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Imagination und zukünftige Medien

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Book cover Zukünftige Medien

Part of the book series: Medienwissenschaft: Einführungen kompakt ((MWEK))

Zusammenfassung

Das Kapitel führt in die Theorie von Imagination und Imaginärem ein und entfaltet auf dieser Grundlage konzeptuelle Überlegungen zum Verhältnis von Imagination und zukünftigen Medien. Dabei werden Gedanken aus der Philosophie (insbesondere Cornelius Castoriadis) ebenso eingebunden wie verschiedene Ansätze aus den Science and Technology-Studies (u. a. Patrice Flichy, Sheila Jasanoff, David Kirby, Wally Smith). Überlegungen zum Verhältnis von Prämediation (u. a. Richard Grusin) und zukünftigen Medien runden das Kapitel ab.

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Notes

  1. 1.

    Wir behalten im Folgenden den englischen Begriff von ›imaginary‹ bzw. ›imaginaries‹ bei. Uns scheint, dass eine Übersetzung eher in die Irre führt als die englische Originalformulierung.

  2. 2.

    Bei Spengler (2019) wird der Begriff Imagination in Richtung des Zukunftsdenkens perspektiviert. Erörterungen der verschiedenen Facetten der Begriffe der ›Imagination‹ und des ›Imaginären‹ in den verschiedenen kultur- und sozialwissenschaftlichen Theorien finden sich bei Strauss (2006) sowie McNeil et al. (2017).

  3. 3.

    Historisch sehr wichtige Positionen wie die phänomenologische Analyse der Imagination Jean-Paul Sartres (1995) und insbesondere die psychoanalytische Konzeption des Imaginären bei Jacques Lacan (1991) können wir hier nicht näher behandeln. Gleiches gilt für wichtige Beiträge der älteren Forschung, etwa Kamper (1986). Siehe historisch unter Einbindung der (literatur-)ästhetischen Debatte Malinowski (2003, S. 79 ff.).

  4. 4.

    Zum Verhältnis von Castoriadis zur Zeichentheorie in der Tradition von Charles S. Peirce siehe den tiefergreifenden Beitrag von Andacht (2000).

  5. 5.

    Das radikale Imaginäre existiert in zwei Formen: als kollektiv-soziales »Gesellschaftlich-Geschichtliches« und als individuell-kognitives »Psyche-Soma« (Castoriadis 1990, S. 603). Castoriadis schreibt dazu: »Als Gesellschaftlich-Geschichtliches ist es offenes Strömen des anonymen Kollektivs; als Psyche-Somatisches ist es Strom von Vorstellungen/Affekten/Strebungen« (Castoriadis 1990, S. 252).

  6. 6.

    Dabei spielen Schemata eine Rolle, auf die wir hier nicht näher eingehen (Castoriadis 1990, S. 285 ff.).

  7. 7.

    Castoriadis’ Argument ist, dass man vom Magma, das er sporadisch auch als »Magma und Magma von Magmen« (Castoriadis 1990, S. 382) beschreibt, nicht mehr als eine »widersprüchliche Anhäufung widersprüchlicher Metaphern« haben kann (Castoriadis 1990, S. 565; Gertenbach 2011, S. 285, Anm. 16; Lüdemann 2004, S. 50 f.).

  8. 8.

    Diese Art der Notation geht auf die Differenzlogik in George Spencer Browns Buch Laws of Form zurück und wird von Autoren wie Dirk Baecker (2005, S. 78 ff.) aufgegriffen. Auch Lars Gertenbach erläutert die Grundunterscheidungen von Castoriadis teilweise unter Rückgriff auf systemtheoretische Begriffe, gilt ihm das Magma doch etwa als »unmarked space« (Gertenbach 2011, S. 285). Wir betonen jedoch, dass wir die systemtheoretische Notation in freier Anlehnung aufgreifen. Castoriadis bringt zwar analoge Ideen zur systemtheoretischen Differenzlogik vor – etwa die Idee eines »re-entrys« der radikalen Imagination in das von ihr Hervorgebrachte. Im Detail gibt es aber auch viele Argumente, die mit der für konstruktivistische Theorien wie die Systemtheorie typischen Differenzlogik nur sehr schwierig vereinbar sind.

