Zusammenfassung
Es erscheint als zweckmäßig, den Erörterungen dieses Kapitels einige Bemerkungen voranzuschicken:
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(1)
Viele überlieferte und herkömmliche Diskussionen sind durch eine große Undeutlichkeit der verwendeten Begriffe und der Problemstellung gekennzeichnet. Dies mag zum Teil darauf beruhen, daß stillschweigend vorausgesetzt wird, es handle sich hierbei um ein einziges Problem, so daß die Verwendung des bestimmten Artikels als gerechtfertigt erscheint. So etwa wird der unklare Ausdruck „die Kausalität“ oder der nicht weniger undeutliche Term „die Kategorie der Kausalität“ eingeführt und gefragt, ob die Kausalität gelte, ob die Kategorie der Kausalität zu Recht angewendet werde etc. Solche Fragestellungen werden bisweilen auch „das Problem der Kausalität“ tituliert. Tatsächlich müssen wir jedoch eine ganze Reihe völlig verschiedenartiger Fragen auseinanderhalten. In einem ersten Schritt wird es daher darauf ankommen, diese Fragen zusammenzustellen. Wie sich zeigen wird, handelt es sich dabei zum Teil um Sinnfragen und zum Teil um Geltungsprobleme.
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(2)
Zu der Undeutlichkeit der Auseinandersetzungen kommt hinzu, daß diese häufig nicht in einer wertneutralen Atmosphäre stattfinden, sondern daß die vertretenen Positionen mit moralischen oder weltanschaulichen Vorentscheidungen belastet sind.
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Referenzen
Die Tatsache, daß sowohl im Deutschen als auch in anderen Sprachen das Hauptwort “Folge” sowie das Verbum “folgen” sowohl im logischen als auch im nichtlogischen kausalen Sinn verwendet werden, mag die philosophische Konzeption begünstigt haben, daß es neben einer logischen Notwendigkeit auch eine spezifische Art von kausaler Notwendigkeit gibt.
Um sich nicht zu weit vom alltäglichen Sprachgebrauch zu entfernen, sollte der Begriff der Erklärung dabei nicht in dem früher eingeführten weiten Sinn der wissenschaftlichen Systematisierung genommen werden. Denn danach könnten einige Antecedensbedingungen zeitlich auf das Explanandum-Ereignis folgen. Will man daran festhalten, daß die Ursache niemals der Wirkung zeitlich folgen kann, so müßten also Fälle von reinen oder partiellen Retrodiktionen ausdrücklich ausgeschlossen werden.
Vgl. dazu auch R. Carnap [Physics], S. 194.
Für ein einfaches Beispiel hierfür vgl. I. Copi, [Introduction], S. 357.
a. a. O., S. 356.
[Physics], S. 191.
Daß die Humesche Analyse in diesem weiteren Rahmen gesehen werden muß, ist z. B. mit Recht hervorgehoben worden in A. H. Basson, [Hume].
Vgl. dazu R. Carnap, [Physics], S. 201 f.
[Physics] S. 199f.
Vgl. dazu auch A. Pap [Erkenntnistheorie], S. 112.
[Physics], S. 202f.
Carnap, a. a. O., S. 203.
Vgl. [Carnap], S. 955 ff., [Physics], S. 208 ff.
Vgl. dazu den folgenden Abschnitt.
[Causal Propositions].
a. a. O., S. 370, (P11).
Vgl. Z. B. [View], S. 139 ff.
D. Føllesdal, [Causal Contexts], insbesondere S. 264 und 265.
W. V. Quine, [Words], S. 197 f.
D. Føllesdal, a. a. O. S. 265.
a. a. U. S. 266–267.
a. a. O., S. 270–272.
D. Føllesdal, [Approach], S. 4.
H. Feigl, [Causality].
Denn nach dieser Definition wären alle während ihrer Existenzdauer nie ins Wasser gegebenen Objekte entgegen der Intention als in Wasser löslich zu bezeichnen.
[Versus], S. 108, Fußnote 10.
Es ist daran zu erinnern, daß sich bereits für die Newtonsche Theorie der Begriff des absoluten Raumes in die abstrakte unendliche Totalität der Inertialsysteme auflöste.
