Zusammenfassung
Eine 25jährige Frau kommt wegen zunehmender Ängste zu ihrem Hausarzt: Sie leidet im Anschluß an den Tod ihres Vaters unter Platzängsten, diversen vegetativen Beschwerden, wie z. B. Herzsensationen und gelegentlichen Schwindelattacken. Bei der somatischen Untersuchung ergeben sich keine pathologischen Befunde. Der Arzt entschließt sich dann zur Verordnung eines anxiolytisch wirksamen Benzodiazepins, was der Patientin schnell eine Besserung ihrer Ängste und Körperbeschwerden verschafft. In den darauffolgenden Monaten läßt sich die Patientin mehrfach Wiederholungsrezepte ausstellen. Gespräche mit dem Arzt finden dabei kaum noch statt; lediglich die Helferin registriert die hilfreiche Wirkung der Medikamente. Nach einem halben Jahr schlägt der Hausarzt eine Reduktion der Medikation mit dem Ziel einer allmählichen Ab-setzung vor, was bei der Patientin zu einer erneuten Symptomverschlechterung führt. Als noch innere Unruhe und Schlafstörungen hinzukommen, geht der Hausarzt wieder zur altbewährten Medikation über, die nun lange Zeit beibehalten wird. Er erfährt nicht, daß die Patientin sich an ihm vorbei, auch um ihn nicht zu kränken, mehr Tabletten verschafft, so daß sie schließlich über etwa fünf Jahre täglich die doppelte Menge einnimmt. Anläßlich einer dringenden gynäkologischen Operation fällt die Patientin gut eine Woche nach Einweisung in das Krankenhaus durch Unruhe, Schwitzen und nächtliche Halluzinationen auf, bis sich ein schweres Entzugssyndrom ausgebildet hat und die Patientin schließlich in die Psychiatrische Klinik übernommen werden muß.
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Reimer, C., Wilke, E. (1985). Psychotherapie und Psychopharmaka. In: Reimer, C. (eds) Ärztliche Gesprächsführung. Kliniktaschenbücher. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-05839-8_11
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