Zusammenfassung
Der Naturfreund hat zweifach Gelegenheit, mit den Bienen unschwer eine Bekanntschaft anzuknüpfen: geht er an einem warmen Frühlings- oder Sommertag einem blühenden Obstgarten oder einer blumigen Wiese entlang, so sieht er, wie sie sich an den Blüten zu schaffen machen; und wenn er am Bienenstande eines Imkers vorbeikommt, so sieht er sie dort an den Fluglöchern ihrer Wohnungen aus und ein fliegen. Es mögen ein paar Dutzend oder mehr als hundert Bienenstöcke sein. Der Imker kann sich auch, wenn er will, mit einem einzigen begnügen. Aber er kann keine kleinere Einheit haben als einen „Bienenstock“, ein „Bienenvolk“, dem viele tausend Bienen angehören. Der Bauer kann eine einzelne Kuh, einen Hund, wenn er will ein Huhn halten, aber er kann keine einzelne Biene halten — sie würde in kurzer Zeit zugrunde gehen. Das ist nicht selbstverständlich, es ist sogar sehr merkwürdig. Denn wenn wir uns in der Sippe der entfernteren Verwandtschaft unserer Bienen umsehen, bei den anderen Insekten, so ist ein solches zuhauf Zusammenleben durchaus nicht allgemeiner Brauch. Bei den Schmetterlingen, bei den Käfern, den Libellen usw. sehen wir Männchen und Weibchen sich zur Paarung kurz zusammenfinden, um sich rasch wieder zu trennen, und jedes geht seinen eigenen Weg; das Weibchen legt seine Eier ab an einer Stelle, wo die ausschlüpfenden jungen Tiere Futter finden, aber es pflegt seine eigenen Jungen nicht und lernt sie gar nicht kennen, denn es kümmert sich nicht weiter um die abgelegten Eier, und bevor ihnen die Brut entschlüpft, ist meist die Mutter schon tot. Warum sind die Bienen voneinander so abhängig, daß sie für sich allein nicht leben können? Und was ist überhaupt das „Bienenvolk“?
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© 1969 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
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von Frisch, K. (1969). Das Bienenvolk. In: von Frisch, K. (eds) Aus dem Leben der Bienen. Verständliche Wissenschaft, vol 1. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-00451-7_1
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