Dieses Beispiel wird von C. G. Hempel in [Versus], S. 108, gegeben.
R. Carnap, [Physics], S. 192: “Causal relation means predictability”.
Vgl. z. B. H. Feigl, [Causality], S. 417.
Der mathematische Sinn allein reicht sicherlich nicht aus. Wenn z. B. eine Funktion umkehrbar eindeutig ist, so existiert zu ihr die eindeutige inverse Funktion, und der Begriff der unabhängigen Veränderlichen wird zu einem relativen Begriff, dessen Bedeutung davon abhängt, ob man die ursprüngliche Funktion oder ihre Inverse betrachtet.
a. a. O., S. 108. Dieses Beispiel bezieht sich zwar auf den Fall der Anwendung eines Zustandsgesetzes, doch kann die prinzipielle Schwierigkeit gerade hier am besten erläutert werden. Nach dem obigen Vorschlag sollen ja auch gleichzeitig stattfindende Antecedensbedingungen, welche die pragmatische Voraussetzung erfüllen, Ursachen genannt werden.
Um eine Problemklasse handelt es sich, wenn man die verschiedenen schwächeren oder schärferen Formulierungsmöglichkeiten dieses Prinzips berücksichtigt.
Vgl. dazu etwa R. Carnap, [Physics], S. 218 ff. 35 Vgl. dazu G. J. Warnock, [Cause].
[Erkenntnistheorie], S. 138.
Vgl. dazu W. Stegmüller [Kausalität], S. 188.
Wenn die Teiche alle eine bestimmte endliche Größe haben, so ist diese Behauptumg natürlich anfechtbar. Zur Vervollständigung der Analogie wäre es daher notwendig vorauszusetzen, daß die Teiche jener metayphysischen Welt ein nichtendliches Ausmaß besitzen. Denn Existenzbehauptungen, die sich auf beschränkte Raum-Zeit-Gebiete beziehen, — wie etwa der Satz “in diesem Haus wohnt ein Mann, der über 90 Jahre alt ist” —, sind empirisch falsifizierbar.
R. Carnap, [Einführung], S. 198 ff. und S. 211 ff. Vgl. auch W. K. Essler, [Einführung], S. 173 ff.
“Abbildung in” besagt, daß nicht alle Elemente der Klasse als Bilder aufzutreten brauchen; “Abbildung auf” besagt, daß sämtliche Elemente der Klasse Bilder sind.
Vgl. Carnap, a. a. O., S. 149, D 36–2 und D 36–3.
Carnap, a. a. O., S. 203, D 4. In Essler, a. a. O. S. 177, wird diese Relation gemäß einer anderen von Carnap angedeuteten Möglichkeit unmittelbar axiomatisch charakterisiert.
Vgl. dazu E. Nagel, [Science], S. 280f.
Für Beispiele hierfür vgl. E. Nagel, a. a. O., S. 289.
Für eine eingehendere Schilderung dieser beiden Typen deterministischer Theorien und ihres Unterschieds vgl. E. Nagel, a. a. O., S. 285 ff.
Das Gesagte gilt im Prinzip für alle quantitativen Größen; denn es ist unmöglich, den Wert einer solchen Größe für beliebig viele Dezimalstellen in der Dezimalnotation zu bestimmen.
Diese Äußerung gilt nur cum grano salis. Es wird demgegenüber häufig die Ansicht vertreten, daß sich am Gesetzesbegriff überhaupt nichts geändert habe, sondern daß nur der klassische Begriff des physikalischen Zustandes einer Revision unterzogen worden sei. Auf eine Erörterung dieser Ansicht kommen wir weiter unten zurück.
Es möge aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß das im folgenden gegebene Bild möglicherweise anfechtbar ist. Der Grund dafür liegt im theoretischen Charakter der physikalischen Zustandsgrößen, die als durch die Grundgleichungen der Theorie “implizit definiert” zu betrachten sind. Vorläufig scheint es eine offene Frage zu sein, ob sich die letztere Deutung mit der Konzeption zweier theoretischer Schichten widerspruchsfrei in Einklang bringen läßt.
