Zusammenfassung
Der Beitrag betrachtet die Auswirkungen der Einführung neuer Akteure in Folge der empirischen Wende zu Beginn der 2000er Jahre, denen in Form von Vergleichsarbeiten, Schulinspektionen und ähnlichen empirischen Instrumenten primär die Aufgabe der Beibringung von Evidenz übertragen wurde. In der dadurch erheblich irritierten Akteurskonstellation mangelt es bis heute an einer Klärung, wer mit welcher Funktion welche Aufgabe und Rolle zu übernehmen hat. Das institutionelle Gefüge ist deshalb deutlich fragiler, als der Diskurs über die Neue Steuerung im Bildungssystem prima facie annehmen lässt, unter anderem aufgrund der Eigenlogik der verschiedenen Akteure, ihrer unterschiedlichen Funktionen und der sich daraus ergebenden Handlungsformen. Der Beitrag schlägt vor, diese mehrfach komplexe Ausgangslage stärker von den Funktionen als von den Akteuren selbst her zu gestalten. Er mündet in einem Plädoyer für eine konstruktive Grenzarbeit zwischen den unterschiedlichen Akteuren, womit das bewusste und von den Beteiligten akzeptierte Überschreiten institutioneller Grenzen (Funktionsgrenzen, Akteursgrenzen, Handlungsgrenzen) gemeint ist, das von der Fiktion einer strikten Rollenteilung und -abgrenzung absieht.
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Wenn hier und im Folgenden von Schulinspektion gesprochen wird, so sind damit sämtliche deutschsprachigen Institutionen gemeint, deren Aufgabe die externe Überprüfung und Bewertung schulischer Qualität mit dem Ziel der Rechenschaftslegung und Schulentwicklung ist, also auch die Qualitätsanalyse, Schulvisitation, Externe Evaluation, Fremdevaluation o. ä.
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Diedrich, M. (2020). Die veränderte Rolle der intermediären Akteure. In: Klein, E., Bremm, N. (eds) Unterstützung – Kooperation – Kontrolle. Educational Governance, vol 48. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28177-9_3
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