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Von der Wissenschaft zur Utopie – Der Sozialismus und das Programm ‚Mitteleuropa‘

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Schriften zur Wissenschaftslehre und Kultursoziologie

Part of the book series: Klassiker der Sozialwissenschaften ((KDS))

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Zusammenfassung

Fragen der Handelspolitik haben im Sozialismus nie eine große Rolle gespielt. Denn eine Lehre, welche sich auf die Analyse des inneren volkswirtschaftlichen Prozesses beschränkt, die lediglich Warenproduktion auf einfacher und erweiterter Stufenleiter analysiert und im Klassengegensatz innerhalb der Volkswirtschaft (der ja nur soziale Erscheinungsform der inneren Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft) die entscheidende soziale Tatsache erblickt, muss notwendigerweise den Verkehr der Staaten untereinander lediglich als peripherisch betrachten. (Erst in der neuesten Zeit ist hierin eine Wandlung eingetreten.

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Notes

  1. 1.

    „Da aber die Bourgeoisie in Deutschland des Schutzes gegen das Ausland bedarf, um mit den mittelalterlichen Überresten der Feudal-Aristokratie und dem modernen ‚Gottesgnadentum‘ aufzuräumen, so hat daran auch die arbeitende Klasse Interesse“. (Aus dem liter. Nachlass von Marx, Engels und Lassalle. Hrsg. von Frz. Mehring. II. 431.)

  2. 2.

    In all diesen Erörterungen ist immer festzuhalten, dass für Marx und Engels mit Recht die freie Konkurrenz selbstverständliche Realität war.

  3. 3.

    Der Terminus stammt von Hilferding. Die damit bezeichnete Tatsache beherrscht die gesamte handelspolitische Literatur seit dem Einsetzen des deutschen Solidarschutzzollsystems.

  4. 4.

    Dieser Ausdruck stammt von Arthur Dix.

  5. 5.

    Vgl. Bauer, Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie (Marx-Studien II. Wien 1907); Hilferding, Das Finanzkapital (ebenda III. 1910); Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals. Berlin 1913.

  6. 6.

    Dieses Moment des Kausalzusammenhanges hat zur Voraussetzung, dass der Wert des Goldes (im Sinne seiner Kaufkraft) von der Menge Arbeit abhängt, die zu seiner Produktion notwendig ist.

  7. 7.

    Vgl. seine Besprechung des zit. Buches von R. Luxemburg in Neue Zeit 31/I, 831 ff.; 862 ff.

  8. 8.

    Vgl. Bauer, Nationalitätenfrage und Sozialismus. § 27: Die Wurzeln der kapitalistischen Expansionspolitik; Hilferding, Finanzkapital, 25. Kap.: Das Proletariat und der Imperialismus.

  9. 9.

    Vgl. J. B. Askew, Der britische Imperialismus. Stuttgart 1914. (19. Ergänzungsheft z. Neuen Zeit.)

  10. 10.

    Vgl. Spectator, Die Kolonien der europäischen Mächte in handelswirtschaftlicher Beziehung. (Neue Zeit, 7. und 14. IV. 1916.)

  11. 11.

    Spectator, Die mitteleuropäischen Staaten in ihren wirtschaftlichen Beziehungen zu einander. (Ebenda v. 4. II. 1916.)

  12. 12.

    Vgl. Max Adler, Das Prinzip des Sozialismus. (Kampf, 1. I. 1915.) Von demselben wird (ebenda 1. IV. 1915: Was ist Notwendigkeit der Entwicklung?) ausgeführt: „Die imperialistische Phase ist zwar eine notwendige Stufe der sozialen Entwicklung überhaupt, durch welche auch alle Entwicklung zum Sozialismus hindurch muss (also eine etwas abweichende Formulierung), aber: Eine Vorstufe des Sozialismus wird sie doch nur insofern sein, als das Proletariat ihr seine eigene Entwicklungsrichtung entgegensetzt und aufzwingt“. Darum ist es von entscheidender Wichtigkeit, dass sich das Proletariat vom Imperialismus jetzt fernhält und „seine klassenbewusste Ideologie mit aller Strenge, ja Intransigenz von der des Gegners absondere“.

  13. 13.

