Zusammenfassung
Mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge mit ihren spezifischen Merkmalen, wie sie in den Studiengangs- und Prüfungsordnungen festgehalten werden, hat der Diskurs um den Zeitaufwand von Studierenden mit dem Begriff des Workloads eine Renaissance erfahren. Dies u. a. in Verbindung mit einer besonderen Belastungswahrnehmung von Studierenden, die mit dem geforderten Arbeitsaufwand für die Studienprogramme verbunden zu sein scheint. Zu großen Teilen jedoch fokussieren die Workload-Diskurse stärker auf die Aspekte der Studienprogrammbeschreibung durch Credit Points basierend auf formalen Zeitinvestitionsannahmen, durch welche das Studieren innerhalb eines solchen Programms im Sinne von Transparenz und Vergleichbarkeit abgebildet werden soll. Weitgehend ungenügend beantwortet ist jedoch die Frage, inwiefern die Studienprogrammbeschreibungen auf der Basis von formalen Workloads und Credit Points das tatsächliche Lernen und Studieren innerhalb eines solchen Programms abbilden können. Dies nicht nur hinsichtlich des absoluten Arbeitsaufwandes, sondern auch hinsichtlich dessen Verteilung und dessen Rolle für das Lern- und Studierhandeln. Diesen Aspekten geht der nachfolgende Beitrag nach. Hierzu werden empirische Daten einer detaillierten, sechsmonatigen Tagebuchstudie herangezogen, die bei Studierenden lehramtsbezogener Masterstudiengänge an der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt wurde.
Original erschienen in Hochschulentwicklung/-politik (HSW) 4/2012, S.79–87.
Ich danke sehr herzlich Frau Christiane Giegling für die vielfältige administrative Unterstützung und Herrn Max Sagebaum für die umfangreichen Programmierarbeiten und technischen Unterstützungsleistungen bei der Umsetzung dieser Tagebuchstudie. Zudem möchte ich mich an dieser Stelle bei den teilnehmenden Studierenden für ihr Interesse und ihre Ausdauer bedanken.
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Notes
- 1.
Zur qualitativen Differenzierung der durch die aufgewendete Arbeitsmenge erbrachten Leistung dient schließlich das Benotungssystem.
- 2.
Damit zeigt sich der Anteil der erwerbstätigen Studierenden in der Erhebungsgruppe höher als im Durchschnitt für die Studierenden des Master of Education erwartbar. Generell gehen in dieser Studierendengruppe ca. 67 % der Studierenden einer Erwerbstätigkeit nach (vgl. Kuhlee et al. 2009, S. 37).
- 3.
So wurden bei entsprechenden Belastungserlebensuntersuchungen auf der Basis des PSQ für unterschiedliche Personengruppen PSQ-Mittelwertausprägungen dokumentiert, beispielsweise bei Medizinstudenten (MW = 0,34, sd = 0,16), bei psychosomatischen Patienten (MW = 0,52, sd = 0,18) (vgl. Fliege et al. 2001).
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Kuhlee, D. (2020). Brauchen wir eine Workload-Diskussion? Zur Rolle formaler Studienworkloads für das Lern- und Studierhandeln. Eine empirische Studie bei Lehramtsstudierenden des Master of Education. In: Großmann, D., Engel, C., Junkermann, J., Wolbring, T. (eds) Studentischer Workload. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28931-7_12
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