[Physics], S. 288.
Für eine verhältnismäßig einfache und durchsichtige Darstellung vgl. H. Reichenbach, Quantenphysik], S. 96.
Um den Sachverhalt in einer einfachen Weise zu verdeutlichen, könnte man versuchen, ein Analogon zum quantenmechanischen Zustandsbegriff sowie dem damit verbundenen Indeterminismus in der Sprache der diskreten Zustandssysteme zu konstruieren. Dies würde dann allerdings in einem wesentlich modifizierten Begriff des DS-Systems resultieren. Ein solcher Versuch soll im letzten Unterabschnitt skizziert werden.
L. De Broglie, Materie und Licht, New York, 1939, S. 230.
E. Nagel, [Science], S. 313 ff.
Darauf hat Karl Popper hingewiesen in [Propensity].
Wie E. Nagel, a. a. O., S. 298, hervorhebt, ist diese Deutung der Unschärferelation überhaupt problematisch. Trotz der Einwirkung des Meßgeräts auf das Elektron kann ja die Lage des Elektrons mit absoluter Präzision bestimmt werden. Ebenso ist der Impuls mit absoluter Präzision bestimmbar. Die Unschärferelation schließt es nach der Standardinterpretation nur aus, daß beide Werte gleichzeitig durch Messung genau bestimmt werden können.
a. a. O., S. 303f.
K. Popper behauptet zwar in dem zitierten Aufsatz, daß auch die subjektivistischen Deutungen der Wahrscheinlichkeit auf einer stillschweigende Anerkennung des Determinismusprinzips beruhen. Diese Annahme erscheint aber als höchst problematisch und wird vermutlich auch von den meisten heutigen “Subj ektivisten” unter den Wahrscheinlichkeitstheoretikern nicht akzeptiert werden.
The Journal of Philos., Bd. 42 (1945), S. 437–444, und Bd. 43 (1946), S. 247–250.
Nämlich die Schwierigkeit, eine erschöpfende Interpretation für die Quantenphysik zu geben, wonach nicht beobachtete Teilchen z. B. einen bestimmten Ort wie einen bestimmten Impuls besitzen, und dabei trotzdem nicht mit dem Empirismus in Konflikt zu geraten.
A. Pap hebt in [Erkenntnistheorie], S. 133, hervor, daß auch diese Deutung wieder zu Schwierigkeiten führe, weil sie anscheinend die Konsequenz habe, physikalische Theorien in uninterpretierte Kalküle zu verwandeln. Diese Schwierigkeit ist jedoch nur eine scheinbare. Sie wird dadurch behoben, daß die Begriffe der theoretischen Stufe durch eigene Zuordnungsregeln mit den Begriffen der Beobachtungsstufe verknüpft werden. Die Regeln liefern zwar nur eine teilweise empirische Deutung der theoretischen Begriffe ; jedoch reicht diese für die empirische Verwendbarkeit der Theorie aus.
Vgl. dazu Suppes, [Quantum Mechanics]. Suppes bringt an dieser Stelle ein psychologisches Analogiebeispiel, das den möglichen Einwand entkräften soll, Elementarpartikel wie Elektronen seien in einer experimentellen Situation in einer Hinsicht gleichartig, in der die menschlichen Wesen im obigen Beispiel nicht gleichartig sind.
Es wäre vielleicht plausibler, anzunehmen, daß eine Gleichverteilung für den Zustand eines Typus mit einer sehr steilen W-Verteilung für den Zustand des anderen Typus verknüpft ist.
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Stegmüller, W. (1969). Kausalitätsprobleme: Ursache und Wirkung Kausalgesetze. Kausale Modalitäten Kausale Erklärungen Das allgemeine Kausalprinzip Determinismus und Indeterminismus. In: Historische, psychologische und rationale Erklärung Kausalitätsprobleme, Determinismus und Indeterminismus. Probleme und Resultate der Wissenschaftstheorie und Analytischen Philosophie, Wissenschaftliche Erklärung und Begründung, vol 1 / 3. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-00124-0_2
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