    So z. B. Max Schippel. Vgl. hierüber Bauer a. a. O. S. 490 Anm. 1 und die zahlreichen Aufsätze Schippels und Quessels in Sozialist. Monatsheften, sowie Schippels Buch über Handelspolitik.

  14. 14.

    Vgl. den Ausspruch Engels in einem Brief an Bebel: „Einen europäischen Krieg würde ich für ein Unglück halten; dieses Mal würde er furchtbar ernst werden, überall den Chauvinismus entflammen auf Jahre hinaus, da jedes Volk um seine Existenz kämpfen würde. Die ganze Arbeit der Revolutionäre in Russland, die am Vorabend des Sieges stehen, wäre nutzlos, vernichtet; unsere Partei in Deutschland würde momentan von der Flut des Chauvinismus überschwemmt und gesprengt, und ebenso ginge es in Frankreich. Das einzige Gute, das herauskommen könnte, die Herstellung eines kleinen Polens, kommt bei der Revolution ebenfalls, und zwar von selbst heraus; eine russische Konstitution im Falle eines unglücklichen Krieges hätte eine ganz andere, eher konservative Bedeutung als eine revolutionär erzwungene. Ein solcher Krieg, glaube ich, würde die Revolution um 10 Jahre aufschieben, nachher würde sie freilich umso gründlicher“. (Zit. von Hilferding, Historische Notwendigkeit und notwendige Politik (i. Kampf, 1. V. 1915).

  15. 15.

    Diese Eindeutigkeit war in Fragen der Zollpolitik gegeben. Anders schon stand es bezüglich der Kolonien.

  16. 16.

    Hilferding, Finanzkapital, 22. Kap.: Der Kapitalexport und der Kampf um das Wirtschaftsgebiet, S. 390 ff. Dieser Gesichtspunkt ist in der späteren Diskussion von den radikalen Sozialisten nicht mehr festgehalten worden. Die hohe Entwicklungsmöglichkeit kleiner Wirtschaftsgebiete (Belgien, Holland, Dänemark, Schweiz) spricht zu deutlich dagegen.

  17. 17.

    So H. Cunow, Parteizusammenbruch? Berlin 1914, insb. S. 13 ff.

  18. 18.

    Die Parallele ist offenkundig verfehlt. Der Maschinenzerstörung würde eine Politik der Putsche und Attentate gegen führende Persönlichkeiten der imperialistischen Bewegung entsprechen.

  19. 19.

    Vgl. K. Renner, Sozialistischer Imperialismus oder internationaler Sozialismus (Kampf, 1. III. 1915).

  20. 20.

    Vgl. auch meine „Sozialpolitische Chronik“ i. Arch. f. Sozialw. u. Sozialpol. XXXIV, insb. S. 636 ff.

  21. 21.

    „Nur ökonomische Analphabeten können eine positive Interessenparallelität von Profit und Lohn behaupten, geschweige denn eine positive Solidarität. Darum darf der Burgfrieden in der Abwehr nicht ausgedeutet werden zur enthusiastischen Solidarität der Expansion […] Das sehr bedingte und auch tatsächliche Mitinteresse am nationalen Kapital darf nicht ausarten zur völligen geistigen und ethischen Gefangenschaft der Klasse selbst. Eine solche falsche Ausdeutung und wahrhaftige Ausartung wäre ein sozialistischer Imperialismus“. Der Sozialismus hat kein Interesse „an der Treibhauspolitik des Schutzzollsystems, dessen Opfer seine Klasse ist“.

  22. 22.

    Was ist Notwendigkeit der Entwicklung? (Kampf, 1. IV. 1915.)

  23. 23.

    Einen ähnlichen Standpunkt vertritt auch Max Sachs, Der Kampf gegen den Imperialismus (ebenda, VII.–VIII. 1915). Er weist darauf hin, dass der Imperialismus zwar mit Notwendigkeit dort auftreten werde, wo seine ökonomischen und politischen Vorbedingungen gegeben seien; auch reiche die Macht des Proletariats nicht aus, an Stelle des Imperialismus etwas anderes zu setzen. Aber der Imperialismus verdecke mit seiner Ideologie die wirkliche Interessengemeinsamkeit der Völker; auf diese hinzuweisen, sei Aufgabe der sozialistischen Bewegung, und für die Zukunft komme ihr die entscheidende Bedeutung bei den Bemühungen zu, den Imperialismus zu überwinden.

