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‚Mehr Migranten in den öffentlichen Dienst!‘: Genese und Wandel eines politischen Problems in Berlin

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Die Produktion von Diversität in städtischen Verwaltungen

Part of the book series: Migrationsgesellschaften ((MIGRAGS))

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Zusammenfassung

Die empirische Untersuchung des Zugangs von Migranten und Migrantennachkommen zu städtischen Verwaltungen beginnt an dem Punkt, wo dieser für Verwaltungen ‚problematisch‘ wird: bei den politischen Konzepten und Diskursen, die die ‚Zugangsfrage‘ aufwerfen, problematisieren und damit bestimmte Erwartungen an öffentliche Verwaltungen adressieren. Wie beschrieben, verbreitete sich seit Mitte der 2000er Jahre in Integrationskonzepten deutscher Städte das Ziel, den Anteil an Menschen aus Einwandererfamilien im Öffentlichen Dienst zu erhöhen; im hier untersuchten Falle Berlins wurde es im ‚Partizipations- und Integrationsgesetz‘ von 2010 gesetzlich verankert. In diesem Kapitel wird die ‚Karriere‘ dieses ‚Problems‘ in den politischen Konzepten und Debatten in Berlin seit den 1970er Jahren nachgezeichnet.

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Notes

  1. 1.

    Die Darstellung beschränkt sich auf die Westberliner Integrationspolitik, da es in Ostberlin keine Integrationspolitik für die ausländischen ‚Vertragsarbeiter‘ gab – Integration und Teilhabe waren nicht erwünscht (Lanz 2007, S. 114).

  2. 2.

    Von den ausländischen Staatsangehörigen waren 47 % türkisch, 15 % jugoslawisch und 3 % stammten aus Griechenland (Dok_Sen1979, S. 3 f.). In Berlin begann man erst 1968, später als in der übrigen Bundesrepublik, ausländische Arbeitskräfte anzuwerben. Ein Grund war, dass die Westberliner Wirtschaft bis zum Mauerbau vom grenzüberschreitenden Pendeln Ostberliner Arbeitskräfte profitierte und westdeutsche Arbeitskräfte über staatliche Lohnzulagen angeworben wurden (Lanz 2007, S. 60). Die Anwerbung konzentrierte sich auf die Türkei und Jugoslawien, da es zu dieser Zeit kaum noch migrationsbereite Arbeitskräfte in den früheren Anwerbeländern Italien, Spanien oder Griechenland gab (Gesemann 2001, S. 13).

  3. 3.

    Die Liste der zitierten Dokumente befindet sich im Anhang der Arbeit. Das Kürzel ‚Dok_Sen‘ steht für Dokumente des Berliner Senats, ‚Dok_Abg‘ bezeichnet Dokumente aus dem Abgeordnetenhaus, also dem Landesparlament, die Zahl bezieht sich auf das betreffende Jahr.

  4. 4.

    Von einem wachsenden Anteil ‚ausländischer Jugendlicher‘ in öffentlichen Ausbildungsverhältnissen wurde jedoch fast nur aus dem Berufsamt berichtet (Dok_Sen1985, S. 20), einer außerbetrieblichen, senatsgeförderten Ausbildungsstätte für Jugendliche, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten hatten.

  5. 5.

    Es handelte sich um das erste integrationspolitische Papier nach der Wiedervereinigung Berlins, nach der integrationspolitische Themen zunächst in den Hintergrund gerückt waren (Lanz 2007, S. 122).

  6. 6.

    Eine frühere kleine Anfrage aus dem Jahr 1988 hatte einen Anteil von 3,24 % an ausländischen Beschäftigten in den Berliner Senats- und Bezirksverwaltungen ergeben (Bischoff und Franke 1998, S. 73). Die Zahlen hatte sich somit zwischen 1988 und 1993 nicht wesentlich geändert.

  7. 7.

    1991 wurden mit einer Reform des Ausländerrechts Einbürgerungserleichterungen eingeführt, u. a. ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung nach einem Aufenthalt von acht Jahren für die in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Staatsangehöriger und nach 15 Jahren für selbst Eingewanderte, der zuvor noch nicht bestand. Voraussetzung war aber weiterhin, die bisherige Staatsbürgerschaft aufzugeben.

  8. 8.

    Als Anhaltspunkt: Von 1984–93 wurden ca. 50.000 Einbürgerungen in Berlin durchgeführt, im Vergleich dazu lag die Gesamtzahl der ausländischen Staatsbürger 1994 bei ca. 420.000 (Dok_Sen1995, S. 28, 40).