  9. 9.

    Die Aussage ist das sogenannte zweite (von drei) Clarke’schen Gesetzen. Alle drei Gesetze sind in verstreuter Form enthalten in Clarke (1984).

  10. 10.

    Mit Blick auf die Möglichkeit von Zukunftswissen heißt es bei Rescher (2012, S. 157): »We can only make predictions about matters that lie, at least broadly speaking, within our cognitive horizons«.

  11. 11.

    Siehe zur Semiotik der Zukunftszeichen Steinmüller (2007a).

  12. 12.

    Bei Kymäläinen (2016, S. 339 f.) findet sich eine tabellarische Übersicht über die Technologien, die in der Literatur zum Science-Fiction Protoyping als Zieltechnologien gelten. Außer einer kleinen Erwähnung der bemannten Raumfahrt und der Organisationsanalyse stammen alle Technologien aus dem Bereich der Computertechnologie und insbesondere der digitalen Medien.

  13. 13.

    Hölscher bewegt sich im Kontext einer breiten Grundlage von Standardwerken zur Zukunftsforschung wie der Ideengeschichten Clarkes (1979), Polaks (1973) oder Bowlers (2017, hier insb. S. 69 ff.). Auch die kulturanthropologische Forschung, etwa Arjun Appadurais (2013, S. 285 ff.) Diskussion der Zukunft als kulturellem »Fakt«, oder Marc Augés (2015) kulturphilosophische Analysen sind zu nennen.

  14. 14.

    Siehe zu den kulturwissenschaftlichen Dimensionen der Beschäftigung mit Zukunft die Beiträge in Hartmann und Murawska (2015); Steinmüller (2007b) sowie Paul (2019). Zum Konzept der Critical Futures Studies im engeren Sinne Goode und Godhe (2017) sowie Godhe und Goode (2018).

  15. 15.

    Typisch ist dafür nach Marvin, dass über Medien die ›Anderen‹ zuallererst als ›Andere‹ erkannt werden, Medien also das Problem des ›cross-cultural understandings‹ aufwerfen und ideologisch zurichten.

  16. 16.

    Siehe zur Kontextualisierung des Afrofuturismus im Kontext weiterer »Ethnofuturismen« Avanessian und Moalemi (2018).

  17. 17.

    Eshun (2018, S. 46) macht dies an den Medien der 1990er-Jahre fest. Unter dem Eindruck der Reagan-Jahre, der Rüstungsspirale der 1980er-Jahre, man denke nur an die imaginaries rund um das US-amerikanische SDI-Programm (Franklin 2008, S. 200 ff.), ist das nicht unplausibel. Für unsere Begriffe setzt es aber zu spät an. Die Wurzeln liegen in den 1960er-Jahren (Andersson 2018). Einen Überblick über das Feld des »Science Fiction Criticism« gibt die Anthologie von Latham (2017).

  18. 18.

    Siehe hier auch die Diskussion von Science-Fiction in Jameson (2005); aus Perspektive der Science and Technology Studies wird die Fabrikation der Zukunft reflektiert bei Brown et. al. (2000).

  19. 19.

    Andere Begriffe, die wir hier aber nicht tiefergreifend diskutieren, sind »technoscientific imaginary« (Marcus 1995) oder »vanguard visions« (Hilgartner 2015) oder »Expectations« (Borup et. al. 2006; Van Lente 2012).

  20. 20.

    Siehe grundlegend zur neueren Wissenschaftsforschung auch Bloor (1976).

  21. 21.

    Ein schönes Beispiel für vergangene Technologie-Visionen in den USA und ihre Verflechtung mit Themen wie Gemeinschaft, Wohnen, Mobilität und Kriegführung bietet Corn und Horrigan (1984).

  22. 22.