  24. 24.

    Seitz, Imperialistische oder proletarische Weltpolitik (ebenda 1. III. 1915).

  25. 25.

    Diese Erkenntnis finden wir auch bei Renner, Österreichs Erneuerung. Politischprogrammatische Aufsätze, II. Aufl. Wien 1916: „Die Idee der mitteleuropäischen Zollunion trägt – trotz der mannigfachen ideologischen Verkleidung alten Stils – nicht merkantilistischen, industrialistischen oder protektionistischen, sondern imperialistischen Charakter. Sie versucht eine – wenn auch nicht die allein denkbare – Antwort zu geben auf die Frage, wie sich die Völker aller Zungen und aller Zonen Mitteleuropas wirtschaftlich mitten drinnen zwischen dem russischen, britischen und französischen Wirtschaftskörper behaupten können“ (S. 141).

  26. 26.

    Hier soll das Programm „Mitteleuropa“ nicht seiner ganzen Ausdehnung und Bedeutung nach diskutiert werden. Gegenstand der Darstellung bilden nur die vom sozialistischen Gesichtspunkt aus wesentlichen Argumente pro und contra. Sie sind am übersichtlichsten, wenngleich nicht vollständig, zum Ausdruck gekommen in der Aussprache zwischen der deutschen sozialdemokratischen Partei und der deutschen Sektion der österreichischen Sozialdemokratie in Berlin am 9. I. 1916. An dieser Aussprache beteiligten sich aus dem Deutschen Reiche: Vertreter der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, der Parteivorstand und der Parteiausschuss, die Generalkommission und Vorstände der Gewerkschaften, der Zentralverband deutscher Konsumvereine; ferner aus Österreich: Vertreter der deutschen sozialdemokratischen Partei und der zentralistischen Gewerkschaften (neben denen es gleichfalls auf sozialistischem Boden stehende tschechische Gewerkschaften gibt). – Im Folgenden zit. als: Protokoll.

  27. 27.

    Viktor Adler, Protokoll, S. 41.

  28. 28.

    Seitz, ebd. S. 50.

  29. 29.

    Renner, ebd. S. 16.

  30. 30.

    Renner, ebd., S. 16/17.

  31. 31.

    Renner, ebd., S. 18. Diesen Gesichtspunkt hat Renner auch bereits früher hervorgehoben (vgl. Österreichs Erneuerung, S. 128 ff., Organisiertes Wirtschaftsgebiet und Zollunion, 27. V. 1915): Die Verschmelzung hochentwickelter Wirtschaftsgebiete sei nicht mit der Angliederung wirtschaftlich wenig entwickelter Gebiete an die moderne Wirtschaft (Kolonien) zu verwechseln. Letzten Endes aber würden durch günstige Wirkungen auf den Standort die Vorteile überwiegen.

  32. 32.

    Renner, Protokoll, S. 20/21.

  33. 33.

    Vgl. Gerloff, Der wirtschaftliche Imperialismus und die Frage der Zolleinigung zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn. Berlin 1915.

  34. 34.

    Cohen (Reuß), Protokoll, S. 48, „Die Arbeitsteilung nach weltwirtschaftlichen Gesichtspunkten könnte man nicht besser vorbereiten als in großen Wirtschaftsgebieten“.

  35. 35.

    Seitz, ebd., S. 52.

  36. 36.

    Schippel, Zwei Absagen an den Freihandel (Sozialist. Monatshefte, 30. XII. 1915).

  37. 37.

    Hoch, Protokoll, S. 43.

  38. 38.

    Renner, ebd., S. 19.

  39. 39.

    Schmidt, ebd., S. 35.

  40. 40.

    Vgl. Schippel, übertriebene Meistbegünstigungssorgen (Sozialist. Monatshefte, 20. I. 1916). Schippel teilt übrigens die Besorgnis bezüglich der Meistbegünstigung nicht.

  41. 41.

    Cunow, Protokoll, S. 30 ff.

  42. 42.

