Zusammenfassung
Während die Wirtschaftsgeschichte dem Wirken unternehmerischer Persönlichkeiten große Aufmerksamkeit widmet, wird die Figur des Unternehmers in der Wirtschaftstheorie nahezu unbeachtet gelassen. Das Kapitel entwickelt eine soziologisch kontextualisierte Analyse des Typus des Unternehmers, die die bei Schumpeter erkennbare Tendenz zur Hypostasierung der individuellen Unternehmerpersönlichkeit vermeidet. Die kreativen Leistungen von Unternehmern und sie sie rahmenden symbolischen und sozialen Inszenierungen werden dabei ebenso berücksichtigt, wie die spezifisch modernen Klassenstrukturen, die die Figur des industriellen Unternehmers erst entstehen lassen. Zugleich wird gezeigt, dass das dem unternehmerischen Handeln zugrunde liegende Aufstiegsstreben eine strukturelle Aufwärtsmobilität auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge hat, die dem unternehmerischen Potential nachfolgender Generationen Grenzen setzt („kollektiver Buddenbrooks-Effekt“).
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Notes
- 1.
„Vorschriften und Regeln der Arbeit zu befolgen ist im Interesse der Verlässlichkeit, der Arbeitssicherheit, der Routinisierung etc. genauso wichtig wie sich nicht auf jeden Fall und um jeden Preis – quasi ritualistisch – an Regeln und Vorschriften zu klammern, auch wenn der Fortgang, der Erfolg der Arbeit oder auch das Arbeitsklima dadurch deutlich beeinträchtigt oder gefährdet werden. Sogar Sicherheitsvorschriften müssen situationsspezifisch interpretiert werden.“ (Strauß und Kruse 2004, S. 159).
- 2.
Anthony Giddens (1984) formuliert mit seinem Prinzip der „Dualität“ von Strukturen bekanntlich einen ähnlichen Gedanken.
- 3.
Neue Produkte oder Produktionstechniken lösen keineswegs nur die Probleme, die ihre Erfindung motivierten, sondern erzeugen häufig an die Potenziale der neuen Technologien geknüpfte sekundäre Bedürfnisse: Mit der Erfindung der Eisenbahn entstehen gänzlich neue (z. B. touristische) Formen des Reisens, mit der Erfindung des Internets oder des Mobiltelefons neue kommunikative Erwartungen.
- 4.
Eines der eindrucksvollsten Beispiele ist zweifellos die Geschichte der Krupp-Dynastie (Gall 2000). Es ist bezeichnend, dass Alfred Krupp den Aufbau seines Imperiums kurz nach der Gründung des Deutschen Reiches mit dem Erlass eines „Generalregulativs“ krönte, einer Art „Firmenverfassung“, die Rechte und Pflichten aller Firmenmitglieder für alle Zeiten, auch über den Tod des Firmengründers hinweg, regeln sollte. Im Jahr 1958 wurde dieses Regulativ unter der Ägide des Urenkels, Alfried Krupp, modernisiert und erneuert (Mühlen 1965).
- 5.
Ein berühmtes „Paradigma“ dieser Art ist die so genannte „Standuhr“, d. h. das im Stuttgarter Mercedes-Museum ausgestellte, von Gottlieb Daimler entwickelte erste Modell eines schnell laufenden Benzinmotors. Die drei Äste des Mercedes-Sterns symbolisieren das Entwicklungspotenzial: Motorisierung zu Lande, zu Wasser und in der Luft.
- 6.
„Geld ist der Gott unserer Zeit, und Rothschild ist sein Prophet“ – so hatte Heinrich Heine die Position der Rothschilds seinerzeit charakterisiert (zit. nach Ferguson 1998, S. 228). Dass die Rothschilds anders als viele ihrer Glaubensgenossen die Konversion zum Christentum ablehnten, bildete für ihren Erfolg kein Hindernis.
- 7.
Ein Modell für eine solche zyklische Verschiebung des gesellschaftlichen Machtverhältnisses zwischen Unternehmern einerseits („Spekulanten“) und Rentiers andererseits findet sich schon bei Pareto (vgl. Eisermann 1962, S. 181 f., 204 f.).
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Deutschmann, C. (2019). Der Typus des Unternehmers in wirtschaftssoziologischer Sicht. In: Kapitalistische Dynamik. Wirtschaft + Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26227-3_8
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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