    Der Begriff der »sociotechnical imaginaries« ist ausdrücklich als interdisplinärer Brückenbegriff gedacht. Siehe die entsprechende Forschungsplattform der Harvard-Universität http://sts.hks.harvard.edu/research/platforms/imaginaries/i.ant/imagination-in-science-and-technology/ (Zugegriffen: 25. Februar 2020). Auch andere Ansätze in den STS haben den Begriff der ›imaginaries‹ verwendet und ausgedeutet. Wir konzentrieren uns aber auf Jasanoff. Einen Gesamtüberblick geben McNeil et al. (2017) sowie Nerlich und Morris (2015), zu Jasanoffs Ansatz siehe Şahinol (2014).

  23. 23.

    Vgl. zur Formierung einer »national technopolitical identity« auch Felt (2013). Wie nah sich die Forschung zu »sociotechnical imaginaries« und die historische Zukunftsforschung zu Zukunftsimaginationen wie z. B. der »Energiewende« thematisch kommen, zeigt der Vergleich der Beiträge in Jasanoff und Kim (2015) sowie Andersson und Rindzeviciute (2015).

  24. 24.

    Vgl. zur Materialität und Performativität von Imagination Michael (2000) sowie Borup et al. (2006, S. 292 f.).

  25. 25.

    Vgl. zu Leitbildern in der Human-Computer-Interaction speziell auch Breuer (2001).

  26. 26.

    Siehe als Beispiel für die »Politik- und Gesellschaftsberatung« zu Technikzukünften acatech (2012). Methodisch interessant ist insbesondere der Abschnitt »Technikzukünfte als Aussagen über die Zukunft« (S. 19 ff.), in dem verschiedene Methoden der Vorhersage von Technikzukünften vorgestellt werden. Weitere Methoden werden bei Kosow und Gaßner (2008) vorgestellt. Die Gründe, warum dabei selten die Zukunft herauskommt, die man sich vorgestellt hat, analysieren van Riper (2013) sowie Geels und Smit (2000).

  27. 27.

    Siehe zu diesem Diskurs am Beispiel des 3-D-Drucks Schröter (2015) und als allgemeines Beispiel für eine technikgestützte politische Utopie Mason (2017).

  28. 28.

    Mit der Metapher des ›Tsunamis‹ werden von den Autoren des Modells ausdrücklich nicht die katastrophalen Effekte eines Medienwandels beschrieben, sondern es geht darum, strukturell den Prozess zu beschreiben, der dem Medienwandel zugrunde liegt (Glaubitz et al. 2011, S. 26).

  29. 29.

    Dies kann man auch als Phase der »interpretative flexibility« beschreiben, in der ausgehandelt wird, wie eine neue Technologie in das alltägliche Leben integriert werden kann (Natale und Balbi 2014, S. 208).

  30. 30.

    In dem Modell wird dies in Analogie zu Tsunamis als »Plurifikationslinien« bezeichnet.

  31. 31.

    Die Verdichtung durch die Faszinationskerne wird im Tsunami-Modell als ›sozio-technischer‹ Prozess gedacht. Im Anschluss an Bruno Latour und die Akteur-Netzwerk-Theorie wird die Technik von vorneherein als »stabilisierte Gesellschaft« (Glaubitz et al. 2011, S. 32 ff.) verstanden.

  32. 32.

    Wir folgen hier der englischen Fassung (Flichy 2007a). Flichy stützt sich dabei auf die Philosophie Paul Ricœurs. In Schröter (2004b) wurden dafür die Begriffe »vertikale« und »horizontale Utopie« verwendet. Eine kritische Durchsicht des Utopie-Begriffs mit Blick auf seine ideologischen Aspekte findet sich in Frederik Jamesons »Archaeologies of the Future« (2005), zu imaginaries und Ideologie siehe auch Steger (2008). Für eine kompakte Herleitung von Flichys Begriff von ›imaginary‹ siehe Flichy (2014, S. 698 ff.).

  33. 33.

    Der Begriff der Grenzobjekte, der von Susan Leigh Star entwickelt wurde, hat über die letzten Jahre viel Aufmerksamkeit erfahren. Flichys (2007a, b) Adaption des Grenzobjekt-Begriffes wird der Komplexität des Konzeptes nur bedingt gerecht. Siehe zur tiefergreifenden Fachdiskussion die Beiträge in Leigh Star (2017).

  34. 34.

