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Die hochqualifizierten Transmigrantinnen: Bildungswege und Migrationserfahrungen

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Hochqualifizierte Transmigrantinnen

Part of the book series: Interkulturelle Studien ((IKS))

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Zusammenfassung

Nach Mecheril werden Migrant*innen aus der transnationalen Perspektive „als aktive Subjekte verstanden, die Migrationsprozesse aktiv gestalten“. In dieser Betrachtungsweise lassen sich die folgenden Einzelfallportraits von vier ausgewählten Interviewpartnerinnen – Rüya, Tülay, Beril und Deniz – analytisch in den Blick nehmen. Sie treten als handlungsmächtige Akteurinnen in Erscheinung und bieten Einblicke in ihre subjektiven Erfahrungswelten.

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Notes

  1. 1.

    Türkischer Schwarztee und türkischer Kaffee.

  2. 2.

    Kinder aus Einwanderungsfamilien erfahren häufig Benachteiligung im bundesdeutschen Bildungswesen bspw. dadurch, dass sie für einen Zugang zu Bildungsinstitutionen höhere Barrieren zu überwinden haben: Gerade die Bildungsforschung zeigt auf, dass Schulkarrieren und soziale Herkunft korrelieren, was insbesondere Kinder und Jugendliche aus Einwanderungsfamilien betrifft (vgl. Stojanov 2010, S. 79; Rosen 2011, S. 32 f.).

  3. 3.

    Dass Schüler*innen aus Einwanderungsfamilien „herkunftsbenachteiligt“ (Stojanov 2010, S. 79) sind, verstößt gegen das Prinzip der Chancengleichheit.

  4. 4.

    Aladin El-Mafaalani präsentiert eine gute Zusammenstellung von Forschungsarbeiten zum Bildungsaufstieg türkeistämmiger Kinder aus „Gastarbeiter*innen“-Familien (vgl. 2012, S. 55 ff.).

  5. 5.

    Viele Frauen der ersten Generation, wenden sich nach einer gewissen Zeit als Arbeiterin der Selbstständigkeit zu, sodass Mitte der 1990er nahezu „jeder 10. türkische Selbständige eine Frau“ (Zentrum für Türkeistudien 1995, S. 21) ist. Auffallend ist hier, wie auch auf Rüyas Mutter zutreffend, die Vielzahl der selbstständigen Änderungsschneidereibesitzerinnen (vgl. ebd.).

  6. 6.

    Allerdings verortet Rüya die mazedonische Herkunft ihrer Mutter mal Richtung Bosnien („mit mazedonischen bosnischen Wurzeln“, Z 679), dann Richtung Albanien („albanisch mazedonische Frauen sind sehr starke Frauen“, Z 1432).

  7. 7.

    „Meine Entscheidung für mich, hier zu leben, ist schön, aber man, ist auch schön, einfach die Möglichkeit zu haben, man weiß, man kann auch wieder, immer wieder zurückkehren“ (Z 677–679).

  8. 8.

    Essentialistisch bedeutet in Anlehnung an Huntington, dass Kulturen als in sich geschlossene und unvereinbare Einheiten verstanden werden.

  9. 9.

    In der Türkei können Frauen acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt ihres Kindes einen Mutterschaftsurlaub beantragen, anschließend können sie weitere sechs Monate unbezahlten Mutterschaftsurlaub nehmen oder eine Verkürzung ihrer Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn beantragen (vgl. Rumpf 2018, S. 9).

  10. 10.

    Ausgrenzungserfahrungen, wie zuvor von Rüya aufgezeigt, scheint Tülay nicht in dieser Form zu erleben.

  11. 11.

    Sie spricht an dieser Stelle zwar vom „Abitur“, hat aber das Fachabitur gemacht, worauf sie später auch nochmals bezüglich ihrer Studiengangwahl zu sprechen kommt.

  12. 12.

    Fatih Akin ist ein Regisseur, der in Deutschland als Sohn türkeistämmiger Einwander*innen geboren wurde. In vielen seiner Filme setzt er sich mit den Lebenswelten von Einwander*innen auseinander.

  13. 13.

    Mecheril unterscheidet vier Modifikationen des Heimatverständnisses Anderer Deutscher: Egozentrierung, Personalisierung, Hedonisierung und Rationalisierung (vgl. ebd. 1994b, S. 71). Rationalisierung verweist auf folgendes Heimatverständnis: „Heimat ist da, wo ich mit geltenden Regeln und Werten einverstanden bin“ (ebd.).

  14. 14.

    2013 führt die Planung Erdoğans, den Gezi-Park in Istanbul zu einem Einkaufszentrum umbauen zu lassen, zu landesweiten Protesten, die sich bald vor allem gegen den Regierungsstil Erdoğans richten (vgl. Nordhausen 2013).

  15. 15.

