Zusammenfassung
Die Erwartungshaltung des heutigen Menschen bezüglich der Vorhersage atmosphärischer Prozesse (Wetter, Klima) wie auch hinsichtlich der Vorhersage künftiger wirtschaftlicher oder sozialer Veränderungen beruht auf seinem monokausalen Denken, auf seinem tief verwurzelten Glauben an die Kausalität allen Geschehens. So glaubt er an die prinzipielle Möglichkeit von exakten deterministischen Vorhersagen in dem Sinne, daß bei Kenntnis der Anfangszustände (des Jetzt) die Naturgesetze, die er im Laufe der Evolution als richtig erkannt hat, die weitere zeitliche Entwicklung seines Mesokosmos für längere Zeit kausal steuern. Die evolutionäre Erkenntnistheorie meint, abschätzen zu können, wann im Laufe der Evolution und unter welchen Bedingungen diese Erwartung kausaler Zusammenhänge entstand und wann es begann, daß diese Erwartungshaltung einen selektionsbewährten Algorithmus darstellte (Riedl 1980): Es soll die Zeit des späten Pleistozäns, d. h. die Zeit vor etwa 100000 Jahren gewesen sein. Die mesoskalige Welt des frühen Menschen war zeitlich stabil, sozial streng geordnet, es kamen kaum abrupte Wechsel und Sprünge im Ablauf des Geschehens vor, und exponentielles Wachstum war unbekannt. Somit bewährte sich das monokausale Denken besonders auch deshalb, weil das eigene Handeln des Menschen keine nichtlinearen Rückkopplungen in seiner Welt verursachte.
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Fortak, H. (1991). Prinzipielle Grenzen der Vorhersagbarkeit atmosphärischer Prozesse. In: Tatort Erde. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-00541-5_15
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