Zusammenfassung
In der galenischen Medizin des Mittelalters schien es nicht notwendig, Einblicke in die innere Struktur des Körpers zu nehmen. War doch die Medizin weniger dem eigenen Augenschein, als vielmehr der Autorität der Alten verpflichtet. Dennoch entwickelte sich auf der Basis der Humoralpathologie ein diagnostisches Konzept, das, wenn auch nicht in moderner Form, das Prinzip vom Sichtbarmachen des Unsichtbaren verkörpert. Es handelt sich dabei um die Harnschau oder Uroskopie. Geht man nämlich davon aus, daß Krankheit auf einer fehlerhaften Mischung der Körpersäfte beruht, dann muß sich dieser krankhafte Zustand auch in einer fehlerhaften Zusammensetzung des Urins dokumentieren. Ein Überwiegen eines der Säfte oder eine falsche Zusammensetzung der Säfte muß zu einer farblichen Veränderung des Harnes führen. Auch die Beschaffenheit des Harnes — dünnflüssig, dickflüssig, fein oder grob — gibt einen Hinweis darauf, wie die Säftezusammensetzung im Körper ist. Aufgabe des Arztes muß es also sein, den Harn aufzufangen und aus seiner Farbe und Konsistenz Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der vier Säfte im Körper und damit auf die Krankheit zu ziehen. Im europäischen Mittelalter entwickelte sich für die Harnschau ein ganz typisches Glasgefäß, das kolbenförmige Harnglas ohne Standboden, das Matula genannt wurde.
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Literaturnachweise
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Vgl. 1
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Vgl. 7, S. 66
Frankfurter Zeitung vom 7. 1. 1896
Vgl. 7, S. 67
Lichtenberg, Alexander von: Grundlagen und Fortschritte der Ausscheidungsurographie. In: Arch. klin. Chir. 171 (1932), S. 26
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Helmholtz, Hermann: Brief an den Vater aus dem Jahr 1850. Abgedruckt bei: Engelking, Ernst: Dokumente zur Erfindung des Augenspiegels. München 1950, S. 18
Helmholtz, Hermann: Beschreibung eines Augenspiegels. Berlin 1851, S. 11 f.
Bozzini, Philipp: Notizen. In: Reichsanzeiger vom 7. 2. 1805, Nr. 36
Bozzini, Philipp: Der Lichtleiter oder Beschreibung einer einfachen Vorrichtung und ihrer Anwendung zur Erleuchtung innerer Höhlen und Zwischenräume des lebenden animalischen Körpers. Weimar 1807, S. 1
Fürstenheim, Ernst: Das Endoskop. In: Berl. klin. Wschr. 8 (1871), S. 272–274; Zitat im Sitzungsbericht der Berliner medizinischen Gesellschaft. In: Berl. klin. Wschr. 8 (1871), S. 275
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Winau, R. (1993). Das Sichtbarmachen des Unsichtbaren. In: Winau, R. (eds) Technik und Medizin. Technik und Kultur, vol 4. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-01060-0_4
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