    Die Präsidentschaftswahl in der Türkei, bei der Erdoğan direkt mit absoluter Mehrheit gewählt wurde, fand am 10.08.2014 statt. Das Interview mit Tülay habe ich wenige Tage vorher geführt.

  16. 16.

    Im Januar 2018 kontaktiere ich Tülay und erfahre, dass sie weiterhin in der Türkei lebt. Die Politik sei zwar sehr turbulent, wirke sich aber nicht auf ihren Alltag aus.

  17. 17.

    Bildungskarrieren werden besonders stark von der sozialen und ethnischen Herkunft beeinflusst, wobei auch das Geschlecht eine Rolle spielt: Jahrzehntelang waren Mädchen aus Arbeitsfamilien stark benachteiligt, aktuell werden Söhne aus Einwanderungsfamilien als „Problemfälle“ in den Bildungsinstitutionen wahrgenommen (vgl. hierzu El-Mafaalani 2012, S. 21 ff.).

  18. 18.

    Mit dem Begriff der „Individualisierung“ beziehen sich die Soziolog*innen Ulrich Beck und Elisabeth Beck-Gernsheim zum einen auf „die Auflösung vorgegebener sozialer Lebensformen“ (ebd. 1994, S. 11, Hervorhebung im Original), darunter die Dekonstruktion von Kategorien wie Klasse oder Geschlecht. Zum anderen verweisen sie kritisch auf neue Kontrollmechanismen moderner Gesellschaften: „Über Arbeitsmarkt, Wohlfahrtsstaat und Bürokratie wird er in Netze von Regelungen, Anspruchsvoraussetzungen eingebunden […], es ist ein alles andere als gesellschaftsfreier Raum, in dem sich die modernen Subjekte mit ihren Handlungsoptionen bewegen“ (ebd., S. 12).

  19. 19.

    Der Politikwissenschaftler Alper Baysan hat die Zielsetzungen deutsch-türkischer Studierender für einen Erasmus-Aufenthalt in Istanbul untersucht. Die am meisten genannten Gründe für Istanbul als Erasmus-Ort waren: Interesse am Leben in Istanbul, Verbesserung der Sprachkenntnisse und die Suche nach den „eigenen Wurzeln“ (vgl. ebd. 2013, S. 276). Im Gegensatz zu Beril äußerten die Studienteilnehmenden Baysans keine endgültigen Auswanderungsinteressen.

  20. 20.

    Der Soziologe Albert Scherr bestätigt, dass sich bedingt durch globale Ungleichheiten sowohl Privilegien als auch Benachteiligungen auf die qua Geburt erworbene Staatsbürgerschaft zurückführen lassen (vgl. ebd. 2017, S. 52).

  21. 21.

    Tatsächlich haben ehemalige türkeistämmige Staatsbürger*innen sowie deren Nachfahren Anspruch auf eine Mavi Kart, auch als „blaue Karte“ bekannt (vgl. Hanewinkel 2012b). Die Karte überträgt den entsprechenden Personen ohne Einschränkungen u. a. das Aufenthaltsrecht und das Recht auf Berufsausübung (vgl. ebd). Abgesehen vom Wahlrecht und dem Recht, öffentliche Ämter auszuüben, sind Inhaber*innen der Mavi Kart somit nahezu türkischen Staatsangehörigen gleichgestellt (vgl. ebd.).

  22. 22.

    Während ihrer Stegreiferzählung unterbreche ich Beril nicht, um sie auf die Selbstbezeichnung als „Rückkehrer“ anzusprechen. Als ich sie anschließend dazu befrage, ob sie den Ausdruck passend für sich finde, antwortet sie: „Der, das ist eigentlich ein/eh/falscher Begriff natürlich. Aber dadurch, dass man halt immer das Wort hört, eignet man es ich an. Also zum Beispiel der Rückkehrer-Stammtisch/ehm/der besteht zu 80 % bestimmt aus Leuten wie ich, die halt migriert sind und nicht zurückgekehrt sind. Aber der Grund, warum ich den Begriff Rückkehrer fälschlicherweise benutze ist nur, dass das halt der gängige Begriff ist“ (Z 1401–1405). – Was würdest du da sagen, was für dich passt als Bezeichnung? – „Ich bin eigentlich Migrantin. Ich bin hierher migriert. (Lachen) Ich bin hierher gezogen“ (Z 1411–1412).

  23. 23.

    Die Transnationalismusforscherin Julia Splitt hat die transnationalen Biographien deutsch-türkischer Callcenter-Agents in Istanbul eruiert. Aus Gründen der Kostenersparnis werden Callcenter-Dienstleistungen von deutschen Unternehmen seit Beginn der 2000er Jahre in die Türkei verlagert. Die Arbeit im Callcenter ermögliche es, „ihr migrationsbiographisch bedingtes kulturelles Kapital, vor allem ihre deutschen Sprachkenntnisse beruflich einzusetzen“ (Splitt 2013, S. 254). Zudem verweist Splitt auf die Verschränkung der Auslagerung von Callcenter-Arbeit und transnationaler Migration im deutsch-türkischen Raum (vgl. ebd., S. 261).

