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Zuordnung vs. Verwendung: Die Konzeptionen von Kultur

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Brasilien zwischen Multikulturalismus und Transkulturalität
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Zusammenfassung

Wie angesprochen, bildet der Umgang mit kultureller Andersartigkeit den Ausgangspunkt der Gegenüberstellung der beiden Konzeptionen von Multikulturalismus und Transkulturalität. Dabei soll nicht das Ziel verloren gehen, vor allem das Konzept der Transkulturalität mit einer aussagekräftigen theoretischen und historischen Tiefe zu versehen, die im bisherigen Diskurs, wie eingangs erwähnt, bemängelt, beziehungsweise als weitgehend obsolet diagnostiziert wurde. Erst im Anschluss daran wird es möglich, sich mit den Formen der Trans_Konzepte auseinanderzusetzen, beziehungsweise jene zu hinterfragen.

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Notes

  1. 1.

    An dieser Stelle muss vorweggenommen werden, dass zur Konzeption eines Transkulturalismus noch keine Forschungsliteratur vorliegt, jedoch im dritten Teil der Arbeit ein Systematisierungs- und Anwendungsversuch vorgenommen wird.

  2. 2.

    Ein wichtiger Zusatz ist, dass es sich bei der Begegnung von Kulturen bezüglich der Interkulturalität sowohl um Kulturen innerhalb einer Gesellschaft als auch um Kulturen mit verschiedenen nationalen Grenzen handelt. Interkulturalität ignoriert zunächst die Unterteilung in Nationen. Der Begriff bezieht sich grundsätzlich auf das Aufeinandertreffen von Menschen aus verschiedenen Kulturen (vgl. Beyersdörfer 2004: 44). Die seit dem Beginn der 2000er Jahre en vouge gewordenen Begriffe, wie interkulturelles Training und interkulturelle Handlungskompetenz nehmen diese grundlegende Unterscheidung an, betten jedoch diesen Moment der Begegnung von Kulturen in einen ökonomischen Kontext ein. Kulturen werden meist vereinfacht mit Nationalkulturen gleichgesetzt. Die Stereotypisierung von Kulturen wird kritisch erkannt, jedoch gleichzeitig für ein mögliches Verständnis der fremden Kultur benutzt. Die für das wirtschaftliche Handlungsfeld vorgegebenen Ratschläge sind teilweise sehr unterkomplex und nehmen eine faktische innergesellschaftliche Pluralität nicht mit auf. Grundlegend zum Themengebiet der interkulturellen Kompetenz: Alexander Thomas, Eva-Ulrike Kinast, Sylvia Schroll-Machl: Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation. 2 Bände. Bd 1: Grundlagen und Praxisfelder; Bd 2: Länder, Kulturen und Interkulturelle Berufstätigkeit, Göttingen, 2003.

  3. 3.

    Eine eindeutige Position nimmt hierbei Axel Schulte ein, der den Multikulturalismus als Gegensatz zu Modellen kultureller und gesellschaftlicher Homogenität ansieht. Vielfalt muss für ihn im Multikulturalismus ausschließlich positiv bewertet, wenn nicht sogar zur final anzustrebenden Maxime erhoben werden. Siehe dazu: Schulte, Axel: Multikulturelle Gesellschaft: Zu Inhalt und Funktion eines vieldeutigen Begriffs, in: Multikulturelle Gesellschaft: der Weg zwischen Ausgrenzung und Vereinnahmung?, Bonn 1992, S. 11–40, S. 12.

  4. 4.

    Epstein übt Kritik an der Wahrnehmung der Globalisierung als Phänomen des Pan-Americanism: In fact, about a global culture we often mean – explicitly oder implictly, approvingly or disapprovingly – Pan-Americanism. (Epstein 2009: S. 328).

  5. 5.

    Hierbei muss darauf hingewiesen werden, dass die soziale Bereitschaft einen multikulturellen Ansatz zu verfolgen, auch von den migrationshistorischen Entwicklungen und Traditionen abhängt Eine Öffnung hin zum Multikulturalismus basiert auf einer Immigrationstradition: In den USA und Kanada ist die Akzeptanz der ethnisch und kulturell jeweils ‚anderen‘ eher zu erwarten als in den (europäischen und asiatischen) Gesellschaften, die von der Fiktion ethnischer und daher auch kultureller Homogenität ausgehen. (Pelinka 2001: 159) Siehe dazu auch: Neubert, Stefan, Roth, Hans-Joachim, Yildiz, Erol: Multikulturalismus. Ein umstrittenes Konzept, in: ders. (Hrsg.): Multikulturalität in der Diskussion. Neuere Beiträge zu einem umstrittenen Konzept, Wiesbaden 2013, S. 9–29, S. 9–10.

  6. 6.

    Es wird hier zwischen zwei Formen des Umgangs mit kulturellem Pluralismus unterschieden. Einerseits besteht der auf Gleichheit ausgerichtete Ansatz der Integration und Assimilation. Und dem steht die sogenannte Form des Plurikulturalismus, dessen Prämisse es ist, dass keine Angleichung erfolgt, sondern die Gesellschaft in Form eines Mosaiks ihrer kulturellen Teile aufgebaut ist, gegenüber. An den Beispielen Kanadas und Australiens wird historisch betrachtet deutlich, dass eine multikulturelle Politik mit beiden Ansätzen versucht wurde. Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre waren frühe multikulturelle Initiativen von dem Gedanken der Angleichung getragen. Dieser Integrationism setzte voraus, dass eine mainstream-Kultur vorliegt und jedem Zuwanderer ohne Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe dieselben Möglichkeiten zugestanden werden müssen. Ab Mitte der 1970er Jahre setzte sich in beiden Ländern die zweite Form des kulturellen Pluralismus als Ansatz durch: Ging man vorher von einer langfristigen demographischen Assimilation der kulturellen Minderheiten aus, so rückte in Abgrenzung dazu der Ansatz in den Fokus, dass polyethnische Gesellschaften permanent von der Verschiedenheit ethnischer Gruppen leben und dem Staat die Aufgabe zukommt, sicherzustellen, dass diese Gruppen auch weiterhin ihre sozialen Praktiken ausüben können und somit erhalten bleiben. Vergleiche dazu: Delafenetre, David G.: Interculturalism, multiculturalism and transculturalism: Australian and Canadian Experience, in: Nationalism and ethnic politics, 2007, S. 89–110, S. 90–91.

  7. 7.

    Die politischen Folgen aus dieser Entwicklung sind bedeutend und werden intensiv diskutiert. Pierre Rosanvallon merkt an, dass die konventionellen demokratischen Verfahren aus dem Gleichgewicht geraten sind und nicht mehr greifen. Das demokratische Prinzip des Vorrangs der Mehrheit erzielt keinen mehrheitlichen gesellschaftlichen Konsens mehr. Die Annahme, die Mehrheit repräsentiere auch das Ganze, ist aufgelöst. Vielmehr findet ein Erstarken der Selbstwahrnehmung der Minderheiten in demokratischen Gesellschaften statt, die sich aus der Rolle eines Teils mit zu vernachlässigender Größe herauswinden und Sichtbarkeit anstreben. Siehe weiterführend dazu: Rosanvallon, Pierre: The Metamorphoses of Democratic Legitimacy: Impartiality, Reflexivity, Proximity, in: Constellations, Vol. 18/No. 2, 2011, S. 114–123. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird zu zeigen sein, inwiefern eine multikulturelle Konzeption dieses Phänomen begünstigt hat oder eine reine Konsequenz aus ihr ist.

