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„The promised land“

Das Bild der Zukunft in Keynes’ „Economic Possibilities for our Grandchildren“

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Book cover Imagination und Bildlichkeit der Wirtschaft
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Zusammenfassung

Der Beitrag analysiert das Szenario, dass Keynes 1930 für die Situation nach 100 Jahren entworfen hat. Keynes entwickelte damals die Vorstellung, im Jahre 20130 müsse das ökonomische Problem der Knappheit gelöst sein. Seine Ansicht beruht auf der Hypothese absoluter Bedürfnisse, die nur operativ bzw. machbar befriedigt werden können. Dies impliziert einen in der ökonomischen Theorie verankerten Machtwillen bzw. einen „Willen zum Willen“ – eine spezifische Form der Einbildung, die „das Ökonomische“ zur „universellen zieldefinierenden Wahrheit der Erde“ gemacht hat.

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Notes

  1. 1.

    „My purpose in this essay, however, is not to examine the present or the near future, but to disembarrass myself of short views and take wings into the future. What can we reasonably expect the level of our economic life to be a hundred years hence? What are the economic possibilities for our grandchildren?“ (Keynes 2010, S. 322.).

  2. 2.

    Bei Keynes „the promised land“ bzw. „economic bliss“ (Keynes 2010, S. 321 bzw. S. 331.).

  3. 3.

    „But beware! The time for all this is not yet. For at least another hundred years we must pretend to ourselves and to every one that fair is foul and foul is fair; for foul is useful and fair is not. Avarice and usury and precaution must be our gods for a little longer still. For only they can lead us out of the tunnel of economic necessity into daylight.“ (Keynes 2010, S. 331.).

  4. 4.

    Dass dieses Vermögen – also die Möglichkeit – in der modernen Ökonomie nicht thematisch ist, mit einem Wort: der von der Ökonomie beanspruchte „Agnostizismus der Ziele“ hängt, wie sich zeigen wird, nicht lediglich an der Eingegrenztheit ihres vermeintlich nur die Beschaffung von Mitteln umfassenden Gegenstandsbereichs (der im Gegenteil, weil im neuzeitlichen Sinn methodisch geprägt, grundsätzlich unbegrenzt ist), sondern daran, dass im Willen zum Willen jedes Ziel gleich gilt als Mittel des allein auf sich selbst abzielenden, sich selbst wollenden Willens (s. unten die Ausführungen zum Willen zum Willen und Fn. 13).

  5. 5.

    Das „Andere zum Einerlei“ ist das Sein selbst als der Unterschied, insofern er sich zum Seienden unterscheidet.

  6. 6.

    Die Art und Weise der Einführung des Begriffs des Bösen steht hier von Anfang an im Dienst des Hinweises auf eine das Evangelium und die neuzeitliche Ökonomie prägende Erfahrung, die sich eben als eine bestimmte Erfahrung des Bösen auslegen lässt. Eine zureichendere Besinnung auf dieses Phänomen verlangte freilich einen zugleich freieren und strengeren Ansatz, der u. a. eigens auf den Zusammenhang des Bösen mit dem Willen eingehen müsste. Hier sei lediglich zu bedenken gegeben, dass es wesentlich zur Erfahrung des Bösen sowohl des Evangeliums als auch der Ökonomie gehört, dass dieses als ein zu Überwindendes, zu Besiegendes entgegentritt. Nietzsches Denken des Willens zur Macht steht im Äußersten dieser Erfahrung, indem es sie einerseits als „moralische“ überwindet, andererseits mit seinem „jenseits von Gut und Böse“ gesprochenen „Ja“ zum Erdenleben in gewisser Weise die Ausweglosigkeit der Erde endgültig besiegelt. (Einige vorläufige Gedanken zum Bösen in der Auseinandersetzung mit Heidegger und Leopardi finden sich in Verf. und G. Zaccaria, „Dies ultimus. Per una diagnosi del male nell’anamnesi dell’essere“. (De Gennaro und Zaccaria 2016, S. 1 ff.).

  7. 7.

    Das θεῖον ist den Griechen der befremdliche Anblick, der, ins Anwesende hereinblickend, dieses erst in die Helle des Anwesens hebt und darin hält und also in einer bewohnbaren Deutlichkeit als Anwesendes auszeichnet. Weil das Anwesen eben in dieser bewohnbaren Deutlichkeit (d. h. in einer irgendwie bestimmten Durchlässigkeit für die Deutung im Ganzen) beruht, ist das θεῖον notwendig ganz anders zum Anwesen selbst, d. h. aber wiederum ein (u. zw. zuhöchst und allein eigentlich) Anwesendes.

  8. 8.

    Übers. v. Verf. „Now for my conclusion, which you will find, I think, to become more and more startling to the imagination the longer you think about it./I draw the conclusion that, assuming no important wars and no important increase in population, the economic problem may be solved, or be at least within sight of solution, within a hundred years. This means that the economic problem is not—if we look into the future—the permanent problem of the human race.“ (Keynes 2010, S. 326.).

  9. 9.

    Das Mehr beruht in der weiter unten angesprochenen Einsatzfähigkeit für den Willen zum Willen.

  10. 10.

