Zusammenfassung
Das Schlußwort soll auf Grund meiner 25jährigen Beschäftigung mit der offenen Fürsorge die praktisch wichtigsten Punkte zusammenfassen und unterstreichen. Die Anregung zur Herausgabe, die Werbung der Mitarbeiter, eine umfangreiche redaktionelle Arbeit, im wesentlichen auch Anlage und Einteilung des Werkes sind Roemer zu danken. Seine Anregung erschien mir zeitgemäß: die Entwicklung der Anstalten, der Psychiatrie, der Irrenfürsorge, der Wohlfahrtspflege, der Rechtspflege und die finanziellen Nöte Deutschlands fordern dringend die offene Fürsorge für Geisteskranke und geistig Anomale. Diese Fürsorge ist das natürliche Endglied einer logisch fortschreitenden, die Geisteskranken in zunehmendem Umfang erfassenden Entwicklung der Anstalten und des Irrenwesens. Die deutschen Anstalten stehen durchschnittlich auf einer erfreulichen Höhe; sie sind reif für die Angliederung der offenen Fürsorge. Das deutsche Irrenwesen ist so entwickelt, daß der Einbau des Schlußsteins möglich ist: der offenen Fürsorge. Die Erfahrungen anderer Zweige der Medizin und der Wohlfahrtspflege legen die Einführung auch der psychiatrischen offenen Fürsorge nahe. Die Entwicklung der Wohlfahrtspflege, der Rechtspflege, der psychiatrischen Hygiene (Sommer seit 1902) stellt uns vor neue, nur mit der offenen Fürsorge lösbare Aufgaben. Die durch die Hungerblockade entvölkerten An-stalten stehen heute vielfach an der Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit;. für Neubauten fehlen die Mittel; den einzigen ohne Gefährdung der Kranken, der Umwelt, der wertvollsten Errungenschaften möglichen Weg bietet die offene Fürsorge, die zudem einen natürlichen Fortschritt darstellt und der Irrenfürsorge mit einem Mindestaufwand ein Höchstmaß von Wirksamkeit ermöglicht. Dieses Höchstmaß kann nur durch eine planmäßige Zusammenarbeit aller in der Irrenfürsorge tätigen Kräfte erreicht werden, bei der den Anstalten wesentlich die praktische, den Kliniken die wissenschaftliche Führung zufallen würde. Besonders erfolgversprechend ist die der Anstalt angegliederte offene Fürsorge bei der Behandlung der Trinker. Die Anstalten können sich der Aufnahme von Psychopathen und der Beteiligung an der Verwahrung der wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochenen oder wegen erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit zu milderer Strafe verurteilten Kriminellen nicht entziehen; diese Aufnahmen würden Irrenfürsorge und Anstalten im Aufwand und im Betrieb unerträglich belasten, wenn nicht die Angliederung einer offenen Fürsorge („Schutzaufsicht“) ausgiebige Entlastungsmöglichkeiten sichern würde.
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Kolb, G. (1927). Schlußwort. In: Roemer, H., Kolb, G., Faltlhauser, V. (eds) Die Offene Fürsorge in der Psychiatrie und ihren Grenzgebieten. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-00288-9_13
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