  8. 8.

    Siehe dazu: Said, Edward: Orientalism, New York 1978.

  9. 9.

    Die zentralen Werke der aufgeführten Denker, werden im Fortlauf der Arbeit detaillierter vorgestellt.

  10. 10.

    Die Tatsache, dass sich in Bezug auf die Forschung zu transkulturellen Kulturkonzepten noch keine politiktheoretische Diskussion etabliert hat, muss an dieser Stelle aufgezeigt werden. Im Gegensatz dazu ist ein starker Fokus auf multikulturalistische Ansätze innerhalb der politikwissenschaftlichen Disziplin erkennbar. In der weiteren Analyse wird darauf Bezug genommen, Begründungen werden aufgezeigt und eigene Einordnungen versucht.

  11. 11.

    Diese Absichten drohen jedoch einen wesentlichen Aspekt von Kultur zu verdecken: Nämlich die Funktion, Differenz zu erzeugen und sie sichtbar zu machen. In dieser Funktion der Abgrenzung des Eigenen vom Fremden hat Kultur noch einen Nebenbuhler: Die Kategorie der Rasse. Wenn Kultur als abgrenzende Kategorie also durch universelle Ansätze an Sichtbarkeit verliert, entsteht eine potentielle Gefahr: Kultur drückt politisch akzeptabel das aus, was ‚Rasse‘ politisch nicht (mehr) akzeptabel zum Ausdruck bringt. (Pelinka 2001: 164) Der Zusammenhang der beiden Begriffe und Kategorien Kultur und Rasse wird im Weiteren noch zentralen Stellenwert einnehmen, dem sei an dieser Stelle vorausgegriffen.

  12. 12.

    Diskurshistorisch wird im Folgenden noch näher aufgezeigt werden, wie sich der Multikulturalismus zunächst als Leitbegriff innerhalb von sozialen Bewegungen formierte, um in einem folgenden Schritt Einzug in die Sozialtheorien zu halten.

  13. 13.

    Vergleiche dazu: Glazer, Nathan: The Reality of Multiculturalism in the United States, in: Bipan, Chandra/Sucheta Mahajan (Hrsg.): Composite culture in a multicultural society, New Delhi 2007, S. 18–31.

  14. 14.

    Der Verweis zu den beiden Strömungen des liberalen Multikulturalismus und den erweiterten Forderungen der Kommunitaristen werden unter dem Punkt Mesticagem und der totalitätsorientierte Kulturbegriff dieses Kapitels weiter erläutert werden.

  15. 15.

    Der Begriff des Widerstreits ist im postmodernen Diskurs eng mit dem französischen Philosophen Jean-François Lyotard verbunden. Er thematisiert dabei das Ideal der Herrschaftsfreiheit, das nicht frei von der Gefahr ist, im Eigentlichen doch Herrschaftsansprüche zu verbergen, die sich im Gleichsetzen des Nichtgleichen zeigen. Siehe weiter dazu: Lyotard, Jean-François: Der Widerstreit, München 1987.

  16. 16.

    Als klarer Kritiker von Glazer ist Walter Benn Michaels zu nennen, der sich an der pragmatischen Auslegung des Multikulturalismus Glazers stört. Er kritisiert, dass die Transformation der Betrachtung von Rassismus aus einer universalistischen hin zu einer relativistischen Perspektive – verkörpert durch den gleichen Wert von Differenz – nur die Vorzeichen ändert, aber der Rassismus weiter bestehe. The modern concept of culture is not a critique of racism; it is a form of racism. (Michaels 1995: 129) Siehe im Detail dazu: Michaels, Walter Benn: Our America: Nativism, Modernism, and Pluralism, Durham 1995.

  17. 17.

    Für beide Autoren bilden der Fall Quebec und die Formierung einer frankokanadischen kulturellen Gemeinschaft den Hintergrund für ihre Sozialtheorie. Im Folgenden wird unter Kritik aufgezeigt werden, welche Einschränkungen sich dadurch auch für ihre Theorien ergeben werden. Siehe dazu: Dhamoon, Rita: Shifting from ‘Culture’ to ‘the Cultural’: Critical Theorizing of Identity/Difference Politics, in: Constellations, Vol. 13/No. 3, 2006, S. 354–373, S. 355/358; Nicholson, Linda: To be or not to be: Charles Taylor and the Politics of Recognition, in: Constellations. Vol. 3/No. 1, 1996, S. 1–16, S. 3/11–12.

  18. 18.

    Die Begriffsgeschichte geht auf einen Roman des britischen Autors Israel Zangwill zurück: Zangwill, Israel: The Melting Pot. Drama in four acts, London 1909. Siehe weiterführend: Glazer, Nathan/Moynihan, Daniel: Beyond the Melting Pot, Cambridge 1970 und Jacoby, Tamar: Reinventing the Melting Pot: The New Immigrants and What It Means to be American, Cambridge 2004.

  19. 19.

    Siehe weiterführend: Hudson, Graham: Multiculturalism and the Canadian Constitution, in: Osgoode Hall Law Journal (hrsg. von Stephen Tierney), Vol. 46, No. 3, 2008, S. 675–871.

  20. 20.

    Siehe dazu weiterführend: Wolters, Raymond: Educational Reform in the 1960s, in: ders. (Hrsg.): Race and Education 1954–2007, Columbia 2008, S. 155–187; Hanushek, Eric A.; Kain, John F.; Rivkin, Steve G.: New Evidence about Brown v. Board of Education: The Complex Effects of School Racial Composition on Achievement, in: Journal of Labor Economics, Vol. 27/No. 3, 2009, S. 349–383.

  21. 21.

    Für eine genauere Definition und Abgrenzung siehe: Kellough, Edward J.: Understanding affirmative action: politics, discrimination, and the search for justice, Washington 2006.

  22. 22.

    Hierbei erweist sich zum Verständnis auch der temporäre Blick als aufschlussreich: In Europa wird der Multikulturalismus als akute Reaktion auf kurzfristigen Zuzug bewertet. In Nordamerika hingegen als Tradition einer multiethnischen Zusammensetzung der Gesellschaft.

  23. 23.

    In Deutschland wird gerne das Bild suggeriert, die Gesellschaft wäre traditionell homogen aufgebaut gewesen, bis ein massiver, nicht gewollter Zuzug stattgefunden hat. In Wirklichkeit kann bereits die deutsche Nachkriegsgesellschaft als multikulturell bzw. multiethnisch eingeordnet werden. Durch dieses Heraufbeschwören einer historisch nicht haltbaren Homogenitätsidee wird erneut der Unterschied zum nordamerikanischen Kontext deutlich.

  24. 24.

    Gerade der Rechtspopulismus zieht stets den Multikulturalismus als Begründung heran, warum gesellschaftlicher Zusammenhalt und gemeinsame Werte abhandengekommen seien. Der umstrittene russische Philosoph Alexander Dugin und Wortführer der europäischen rechten Intelligenz bezeichnet den Multikulturalismus sogar als Trojanisches Pferd des Kapitalismus. Siehe den Kommentar dazu unter: Assheuer, Thomas: Die Konterrevolution, in: ZeitOnline, 24. Februar 2016, online abrufbar unter: http://www.zeit.de/2016/07/rechtpopulismus-pegida-parteien-europa-erfolg [30.01.2018].

