Zusammenfassung
Die eigentliche soziologische Diskussion über soziale Interaktion setzte mit Georg Simmel (1858–1918) ein. Was ihn besonders interessierte war die Frage, wie soziale Formen entstehen. Eine seiner Antworten lautete: die Menschen stehen in Wechselwirkung zueinander, diese Wechselwirkungen verdichten sich – unabhängig vom Wissen und Wollen der Individuen – zu temporären Formen, die individuelles und gemeinsames Handelns rahmen und eine prozessuale Ordnung bewirken. Indem die Individuen in Wechselwirkungen zueinander stehen und agieren, vergesellschaften sie sich. Vergesellschaftung ist ein ewiger Prozess, in dem sich die Individuen verketten. Mit seinen Überlegungen zur Wechselwirkung wurde Simmel zum wichtigsten Vorläufer der zunächst in den USA aufkommenden interaktionistischen Theorien.
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- 1.
Dynamis – griech. Kraft, Einfluss, Wirkung.
- 2.
Die englische Übersetzung des Begriffs „Wechselwirkung“ durch „interaction“ trifft es m. E. ganz gut, denn „action“ heißt sowohl „Handlung“ wie auch „(Ein)Wirkung)“.
- 3.
Den Begriff der „Verkettung“ benutzt auch Herbert Blumer, der dem Symbolischen Interaktionismus seinen Namen gegeben hat. Siehe unten Abschn. 7.4.6 Die Verkettung von Handlungen.
- 4.
Durkheim, der Simmels frühe Arbeiten genau kannte, wird von faits sociaux sprechen. Siehe unten Abschn. 3.2 Soziale Tatsachen – die Regelung wechselseitiger Beziehungen.
- 5.
Eine Anekdote am Rande: Simmel fiel im Habilitationsvortrag durch, weil er auf die Frage, wo denn der Ort der Seele sei, antwortete: „Ich kenne keinen“
Literatur
Lichtenberg, G. C. (1775). Sudelbücher 1. (Lichtenberg: Schriften und Briefe, Erster Bd.) München: Hanser (1968) (Zweitausendeins, o. J.).
Nedelmann, B. (1999). Georg Simmel. In: D. Kaesler (Hrsg.) (1999): Klassiker der Soziologie, Bd. 1. München: Beck.
Simmel, G. (1890). Über sociale Differenzierung. In: G. Simmel (1989ff.), Bd. 2.
Simmel, G. (1892). Einleitung in die Moralwissenschaft. Eine Kritik der ethischen Grundbegriffe. Erster Band. (Simmel 1989ff., Bd. 3).
Simmel, G. (1894). Das Problem der Sociologie. In: G. Simmel (1989ff.), Bd. 5.
Simmel, G. (1900). Philosophie des Geldes. (G. Simmel 1989ff., Bd. 6).
Simmel, G. (1903). Die Großstädte und das Geistesleben. In: G. Simmel (1989ff.), Bd. 7.
Simmel, G. (1908). Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. (Simmel 1989ff., Bd. 11).
Simmel, G. (1917). Das Gebiet der Soziologie. In: G. Simmel (1917): Grundfragen der Soziologie (Individuum und Gesellschaft). Berlin: de Gruyter (4. Aufl. 1984).
Simmel, G. (1918). Der Konflikt der modernen Kultur. In: G. Simmel (1968): Das individuelle Gesetz. Philosophische Exkurse. Hrsg. von Michael Landmann. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Simmel, G. (1989ff). Georg Simmel Gesamtausgabe. Hrsg. von O. Rammstedt. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
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Abels, H. (2020). Wechselwirkung und Vergesellschaftung (Georg Simmel). In: Soziale Interaktion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26429-1_2
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