    Diese Steigerung bleibt unabhängig von einem quantitativen Wachstum, kann sich also auch auf dem Wege einer quantitativen Verringerung durchsetzen.

  11. 11.

    Inwiefern die maßgebliche angelsächsische Moralphilosophie bereits für die Herausbildung der neuzeitlichen Ökonomie vorgeprägt ist, muss der Gegenstand einer eigenen Untersuchung bleiben (vgl. dazu Simon 2016).

  12. 12.

    Die „falsche und trügerische Unsterblichkeit“ fasst Keynes wie folgt: „The “purposive” man is always trying to secure a spurious and delusive immortality for his acts by pushing his interest in them forward into time. He does not love his cat, but his cat’s kittens; nor, in truth, the kittens, but only the kittens’ kittens, and so on forward for ever to the end of cat-dom. For him jam is not jam unless it is a case of jam to-morrow and never jam to-day. Thus by pushing his jam always forward into the future, he strives to secure for his act of boiling it an immortality … Perhaps it is not an accident that the race which did most to bring the promise of immortality into the heart and essence of our religions has also done most for the principle of compound interest and particularly loves this most purposive of human institutions.“ (Keynes 2010, S. 330.) Purposive heißt „zielgerichtet, zweckorientiert“ und meint hier eine Ausrichtung, darin das Vorliegende grundsätzlich nur im Hinblick auf ein Darüberhinausliegendes in Betracht kommt.

  13. 13.

    Allerdings gehört, was hier nicht zu zeigen ist, zum Gründungssinn der modernen Ökonomie die Ausschaltung der Möglichkeit als solcher: das ökonomische Wissen geht unmittelbar und ausschließlich auf die Wirklichkeit als Bedingung des Willens zum Willen (s. oben Fn. 4).

  14. 14.

    In Keynes’ hier entworfener Darstellung der Befreiung des Menschen lässt sich unschwer eine neuzeitlich-ökonomische Version des Lehrstücks der platonischen Höhle aus dem siebten Buch der Politeia erkennen.

  15. 15.

    Übers. v. Verf. „But, chiefly, do not let us overestimate the importance of the economic problem, or sacrifice to its supposed necessities other matters of greater and more permanent significance. It should be a matter for specialists—like dentistry. If economists could manage to get themselves thought of as humble, competent people, on a level with dentists, that would be splendid!“ (Keynes 2010, S. 332.).

  16. 16.

    Die heute geläufige Rede von der „Ökonomisierung“ der verschiedensten Lebensbereiche trifft etwas Richtiges, bleibt nach Auffassung d. Verf. jedoch in diagnostischer Hinsicht unzureichend, solange nicht die dabei im Blick stehenden Phänomene aus dem hier durch den Hinweis auf den Willen zum Willen angedeuteten Geschichts-Raum bedacht sind.

  17. 17.

    „the most sure and certain principles of religion and traditional virtue“. (Keynes 2010, S. 330.).

  18. 18.

    Der Problemcharakter ist das willentliche (machenschaftliche) Unwesen des streithaften Wesens der Freiheit, das der Mensch als solcher durch das anfänglich erfahrene Böse hindurch austragen muss.

  19. 19.

    In einer Aufzeichnung von 1887 spricht Nietzsche – freilich aus seiner metaphysischen Grundstellung heraus – von der „unvermeidlich bevorstehenden Wirthschafts-Gesammtverwaltung der Erde“ und der Notwendigkeit eines Menschentyps, der diesem Werden nicht – wie der bisherige Mensch – aus einem „ökonomischen Optimismus“ begegnet; dieser Optimismus beruht in dem ganz ins Rechnungshafte verirrten Glauben, „mit den wachsenden Unkosten Aller [müsse] auch der Nutzen Aller nothwendig wachsen“ (Vgl. Nietzsche 1982, S. 462 f.; dazu De Gennaro 2012, S. 201 ff.).

  20. 20.

    Platon (2000, S. 509d–511e, 556–565).

  21. 21.

    … noch das dichtende Auge der Kunst.

  22. 22.

    Diesbezüglich bleibt – gerade im Hinblick auf jüngere Ansätze wirtschaftswissenschaftlicher Forschung – der Unterschied zwischen Erfahrung und experimenteller Erkenntnis zu beachten.

  23. 23.

    Übers. v. Verf. „Thus for the first time since his creation man will be faced with his real, his permanent problem—how to use his freedom from pressing economic cares, how to occupy the leisure, which science and compound interest will have won for him, to live wisely and agreeably and well.“ (Keynes 2010, S. 328.).

  24. 24.

    Zur Muße vgl. De Gennaro (2014, S. 5 ff.), sowie De Gennaro (2013, S. 43 ff.).

  25. 25.

    Man denke in diesem Zusammenhang an die „reine Dauer“ („durata pura“) des Futurismus (vgl. dazu Zaccaria 2016, S. 1 ff.).

  26. 26.

    Zur Zukunftsoffenheit der Ökonomie vgl. De Gennaro, Lüfter (2015), dort vor allem die Beiträge von Gedinat (2015) und Kazmierski (2015) sowie das Vorwort zum Band.

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De Gennaro, I. (2020). „The promised land“. In: Ötsch, W., Graupe, S. (eds) Imagination und Bildlichkeit der Wirtschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29411-3_9

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