Zusammenfassung
Auch die ärztliche Behandlung eines Minderjährigen geschieht normalerweise aufgrund eines Vertrags. Der Jugendliche ist entweder geschäftsunfähig (bis sieben Jahre) oder nur beschränkt geschäftsfähig (bis achtzehn Jahre), so daß er grundsätzlich nicht selbst einen Arztvertrag abschließen kann, §§ 104 ff. BGB. Wird er jedoch von den Eltern geschickt, so ist es ihm möglich, für diese als Bote oder Vertreter zu handeln und sie rechtswirksam zu verpflichten. Ist der Minderjährige sozialversichert, bringt der Arztvertrag für ihn nur einen rechtlichen Vorteil, so daß er ihn auch selbst abschließen kann, § 107 BGB. Der Vertrag über die ärztliche Behandlung eines Jugendlichen kommt gewöhnlich zwischen den Sorgeberechtigten einerseits und dem Arzt bzw. dem Krankenhaus andererseits zustande.1 Der Jugendliche ist also regelmäßig selbst kein Vertragspartner. So hat er nicht für die Kosten der ärztlichen Behandlung aufzukommen; er haftet auch nicht subsidiär, etwa bei Zahlungsunfähigkeit der Sorgeberechtigten.2 Andererseits wird der Minderjährige ge jedoch aus dem von den Eltern geschlossenen Vertrag berechtigt: Als eigentlicher Patient ist er Hauptgegenstand der vertraglichen Vereinbarung und deshalb deutlich in dessen Schutzbereich aufgenommen.3 So hat das Kind bei Fehlbehandlung einen eigenen Anspruch auf Schadensersatz sowohl aus Vertragsverletzung als auch aus unerlaubter Handlung.
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Referenzen
RGZ 85, 183; RGRK/Nüßgens 12, § 823 Anh. II, Rn. 7.
Vgl. schon RGZ 85, 183; 152, 175.
RG a. a. O.; BGHZ 89, 263; Laufs, Arztrecht5, Rn. 106 f.; Strutz, NJW 72, 1110. Auch die Leibesfrucht ist in den Schutzbereich des Entbindungsvertrages einbezogen: OLG Düsseldorf VersR 86, 474 — Fraktur des rechten Scheitelbeins des Kindes bei Vakuumextraktion.
BGHZ 29, 33; BGH NJW 72, 335; MK/Gitter 3, vor § 104, Rn. 88; Schaffer, VersR 93, 1463.
LG München I, NJW 80, 646; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht4 (1994), § 57 VII 4.
Vgl. LG München I a. a. O. Die Grenze von 16 Jahren wird gebilligt von Eser u. Koch, Rechtsfragen bei der gynäkologischen Betreuung minderjähriger Patientinnen, in Huber u. Hiersche, Praxis der Gynäkologie im Kindes- und Jugendalter2 (1987), 20; vgl. Restaino, a. a. O. OLG Hamm NJW 98, 3424: Minderjährige bedarf zur Abtreibung Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, die freilich durch das Gericht ersetzt werden kann.
Vgl. die Übersicht bei Sharpe/Sawyer, Doctors and the Law, 24 f.; zur Interruptio bei Minderjährigen: Planned Parenthood of Missouri v. Danforth, 428 U.S. 52.
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht4, § 57 IX; Henrich, Familienrecht5 (1995), § 22 III 3.
OLG Celle VersR 82, 553 (Bestellung eines Pflegers); Zankel, ÖJZ 89, 299.
OLG Hamm NJW 68, 212; Jauernig/Schlechtriem 8, §§ 1666 ff., Anm. 2.
OLG Celle NJW 95, 792 (neugeborenes Kind, ärztlich indizierte Bluttransfusion, Verweigerung durch die Eltern als Zeugen Jehovas).
Der Fall Lundman ist berichtet in USA Today v. 26.8.1993, S. 3 a, der Fall Rastafarian in The Lancet 93, 1189.
Larenz/Wolff, Allg. Teil8, § 16 III; Medicus, Schuldrecht I8 § 16; Planck/Siber 4, § 242 Anm. 3 c.
Zur Geschäftsführung ohne Auftrag für die Eltern im Interesse des Minderjährigen: Schünemann, VersR 81, 766.
Revidierte Deklaration von Helsinki I, 11. Vgl. auch Kauffman, Drug Trials in Children: Ethical, Legal and Practical Issues, Journal KlinPharmakol 94, 296.
Vgl. G. Fischer, Medizinische Versuche am Menschen, 34 ff.; Deutsch, Medizin und Forschung vor Gericht, 48; Giesen, Die zivilrechtliche Haftung des Arztes, 23; Sharpe/ Sawyer, Doctors and the Law, 41.
Vgl. genauer Deutsch, Das Recht der klinischen Forschung am Menschen, 83 ff.
