. Die Rechtsprechung hat lange geschwankt, ob der typische Architektenvertrag als Dienst- oder als Werkvertrag einzuordnen sei. Da sie darin einen begrifflichen Gegensatz sieht, vermag sie nur ein entweder-oder zu sehen. Nachdem sich der BGH entschlossen hatte, den Architektenvertrag, auch soweit der Architekt die Bauaufsicht übernommen hat, einheitlich als „Werkvertrag“ anzusehen, kamen ihm Bedenken wegen der Konsequenz dieser Einordnung für die Verjährung des Honoraranspruchs des Architekten. Die dreißigjährige Verjährungsfrist erschien ihm hierfür mit Recht als nicht angebracht. Deshalb legt er nun entgegen der bisherigen Rechtsprechung, den § 196 Nr. 7 BGB dahin aus, daß unter der „Leistung von Diensten“ im Sinne dieser Vorschrift auch Dienstleistungen aufgrund eines Werkvertrages zu verstehen seien (BGHZ 59, 163). Damit gibt er der Sache nach zu, daß ein Werkvertrag auch Züge eines Dienstvertrages einschließen kann.

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  40. Als eine solche Tatsache gilt jedoch nicht die Aussage eines Zeugen, Sachverständigen oder Beteiligten, wenngleich der Richter auch aus ihr seine Schlüsse zieht. Anders Engisch, Logische Studien, S. 64 ff., der auch solche Aussagen zu den „Indizien im weiteren Sinne“ zählt.

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  41. Koch/Rüssmann a. a. O., S. 285 ff., sprechen im 1. Fall von deterministischen, im 2. Fall von statistischen Erfahrungssätzen.

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  44. Nach Koch/Rüssmann (a. a. O., S. 308) ist das eine Frage „des Maßes, mit dem man insbesondere Risikozuteilungen vorzunehmen wünscht“. Es handelt sich hier um das Risiko eines Fehlurteils; dieses hat der Richter so klein wie irgend möglich zu halten. Das Risiko, daß die vorgebrachten Tatsachen nicht dazu ausreichen, dem Richter die Überzeugung von der Richtigkeit der zu beweisenden Behauptung zu verschaffen, trägt alle Male der, den die Beweislast trifft.

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  47. Vgl. hierzu: Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 2. Aufl. 1960, S. 82 ff.; Henke, Die Tatfrage, 1966; Rechtsfrage oder Tatfrage — eine Frage ohne Antwort, ZZP 81, 196; Kuchinke, Grenzen der Nachprüfbarkeit tatrichterlicher Würdigung und Feststellung in der Revisionsinstanz, 1964; Mitsopoulos, La distinction du fait et du droit, in: Revue Hellénique de Droit international, 20. Jg. 1968, S. 3; Scheuerle, Beiträge zum Problem der Trennung von Tat- und Rechtsfrage, AcP 157, 1; Schwinge, Grundlagen des Revisionsrechts, 2. Aufl. 1960; Nierwetberg, JZ 83, 237.

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  48. Vgl. hierzu Henke, a. a. O., S. 188 ff.

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Larenz, K. (1992). Die Bildung und rechtliche Beurteilung des Sachverhalts. In: Methodenlehre der Rechtswissenschaft. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-08710-7_6

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