    Eine gute Formulierung dieses von Cunow aber nur halb vertretenen Standpunktes brachte die Wiener Arbeiterzeitung vom 10. XII. 1915 in einem wohl von Renner herrührenden Artikel: „So wird nicht gespielt, dass man dem Arbeiter zunächst sein Brot verkümmert durch die Aufrichtung einer Zolllinie und dann seine Arbeit ruiniert durch ihre Beseitigung! Hätte man von Anfang keine errichtet, wäre alles besser“.

  43. 43.

    Cunow, Protokoll, S. 32.

  44. 44.

    Cunow vergleicht die Errichtung eines größeren, wenngleich nach außen hin ebenso hohen, zollgeschlossenen Wirtschaftsgebietes mit den Erleichterungen, welche die Caprivischen Verträge brachten! (Vorwärts, 8. IV. 1916).

  45. 45.

    „Österreich wird“, meint Cunow (Protokoll, S. 33 f.), „seine bisherige Eisenbahnpolitik nicht nach Belieben fortsetzen können“; auch die Frage der Goldwährung löst er sehr einfach: „Ist denn diese Maßnahme (Übergang zur reinen Goldwährung) so schwer durchzuführen? Wahrscheinlich ist, dass auch Österreich-Ungarn nach dem Friedensschluss eine Kriegsentschädigung zugesichert erhält. Hiervon müsste ein Goldfonds zurückgestellt und der Österreichisch-Ungarischen Bank die Verpflichtung auferlegt werden, alle ihre Banknoten auf Verlangen in Gold einzulösen“.

  46. 46.

    Wilh. Jansson, Arbeiterinteressen und Kriegsergebnisse. Ein gewerkschaftliches Kriegsbuch. Berlin 1916, S. 156 ff.

  47. 47.

    Schippel, i. Sozialist. Monatshefte, 4. XI. 1915.

  48. 48.

    Renner, Protokoll, S. 21/2.

  49. 49.

    Ellenbogen, ebd., S. 46.

  50. 50.

    Ebd., S. 41.

  51. 51.

    Cohen (Reuss), ebd. S. 48. Wenige Monate vorher hatte Renner (Österreichs Erneuerung, „Wege der Annäherung“, i. Arbeiterzeitung v. 30. V. 1915) geschrieben, dass zum Zusammenschluss „nicht die inneren Bedürfnisse der Volkswirtschaften beider Reiche, sondern ihre gemeinsame äußere Gefährdung“ geführt hätten. „Die handelspolitische Einmauerung Mitteleuropas, diese verderbliche Folge eines verderblichen Wirtschaftssystems, kann möglicherweise den Zusammenschluss erzwingen“, weshalb man sich um die Formen desselben kümmern muss, „auch wenn die Hoffnung, dieser Zwangslage noch zu entgehen (!)“, siegreich werde. Eine Zollunion lehnte damals Renner wegen der großen Schwierigkeiten (auch verwaltungstechnisch und politisch) ab; ebenso hebt er die Bedenken gegen eine veränderte Zwischenzolllinie hervor, welche „bei Fortdauer des Hochschutzzollsystems vielfach die Folge hätte, die entsprechenden Positionen des Auslandstarifs in der Regel weit über die heutigen Sätze erhöhen zu müssen“. Eine daraus entstehende „trotzige Isolierung eines verhältnismäßig doch so kleinen Zollgebietes in der Welt wäre wirtschaftlich gefährlich und politisch höchst bedenklich“. Schließlich tritt Renner, wenn eine Zwangslage gegeben sein sollte, für einen Wirtschaftsbund ein, in dem Sinn, dass eine nähere Wirtschaftsbeziehung zwischen den beiden Staaten gegeben ist, die namentlich zum gemeinsamen Abschluss der Verträge nach außen hinführt. – Die grundlegende Änderung der Situation ist nach Renner zu erblicken: in der Erschließung des Balkans durch die Waffen, in dem verschärften Wirtschaftskrieg der Westmächte gegen Mitteleuropa und im Zusammenbruch aller liberalen Ideologien in England (Österreichs Erneuerung, S. 145, Anm. 1).

  52. 52.

    Adler, ebd., S. 41.

  53. 53.

