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Part of the book series: Psychoanalyse der Geschlechterdifferenz ((PSYCHOANALYSE))

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Zusammenfassung

In seinen Kulturanalysen beschreibt Lorenzer (1986) jenes tiefenhermeneu-tische Vorgehen, das es ermöglichen soll, die unbewußte Dimension eines Textes auch außerhalb der psychoanalytischen Situation zu erfassen. Texte (meistens literarische) werden dabei als Kulturproduktionen verstanden, in denen nicht nur das Unbewußte des einzelnen Autors, sondern kollektive unbewußte Phantasien einen verschlüsselten Ausdruck finden. Je breiter die Rezeption eines Textes ist, je mehr Leser er beispielsweise für sich gewinnen kann, desto näher liegt auch die Vermutung, daß er über das individuelle Unbewußte seines Autors hinaus das kollektive Reservoir unbewußter Wünsche und Phantasien repräsentiert, an dem die Mitglieder einer bestimmten Kulturgemeinschaft partizipieren.

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Anmerkungen

  1. C. G. Jung unterscheidet 3 Stufen des Seelischen, nämlich 1) das Bewußtsein; 2) das persönliche Unbewußte, das zunächst aus all jenen Inhalten besteht, die unbewußt geworden sind, weil sie vergessen oder verdrängt wurden oder wegen zu geringer Intensität das Bewußtsein nie erreichten; 3) das kollektive Unbewußte, „welches als ein Erbgut an Vorstellungsmöglichkeiten nicht individuell, sondern allgemein menschlich, ja sogar allgemein tierisch ist und die eigentliche Grundlage des individuell Seelischen darstellt“ (Jung 1929, S. 175). Das kollektive Unbewußte hat also keine individuellen Inhalte, sondern allgemeine, gleichmäßig verbreitete. Dazu gehören die Instinkte und die Archetypen. „Der Instinkt ist seiner Natur nach eine kollektive, das heißt allgemein und gleichmäßig verbreitete Erscheinung, welche mit der Individualität des Menschen nichts zu tun hat. Die Archetypen der Anschauung haben dieselbe Qualität wie die Instinkte, sie sind ebenfalls kollektive Phänomene“ (S. 156). Archetypen sind „urtümliche Bilder“, die zum Grundstock der unbewußten Psyche gehören und nicht aus persönlicher Erwerbung zu erklären sind (vgl. a. a. O., S. 132).

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  2. Daß sich daran auch 17 Jahre nach der Untersuchung von Brovermann u. Vogel (1972) nicht viel geändert hat, zeigt ein Bericht von A. Barth in Der Spiegel über Die neue Männlichkeit vom 2. Oktober 1989. Danach gelten für Männer und Frauen folgende Rollenstereotypen (zusammengestellt von den US-Psychologen Stevens u. Hershberger): Männer: Konkurrierend, stark, kontrolliert, verantwortungsvoll, fasziniert von Großtaten, intelligent, gefühlsreduziert, weinen nicht, technisch veranlagt, dominant, beschützend, kompetent, logisch, viril, Familienernährer, initiativ im Sex, unabhängig, Autorität, sportlich, Sex = Leistung. Wenn ein Mann so nicht ist, dann ist er ein Weichling, ein Sonderling oder ein Schwuler. Frauen: Passiv, abhängig, emotional, unlogisch, natürlich, arglos, schön, sensibel, fürsorglich, gepflegt, geduldig, gute Mütter, sanft, warm, launisch, romantisch, verführerisch, künstlerisch, psychisch nicht belastbar, physisch schwach, Sex = Liebe. Wenn eine Frau so nicht ist, dann ist sie eine Ziege, eine Nutte, eine Lesbe oder eine Emanze. (Der Spiegel, 43. Jhg., Heft 40 vom 2.0kt. 1989, S. 32).

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  3. „Das hier gemeinte unbewußte Phantasiedenken entsteht mit dem spezifischen Ziel, die ‚Zensur‘, die das Bewußtsein schützt, zu umgehen, aber es kann eine ganze Reihe von Modifikationen erlebt haben, ehe es in irgendeinem Derivat an der Oberfläche zum Ausdruck gelangt. Es baut sich nicht allein auf Primärprozessen auf, sondern macht sich eine Vielzahl organisierter unbewußter Denkformen zunutze. Es ist natürlich besonders durch die Abwehrmechanismen motiviert, welche die Gefühlszustände im Erleben des Individuums beherrschen (Sandler u. Joffe 1969). Es kann das Wissen des Individuums von der äußeren Realität einbeziehen — oder auch nicht —, und wenn es sich in einer bestimmten Distanz vom Bewußtsein (im ‚topischen‘ Sinne) befindet, vermeidet es jenen ‚Stempel des Unwirklichen‘, der für die bewußten Tagträume charakteristisch ist“ (Sandler 1976b, S. 776; Hervorhebung im Original).

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  4. Über die Zeitlosigkeit des Unbewußten äußert sich Freud an verschiedenen Stellen seines Werkes, so 1920 in Jenseits des Lustprinzips: „Wir haben erfahren, daß die unbewußten Seelenvorgänge an sich ‚zeitlos‘ sind. Das heißt zunächst, daß sie nicht zeitlich geordnet werden, daß die Zeit nichts an ihnen verändert, daß man die Zeitvorstellung nicht an sie heranbringen kann“ (Freud 1920g, S. 28). Und schon in Das Unbewußte: „Die Vorgänge des Systems Ubw sind nicht zeitlich geordnet, werden durch die verlaufende Zeit nicht abgeändert, haben überhaupt keine Beziehung zur Zeit“ (Freud 1915 e, S. 286).

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  5. So weist Devereux (1981) darauf hin, daß das Unbewußte die Organe des Körpers den Kleidern angleicht, die nun zweifellos Kulturerzeugnisse darstellen und von Ethnie zu Ethnie erheblichen Variationen unterliegen.

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  6. Dieses „Kind im eigenen Inneren“ (Sandler u. Sandler 1988) ist von Anfang an ein Junge oder ein Mädchen. Befunde der Säuglingsbeobachtung weisen auf geschlechtsspezifische Ausprägungen des Erlebens (insbesondere auch im Zusammenhang mit Bindungsverhalten) bereits in den ersten Lebensmonaten hin (vgl. Silverman 1987).

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  7. Das Kind kann sich in diesem Lebensstadium bereits sprachlich äußern. Aus diesen sprachlichen Äußerungen lassen sich die Art seines Denkens, seine Einsichten in Probleme und in Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, seine Sicht von der Welt, von seinen Mitmenschen und sich selbst erschließen (vgl. Oerter u. Montada 1987). Das präoperationale Denken ist durch Egozentrismus und Zentrierung der Aufmerksamkeit auf ein Merkmal eines Gegenstands oder einer Person unter Außerachtlassung anderer gekennzeichnet (Oerter u. Montada, a. a. O.; zur Objektwahrnehmung in diesem Entwicklungsstadium s. auch Meli to 1983). Derartige Strukturmerkmale erlauben u. a. auch eine Differenzierung der Inhalte des Vergangenheitsunbewußten von späteren Elaborationen der unbewußten Phantasie.

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© 1991 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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Rohde-Dachser, C. (1991). Auf den Spuren des Unbewußten. In: Expedition in den dunklen Kontinent. Psychoanalyse der Geschlechterdifferenz. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-07152-6_3

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