  25. 25.

    Das zentrale Buch Finkielkrauts, das sich mit dem französischen nationalen Identitätsdiskurs befasst, erschien 1999 unter dem Titel „L‘ingratitude. Conversation sur notre temps“. Auf deutsch war zunächst ein Erscheinen unter dem Titel „Der eingebildete Kosmopolit. Über die Tyrannei der neuen Superelite“ im Klettverlag geplant, wurde damit jedoch nie aufgelegt. 2001 erschien das Buch im Ullsteinverlag: Finkielkraut, Alain: Die Undankbarkeit. Gedanken über unsere Zeit, Berlin 2001.

  26. 26.

    Bourdieu kritisiert im Multikulturalismusdiskurs, dass die Begründungen für Exklusion von Minderheiten oft eine symbolische Gewalt in sich trügen, die die Ausgeschlossenen annähmen, weil der offizielle Diskurs von den Ausschließenden geführt wird, die damit ein Monopol erzeugten. Siehe dazu: Bourdieu, Pierre: Pascalian meditations, Standford 2000.

  27. 27.

    Žižek hinterfragt, warum die Probleme der Moderne immer als Problem der Intoleranz betrachtet werden und nicht der Ungleichheit. Die Antwort ist nach ihm im Grundsatz der Ideologie des liberalen Multikulturalismus zu finden. Politische Unterschiede werden zu kulturellen Unterschieden naturalisiert – beispielsweise politische Ungleichheit oder ökonomische Ausbeutung. Er bezeichnet dies als Kulturalisierung der Politik. Diese natürlichen kulturellen Unterschiede können damit nur hingenommen, also akzeptiert werden. Siehe dazu: Žižek, Slavoj: Multiculturalism, or the cultural logic of multinational capitalism, in: New Left Review, Vol. 0/No. 225, 1997, S. 28–51.

  28. 28.

    Siehe dazu ebenfalls: Žižek, Slavoj: Multiculturalism, or the cultural logic of multinational capitalism, in: New Left Review, Vol. 0/No. 225, 1997, S. 28–51.

  29. 29.

    Im Gegensatz dazu bezieht sich der bedeutungsorientierte Ansatz darauf, dass Kultur als ein Komplex erfasst wird, der sich aus Praktiken verschiedener sozialer Ordnungen zusammensetzt und mehrere nicht messbare Sinnhorizonte umfassen kann. Dies steht der Auffassung der totalitätsorientierten Sichtweise von einem gemeinsamen Sinnsystem des zugehörigen Kollektivs des jeweiligen Subjekts entgegen (vgl. Reckwitz 2001: 187). Es wird deutlich, dass der bedeutungsorientierte Kulturbegriff die Variablen Individuum, Kollektiv und Kultur kennt. Kollektiv und Kultur sind im Gegensatz zur totalitätsorientierten Sichtweise aber voneinander entkoppelt. Diese Variablen stehen bei dem bedeutungsorientierten Kulturbegriff in einem Verhältnis von kulturellen Interferenzen.

  30. 30.

    Wie gezeigt sind sowohl der totalitäts- als auch der bedeutungsorientierte Kulturbegriff von einem modernen Verständnis von Individuum geprägt. Siehe zu der Entwicklung von individueller und bürgerlicher Freiheit unter den Bedingungen der Moderne: Herb, Karlfriedrich: Triumph des Individuums – Ende des Bürgers? Constant über die Freiheit der Moderne, in: Oliver, Lembcke/Florian, Weber (Hrsg.): Republikanischer Liberalismus. Benjamin Constants Staatsverständnis, Baden-Baden 2013, S. 25–41; Herb: Karlfriedrich: Bürgerliche Freiheit. Politische Philosophie von Hobbes bis Constant, München 1999.

  31. 31.

    Ein Ansatz, wie Differenz machtpolitisch erklärbar ist, wird beispielsweise mit dem Postkolonialismus dargestellt. Der Begriff postkolonial kann zunächst als Begriff zur Periodisierung der Phase nach der Dekolonialisierung verwendet werden. Er kann im postmodernen Kontext aber auch mit erhaltenen kolonialen oder neokolonialen Machtstrukturen in Verbindung stehen. Postkolonialismus drückt ein Oppositionsverhältnis aus: [G]egen Kolonialismus – und somit die kritische Auseinandersetzung mit Rollenbildern und Machtstrukturen (verstanden als eine komplexe Matrix von Macht und Machtlosigkeit, Zentrum und Peripherie, Herrschenden und Beherrschten; sowie ökonomische, kulturelle und politische Beziehungen zwischen Nationen, Ethnien, Kulturen), die ihren Ursprung im Kolonialismus haben und bis heute fortwirken. (Assmann 2014) Die prominentesten Vertreter und ihre Werke sind: Said, Edward: Orientalism, New York 1978; Spivak, Gayatri C.: Can the Subaltern Speak? in: Cary Nelson, Lawrence Grossberg (Hrsg.): Marxism and the Interpretation of Culture, Illinois 1988, S. 271–314; Bhabha, Homi K.: The Location of Culture, London 1994.

  32. 32.

    Die Vorstellung eines strukturellen gesellschaftlichen Systems, welches die Menschen nach dem Merkmal der Rasse kategorisiert, ist im 21. Jahrhundert und nach den Erfahrungen des 20. Jahrhunderts nicht mehr denkbar und erscheint dubios. Kritiker geben aus dieser Logik heraus zu bedenken, wie ein Multikulturalismus, der durch das Kriterium der Ethnie eine Politik von Minderheiten- und Kollektivrechten einfordert, mit dem Modell einer liberalen Demokratie vereinbar sein kann. Siehe dazu: Delafenetre, David G.: Interculturalism, multiracialism and transculturalism: Australian and Canadian experiences in the 1990s, in: Nationalism and ethnic politics, Band1, Heft 3, Philadelphia 2007, S. 89–110, S. 96.

  33. 33.

    Zu Ende des 20. Jahrhunderts wird diese Abkoppelung von Kultur und Gesellschaft in den Sozialwissenschaften von zentraler Bedeutung. Der für die interkulturelle Forschung bedeutende Philosoph und Soziologe, Georg Simmel, spricht bereits Ende des 19. Jahrhunderts von der „Kreuzung sozialer Kreise“ und bettet sich damit in die modernen Sozialtheorien ein, die davon ausgehen, dass sich das Subjekt gleichzeitig in mehrere Wissensordnungen einfügt. Siehe dazu: Simmel, Georg: Über soziale Differenzierung. Soziologische und psychologische Untersuchungen, Leipzig 1890.

  34. 34.

