Zusammenfassung
Die chronische Stuhlverstopfung der Frau ist geradezu der wunde Punkt des Frauenkörpers auch in gesunden Tagen. Die beim weiblichen Geschlecht zweifelsohne größere Neigung zur Stuhlträgheit wird vielfach in der Kindheit schon durch unzweckmäßiges Verhalten geradezu gezüchtet. Indem man es versäumt, die kleinen Mädchen zu einer regelmäßigen, auf eine bestimmte Stunde des Tages festzusetzenden Entleerung anzuhalten, kommt es, besonders im Drange der Schuljahre, unterstützt durch sitzende Lebensweise und unzweckmäßige Ernährung, um so leichter zur Stuhlverstopfung, als man von diesen Dingen bei jungen Mädchen nicht redet und sie einfach als belanglos übergeht. Dann ist es so weit, daß die junge Frau dieses Leiden weiterschleppt, das sich in den Schwangerschaften noch weiter verschlechtert und nach den Geburten unter dem Einfluß schlaffer Bauchdecken womöglich noch ärger wird. Zwangsmäßige Abhängigkeit von den Abführmitteln, tagelange Stuhlverstopfung wechselnd mit diarrhoischen Entleerungen, Üblichkeiten, Blässe, Kopfschmerzen, Menstruationsstörungen, Kreuzschmerzen, Verstimmung, das sind so die Folgen der von Jugend an verschlampten schlechten Darmtätigkeit. Weitaus die Mehrzahl der an Stuhlverstopfung leidenden Frauen dankt diese einer Schwäche der Darmmuskulatur und der Bauchmuskeln und leidet an jener Form, die man als atonische Stuhlverstopfung bezeichnet. Seltener, aber in unserer Frauenwelt auch häufig anzutreffen, ist die spastische Form, die durch krampfartige Zusammenziehung des Darmes und Absetzung manchmal bleistiftdünner Stuhl-massen gekennzeichnet ist. So schön die Einteilung in atonische und spastische Obstipation ist, so schwer ist es oft im Einzelfalle die Formen zu trennen, wenngleich bei nervösen und asthenischen Frauen die spastische Obstipation im Vordergrande steht, während der reinen Enteroptose die atonische entspricht. Das wesentliche jeder Form der Obstipation ist das zu wenig an Entleerung; hiezu ist aber zu sagen, daß eine auch nur alle zwei Tage erfolgende Defäkation, wenn sie reichlich genug ist, noch keine Verstopfung darstellt, während auch bei täglichem Stuhlgang bei ungenügender Menge eine Verstopfung vorliegen kann. Wenn es auch richtig ist, daß in 98 v. H. aller Fälle die Stuhlbeschwerden auf einer der genannten Formen der Obstipation, allenfalls auch auf der durch unzweckmäßige Ernährung bedingten, sogenannten alimentären Obstipation beruhen, man soll sich doch zur Richtschnur dienen lassen, namentlich bei Klagen über mehr minder unvermutet einsetzende Obstipation die rektale Untersuchung unbedingt vorzunehmen, um nicht organisch greifbare Ursachen zu übersehen, was von den schwersten Folgen begleitet sein könnte.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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Kahr, H. (1934). Behandlung der Obstipation. In: Konservative Therapie der Frauenkrankheiten. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-02086-9_11
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