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Geschichte der Privatisierung in Deutschland und Europa

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Vom Staat zum Markt

Part of the book series: Grundwissen Politik ((GPOL))

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Zusammenfassung

Das Kapitel befasst sich zunächst mit der Privatisierungspolitik in Deutschland. Es beschreibt deren Etappen bis 1990 und nimmt dann die Entwicklung der Privatisierungen in Ostdeutschland nach 1990 unter den Maßgaben der Treuhandanstalt in den Blick. Es stellt anschließend die Privatisierungspolitik (organisatorische und funktionale Privatisierung) bis 1990 vor und widmet sich dann – unter veränderten Bedingungen von Wirtschaftskrise und Parteiendifferenz – der Entstaatlichung in Deutschland ab 2005. In einem zweiten Schritt skizziert das Kapitel die Privatisierung in Europa. Es wendet sich (als einem beispielhaften Fall) der neoliberalen Privatisierung in Großbritannien seit 1979 und anschließend den postsozialistischen Privatisierungen in Mittel- und Osteuropa seit 1989/90 zu. Nach einer Darstellung der EU-Binnenmarkt-getriebenen Privatisierungen der 1990er Jahre wird die kriseninduzierte Entwicklung seit 2008 umrissen.

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Notes

  1. 1.

    Die folgende Darstellung lehnt sich in großen Teilen an Sack (2009, S. 87–98) an.

  2. 2.

    In diesem wurde ausdrücklich ordnungspolitisch argumentiert, indem man sich von bisherigen Wirtschaftskonzeptionen distanzierte. In dem Gesamtkonzept wurde eine „Neujustierung des Verhältnisses von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ (Himmelmann 1988, S. 118) vorgenommen, insoweit der Vorrang privater Initiative und die Einschränkung staatlicher unternehmerischer Betätigung propagiert wurden. In dem Konzept heißt es: „Privates Eigentum und privatwirtschaftlich, durch Markt und Wettbewerb gesteuerte und kontrollierte unternehmerische Tätigkeit gewährleisten am besten wirtschaftliche Freiheit, ökonomische Effizienz und Anpassung an sich verändernde Märkte“ (Himmelmann 1988, S. 118; s. a. Knauss 1988, S. 169–170).

  3. 3.

    Parallel zur Schlussbearbeitung der vorliegenden Monografie erschien 2018, die mit über ca. 760 Seiten bislang umfangreichste historische Aufarbeitung der Geschichte der Treuhandanstalt (Böick 2018).

  4. 4.

    Dass dieses Argument weiterhin aktuell ist, zeigt ein Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium zum Investitionsbedarf in öffentliche Infrastrukturen (Expertenkommission 2015), auf das schon in Abschn. 7.4.2 hingewiesen wurde.

  5. 5.

    Unter Korporatismus versteht man die systematische Einbindung von Verbänden in die politische Entscheidungsfindung und die öffentliche Leistungserbringung.

  6. 6.

    Beim Bundesbauministerium war zwischenzeitlich bereits eine Arbeitsgruppe zu Leasingmodellen im öffentlichen Hochbau eingerichtet worden (Christen 2003).

  7. 7.

    Die Datenbank bietet nicht nur die Möglichkeit, die nachfolgende Statistik zu aktualisieren, sondern auch einzelne Projekte bzw. Projektgruppen (etwa Schulprojekte in Kommunen) zu identifizieren https://www.ppp-projektdatenbank.de/index.php?id=9, 13.11.2018.

  8. 8.

    Es handelt sich um eine Form der Verbriefung, durch die Zinsen für die Kredite der privaten Unternehmen gesenkt werden können.

  9. 9.

    Verwiesen wird in diesem Zusammenhang aber auf die Evaluierung von 16 in Betrieb befindlichen Projekten nach Abschluss der Bauphase. Demnach seien bei zehn Projekten die Effizienzerwartungen bei Vertragsschluss bestätigt, bei drei Projekten leicht übertroffen und bei drei nicht vollständig erfüllt worden (Partnerschaft Deutschland 2014, S. 21).

  10. 10.

    Eine Prozessanalyse zu dieser Privatisierungsinitiative, die sich am Konzept der vergleichenden Staatstätigkeitsforschung orientiert, liefert Sack (2018).