    Aus ideengeschichtlicher Perspektive tritt Hannah Arendt als Antagonistin in diesem Punkt hervor, wenn sie den Faktor der öffentlichen Anerkennung geradezu herabwürdigt. Dieses Verweigern der Bedeutung ergibt sich aus der von ihr angelegten neo-aristotelischen Trennung zwischen Öffentlichem und Privaten. Solange der Wettstreit um Anerkennung nur aus inneren Trieben heraus stattfindet, verbleibt die Forderung nach Anerkennung abseits des Öffentlichen. Karlfriedrich Herb gibt hierbei kritisch zu bedenken, dass Arendt mit ihrer Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit modernes Konfliktpotential in Bezug auf den Begriff der Freiheit bewusst umgeht. Herb merkt an, dass Arendt das Wesen des Politischen zwar auf dem gemeinsamen Handeln und Wettbewerb begründet sieht, jedoch der Kampf um Anerkennung – welcher sich bei Taylor und in multikulturellen Gesellschaften als zentrales Element herauskristallisiert – missachtet wird (vgl. Herb 2014: 28–29).

  35. 35.

    Kommunitaristen verstehen sich vor allem als Modernisierungsgegner, die die kontinuierliche Entbindung des Individuums von seinem sozialen Kontext kritisieren und eine Wiedereinbettung anstreben (vgl. Neubert 2013: 11).

  36. 36.

    Siehe Kymlicka, Will: Multicultural Citizenship, Oxford 1995.

  37. 37.

    Siehe Taylor, Charles: Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung, Frankfurt a. M. 22012

  38. 38.

    Hier wird auf seine Argumentation im Aufsatz „The rise an fall of multiculturalism“ zurückgegriffen (Kymlicka, Will: The rise and fall of multiculturalism? New debates on inclusion and accomodation in diverse societies, in: International Social Science Journal, Vol. 61/No. 199, 2010, S. 97–112). Eine vertiefte Darstellung zu dem Aspekt der Menschenrechtsrevolutionen des 20. Jahrhunderts in Verbindung mit der Diskussion um ethnische Diversität siehe: Kymlicka, Will: Multicultural odysseys: navigating the new international politics of diversity, Oxford 2007.

  39. 39.

    Siehe für grundlegende Literatur zu nation building: Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation, Frankfurt a. M. 2005; Fukuyama, Francis: Staaten Bauen. Die neue Herausforderung internationaler Politik, München 2004; Hobsbawm, Eric: Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt a. M. 1991.

  40. 40.

    Neben Sprache und Kultur bezieht sich die Dominanz ebenfalls auf Elemente wie staatliche Symbolik, Rechtssystem oder Einwanderungspolitik, siehe dazu: Kymlicka, Will: Multicultural odysseys: Navigating the new international politics of diversity, Oxford 2007, S. 62–63.

  41. 41.

    Dabei wird im gleichen Atemzug kritisch angemerkt, dass sowohl Taylor als auch Kymlicka nur darauf bedacht sind, einzelnen moralischen Werten Bedeutung zukommen zu lassen. Der Vorwurf besteht darin, dass beide Ansätze blind für die tatsächliche Art sind, wie soziale und politische Ordnungen bestimmt werden – nämlich vor allem durch Macht und nicht durch Moral. Siehe dazu: Dhamoon, Rita: Shifting from ‘Culture’ to ‘the Cultural’: Critical Theorizing of Identity/Difference Politics, in: Constellations,Vol. 13/No. 3, 2006, S. 354–373, S. 358.

  42. 42.

    Weiterführend zu nationalen Minderheiten bei Kymlicka siehe: Kymlicka, Will: Multicultural Citizenship, Oxford 1995, S. 10–13/30/79–80. Zur Vertiefung in Bezug auf polyethnische Rechte siehe: Kymlicka, Will: Politics in the Vernacular: Nationalism, Multiculturalism, and Citizenship, Oxford 2001b, S. 163–165 und Kymlicka, Will: Multicultural Citizenship, Oxford 1995, S. 31.

  43. 43.

    Wie die polyethnischen Rechte, die sich auf die Migranten innerhalb des Nationalstaats beziehen, im liberalen westlichen Modell zu Gleichheit und Gerechtigkeit führen sollen, wird nicht ausgeführt.

  44. 44.

    Siehe weiterführend dazu: Okin, Susan: Is Multiculturalism Bad for Women? in: ders. (Hrsg.): Is Multiculturalism Bad for Women?, Princeton 1999, S. 7–27.

  45. 45.

    In Justice and the Politics of Difference geht Young weiter auf die Gefahr eines zu ausschweifenden Universalismus ein: Moral reason that seeks impartiality tries to reduce the plurality of moral subjects and situations to a unity by demanding that moral judgment be detached, dispassionate, and universal. But such an urge to totalization necessarily fails. Reducing differences to unity means bringing them under a universal category, which requires expelling those aspects of the different things that do not fit into the category. Difference thus becomes a hierarchical opposition between what lies inside and what lies outside the category, valuing more what lies inside than what lies outside. (Young 2011: 103)

  46. 46.

    Hieran schließt die Kritik von Seyla Benhabib an, die Essentialisierung und Homogenisierung von Kultur würde den Eindruck erwecken, dass Kulturen bewertet und verglichen werden können. Sie hält dem entgegen, einzelne kulturelle Praktiken könnten bewertet werden, aber in keinem Fall eine gesamte und in sich komplexe Kultur. Siehe dazu: Benhabib, Seyla: The Claims of Culture. Equality and Diversity in the Golden Era, Princeton 2002, S. 58

  47. 47.

    In der politischen Theorie wird nach Hauptmerkmalen unterschieden, die für die Epochen ausschlaggebend sind, um Differenz zu begründen. Differenzierte man in der Renaissance auf Grundlage des christlichen Glaubens vor allem zwischen europäischer und nicht-europäischer Welt, so drängte mit der Aufklärung die Dialektik von europäischer Vernunft und nicht-europäischer Ignoranz in den Mittelpunkt. Mit dem 19. Jahrhundert wurde Rasse zum Unterscheidungsmerkmal von Normalheit und Andersartigkeit. Mit dem 20. Jahrhundert verschiebt sich der Horizont für Differenz, indem Kultur zum entscheidenden Merkmal avanciert. Siehe dazu: Scott, David: Culture in Political Theory, in: Political Theory, Vol. 31/No. 1, 2003, S. 92–115, S. 104.

  48. 48.

    In The Claims of Culture zeigt Benhabib, wie Kultur deutlich sozial konstruiert ist. Ihr Anspruch ist es, die heterogenen, hybriden und dynamischen Dimensionen von Kultur zu beleuchten. Siehe: Benhabib Seyla: The Claims of Culture. Equality and Diversity in the Golden Era, Princeton 2002.

  49. 49.

    Tully ist bemüht, im Gegensatz zu Kymlicka, Kultur vom Konzept der Nation zu lösen und die Überlappung zu zeigen, die Kultur mit sich bringt. Er betont mehr den interkulturellen Aspekt. Siehe dazu: Tully, James: Strange Multiplicity: Constitutionalism in an Age of Diversity, Cambridge 1995.

  50. 50.

    Siehe weiter zur politischen Theorie des Liberalismus: Ingram, Attracta: A Political Theory of Rights, Oxford 1994; Smith, Roger: The Constitution and Autonomy, in: Texas Law Review, Vol. 60/No. 2, 1982, S. 175–205.

  51. 51.

    Taylor kann einerseits als Verfechter von gruppenspezifischen Rechten angesehen werden. Gleichzeitig plädiert er für die Generalisierung eines neuen modernen sozialen Rahmens, der die Identität und das mit ihr verbundene Bedürfnis nach Anerkennung erfasst. Auch in seiner ethischen und politischen Dimension. Vergleiche dazu: Nicholson, Linda: To be or not to be: Charles Taylor and the Politics of Recognition, in: Constellations, Vol. 3/No. 1, 1996, S. 1–16, S. 1.