G. Fischer, a. a. O. und S. 63 ff.
Sander, AMG, § 40 Anm. 18 ff.
Anders die englischen Gerichte In re F. (in utero) 2 W.L.R. (1988) 1288; Regina v. Tait 3 W.L.R. (1989) 891. Wie hier Family Court New Plymouth, In the matter of baby P (an unborn child), Medical Law Review 97, 143. Allerdings wird ein zwangsweiser Kaiserschnitt im Interesse des Kindes abgelehnt, Court of Appeal, BMJ 97, 993.
Vgl. AG Köln NJW 85, 2201 (Pflegschaft an den Vater, damit dieser wegen der bevorstehenden Abtreibung gegen die Mutter rechtliche Schritte unternehmen kann); Österr. OGH JB1 97, 304 (kein Kurator für in vitro fertilisierten Embryo).
Vgl. Rixen, FamRZ 94, 417.
AG Hersbruck NJW 92, 3245 (Fall des Erlanger Babys).
MK/Mertens 3, § 823, Rn. 451; Staudinger/Schäfer 12, § 823, Rn. 482; OLG Celle VersR 84, 444 — Gebärmutterexstirpation nach Cervixriß aufgrund hypothetischer Einwilligung.
Mertens, a. a. O.; Laufs, Arztrecht5, Rn. 226; Schaffer, VersR 93, 1464.
Feuerbestattungsgesetz v. 1934, RGB1 1934 I 380.
So BGE 101 II 177, 192 ff.: Eltern gehen getrennt lebender Ehefrau vor.
RGRK/Nüßgens 12, § 823 Anh. II, Rn. 77.
Staudinger/Wittmann 12 § 683, Rn. 3; MK/Seiler 3, § 683, Rn. 24; Laufs, Arztrecht5 Rn. 125 ff.
Deutsch/Geiger, Medizinischer Behandlungsvertrag, in: Gutachten u. Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts (1982), 1049 (1098).
Kegel, Internationales Privatrecht § 18 I; Kropholler, Internationales Privatrecht3 (1994), § 52 III; Deutsch, Das IPR der Arzthaftung, FS Ferid (1978), 117; Könning/Feil, a. a. O.
Kropholler, Internationales Privatrecht, § 53 V 3; Deutsch, a. a. O. Zur außervertraglichen Haftung des Arztes vgl. Schütt, Deliktstyp und IPR (1998).
Guerro v. Copper Queen Hospital 537 P.2d 1329 (Ariz. 1975) (Unfall von Mexikaner in Mexiko, Ablehnung der Notaufnahme in Arizona, Anwendung des Rechts von Arizona).
OLG Karlsruhe VersR 88, 93 f. — Appendektomie; OLG Düsseldorf VersR 90, 852 — Sterilisation. Ebenso OLG München VersR 93, 1488, das eine Aufklärung unter Zuziehung einer sprachkundigen Krankenschwester als genügend ansieht.
Kegel, Internationales Privatrecht, § 18 II. Für die Telemedien Hoppe MedR 98, 462.
OLG München VersR 93, 607 — Verbrennung eines jugoslawischen Fußballspielers bei der Operation eines Leistenbruchs.
So auch die st. Rspr. in den Common Law-Ländern: Norwood Hospital v. Munoz 564 N.E.2d 1017 (Massachusetts 1991) — blutendes Magengeschwür machte Transfusion notwendig, Vorhandensein eines fünfjährigen Sohnes reicht noch nicht aus, sich über den Willen der Patientin hinwegzusetzen; In re T, Court of Appeal 1992 3 W.L.R. 782 — schwangere Siebzehnjährige erlitt Verkehrsunfall, wegen eines Kaiserschnittes war eine Bluttransfusion notwendig. Es kommt auf das beste Interesse der bewußtlosen Patientin an.
OLG Celle NJW 95, 792 — ärztlich indizierte Bluttransfusion bei einem vorzeitig geborenen Kind, Verweigerung durch die Eltern als Zeugen Jehovas, Ersetzung der Einwilligung sogar ohne Anhörung der Eltern bei Eilbedürftigkeit.
Busuttil u. Copplestone, Management of Blood Loss in Jehova’s Witnesses, BMJ 311 (1995), 1115.
MK/Mertens 3, § 823, Rn. 453. Vgl. In re T. (Adult: Refusal of Treatment) Court of Appeal 1992, 3 W.L.R. 782 — Die Patientin unter sedierenden Medikamenten und nach Einsetzen erster Wehen verweigerte eine Bluttransfusion. Diese wurde später notwendig. Ärzte konnten im besten Interesse der dann nicht mehr willensfähigen Frau handeln.
In re S, Family Division (1992) 3 W.L.R. 806.
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Deutsch, E. (1999). Sonderpersonen: Kinder und Jugendliche, Bewußtlose, Ausländer, Sektenanhänger. In: Medizinrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-08642-1_18
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