    Adler, ebd., S. 42.

  54. 54.

    Renner i. Arbeiterzeitung, 9. I. 1916.

  55. 55.

    Renner, Protokoll, passim u. S. 62.

  56. 56.

    Renner, Österreichs Erneuerung, S. 140 ff.: „Die von Caprivi ausgestreuten Keime sollten nicht zur Reife kommen. Das Caprivische Vertragssystem wich 1904 dem imperialistischen Trutzzollsystem. Die hohen Positionen der deutschen Agrarzölle trafen Russlands Volkswirtschaft auf das empfindlichste. Russland hat in seinem letzten deutschen Handelsvertrag eine schmerzliche, nie verziehene Niederlage gesehen. Dieselben Positionen brachten Österreich und Ungarn, die sich just im wildesten Hader um Zollfragen befunden hatten, jählings zur Besinnung und im Nu war eine Verständigung über den gemeinsamen Zolltarif erzielt. Der deutsche Trutztarif bestattete sofort alle diese Zolleinigungsbestrebungen so gründlich, dass sie seither aus dem öffentlichen Bewusstsein geschwunden blieben. Der industrielle Kartellzoll aber, der Deutschlands Industrie befähigte, ihre Produktionskosten auf dem Inlandmarkt zu decken, und den Markt Englands mit Schleuderpreisen zu überschwemmen, erregte die imperialistische Schutzzollbewegung in England und entfesselte den Deutschenhass in allen Kreisen Großbritanniens, die sich durch einen künstlich aufgestachelten, in einem Freihandelsland als unfair empfundenen Wettbewerb mit Geschäftsstockung und Arbeitslosigkeit bedroht fühlten. Von jenen Zollgesetzen, die im deutschen Reichstag nur gegen den ernsten Widerstand der Sozialdemokratie durchgesetzt werden konnten, ist eine allgemeine Reizung und Erregung ausgegangen, in welche nacheinander alle trüben Bäche nationaler Verhetzung, wirtschaftlichen Neides und politischer Intrigue einmünden sollten, um die für den Weltkrieg taugliche Atmosphäre zu schaffen“. Geschrieben am 28. V. 1915.

  57. 57.

    Vgl. K. Th. v. Inama-Sternegg, Neue Probleme des modernen Kulturlebens, Leipzig 1908: „Die gegenwärtigen Aussichten der weltwirtschaftlichen Entwicklung“.

  58. 58.

    Renner, Protokoll, S. 10.

  59. 59.

    W. Jansson, a. a. O., bes. S. 156 ff.

  60. 60.

    Auch Schippel (Sozialist. Monatshefte, 31. V. 1916), der für die Annäherung an andere Staaten eintritt, warnt davor, die Wirtschaftsgemeinschaft mit Österreich-Ungarn zu stark in den Vordergrund zu rücken; er empfiehlt große gemeinsame Rechts- und Verkehrseinrichtungen als vertrauenswürdigste Grundlage dauernd engerer Wirtschaftsbeziehungen. Hingegen betont er stark „die unersetzliche Bedeutung Russlands für die deutsche Ausfuhr und die deutsche Kapitalanlage“. Vollends sei Russland die gegebene Stütze für die deutsche Weltpolitik, und kein österreichisches Interesse spreche gegen ihre zielbewusste Sicherung und Verwendung. Russland sei endlich notwendig als Gegengewicht gegen England, um Seegeltung und Kolonien zu behaupten und zu erweitern. – Interessant ist hierbei die starke Orientierung der handelspolitischen Stellungnahme nach außenpolitischen Gesichtspunkten.

  61. 61.

    Vgl. Kranold, Der deutsch-österreichische Wirtschaftsbund als sozialistische Aufgabe (Kriegsprobleme d. Arbeiterklasse XVIII), Berlin 1915.

  62. 62.