  11. 11.

    Neben den zwei genannten Banken (und der IKB) waren auch vier Landesbanken von der Krise 2008 besonders betroffen, nämlich die HSH Nordbank, BayernLB, SachsenLB und WestLB. Während die letztgenannte Bank abgewickelt wurde, wurde die anderen durch Bürgschaften und Eigenkapitalhilfen der betroffenen Länder abgesichert (Demary und Schuster 2013, S. 22). Sie fusionierten (in Teilen) mit anderen Landesbanken (WestLB und SachsenLB). Im Dezember 2018 wurde die HSH Nordbank privatisiert (FAZ 11.12.2018).

  12. 12.

    Bemerkenswert ist im genannten Zeitraum, dass sich die Konzepte der Beteiligungsverwaltung durch die Bundesregierung gewandelt haben. Mittlerweile wurde ein standardisiertes Beteiligungsmonitoring eingeführt. Die Bundesregierung dringt zudem darauf, dass Unternehmen, an denen sie sich beteiligt, sich dem Deutschen Nachhaltigkeitsindex anpassen und der Anteil von Frauen in Leitungspositionen erhöht wird (Bundesfinanzministerium 2017, S. 8–27).

  13. 13.

    Seit Mitte der 1990er Jahre kam es in den Städten und Gemeinden zu einem besonderen Intermezzo der Privatisierung, nämlich der Nutzung von CBL-Vertragsmodellen. Bei Cross Border Leasing (CBL) handelte es sich um eine besondere Form der internationalen Privatfinanzierung. Zentral war bei diesem Vorgang, dass eine öffentliche Gebietskörperschaft ihr Eigentum an ein im Ausland ansässiges Unternehmen übertrug (sale), aber dies unmittelbar wieder mietete, nutzte und aufrecht erhielt (lease back). Maßgeblich war dabei, dass in diesem Vorgang das Unternehmen, welches die Eigentumsrechte übertragen bekommen hatte (Leasinggeber), einen erheblichen steuerlichen Vorteil geltend machen konnte, der wiederum mit dem Leasingnehmer (der Gebietskörperschaft) geteilt wurde. Es handelte sich dabei um ausgesprochen komplexe Verträge mit einer langen Laufzeit (in der Regel 99 Jahre) (Lenk 2006). CBL-Verträge wurden hauptsächlich in den späten 1990er und der ersten Hälfte der 2000er Jahre geschlossen, beispielsweise in Bochum, Essen, Köln, Leipzig und Nürnberg. Typische CBL-Bereiche waren die Verkehrsinfrastruktur (Schienennetz und Fuhrpark) und die Wasserver- und -entsorgung. Ab 2004 durften auf Veranlassung des US-Senats keine derartigen Verträge mehr geschlossen werden; Ende 2008 lief das Geschäftsmodell aus (Frankfurter Rundschau 25.09.2008; Tageszeitung 05.11.2008; Die Zeit 12.03.2009).

  14. 14.

    Gleichsam quer zu einer gesamteuropäischen Betrachtung ist der Blick auf einzelne europäische Staaten. Sieht man sich die absoluten Zahlen für den Zeitraum 1977 bis 2002 (also vor der Wirtschaftskrise) an, dann wird deutlich, dass (gemessen an den Verkaufserlösen) Großbritannien mit weitem Vorsprung vor Italien, Deutschland, Frankreich und Spanien liegt (Bortolotti und Milella 2008, S. 38). Wenn man nun aber die Erlöse durch Privatisierung mit dem Bruttoinlandsprodukt des jeweiligen Landes in ein Verhältnis setzt, also die wirtschaftliche Stärke (und Größe) des jeweiligen Landes systematisch miteinbezieht, dann stellt sich die Situation etwas anders dar. Hier weist Portugal bei weitem den höchsten Wert auf. Finnland, Schweden und Griechenland gehören entsprechend dieser Gewichtung ebenfalls für den genannten Zeitraum zu den privatisierungsfreundlichen Ländern, während Frankreich und Deutschland in das untere Drittel rücken (Bortolotti und Milella 2008, S. 38). Proportional war also Portugal und nicht Großbritannien im fraglichen Zeitraum der Vorreiter der Privatisierung. Dies liegt allerdings auch daran, dass der Anteil staatlicher Unternehmen hier im westeuropäischen Vergleich deutlich höher lag als etwa in Großbritannien. In der revolutionären Transformationsphase der portugiesischen Demokratie (1974 bis 1976) war ein außerordentlich umfangreiches Verstaatlichungsprogramm durchgeführt worden (Bortolotti und Milella 2008, S. 36–46; Judt 2006, S. 580–587).