  52. 52.

    Rousseau hat in Taylors Verständnis die subjektive Wende auf dem Weg in die Moderne angestoßen. Die Prinzipien des französischen Philosophen, zum einen das „Gefühl des Daseins“, also eine authentische moralische Verbindung zu sich selbst, zum anderen die „Freiheit durch Selbstbestimmung“, also die Möglichkeit, allein und nur für sich selbst Entscheidungen zu treffen, zeigen, dass eine Hinwendung zum Subjekt stattgefunden hat. Siehe dazu: Rousseau, Jean-Jaques (1978): Träumereien eines einsamen Spaziergängers, in: ders.: Schriften, hg. von Ritter, Henning, München (Bd. 2), S. 637–760; Rousseau, Jean-Jacques (1964): Œuvres Complètes. Bd. III: Du Contrat social. Ecrits politiques. Hg. v. Bernard Gagnebin u. Marcel Raymond. Bibliothèque de la Pléiade, Paris.

  53. 53.

    Dass der Einzelne die Anerkennung Anderer anstrebt, ist kein explizites Kennzeichen der Moderne, jedoch haben sich in dieser die Bedingungen der Anerkennung deutlich verändert. War die Anerkennung vorher als selbstverständlich hingenommen worden, so kommt im neuzeitlichen Verständnis die Möglichkeit des Scheiterns, der Ablehnung, hinzu. Die neue Definition über die eigene Originalität hat die vormoderne Anerkennung ins Wanken gebracht und eben den Spielraum eröffnet, der auch die Verweigerung derselben zulässt:

    Die Identität gehört also fest zur modernen Zivilisation. Nachdem das vom Rang abhängige soziale Schicksal des einzelnen – in einer zunehmend egalitären Gesellschaft – erheblich an Einfluß [sic] verloren hatte, konnten die Menschen zwar im Grunde werden, was sie wollten oder was ihren Fähigkeiten entsprach. Dazu bedurfte es aber nicht nur der egalitären, sondern auch jener expressiven Revolution, die eine eigentümliche Seinsweise jedes einzelnen Menschen anerkennt, ihn also ermutigt, seine Originalität vollends zu verwirklichen, statt von außen auferlegte Normen zu befolgen. Das gibt dem Ideal der Authentizität, wonach man sich selbst treu bleiben soll, eine neue, radikalisierte Bedeutung. (Taylor 2001: 274)

  54. 54.

    Taylor unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Formen der Anerkennung: Erstens die demokratische Anerkennung, welche die „gleiche Würde“ aller in den Vordergrund rückt und sich beispielsweise auf die gleiche Bürgerschaft innerhalb einer politischen Gemeinschaft abzielt. Taylor wendet sich dieser Form der Anerkennung jedoch nur peripher zu, Axel Honneth entwickelt diesen Ansatz in seinem Werk The Struggle for Recogition. The Moral Grammer of Social Conflicts weiter. Die zweite und von Taylor weiter ausgeführte Form der Anerkennung bezieht sich auf den Anderen in seiner kulturellen Besonderheit. Somit nicht in ihrer allgemeinen Gleichstellung zu den anderen, sondern der spezifischen kulturellen Identität. Siehe weiterführend: Honneth, Axel: The Struggle for Recogition. The Moral Grammer of Social Conflicts, Cambridge 1995.

  55. 55.

    Taylor weist teilweise die Bezeichnung als Kommunitarist zurück, wird aber von außen eindeutig der Strömung zugeordnet. Weitere prägende Autoren der kommunitaristischen Strömung sind: Amitai Etzioni, Alasdair MacIntyre, Robert Putnam, Michael Sandel und Michael Walzer.

  56. 56.

    Siehe dazu: Rawls, John: A Theory of Justice, Oxford 1972.

  57. 57.

    Michael Sandel spricht auch von der Notwendigkeit der Remoralisierung von Politik und Gesellschaft, siehe dazu: Sandel, Michael J.: Justice. What’s the Right Thing to Do?, New York 2009.

  58. 58.

    Siehe dazu: Rawls, John: A Theory of Justice, Oxford 1972; Dworkin, Ronald: Taking Rights Seriously, Cambridge 1978.

  59. 59.

    Taylor bezieht sich dabei auf Hans Georg Gadamer, der durch die Verschmelzung die Fremdheit eines anderen Horizonts aufhebt. Siehe dazu weiter: Gadamer, Hans Georg: Wahrheit und Methode: Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 1960.

  60. 60.

    Die beiden Hauptwerke Fanons mit welchen er die postkolonialen Grundvokabeln etabliert sind: Fanon, Frantz: Die Verdammten dieser Erde, Frankfurt a. M. 1968; Fanon, Frantz: Schwarze Haut, weiße Masken, Frankfurt a. M. 1980.

  61. 61.

    Siehe dazu weiter: Blum, Lawrence: Multiculturalism, Racial Justice and Community, in: Lawrence, Foster/Patricia, Herzog, Patricia (Hrsg.), Contemporary Philosophical Perspectives on Pluralism and Multiculturalism: Defending Diversity, Amherst 1994, S. 175–205.

  62. 62.

    Der aus Afrika stammende und nach Kanada immigrierte Schriftsteller Neil Bissoondath zeigt in seinem Roman Selling Illusion. The cult of multiculturalism in Canada, wie der Multikulturalismus als Maßnahme ein bereits gespaltenes Land weiter in die soziale Teilung geleitet hat. Als Grund nennt er ebenfalls die Überbewertung der kollektiven vor den individuellen Rechten. Er spricht weiter auch von einer Ghettoisierung der einzelnen ethnischen Gruppen. Siehe weiter dazu: Bissoondath, Neil: Selling Illusions. The Cult of Multiculturalism in Canada, Toronto 2002.

  63. 63.

    Siehe dazu grundlegend: Hall, Stuart/Du Gay, Paul (Hrsg.): Questions of Cultural Identity, London 1992; Morley, David/Chen, Kuan-Hsing (Hrsg.): Stuart Hall – Critical Dialogues in Cultural Studies, London 1996; Hall, Stuart: The Work of Representation, in: ders. (Hrsg.): Representation. Cultural Representations and Signifying Practices, London 1997, S. 13–74.

  64. 64.

    Mehr dazu bei: Bhabha, Homi: The Location of Culture, London 1994; Hall, Stuart: When was the ‘post-colonial’? Thinking at the Limit, in: Iain Chambers and Lidia Curti: The Post-Colonial Question: Common Skies, Divided Horizons, London 1996, S. 242–260.

  65. 65.

    Siehe: Giroux, Henry: Living Dangerously. Multiculturalism and the Politics of Difference, New York 1993.

  66. 66.

    Siehe dazu weiter: Young, Iris: Justice and the Politics of Difference, Princeton 1990 und Young, Iris: Deferring Group Presentation, in: Ian, Shapiro/Will, Kymlicka (Hrsg.): Ethnicity and Group Rights, New York 1997, S. 349–376.

  67. 67.

    Weiterführend: Fraser, Nancy: From Redistribution to Recognition? Dilemmas of Justice in a ‘Post-Socialist Age’, in: New Left Review, Vol. 1/No. 212, 1995, S. 68–93.