  9. 9.

    Es handelte sich um die größten Herkunftsgruppen in der ausländischen Bevölkerung Berlins: 1994 lebten ca. 139.000 türkische Staatsangehörige in Berlin (33 % der ausländischen Bevölkerung), ca. 73.000 Menschen aus Ex-Jugoslawien (inkl. Kriegsflüchtlinge) (17 % der ausländischen Bevölkerung), sowie ca. 28.000 Polen (7 % der ausländischen Bevölkerung) (Dok_Sen1995, S. 25).

  10. 10.

    Allerdings haben die Bundesländer einen Ermessensspielraum bei den Einbürgerungen. In Berlin wurde der Ermessensspielraum tendenziell zugunsten der Antragstellenden ausgelegt und Einbürgerungen unter Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit genehmigt, wenn der Herkunftsstaat nicht aus der Staatsangehörigkeit entließ, v. a. wenn wie im Fall der Türkei das Leisten des Wehrdienstes erzwungen werden sollte (Hunger und Thränhardt 2001, S. 120 f.). Anfang der 1990er Jahre wurde bei ungefähr der Hälfte der Einbürgerungen die doppelte Staatsangehörigkeit akzeptiert (Häußermann 1995, S. 24). Berlin nahm unter den Bundesländern auch aufgrund dieser weiten Auslegung des Ermessensspielraums eine Spitzenposition bei der Zahl der Einbürgerungen ein (Hunger und Thränhardt 2001, S. 120 f.).

  11. 11.

    In der Polizei gab es, wie erwähnt, bereits seit Ende der 1980er Jahre immer wieder gezielte Bemühungen, junge Menschen aus Einwandererfamilien zu gewinnen (Dok_Abg2007; Ludwig und Vogel 2005, S. 38 f.).

  12. 12.

    Im Jahr 2015 waren über 60 Ausbildungsbetriebe beteiligt (Dok_BQN2015, S. 7).

  13. 13.

    Die Titel in der Presse veranschaulichen, dass die Kombination von „Migranten“ oder „Ausländern“ und dem Öffentlichen Dienst ungewohnt und berichtenswert war: „Senat sucht Migranten für öffentlichen Dienst“ (Der Tagesspiegel, 07.06.2006), „Senat bietet 1000 Lehrstellen für Ausländer mit deutschem Paß“ (Die Welt, 25.12.2005) oder „„Halt, Polizei“ auf Arabisch? GEHEIMWAFFE Innensenator will Ausländer-Banden mit Migranten schnappen“ (Berliner Kurier, 18.08.2005).

  14. 14.

    Der „Migrationshintergrund“ wurde in Deutschland für die Auswertung des Mikrozensus 2005 entwickelt, da die bis dahin verwendete Kategorie der Staatsangehörigkeit immer weniger in der Lage war, die Zielgruppe der Integrationspolitik zu erfassen (Eingebürgerte, Spätaussiedlerinnen und in Deutschland geborene Kinder nichtdeutscher Eltern blieben in den Statistiken unsichtbar). Die Kategorie ist folgendermaßen definiert: „Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt“ (Statistisches Bundesamt 2015, S. 4).

  15. 15.

    Erwogen, aber nicht umgesetzt, wurde aus diesem Grund auch, Kinder binationaler Eltern nicht einzubeziehen. Die Berliner Definition macht „Migrationshintergrund“ an drei Merkmalen fest: 1) Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind, 2) im Ausland geborene und seit dem 01.01.1956 nach Deutschland ein- und zugewanderte Personen und 3) Personen, bei denen mindestens ein Elternteil Merkmal 2 erfüllt (Dok_Sen2010, S. 16).

  16. 16.

    Das Gesetz war auch insgesamt umstritten. Von verschiedenen politischen Akteuren, auch aus der regierenden SPD selbst, wurde der Entwurf als wirkungslos und überflüssig abgelehnt (Der Tagesspiegel 28.09.2010; Der Tagesspiegel 05.08.2010; Dok_Abg2010b, S. 6731). Kritisiert wurde auch die Eile, mit der der Senat das Gesetz entwickelt und verabschiedet sehen wollte, da sie eine grundlegende integrationspolitische Debatte verhindert habe (Dok_Abg2010b, S. 6733).

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Lang, C. (2019). ‚Mehr Migranten in den öffentlichen Dienst!‘: Genese und Wandel eines politischen Problems in Berlin. In: Die Produktion von Diversität in städtischen Verwaltungen. Migrationsgesellschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25955-6_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-25955-6_5

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-25954-9

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