Zusammenfassung
Der Aufsatz reformuliert digitalisiert gezählte Schrittpraktiken als hybridisierte ästhetische Praktiken. Die Überlegung fußt auf Auseinandersetzungen mit der Bedeutung von Bewegung und deren (empirische) Beobachtung sowie diesbezüglichen ästhetischen Aspekten. Wir betrachten dazu zunächst soziokulturelle und anthropologische Bedeutungen von Bewegung. Dabei werden Fragen nach der Bedeutungsverschiebung des Verhältnisses von Leib und Körper ebenso bearbeitet, wie daran anschließende Fragen nach der Verdinglichung des Selbst im Kontext des gesellschaftlichen Trends, Wertzuweisungen zunehmend mithilfe quantitativ fassbarer Indikatoren vorzunehmen. In Hinblick auf die Ästhetisierung von Bewegung schlagen wir in der Gegenüberstellung ‚traditionaler‘ Schrittpraktiken, die ohne digitalisiertes Zählen und Messen auskommen, mit digitalisiert gezählten Bewegungspraxen vor, letztere als hybridisierte Praktiken zu konzipieren. Anhand von empirischen Beispielen zeigen wir auf, inwiefern innerhalb von Selbstvermessungs-Apps und -Gadgets sowie Schrittzählpraktiken Ästhetisierungen zum Tragen kommen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
Die Namen der Interviewten wurden maskiert.
Literatur
Alkemeyer, T. (2003): Bewegen als Kulturtechnik. Neue Sammlung. Vierteljahres-Zeitschrift für Erziehung und Gesellschaft, 43 (3), S. 331–347.
Bitkom (2016): Fast ein Drittel nutzt Fitness-Tracker. Abgerufen am 23.01.2017 unter https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Gemeinsame-Presseinfo-von-Bitkom-und-BMJV-Fast-ein-Drittel-nutzt-Fitness-Tracker.html.
Bohn, C. (2012): Bildlichkeit und Sozialität. Welterzeugung mit visuellen Formen. In: Soziale Systeme 178 (2012), Heft 1 + 2, S. 40–68.
Böhme, G. (2003): Leibsein als Aufgabe. Leibphilosophie in pragmatischer Hinsicht. Kusterdingen: Die Graue Edition.
Bourdieu, P. (1993): Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2015): Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Burckhardt, L. (2006): Warum ist Landschaft schön? Die Spaziergangswissenschaft. Berlin: Martin Schmitz Verlag.
Busch, B. (1995): Belichtete Welt. Eine Wahrnehmungsgeschichte der Fotografie. Frankfurt: Fischer Taschenbuch.
Foucault, M. (2014): Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Fuchs, T. (2015): „Körper haben oder Leib sein“. In: Gesprächspsychotherapie und personenzentrierte Beratung, 3/15, S. 147–153.
Gebauer, G. (2004): Ordnung und Erinnerung. Menschliche Bewegung in der Perspektive der historischen Anthropologie. In: Klein, G. (Hrsg.): Bewegung. Sozial- und kulturwissenschaftliche Konzepte. S. 23–41. Bielefeld: transcript.
Heintz, B. (2010): Numerische Differenz. Überlegungen zu einer Soziologie des (quantitativen) Vergleichs. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 39, Heft 3, Juni 2010, S. 162–181.
Hugger, K.-U. & Walber, M. (2010). Digitale Lernwelten: Annäherungen aus der Gegenwart. In K.-U. Hugger & M. Walber (Hrsg.): Digitale Lernwelten. Konzepte, Beispiele und Perspektiven (S. 9–18). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Iske, S. & Meder, N. (2010). Lernprozesse als Performanz von Bildung in den Neuen Medien. In K.-U. Hugger & M. Walber (Hrsg.): Digitale Lernwelten. Konzepte, Beispiele und Perspektiven (S. 21–37). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Klinge, D. (2018): Die (implizite) Pädagogik von Self-Tracking - Handlungspraxis und Vermittlungsweisen der EntwicklerInnen im Spannungsfeld von Entrepreneurship, Technik und Design. In: Houben, D./Prietl, B. (Hrsg): Datengesellschaft. Einsichten in die Datafizierung des Sozialen. Bielefeld: Transcript.