  68. 68.

    Hier erneut der Verweis auf: Bhabha, Homi K.: The Location of Culture, London 1994.

  69. 69.

    Siehe dazu Punkt Vorbedingungen im Kapitel zum Multikulturalismus.

  70. 70.

    Abgrenzend muss an dieser Stelle aber erneut Hannah Arendt angeführt werden, die laut Herb in ihrer Vita activa der Moderne einen kritischen Befund ausstellt. Demnach ermögliche die Moderne erst, dass sich der Einzelne in seiner Intimität selbst entdeckt. Was für das transkulturelle Denken die Grundvoraussetzung symbolisiert, um im Alltag und auf der Mikroebene in den Austausch mit anderen zu treten, verkörpert für Arendt die Auflösung des Politischen und der politischen Pluralität. Der Widerspruch zur transkulturellen Öffnung auf allen Ebenen wird zudem deutlich, wenn der Philosoph und Politikwissenschaftler Karlfriedrich Herb der Denkerin eine Art republikanische[…] Klaustrophobie unterstellt, [die] den öffentlichen Raum an all seinen Grenzen bedroht [sieht]: durch das Eindringen des Privaten (Herb 2014: 36). Siehe näher zu Arendts Verständnis von Moderne und Intimität: Herb, Karlfriedrich: Die republikanische Klaustrophobie – Politischer Raum bei Hannah Arendt, in: Ders./Mareike, Gebhardt/Kathrin, Morgenstern (Hrsg.): Raum und Zeit. Denkformen des Politischen bei Hannah Arendt, Frankfurt a. M. 2014, S. 27–37.

  71. 71.

    An dieser Stelle muss deutlich gemacht werden, dass diese Bestandsaufnahme vorwiegend für westliche Industriegesellschaften im Allgemeinen gilt. Die Auswirkungen der Globalisierung sind in allen Gesellschaften spürbar, nur kann nicht verallgemeinert werden, eine Ausdifferenzierung sei stets die Folge ist. Die Reaktion des Rückzugs und der Abschottung sind ebenfalls denkbare und feststellbare Phänomene. Und auch innerhalb der westlichen Hemisphäre sind Reaktionen wie populistische Bewegungen als deutlicher Gegenentwurf auszumachen.

  72. 72.

    Der Begriff Trans_Konzepte kann als Überbau zu den Bedeutungen der Suffixe -tion und -tät verstanden werden. Jedoch unter der Prämisse, dass sich von anderen Formen wie Transgender, Transatlantik, Transport etc. abgegrenzt wird und nur der kulturelle Bezug betrachtet wird.

  73. 73.

    Als Beispiele des künstlerischen Lebens kann das Institut du monde arabe in Paris angeführt werden. Das Institut wurde eingerichtet, um den kulturellen Austausch zwischen Frankreich und der arabischen Welt zu stärken. Gegründet 1987 vom französischen Architekten Jean Nouvels steht das Institut heute auch für die Synthese aus traditioneller Ornamentik und High-Tech-Architektur. Siehe mehr dazu auf der Homepage des Instituts: https://www.imarabe.org/fr.

  74. 74.

    Das Verständnis der Fuzzy Logic, dass Identitäten und Differenzen als Erklärungsmuster von der Betrachtung der Ähnlichkeit verschiedener Phänomene abgelöst wird, geht auf die Fuzzy-Set-Theorie, also die unscharfe Mengenlehre, von Lotfi Zadeh zurück, der sie an der University of California, Berkeley entwickelte. Siehe dazu: Zadeh, Lotfi Askar: Fuzzy sets, in: Information and Control, Vol. 8/No. 3, Amsterdam 1965, S. 338–353.

  75. 75.

    Zur Prototypenlehre von Eleanor Rosch: Rosch, Eleanor: Natural Categories, in: Cognitive Psychology, Vol. 4/No. 3, Amsterdam 1973, S. 328–350; Rosch, Eleanor: Cognitive Representations of SemanticCategories, in: Journal of Experimental Psychology, Vol. 4/No. 3, Washington 1975, S. 192–233.

  76. 76.

    Siehe näher dazu: Lakoff, George: Linguistik und natürliche Logik, Frankfurt 1971.

  77. 77.

    Weiter: Zadeh, Lotfi Askar: Fuzzy Languages and their Relation to Human and Machine Intelligence, in: Maurice, Marois (Hrsg.): Man and Computer. Proceedings, Basel 1972, S. 130–165.

  78. 78.

    Similarity als Prinzip der Anordnung umstritten. Siehe dazu: Smith 1993: 216.

  79. 79.

    Morejón, Nancy: Nación y mestizaje en Nicolás Guillén, La Habana 1982.

  80. 80.

    Ideengeschichtlich hat dieses zwiespältige Verhältnis zwischen dem eigenen Selbst und dem Anderen eine lange Tradition. Karlfriedrich Herb verweist dabei auf Jean-Jacques Rousseau, der die Frage stellt, was in dem Moment passiert, wenn das eigene Selbst auf den Anderen trifft. Der Vergleich mit dem Anderen bedeutet für Rousseau eine Art Selbstentfremdung. Herb macht deutlich, dass der natürliche, wilde Mensch sich seiner selbst genug ist und es der Anblick durch den Anderen und seine Meinung sind, die den Verlust des eigenen Selbst bedeuten. Siehe detailliert dazu: Herb, Karlfriedrich: Beyond understanding Rousseau and the Beginning of the Other, in: Ders./Barbara, Weber/Eva, Marsal/Takara, Dobashi/ Petra, Schweitzer (Hrsg.): Cultural Politics and Identity, Wien 2011, S. 11–15.

  81. 81.

    Siehe detailliert dazu das Kapitel zur Ideologie der Planetary in Spivaks Death of a Discipline. Spivak, Gayatri Chakravorty: Death of a Discipline, New York 2003, S. 71–102.

  82. 82.

    Ein gewaltsamer Aspekt, der beachtet werden muss: Verschiedene Kulturen des afrikanischen Kontinents werden der faktischen Komplexität der Zusammensetzung unangemessen zu einer einzigen Kultur zusammengefasst.

  83. 83.

    Siehe auch weiterführend zur Unterscheidung von spatial turn und topographischer Wende: Bachmann-Medick, Doris: Cultural turns: Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Hamburg 2014.

  84. 84.

    Unter Americas wird grundsätzlich der gesamte geographische Raum des amerikanischen Kontinents, also sowohl Nord- als auch Südamerika verstanden. Jedoch hat es sich vor allem im US-amerikanischen Kontext etabliert, von den Americas zu sprechen in Bezug auf Themen aus Ländern der südlichen Hemisphäre. Deshalb wird auch in dieser Arbeit mit dem Begriff auf einen Großraum Bezug genommen, der sich geschichtlich, ökonomisch und kulturell von Nordamerika abgegrenzt sieht.

  85. 85.