    Um nur einiges zu nennen: Um die Bedeutung des „inneren Marktes“ gegenüber dem Ausland zu sehen, vergleicht er das Gewicht aller Waren im Außenhandel mit dem Gewicht von Getreide, Kartoffeln und Steinkohlen, die aus der inneren Produktion gewonnen werden(!) oder: die Ausfuhr ist nicht so wichtig; denn mit der Ausfuhr verlieren diese Waren an Interesse. „Dagegen leben von all den Stufen des Kreislaufes, den die im Land verbleibende Produktionsmenge bis zur schließlichen endgültigen Konsumtion durchmacht, deutsche Menschen“. Die ältesten merkantilistischen Aperçus tauchen also auf. In den Wirkungen der Wirtschaftsgemeinschaft auf den industriellen Export hofft er gerade das, was die Anhänger der Wirtschaftsgemeinschaft befürchten: Er prophezeit, die Konkurrenz der deutschen Industrie mit der österreichischen auf dem Balkan werde abnehmen, „weil das Ventilbedürfnis der deutschen Industrie durch den Anschluss des österreichisch-ungarischen Marktes geringer werden muss“ usw.

  63. 63.

    K. Kautsky, Die Vereinigten Staaten Mitteleuropas. Berlin 1916, S. 11.

  64. 64.

    Hierin steht der Radikale Kautsky dem „Realpolitiker“ Schippel (vgl. dessen: Mitteleuropa und Partei, Sozialist. Monatshefte, 31. V. 1916) viel näher als die übrigen „Revisionisten“ – auch ein Zeichen, wie alle Anschauungen in Fluss gekommen sind.

  65. 65.

    Europäer, nicht Mitteleuropäer! (Kampf 1915).

  66. 66.

    Die Gefährdung der deutschen Industrie auf den Absatzmärkten der heute neutralen Staaten wird betont im Vorwärts, 15. IV. 1916.

  67. 67.

    Auf der Berliner Konferenz wurde sie von Dr. Ernst Meyer vertreten (Protokoll, S. 48).

  68. 68.

    Vgl. die Artikel von A. Hofrichter in Neue Zeit, 1. VIII. und 15. X. 1915.

  69. 69.

    Engelbert Graf, Der Donauweg. Geographische Gedanken zu politischen Illusionen (ebd. 11. II. 1916).

  70. 70.

    Auf diesen Gesichtspunkt zielt eine Besprechung der handelspolitischen Situation Belgiens von Spectator (ebd. 10. III. 1916) mit dem Hinweis auf die Interessen Belgiens am freien Handel (wegen seiner entwickelten, spezialisierten Industrie).

  71. 71.

    Vorwärts, 7. IV. 1916.

  72. 72.

    Mitteleuropa, S. 19 ff.

  73. 73.

    So angedeutet, wenngleich nicht festgehalten, von Spectator, Vom Marxismus zum Imperialismus, Neue Zeit, 19. V. 1916; vgl. ferner Kurt Eisner, Treibende Kräfte (ebd., 23. IV. 15) und Friedrich Austerlitz, Die internationalen Triebkräfte (ebd., 18. II. 1916).

  74. 74.

    Die Frage der Demokratie rückt dann in den Mittelpunkt: So befürchtet Hilferding (D. Arbeitsgemeinschaft der Klassen, Kampf 1. X. 1915), dass die Arbeiterbewegung der Gegenwart zwischen imperialistischer Machtpolitik und demokratischer Umgestaltung der gesamten inneren und äußeren Politik zurücktrete hinter der Hoffnung auf Befriedigung der unmittelbaren materiellen Intereisen durch sozialreformerische Maßnahmen. „Man stellt die Demokratie zurück und die Sozialpolitik in den Vordergrund, da man erwartet, dass diese Befriedigung unmittelbarer materieller Interessen des proletarischen täglichen Lebens auf geringeren Widerstand stoßen werde, da sie ja prinzipiell an dem Gefüge der heutigen Gesellschaft und den Machtverhältnissen der Klassen unmittelbar nichts ändert. Und kein Zweifel kann bestehen, dass diese Politik der Resignation oder einer falsch verstandenen Interessenharmonie auch in der deutschen Arbeiterklasse ihre Unterstützung findet“.

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Lederer, E. (2023). Von der Wissenschaft zur Utopie – Der Sozialismus und das Programm ‚Mitteleuropa‘. In: Gostmann, P., Ivanova, A. (eds) Schriften zur Wissenschaftslehre und Kultursoziologie. Klassiker der Sozialwissenschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40906-7_5

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