Klinge, D. & Krämer, F. (2018): Gesundheitspädagogische Ansprüche des Self-Trackings: Was schreiben EntwicklerInnen in Apps und Geräte ein und wie gehen NutzerInnen damit um? In: Brüninghaus, A./Heyen, N./Dickel, S. (Hrsg.): Personal Health Science. Persönliches Gesundheitswissen zwischen Selbstsorge und Bürgerforschung. Wiesbaden: VS Verlag.
Lorenz, T. (1990): Die Psyche zählt statt erzählt. Zur Entdeckung einer kinemato-graphischen Mathematik der Seele. In: Hörisch, J. (Hrsg.): Armaturen der Sinne. Literarische und technische Medien 1870 bis 1920. S. 247–264. München: Wilhelm Fink.
Manhart, S. (2008): Vermessene Moderne. Zur Bedeutung von Maß, Zahl und Begriff für die Entstehung der modernen Kultur. In: Baecker, D./ Kettner, M./ Rustemeyer, D. (Hrsg.): Über Kultur. Theorie und Praxis der Kulturreflexion. S. 191–218. Bielefeld: transcript.
PwC PricewaterhouseCoopers AG (2015): Media Trend Outlook. Wearables: Die tragbare Zukunft kommt näher. Abgerufen am 23.01.2017 unter https://www.pwc-wissen.de/print_medium.php?code=15b6d1ea9a02f4ad0e17cda00d5ef16a.
Reckwitz, A. (2015): Ästhetik und Gesellschaft – ein analytischer Bezugsrahmen. In: Reckwitz, A./ Prinz, S./ Schäfer, H. (Hrsg.): Ästhetik und Gesellschaft. Grundlagentexte aus Soziologie und Kulturwissenschaften. S. 13–52. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Rustemeyer, D. (2009): Diagramme. Dissonante Resonanzen: Kunstsemiotik als Kulturtheorie. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.
Schäffer, B. (2015): Die Quantifizierung des Humanen. In: Pietraß, M. (Hrsg.): Krise und Chance: Humanwissenschaftliche Perspektiven. S. 42–47. Universität der Bundeswehr München.
Schäffer, B. (2017): Organisationale Selbstbeschreibungen im Medium von Zahlen – Perspektiven dokumentarischer Zahlinterpretation. In: Amling, Steffen/ Vogd, Werner (Hrsg.) (2017): Dokumentarische Organisationsforschung – Perspektiven der praxeologischen Wissenssoziologie. Opladen: Budrich Verlag, S. 76–96.
Thoreau, H. D. (2013) [1862]: Vom Wandern. Stuttgart: Reclam.
Tudor-Locke, C. & Basset, D. R. (2004): How many Steps/Day Are Enough? Sports Medicine, Jg. 34, Heft 1, S. 1–8.
Vidal, M. (2008): Time and Motion Study. In: Darity, W. A. Jr. (Hrsg.): International Encyclopedia of the Social Sciences. S. 365–366. Detroit: Macmillan Reference USA. Abgerufen am 23.06.2017 unter http://go.galegroup.com.0082cf3h1045.emedia1.bsb-muenchen.de/ps/retrieve.do?resultListType=RELATED_DOCUMENT&userGroupName=bayern&inPS=true&contentSegment=9780028661179&prodId=GVRL&isBOBIndex=true&docId=GALE|CX3045302751#365.
Vormbusch, U. (2012): „Die Herrschaft der Zahlen. Zur Kalkulation des Sozialen in der kapitalistischen Moderne“, Frankfurt/New York: Campus Verlag.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Krämer, F., Schäffer, B., Klinge, D. (2020). Gezählte Schritte sehen. Zur Transformation ästhetischer Bewegungserfahrungen im Rahmen digital unterstützter Zählpraktiken. In: Iske, S., Fromme, J., Verständig, D., Wilde, K. (eds) Big Data, Datafizierung und digitale Artefakte. Medienbildung und Gesellschaft, vol 42. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28398-8_11
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-28398-8_11
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-28397-1
Online ISBN: 978-3-658-28398-8
eBook Packages: Education and Social Work (German Language)