    An dieser Stelle wird nicht auf die Unterscheidung zwischen portugiesischer und spanischer oder auf den Gegensatz zur französischen Kolonialisierungsstrategie Lateinamerikas eingegangen. Die Vermischung der Rassen, bezeichnet als mesticagem/mestissage/mestice, ist ein Phänomen, das den gesamten geographischen und kulturellen Raum durchzieht, der als Lateinamerika bezeichnet wird. Die einzelnen historischen Prozesse und Bedingungen sind zum Teil sehr unterschiedlich und bedürfen einer gesonderten Betrachtung. Besonders bei der Darstellung des iberischen Expansionsschubs gilt es, die Uneinheitlichkeit in zeitlicher wie regionaler Hinsicht zu beachten. Es darf nicht der Fehler gemacht werden, die iberische Expansion zu verallgemeinern. Siehe näher zum historischen Kontext: Feldbauer, Peter: Globalgeschichte 1450–1620: Von der Expansions- und Interaktionsgeschichte, in: Friedrich Edelmayer/Peter Feldbauer/Marija Wakounig (Hrsg.): Globalgeschichte 1450–1620. Anfänge und Perspektiven, Wien 2002, S. 23–32.

  86. 86.

    Der Begriff findet vor allem Gebrauch in Lateinamerika, wobei darunter ein „Mischling“ verstanden wird. Länderabhängig ist auch eine verschiedene Verwendung für die Vermischung von Europäern mit der indigenen Bevölkerung oder den aus Afrika verschleppten Sklaven während der Kolonialzeit möglich.

  87. 87.

    Als die klassischen Vertreter dieser Disziplin gelten Antonia Benítez-Rojo, Mary Louise Pratt, Ángel Rama sowie Sylvia Spitta. In der aktuell erstarkten US-amerikanischen Forschung zu Latino Studies stechen Gustavo Pérez Firmat und José David Salvídar hervor.

  88. 88.

    Siehe Ette 2001

  89. 89.

    Ein weiterer Antagonist des zu starren nationalstaatlichen Denkens und des Eurozentrismus ist die erkenntnistheoretisch entscheidende Diskurstheorie. Die großen Namen dieser Strömung haben mehrheitlich einen transkulturellen Hintergrund – heißt, dass sie in mehr als nur einer Kultur sozialisiert worden sind und durch das Einnehmen verschiedener Perspektiven erkannten, dass es keine universal gültige Theorie und Sprache geben kann. Beispiele für französischsprachige Theoretiker, die biographisch auch in nicht-französischen Kontexten sozialisiert wurden und in ihrem Denken die oben angesprochene Antagonistenrolle einnahmen, sind beispielsweise: Roland Barthes, Jacques Derrida, Frantz Fanon, Pierre Bourdieu. Antonio Gramsci und Mikhail Bakhtin reihen sich in die Erfahrung eines transkulturellen Lebens dadurch ein, dass sie den Bruch der Regime des Faschismus und Stalinismus erlebten und diesen Wechsel verarbeitet haben. Siehe dazu Hoerder 2005: 27.

  90. 90.

    Marti versteht „amerikanisch“ als ganze Hemisphäre, die sich um Lateinamerika spannt. In seinem erstmals 1891 veröffentlichtem Essay Nuestra América kritisiert er die Abhängigkeit Lateinamerikas von Nordamerika und Europa. Er muss aber auch als politischer Denker eingeordnet werden, der die Einbindung von Indios, Mestizen und Schwarzen in die jeweiligen nationalen politischen Prozesse fordert. Sein Ziel ist es, die lateinamerikanische Gestalt Amerikas von der nördlichen abzugrenzen. Siehe dazu weiter: Marti, José: Nuestra América, Barcelona 1970.

  91. 91.

    Siehe dazu vor allem: Canclini, Néstor García: Culturas híbridas. Estrategias para entrar y salir de la modernidad, México 1989.

  92. 92.

    Der Sozialanthropologe Bronisław Malinowski, auch als Vater der Feldforschung bekannt, macht im Vorwort zu Ortiz Contrapunteo cubano del tabaco y el azúcar seine Begeisterung für dessen Kritik an eurozentristischen Kategorien und seinem Respekt für die Integrität subalterner Kulturen deutlich. Auch Malinowski möchte den Begriff der Transkulturation vom nordamerikanischen Begriff der Akkulturation abgegrenzt wissen: Un proceso en el cual emerge una nueva realidad, compuesta y compleja; una realidad que no es una aglomeración mecánica de caracteres, ni siquiera un mosaico, sino un fénomeno nuevo, original e independiente. Para describir tal proceso el vocablo de raíces latinas transculturación proporciona un término que no contiente la implicación de una cierta cultura hacia la cual tiene que tender la otra, sino una transición entre dos culturas, ambas activas, ambas contribuyientes con sendos aportes, y ambas cooperantes al adveniemiento de una nueva realidad de civilización. (Malinowski 1973: 7–8)

  93. 93.

    Rama, Ángel: Transculturación narrativa en América Latina. Buenos Aires 2007 [1982].

  94. 94.

    Vergleiche zu diesem Aspekt ebenfalls Rama 2007.

  95. 95.

    Siehe dazu weiter: Bentley, Jerry: Old World Encounters. Cross Cultural Contacts and Exchanges in Pre-Modern Times, New York 1993; Hoerder, Dirk: Cultures in Contact. World Migrations in the Second Millennium, Durham 2002; Hoerder, Dirk/Harzig, Christiane/Shubert, Adrian: The Historical Practice of Diversity. Transcultural Interactions from the Early Modern Mediterranean to the Postcolonial World, New York 2003.

  96. 96.

    Siehe bezüglich vertiefter Kritik: Chapman, Rosemary: Writing of/from the Fourth World: Gabrielle Roy and Ungava, in: Québec Studies 35, 2003, S. 45–62.

  97. 97.

    Als Beispiel dafür kann die Literaturwissenschaftlerin Françoise Lionnet von der University of California angeführt werden, die 2005 mit Minor Transnationalism Pratts Ansatz aufnimmt und weiterentwickelt; siehe: Lionnet, Françoise/Shih, Shu-mei (Hrsg.): Minor Transnationalism, London 2005.

  98. 98.

    Erstmals stellte Welsch das Konzept 1992 vor: Welsch, Wolfgang: Transkulturalität – Lebensformen nach der Auflösung der Kulturen, in: Information Philosophie, Vol. 2, 1992, S. 5–20; Mehrere erweiterte Fassungen folgten.

  99. 99.

    Neben Welschs philosophischer Perspektive müssen noch die soziologische Perspektive von Ulrich Beck und die anthropologische von Ulf Hannerz genannt werden. Siehe zur Vertiefung beispielsweise: Beck, Ulrich: Weltrisikogesellschaft. Auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit, Frankfurt a. M. 2007; Hannerz, Ulf: Anthropology’s world. Life in a twenty-first-century discipline, London 2010.

  100. 100.

    In dem gesonderten Abschnitt zur Theorie von Welsch wird diese Streuung des Konzepts nochmals deutlich hervorgehoben werden.

  101. 101.

    Der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss benutzt 1962 in La Pensée sauvage den Ausdruck bricolage. Er wollte damit das Mythologische erfassen, das im Gegensatz zum Technischen stehen sollte. Mythologisches Denken ist nach Lévi-Strauss darauf ausgerichtet, die vorhandenen Materialen zu benutzen, um neue Probleme zu lösen. Siehe detailliert: Lévi-Strauss, Claude: La Pensée sauvage, Paris 1962.

  102. 102.

    Siehe als prägendes Werk dazu: Ette, Ottmar: TransArea: eine literarische Globalisierungsgeschichte, Berlin 2012.

  103. 103.

