Zusammenfassung
Mehr als alles andere beeinflussen Medien die Erwartungen, die Akteure haben. Das wird uns in den sozialen Konsequenzen noch weiter beschäftigen, in diesem Kapitel wollen wir aber zunächst einmal Grundlagen auf der Individualebene legen.
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Der erste Abschnitt ist dabei dem Weg gewidmet, auf dem die Beeinflussung von Erwartungen rational passiert, nämlich der Information. Medienvermittelte Signale verändern die Erwartungen, die Akteure von der Welt haben, und im Allgemeinen präzisieren sie diese und liefern damit Information im Sinne des Shannonschen Informationsbegriffes.
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Nicht nur Information spielt in den Medien eine Rolle, sondern auch ihr Gegenstück, die Redundanz, weil sie nötig ist, um Information überhaupt aufnehmen zu können.
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Aufgrund der Art, wie das menschliche Gehirn funktioniert, ist rationale Information aber nicht die einzige Art, wie Medien Erwartungen und damit Handlungssituationen beeinflussen. Daneben steht das sogenannte Framing, nämlich der momentanen Verfügbarkeit bestimmter kognitiver Strukturen, durch die beeinflusst wird, welche Erwartungen verwendet werden.
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Notes
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Laut einer kleinen amerikanischen Studie schauen 80 % aller Menschen normalerweise morgens auf irgendeine Art von Wetterbericht, und mit der Allgegenwart von Smartphones sind es noch deutlich mehr geworden. Unter jungen Menschen sind es etwas weniger (18–19: 68 %), unter Älteren mehr (45+: 85 %), Einkommen und Geschlecht spielen keine Rolle, dafür sehr die Region, in der man wohnt, vom sonnigen Kalifornien (70 %) bis New England (94 %). (Hickey 2015, Daten auf https://github.com/fivethirtyeight/data/tree/master/weather-check, 27.02.2018).
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1916–2001, lehrte von 1958 bis 1987 am Massachusetts Institute of Technology.
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Diese Formate sind so verbreitet, dass man sie bei heutigen Studierenden weitgehend als bekannt voraussetzen kann. Falls nicht, hier eine kurze Beschreibung:
(A) Im Format „Big Brother“ lebt eine Gruppe von Kandidaten unter ständiger Überwachung und ohne Ausweichmöglichkeit zusammen, in regelmässigen Abständen wird immer ein Mitglied herausgewählt, das als letztes verbleibende Individuum gewinnt ein Preisgeld.
(B) Das Format „Idol“ ist ein Wettbewerb, in dem ebenfalls am Ende einer aus einer grossen Kandidatenzahl gewinnt, aber der Fokus liegt hier an der Zurschaustellung präsentierbarer Qualitäten.
(C) Im Format „Millionaire“ geht es um den Nachweis von Wissen in der Beantwortung zunehmend schwierigerer Fragen zum Gewinn zunehmend höherer Geldbeträge.
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1922–1982, sein Werk Wir alle spielen Theater (engl. The presentation of self in everyday life, Goffman 1959) begründet die Analyse der symbolischen Kommunikation in Interaktionssituationen (symbolischer Interaktionismus) und ist eines der meist- und von Studierenden am liebsten gelesenen in der Soziologie.
Literatur
Zentrale Referenzen
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Luhmann, Niklas. 2001. Das Medium der Kunst. In Aufsätze und Reden, Hrsg. Oliver Jahraus, 198–217. Stuttgart: Reclam. (Erstveröffentlichung 1986).
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Beispiele mediensoziologischer Studien
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Lehrbücher
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Weitere Referenzen
Kahneman, Daniel. 2011. Thinking, fast and slow. New York: Farrar, Straus & Giroux.
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Scholtz, H. (2020). Erwartungen. In: Mediensoziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26011-8_3
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