Zusammenfassung
Die betriebliche Gemeinschaft wird als eine sich formierende soziale Norm verstanden. Aktiviert werden die Arbeitenden zum Mitmachen, indem das Eigeninteresse und das Gemeinwohlinteresse mit dem Argument der Bearbeitung von Unsicherheit verbunden wird. In Anbetracht ‚unsicherer Zeiten‘ entsteht so ein plausibles Gemeinschaftsargument zur Leistungsaktivierung: Die Arbeitenden verstehen die Dringlichkeit betriebsverpflichteter Leistungserstellung in Anbetracht eines unsicheren Standortes und ‚haben‘ schließlich etwas davon.
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Notes
- 1.
Als Randbemerkung: Mit diesem Zugang ist in theoretischer Hinsicht unmittelbar verbunden, dass der betriebliche Restrukturierungsprozess nicht als eine reine Verwertungsstrategie subjektiver Arbeitskraftpotentiale zu denken ist, sondern auch einen Interessenkompromiss reproduziert (ähnlich Beck 1986; Piore/Sabel 1985).
Und anschließend: Nicht unerwähnt soll gerade in Anbetracht des analytischen Zugangs über die Soziologie der Kritik hierbei bleiben, dass von diesem theoretischen Standpunkt aus nicht nur die Flexibilisierungserfordernisse sowie die Lean Production (siehe Abschn. 2.1. u. 2.2.), sondern – auch wenn in der sozialwissenschaftlichen Forschung nur rudimentär erforscht – ebenso die Kritik an der tayloristisch gestalteten Arbeit seitens der Betriebsräte, der Gewerkschaften sowie aus Lagern der Politik und der Wissenschaft den normativen Wandel im Betrieb mit angestoßen und eben auch mitgestaltet haben (Deutschmann 2002, S. 20 f.; Fricke 2004).
- 2.
Näheres zur Reichweitenreflektion der so gewonnenen Erkenntnisse in Abschn. 4.4.
- 3.
Das heißt natürlich nicht, dass dies die einzigen Ansprüche von Produktionsarbeitenden sind. Es sind ‚lediglich‘ jene zwei zentralen Ansprüche, die in der Weltentrennungskritik in Anschlag gebracht werden und mit dem entsprechenden Gemeinschaftsprinzip korrespondieren.
- 4.
Als Randbemerkung: Es sind daher nicht nur die unterschiedlichen betrieblichen Rationalisierungsstrategien sowie die Lean Production, die mit den einsetzenden Flexibilisierungsprozessen zu einer relativen Unübersichtlichkeit und Mehrdeutigkeit betrieblicher Rationalisierungsrichtungen führt (Deutschmann 2002, S. 22 ff.; Moldaschl 2018, S. 387 ff.; Schumann 2016), sondern, wie die vorliegenden Studie stark macht, eben auch die Aushandlung ‚neuer‘ sozialer Leitprinzipien des flexiblen Kapitalismus – in diesem Fall die Aktivierungsnorm.
- 5.
Ergänzend dazu werden – wie in Kap. 2. beschrieben – Befunde der Arbeitsbewusstseinsstudien als Interpretationshilfe zur theoretisch sensibilisierten Analyse sozialer Ungleichheit genutzt.
- 6.
Hinter diesen Fragen liegt bei Strauss auch eine Kritik an strukturalistischen Auffassungen von Professionen und Formen der Arbeitsteilung, zumal nach Strauss gerade die Aushandlungsprozesse in den Betrieben dynamische Kollektivierungsprozesse nahelegen. Insofern ist die Theorie sozialer Welten, wie Strübing betont, auch als eigenständiger Beitrag zur Arbeits- und Organisationssoziologie zu lesen (Strübing 2005, S. 168 ff.).
- 7.
Insofern wird mit dieser Definition auch ein für die Soziologie klassisches Gemeinschaftsverständnis reflektiert, nämlich eine Zugehörigkeit freien Willens durch einen gemeinsamen Zweck. Gemeinschaften entfalten sich insofern auf der Grundlage gefühlter Zusammengehörigkeit, sind in ihren möglichen Bezügen als divers zu sehen und von daher vor allem empirisch zu konkretisieren (Weber [1922] 1976, S. 21 f.; auch Tönnies 1935, S. 7 ff.).
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Brunsen, H. (2022). Arbeitende als kompetente Betriebskritiker: Analytischer Zugriff entlang der Soziologie der Kritik. In: Wir und die fremde Welt. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36687-2_3
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