    Siehe zu imaginaries rund um ›Wireless‹ und ›Mobile Media‹ Natale (2014) sowie Wythoff (2013, S. 52 ff.).

  35. 35.

    Eine öffentliche Inszenierung im Sinne eines »Theatre of Use« ist dabei noch einmal von der Dramaturgie öffentlicher Diskussionen um wissenschaftliche Empfehlungen und Berichte zu unterscheiden. Siehe dazu Hilgartner (2000).

  36. 36.

    Der Philosoph Nelson Goodman nennt diese Art der Bezugnahme auf ein Objekt eine »Exemplifikation« (Goodman 1997, S. 57 ff.).

  37. 37.

    Siehe zur Rolle des Star Trek-Franchises in der Geschichte des Computings Cuneo (2011), populärwissenschaftlich zu den Erfindungen in Star Trek auch Zitt (2014).

  38. 38.

    Die Rolle von »science consultants« in Hollywood wird bei Frank (2003) und Kirby (2003a, b) diskutiert, eine ausführliche Darstellung der Beziehung zwischen Wissenschaft und Hollywood bietet Kirby (2011).

  39. 39.

    Es könnte aufschlussreich sein, den Begriff der »diegetischen Prototypen« einerseits in Richtung der Realität mit einer Ethnografie von Prototypen (Suchman et al. 2002), andererseits in Richtung Fiktion mit einer Theorie der Gedankenexperimente abzugleichen (Macho und Wunschel 2004; Steinmüller 1999). Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, eine ›Alternative History‹ der imaginären Medien zu schreiben.

  40. 40.

    In Schröter (2004b, S. 31) werden unter Bezug auf Friedrich Kittler massenmediale Texte zu neuen Medien als »Gebrauchsanweisungen« beschrieben.

  41. 41.

    Siehe zur Debatte um das Verhältnis von Medien und Imaginärem auch Pfeiffer (1999).

  42. 42.

    Der Begriff der »Epistemé« geht auf den Philosophen Michel Foucault zurück und beschreibt die Wissensordnung einer Epoche (Foucault 1988, S. 24 f.).

  43. 43.

    Vgl. deutlich kritischer dagegen Bell und Dourish (2006) und Dourish und Bell (2011).

  44. 44.

    Wirklich klar ist der Name des Mediums im Film nicht. Die »Holosphere« wird im Film als Aufzeichnungsmedium der Visionen der Precogs dargestellt, ist aber auch ein treffender Begriff für den »transparent holospheric screen« (Golańska 2009, S. 175) des Interfaces. Siehe auch Mehnert (2019, S. 56 f.).

  45. 45.

    In der Wissenschaftsphilosophie spricht man z. B. von einer »Semiotisierung des Materialen« durch das Medium des 3-D-Druckers (Gramelsberger und Alpsancar 2015, S. 60 ff.).

  46. 46.

    Der Begriff ist in der Medienwissenschaft gängig. Wir verwenden ihn hier aber nicht im Sinne einer spezifischen Schule der ›Mediatisierungsforschung‹. Siehe dazu Hepp (2014).

  47. 47.

    Dieses Phänomen wird gegenwärtig in ganz unterschiedlichen Kontexten beobachtet, siehe im Kontext von Ethno- und Afrofuturismus die stark durch Autoren wie Jean Baudrillard inspirierten Bemerkungen zu »Auto-Realisierung« und »Hyperstition«. Die Grundidee ist, dass wir Phänomenen gegenüberstehen, die »sich selbst – und zwar aus der Zukunft – real werden lassen […]: Hyperstitions verweisen darauf, dass Zukunft möglicherweise vor der Gegenwart stattfindet« (Avanessian und Moalemi 2018, S. 15 f., hier 16).

  48. 48.

    Siehe zu Fragen der Medialität und Explizierbarkeit impliziten Wissens am Beispiel von Interfaces auch Ernst (2017a), Ernst (2017b), zur Ökonomisierung dieses Wissens Schröter (2017).

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Ernst, C., Schröter, J. (2020). Imagination und zukünftige Medien. In: Zukünftige Medien. Medienwissenschaft: Einführungen kompakt. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30059-3_3

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