Zusammenfassung
Das Recht stellt für das Gemeinschaftsleben der Menschen Regeln auf, deren Verwirklichung es fordert. Es ist eine soziale Erscheinung wie Sitte und Sittlichkeit, unterscheidet sich von ihnen aber dadurch, daß die Verletzung der Rechtsregel äußeren Zwang hervorruft. Das Recht erschien dem Germanen als etwas Unveränderliches, Ewiges; in christlicher Zeit leitete man seinen Ursprung von Gott selbst her. Als Teil der göttlichen Welt Ordnung kann das Recht daher auch nicht von Menschen gesetzt, sondern nur „gefunden“ werden. Der Staat macht nicht das Recht, er hat ihm nur mit seinen Machtmitteln zu dienen. Erst der absolute Staat sah nach römischen Vorbild im Recht den staatlichen Machtspruch. Das germanische Recht ist weiter grundsätzlich strenges Recht. Dem Richter ist nicht gestattet, von der formulierten Satzung abzuweichen; ein gegebenes Wort muß auch gelten, wenn seine wörtliche Anwendung unbillig wirkt. Eine Billigkeits-justiz auch gegen das Volksrecht entfaltete zuerst das fränkische Königsgericht. Während aber in England aus der Rechtsprechung der Kings Bench ein besonderes System der equity hervorging, durchdrang in Deutschland der Gedanke der Billigkeit seit dem späteren Mittelalter das bestehende Rechtssystem selbst, bis er zu einer Grundfeste des geltenden Rechts wurde (vgl. z. B. BGB. 242, 315, 829). Die Strenge des germanischen Rechts hängt mit seinem typischen Formalismus aufs engste zusammen. Seine Rechtsregeln sind in konkreten plastischen Formeln niedergelegt, die Rechtshandlungen bedürfen der Symbole und Solennitäten, die Privatrechtsverhältnisse bedürfen der Verwirklichung in einer äußeren Erscheinung, wenn sie im Rechtsverkehr Geltung gewinnen sollen.
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Literatur
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Planitz, H. (1925). Die Rechtsvorschriften. In: Grundzüge des Deutschen Privatrechts. Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaft, vol 5. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-05514-4_2
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