Nach einem Trauma oder einer Operation ist in der physiotherapeutischen Behandlung stets das Ziel, die Funktion auf Struktur- und Aktivitätsebene wiederzuerlangen als Voraussetzung und Vorbereitung, den Übertrag auf die Partizipationsebene zu ermöglichen und/oder zu erleichtern. Hierfür muss als Grundvoraussetzung die funktionelle Integrität auf Gewebeebene wiedererlangt werden. Dies geschieht vornehmlich durch eine Operation oder Ruhigstellung der betroffenen Gewebe. In der physiotherapeutischen Nachbehandlung werden sogenannte funktionelle Reize gesetzt, welche die Absicht besitzen, diese betroffene Struktur auf Zellebene inklusive der Extrazellulären Matrix (EZM) positiv zu beeinflussen. Lassen nach einem Trauma oder einer Operation die orthopädischen Limiten eine funktionelle Reizgebung zu, greift das Verständnis der funktionellen Ausrichtung der betroffenen Gewebe analog der bekannten Gewebephysiologie und Wundheilungsphysiologie (vgl. Van den Berg 2011; Koller 2017). Kann aber durch einen „Fixateur externe“ oder eine zirkuläre Gipsanlage nur bedingt oder gar nicht funktionell gereizt werden, stellt sich unweigerlich die Frage: „Wieviel funktioneller (mechanischer) Reizgebung bedarf es, damit auf Zellebene (also im Gewebe) Vorgänge in Aktion treten, welche das Gewebe auf den äußeren Reiz adaptieren lassen?“ Bekannt ist wenn keine mechanischen Reize von außen appliziert werden, keine funktionelle Ausrichtung stattfindet und wenn zu viele mechanische Reize von außen wirken, reagiert das Gewebe mit einer Überlastungsreaktion (Zellschaden → erneute Entzündungsreaktion) (vgl. Andalib et al. 2016; Balestrini et al. 2009; Bouffard et al. 2008; Koller 2016; Koller et al. 2017). Aber welche Dosierung ist während den Wundheilungsphasen bei welchem Gewebe adäquat in Bezug auf eine funktionelle Reizgebung auf Zellebene? Im Folgenden werden physiologische Grundlagen diesbezüglich erläutert und in einer „Klinischen Konklusion“ die gewebespezifischen Eigenheiten zusammengeführt.