  15. 15.

    Railtrack wurde nach Zugunfällen mit Todesfolge und aufgrund unterbliebener Sanierungsinvestitionen in das Infrastrukturnetz 2001 wieder verstaatlicht.

  16. 16.

    Es handelt sich um Verträge mit privaten Unternehmen, die über einen langen Zeitraum (etwa 15 oder 25 Jahre) verschiedene Stufen im Wertschöpfungsprozess gegen Bezahlung übernehmen, etwa den Bau, die Sanierung und die Betriebsführung von Gebäuden (Abschn. 2.1.4).

  17. 17.

    Das jetzige britische Gesundheitssystem, der National Health Service (NHS), wurde 1948 gegründet. Es bietet einen freien Zugang zur grundlegenden medizinischen Versorgung für alle in Großbritannien lebenden Personen. Es wird über Steuermittel finanziert und ist mittlerweile in vier Regionen differenziert (England, Nordirland, Schottland und Wales). Der NHS gilt als zentrale wohlfahrtsstaatliche Einrichtung in Großbritannien.

  18. 18.

    Zur Einordnung: Die Finanzplanung der britischen Zentralregierung sah für das Haushaltsjahr 2014/2015 Ausgaben in Höhe von 732 Mrd. £ (998,6 Mrd. €) vor.

  19. 19.

    Zur Verstetigung der Privatisierungs- und Liberalisierungsbereitschaft hat dann in den 1990er Jahren auch die Beitrittsperspektive zur Europäischen Union und zum Europäischen Binnenmarkt beigetragen. Beitrittsbedingung war (als institutioneller Druck) die Übernahme des europäischen Primär- und Sekundärrechts mit den bereits genannten Grundfreiheiten (Abschn. 7.4.2).

  20. 20.

    Es wurden hier die materiellen Veräußerungen mit einem Volumen von über 500 Mio. $ je Land und Sektor untersucht (Privatization Barometer 2014).

  21. 21.

    Eine weitere Alternative ist diejenige, für einen spezifischen Sektor Ausnahmen vom wettbewerblich organisierten Binnenmarkt politisch durchzusetzen.

  22. 22.

    Die in diesem Datensatz ebenfalls berücksichtigte ‚public ownership‘ wurde rechnerisch eliminiert (OECD 2014).

  23. 23.

    Dass hier dominierende Tendenzen, aber kein vollständig wirkender Determinismus beschrieben wurde, zeigt ein Blick auf zwei ‚atypische‘ Länder, nämlich auf Schweden und Portugal. In diesem Vergleich steht Schweden für eine privatisierungs- und liberalisierungsfreundliche Politik, ohne jedoch den Beitritt zur WWU anzustreben und sich damit dem fiskalischen Druck der Konvergenzkriterien auszusetzen. Portugal hingegen strebte diesen Beitritt an, war außerordentlich aktiv bei der Privatisierung, hat aber wichtige Liberalisierungsschritte in netzwerkgebundenen Infrastrukturen in deutlich geringerem Maße vollzogen als etwa die Niederlande, Schweden und Spanien. Derartige Fälle zeigen, dass länderspezifische Unterschiede, Parteiendifferenzthese und Machtressourcenansatz mit ihrem Erklärungsgehalt in dieser Phase zwar in den Hintergrund getreten, aber nicht gänzlich unbedeutend geworden sind.

  24. 24.

    Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wurde 2012 als eigene Organisation durch die Mitgliedstaaten der Eurogruppe (WWU) eingerichtet, um diese ggf. zu refinanzieren (‚financial assistance‘). Er arbeitet eng mit dem IWF zusammen (European Stability Mechanism 2015).

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Sack, D. (2019). Geschichte der Privatisierung in Deutschland und Europa. In: Vom Staat zum Markt. Grundwissen Politik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26873-2_8

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-26872-5

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