Zusammenfassung
Überrascht hatten Soziologen für Erhebungen 1991/92 im Osten unseres Landes festgestellt, daß Indikatoren hier „nicht richtig“, „nicht normal“ messen: Während im Westen die etablierte Wohlfahrtsforschung seit Jahren konstante Zusammenhänge aufzuzeigen wußte — zwischen objektiven Indikatoren, zum Beispiel Einkommen, Wohnbedingungen, und subjektiven Indikatoren, also etwa Zufriedenheiten, — traten im Osten gerade diesbezüglich Inkongruenzen und Turbulenzen auf. Einmal, im Umfeld von Währungsunion und Vereinigung 1990, war „die Stimmung offensichtlich besser als die Lage“ — hohe allgemeine Zufriedenheiten, Zustimmungen und optimistische Prognosen trotz erheblicher persönlicher Beschwernisse. Soziologen (so Helmut Klages) versuchten, das mit einem „doppelten Zukunftshorizont“ zu erklären: Man nimmt in Erwartung alsbaldiger Verbesserungen momentane Stagnation oder Abstriche hin. Euphorie, Erwartungen, Versprechungen tragen einige Zeit. Dann, zum Beginn des Jahres 1991, war zwar nicht nur „die“ Mark gekommen, sondern hatte ein sichtbarer materieller Schub stattgefunden (Auto und Videorecorder wurden zu Merkzeichen für ostdeutschen Aufschwung), der Stimmungseinbruch in Ostdeutschland aber war rapide. Nur noch 7% Optimisten konnten ausgemacht werden, während mehr als 84% pessimistisch in die Zukunft blickten. Die gute Lage schien den Horizont zu trüben. Diese Verschiebungen in der Zeit und Inkongruenzen zwischen „Objektivem“ und „Subjektivem“ wurden zudem noch durch nicht selten widersprüchliche und einander widersprechende Erhebungen zu Einstellungen, Meinungen und Befindlichkeiten verkompliziert. Was läßt sich schon überzeugend festhalten?
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Literatur
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Thomas, M. (1998). Annäherung an eine schwierige Fragestellung: Gewinner oder Verlierer im ostdeutschen Transformationsprozeß?. In: Bade, FJ. (eds) Ost und West in Deutschland — Träume, Wirklichkeit, Perspektiven. Physica, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-01565-0_5
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