  24. 24.

    Später habe sich herausgestellt, dass Beril und ihr späterer Ehemann stets im gleichen Ort ihre Sommerurlaube verbracht und sich in einem größeren Freundeskreis bereits ein Mal begegnet seien. Dass sie sich zuvor nicht füreinander interessiert hätten, begründet Beril mit dem Altersunterschied von acht Jahren, „er war halt nicht mein Jahrgang zu der Zeit (Lachen)“ (Z 1168).

  25. 25.

    Ein vier Wochen lang getrennter Urlaub scheint, unabhängig von der kulturellen oder ethnischen Herkunft, eher ungewöhnlich. Ihre Argumentation führt Beril jedoch auf „typisch türkische“ Einstellungen über Beziehungen und Freiheiten zurück.

  26. 26.

    Berils Kritik an der türkischen Gesellschaft bezieht sich auf nationalistische Einstellungen und ein Ausgrenzen von Minderheiten, wovon sie sich klar distanziert.

  27. 27.

    Castro Varela definiert, dass Diskriminierungen für Minorisierte „sich wiederholende Alltagserfahrungen [sind, die] in einem engen Zusammenhang mit einseitigen hegemonialen Zuschreibungen“ (ebd. 2007, S. 62) stehen.

  28. 28.

    Das Alevitentum ist eine dem Islam zugeordnete Glaubensrichtung, deren Mitglieder v. a. in der Türkei leben. Alevit*innen werden von Sunnit*innen unterdrückt, da sie eine unterschiedliche Einstellung zu Verboten und Geboten aus dem Koran befolgen (vgl. Dreßler 2014).

  29. 29.

    Das als „bozuk“ bezeichnete gebrochene Türkisch ist eine Gemeinsamkeit vieler Jugendlicher der zweiten Generation und wird weder in der Türkei noch von den Eltern vollständig verstanden (vgl. Ha 1999, S. 45).

  30. 30.

    Davon ausgehend, dass mit einer Heirat auch eine Familiengründung einhergeht, entspricht die Devise Deniz’ Vaters, „erst studieren, dann heiraten“ (Z 485–486), der in Deutschland vorherrschenden „biografische(n) Regel“ (Helfferich, Klindworth 2014, S. 221), die davon ausgeht, dass vor der Geburt des ersten Kindes der Abschluss einer Berufsausbildung erreicht sein sollte. „In Deutschland steht das Alter bei der Geburt des ersten Kindes in einem engen, wechselseitigen Bedingungsverhältnis mit dem Bildungsniveau“ (ebd.). Demnach seien Frauen mit einer niedrigeren Qualifikation bei der Geburt ihres ersten Kindes in der Regel jünger als höherqualifizierte Frauen (vgl. ebd.). Offen sei „ob und wie dieser Zusammenhang Migrantinnen betrifft“ (ebd.).

  31. 31.

    Die „Böhsen Onkelz“ ist eine deutsche Rockband, die aufgrund rechtsextremer Texte umstritten ist.

  32. 32.

    Deniz sagt, sie habe „freiwillig“ (Z 1416) als Basketball-Trainerin während ihrer Schulzeit gearbeitet und dafür monatlich „eine Vergütung“ (Z 1416–1417) bekommen. Dabei könnte es sich bspw. um eine Ehrenamtspauschale oder Aufwandsentschädigung handeln.

  33. 33.

    Die Stadt gilt häufig mehr als Bezugspunkt für Transmigrant*innen als das Land im Sinne des Nationalstaates. So spielen kosmopolitische Orte wie Istanbul eine zentrale Rolle für die Erfüllung von Erwartungen an ein transnationales Leben.

  34. 34.

    „Schwarzkopf“ ist eine Selbstbezeichnung, die sich bei türkeistämmigen Personen in Deutschland etabliert hat. Es gilt als rassistisch, wenn „Deutsche“ entsprechende Personen als „Schwarzkopf“ bezeichnen: „Besonders die Benutzung des Begriffes ‚Schwarzkopf‘ hat die Verinnerlichung der Fremdwahrnehmungen in Ausdruck gebracht, indem askriptive Merkmale – wie die ethnische Herkunft – durch visuelle ersetzt werden und als Unterscheidungskriterien vorkommen“ (Nergiz 2011, S. 73; Hervorhebung im Original).

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Warrach, N. (2020). Die hochqualifizierten Transmigrantinnen: Bildungswege und Migrationserfahrungen. In: Hochqualifizierte Transmigrantinnen. Interkulturelle Studien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27705-5_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-27705-5_6

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-27704-8

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