Zusammenfassung
Mit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert änderten sich sowohl der Charakter der Mathematik als auch ihre äußeren Bedingungen grundlegend. Allgemeiner Hintergrund ist die um 1770 beginnende Industrialisierung. Aber auch die politischen Erschütterungen Europas durch die Französische Revolution und die nachfolgenden Napoleonischen Kriege, die bürgerliches Gedankengut in fast jeden Winkel Europas trugen, spielten dabei eine große Rolle. Neben die lokalen und nationalen Akademien traten die in vielen Ländern entstehenden höheren technischen Bildungsanstalten als Orte, an denen forschend und lehrend Mathematik getrieben wurde. Die philosophischen Fakultäten der klassischen Universitäten, die jahrhundertelang nur als Vorstudienanstalten für das Studium der Theologie, Medizin oder Rechtswissenschaft gedient hatten, erhielten eine neue Funktion als Bildungsstätten für Lehrer der höheren allgemeinbildenden Schulen, was insbesondere in der Mathematik zur Aufstockung der Professorenstellen und im Laufe des 19. Jhs. zur Herausbildung des Status des Privatdozenten sowie zur Gründung von Instituten und Seminaren führte. In Preußen wurde 1866 eine Prüfungsordnung für Lehramtskandidaten erlassen, die ausdrücklich forderte, daß der angehende Mathematiklehrer in die Lage versetzt werden müsse, selbst wissenschaftlich in den Hauptgebieten Geometrie, Analysis und Mechanik zu arbeiten.
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Referenzen
Einen sehr anschaulichen neueren Beweis gab [Salenius 1978] (siehe Aufgabe 7.1.2).
An dieser Stelle sei auf ein merkwürdiges elementargeometrisches Analogon hingewiesen: Die sphärische Geometrie wurde seit der Antike immer auf der Grundlage der Existenz der Kugeloberfläche im dreidimensionalen Raum sozusagen als ein praktisch wichtiger Teil räumlicher Geometrie behandelt. Bis in unsere Zeit ist es anscheinend niemand eingefallen, die sphärische Geometrie analog zur ebenen Geometrie rein axiomatisch als innere Geometrie ohne Bezug auf den umgebenden Raum aufzubauen. [Schreiber 1984, Kap. 2.3]
5 Postulat
Der von Hierholzer hierüber gehaltene Vortrag wurde nach seinem Tod von Ch. Wiener und J. Lüroth rekonstruiert und publiziert [Math. Annalen Bd. 6, 30–32] . Wiener verwies dort in einer Fußnote darauf, daß schon Listing 1847 in den „Vorstudien zur Topologie“ dies dargelegt habe. Nachprüfung der entsprechenden Textstelle zeigt allerdings, daß auch Listing dort nicht die Auffindung von Eulerschen Wegen sondern eher für beliebige Graphen die Zahl der zur ihrer Durchlaufung mindestens notwendigen Eulerschen Wege diskutiert hatte.
Der betreffende Text bei Vandermonde beginnt (in freier Übersetzung aus dem Französ.): Wie kompliziert auch immer ein System von Fäden im Raum verschlungen sein mag, man kann es natürlich im Prinzip analytisch beschreiben. Wer jedoch mit Flechtbändern, Netzen oder sonstigen Verknotungen praktisch zu tun hat, interessiert sich nicht für die metrischen sondern für die Lageverhältnisse. [Mem. Acad. Paris 1771, 566–574]
Zwei geradlinig (bzw. -flächig) begrenzte ebene (oder räumliche) Figuren heißen ergänzungsgleich, wenn man sie durch Hinzufügung von je gleichvielen Figuren, von denen je eine der ersten hinzugefügte kongruent zu einer zugeordneten der zweiten hinzugefügten ist, zu kongruenten Figuren ergänzen kann. Das klassische Beispiel liefert der „chinesische“ Beweis des pythagoreischen Satzes (vgl. Kap. 3) . Es ist leicht zu zeigen: Sind in einem Raum inhaltsgleiche Figuren stets zerlegungsgleich, so sind sie auch ergänzungsgleich. Die Umkehrung gilt schon im ℝ3 nicht.
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Scriba, C.J., Schreiber, P. (2001). Das 19. Jahrhundert. In: 5000 Jahre Geometrie. Vom Zählstein zum Computer. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-04500-8_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-04500-8_8
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