    Die Cultural Anthropology, die sich mit Franz Boas in den USA entwickelte, ist durch ihren Kulturrelativismus gekennzeichnet, der das Kulturspezifische in den Fokus stellt. Im Unterschied zur Kulturanthropologie, wie sie im deutschen Kontext verstanden wird, verhält sie sich konträr, da die europäische Forschung zwar auch auf das Kulturspezifische blickt, jedoch mit der Zielsetzung dadurch auf das Allgemeinmenschliche schließt. Siehe dazu: Haller, Dieter: Die Suche nach dem Fremden. Geschichte der Ethnologie in der Bundesrepublik 1945–1990, Frankfurt 2012, S. 231; Mühlmann, Wilhelm Emil (Hrsg.): Kulturanthropologie, Köln 1966, S. 17.

  104. 104.

    Siehe weiterführend zu Benessaiehs Forschung zu Franz Boas: Benessaieh, Afef: Boas Goes to Americas: The Emergence of Transamerican Conceptions of Culture, in: Maryemma, Graham/Wilfried, Raussert (Hrsg): Mobile and Entangled Americas, New York 2016, S. 301–320.

  105. 105.

    In einer Fußnote macht Welsch als stellvertretende Stimme für das klassische Verständnis in der Ethnologie ein Werk aus: Benedicts, Ruth: The Patterns of Culture, Boston 1934. Neben Geertz gab es in den 1980er Jahren noch weitere fundierte Gegenmeinungen dazu, beispielsweise: Archer, Margaret: Culture and Agency, Cambridge 1988.

  106. 106.

    Die Thematik der Rasse als Funktion für Kultur wurde bereits von Claude Lévi-Strauss aufgegriffen. Auch ihm ging es darum, Rasse als kulturelles Konstrukt und weniger als biologische Gegebenheit anzusehen. Welsch entlehnt Lévi-Strauss auch die Schlussfolgerung, dass der Grad in dem sich eine autonom entstandene Kultur von anderen Kulturen abgrenzt, ihr Potenzial für kulturellen Rassismus erhöht. Siehe dazu weiter: Lévi-Strauss, Claude: Race et Culture, in: ders.: Le regard éloigné, Paris 1983, S. 21–48. Siehe weiter zur strategischen Funktion von Rassismus: Foucault, Michel: Faire vivre et laisser mourir: la naissance du racisme, in: Les Temps Modernes, Vol. 46/No. 535, 1991, S. 37–61.

  107. 107.

    Diese Einschätzung vertrat Jean Dubuffet im Rahmen eines Vortrags mit dem Titel Anticultural Positions am 20. Dezember 1951 in Chicago.

  108. 108.

    Bereits in seinem Aufsatz von 2000 Transkulturalität. Zwischen Globalisierung und Partikularisierung spricht Welsch von sogenannten Bezugskulturen. Diesen Begriff nimmt er auf, da er die Transkulturalität als Übergang versteht. Diese Phase des Übergangs besteht aber deutlich aus einem Doppelprozess: Ein Netz an transkulturellen Lebensformen wird gewoben, aber auf der Basis bestehender Kulturen, die somit als Fundament des Gewebes eine Aufwertung im Vergleich zu eingangs vollkommener Ablehnung erfahren (vgl. Welsch 2000: 341). In einem Beitrag aus dem Jahren 2009 vertieft Welsch diese neue Sichtweise in seinem transkulturellen Denken nochmals. Kultur teilt er in zwei Bedeutungseben auf: Er erkennt an, dass es eine pre-kulturelle und eine kulturelle Ebene von Kultur gibt. Sein Ziel ist es dabei, ein Bewusstsein zu schaffen, dass Kultur durchaus auch in transkulturellen Lebenswelten universelle Anteile hat, die es erst ermöglichen, sich transzendierende Elemente von Kultur vorzustellen (vgl. Welsch 2009: 15–16).

  109. 109.

    Siehe dazu: Bell, Daniel: The Winding Passage. Essays and Sociological Journeys 1960–1980, Cambridge 1980.

  110. 110.

    Als weitere Erklärung für den Rückbezug auf das Kugelmodell nennt Welsch den in der Menschheitsgeschichte verwurzelten Tribalismus, beziehungsweise den Ostrazismus – das Ausstoßen von Abweichlern aus einer Gruppe. Beides seien Mechanismen, die bereits in der Steinzeit und bis in die Hochkulturen erkennbar waren. Solange sich Gruppen durch Blutsverwandtschaft kennzeichneten, waren diese Mechanismen logisch und effizient. Doch Welsch sieht in dem Moment, als die Blutsverwandtschaft von Kulturen als Definitionsgrundlage von Gruppen abgelöst wurde, den Beginn der Krise zwischen Begriff und Realität. Siehe dazu: Welsch 2010a: 9.

  111. 111.

    Partikularismen sind eine Reaktion auf das Verschwinden traditioneller Identitäten, die durch die Vermischung und Vernetzung von Kulturen entstanden sind. Alle Identitäten, die sich selbst als partikularistisch betrachten, sind jedoch trotzdem mit faktischer Transkulturalität und innerer Pluralität konfrontiert. Die Transkulturalität nimmt somit die Gestalt eines Keims an, eines Pluralitätskeims, der sich nicht negieren lässt (vgl. Welsch 1997: 79).

  112. 112.

    Siehe dazu weiter: Hannerz, Ulf: Cultural Complexity. Studies in the Social Organization of Meaning, New York 1992.

  113. 113.

    Zu beachten ist an dieser Stelle, dass der Universalismus jeweils durch verschiedene Gegenpositionen herausgefordert wird. Ist es im Abschnitt zu Wittgenstein eher die relativistische Position, die sich universellen Tendenzen stellt, so rückt mit Welsch eine partikularistische Gegenstimme in den Fokus. Für die Analyse bleibt jedoch der zentrale Wert der Gegenüberstellung darin bestehen, dass der Universalismus als Gegner untersucht wird und dabei die Argumente, die gegen ihn angebracht werden, miteinander in Relation gesetzt werden.

  114. 114.

    Der Vorwurf der Sprachnot ist insbesondere nachzulesen bei: Wimmer, Franz Martin: Interkulturelle Philosophie. Probleme und Ansätze, Wien 2000, S. 171.

  115. 115.

    Der Ausdruck ist eine Anspielung auf das Kapitel Der Westen und der Rest. Diskurs und Macht von Stuart Hall in seinem Werk aus dem Jahre 1994: Hall, Stuart: Rassismus und kulturelle Identität, Hamburg 1994.

  116. 116.

    Siehe weiter zur Kritik des Kulturessentialismus im Falle der Transkulturalität: Ezil, Ökan/Kimmich, Dorothee/Werberger, Annette (Hrsg.): Wider den Kulturzwang. Migration, Kulturalisierung und Weltliteratur, Bielefeld 2009.

  117. 117.

    Die vorliegende Arbeit hat mit ihrer dargestellten Methode und Perspektive deutlich gemacht, dieser Engführung entgegenzuwirken ohne Positionen wie Welsch nicht zu berücksichtigen, sondern sie vielmehr konstruktiv zu kritisieren.

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Krüger, S. (2020). Zuordnung vs. Verwendung: Die Konzeptionen von Kultur. In: Brasilien zwischen Multikulturalismus und Transkulturalität . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30850-6_4

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