Die Ernährung der Pflanzen mit Aschenstoffen und die Bedeutung dieser Ernährung

Zusammenfassung

Die physiologische Rolle der Organogene, d. i. des Kohlenstoffs, Sauerstoffs, Wasserstoffs und Stickstoffs bedarf keiner Erklärung. Aus diesen Elementen entstehen Kohlenhydrate und Eiweißstoffe, welche die Grundlage der lebenden Substanz bilden. Auch wurde die Bedeutung der Phosphor- und Schwefelverbindungen schon längst richtig beurteilt, da diese Elemente an der Zusammensetzung der Plasmaeiweißstoffe und Lecithine beteiligt sind; was nun aber die Metalle anbelangt, so war ihre Rolle im Organismus lange Zeit unverständlich. Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden von verschiedenen Seiten Ansichten ausgesprochen, laut denen die Mineralsalze nur während der Entwicklung des Organismus notwendig seien; für die erwachsenen Tiere und Pflanzen sollen sie eine unnötige, wenn auch unvermeidliche Beimengung zur normalen Nahrung bilden. Derartige Ansichten waren besonders in der Tierphysiologie verbreitet, da das Tier zum Unterschied von der Pflanze in einem bestimmten Moment sein Wachstum einstellt; späterhin dient also die aufgenommene Nahrung nur zur Deckung der laufenden Lebensbedürfnisse und man schätzt sie deswegen gewöhnlich nach der Calorienzahl, die sie bei ihrer Verbrennung liefert. Von diesem Standpunkt aus sind die Mineralsalze natürlich unnötig; ihre Bedeutung ist aber viel wichtiger und vielseitiger; die Klarlegung ihrer physiologischen Rolle bildet eine von den glänzendsten Anwendungen der physikalischen Chemie auf die Physiologie. Immer mehr und mehr tritt in den letzten Jahren die überwiegende dynamische Bedeutung der Mineralstoffe im Organismus in den Vordergrund. Die Eiweißstoffe und das übrige Substrat der Lebenserscheinungen sind eher als ein inertes Material anzusehen, „die Mineralstoffe stellen dagegen Maschinen dar, die zur Regulierung der Verarbeitung dieses Materials dienen“. Diese Ansicht wurde schon längst ausgesprochen ¹), nur in den letzten Jahren eroberte sie sich aber die allgemeine Anerkennung. Faßt man die Gesamtheit aller auf die physiologische Rolle der Mineralstoffe hinauslaufenden Angaben zusammen, so kann man ihre Bedeutung folgendermaßen präzisieren: 1. Die Mineralstoffe sind aktive Faktoren der Veränderung des physikalischen Zustandes der Zellkolloide, d. i. sie beeinflussen sowohl den Stoffwechsel, als die innere Architektonik der Zelle. 2. Im Zusammenhange damit üben die Mineralstoffe eine toxische und antitoxische Wirkung auf lebende Gewebe und Organe aus. 3. Auf die Funktionen der Gewebe und Organe einwirkend, spielen die Mineralstoffe im Organismus wohl manchmal die Rolle von Hormonen, d. i. von Regulatoren der physiologischen Funktionen und der planmäßigen Organentwicklung. Bei den Tieren haben die Mineralstoffe eine besonders wichtige Bedeutung in den Geschlechtsvorgängen. 4. Sie erfüllen in vielen Fällen die Funktionen der Katalysatoren von biochemischen Reaktionen. 5. Sie spielen eine wichtige Rolle bei den Veränderungen des Turgors und der Permeabilität des Protoplasmas. 6. Sie sind manchmal Träger der elektrischen und radioaktiven Kräfte, die dem Organismus notwendig sind.