Zusammenfassung
Das Verhältnis von Diskursen zur materiellen Welt ist eines der aktuellsten Themen in der Diskurstheorie und -analyse. Noch ist nicht ausdiskutiert, wie Diskurse zur materiellen Welt stehen und auf Basis welcher theoretischen wie methodischen Referenzen eine entsprechende Analyse vonstattengehen könnte. Im vorliegenden Aufsatz wird deshalb ein Vorschlag unterbreitet, der im Anschluss an den Diskursbegriff der Wissenssoziologischen Diskursanalyse (WDA) und an die materialitätstheoretischen bzw. techniksoziologischen Arbeiten Latours Diskurse als multimodale Einheiten begreift, die neben sprachlichen Äußerungen auch materiale Artefakte – und zwar als potenziell eigenlogische Wissensgeneratoren – einschließen. Die im Anschluss daran explizierte These lautet, dass die Multimodalität von Diskursen mit dem Konzept des Dispositivs adäquat diskursanalytisch einbezogen und mit einschlägigen Methoden der qualitativen Sozialforschung angemessen empirisch untersucht werden kann.
The things we call ‚technologies‘ are ways of building order in our world.
(Winner 1986: 28)
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Notes
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Dieser Terminus, der ursprünglich aus der Kommunikationswissenschaft stammt und etymologisch (aus dem Lateinischen abgeleitet: multus = viel, modalis = die Art und Weise bezeichnend) in etwa ‚auf vielfältige Art und Weise‘ bedeutet, eignet sich gerade deshalb besonders gut, da es hier um die Betonung der heterogenen Medialität von Diskurs(re)produktion gehen soll, also die Anteilnahme verschiedener Arten von Vermittlungsinstanzen bzw. -medien in Diskursen. Er wird deshalb alternativen Adjektiven, wie z. B. „multidimensional“ (van Dyk 2013, S. 47) vorgezogen, obgleich bereits eine anders akzentuierte Alternativverwendung im diskurstheoretischen Feld vorliegt (Meier 2011).
- 2.
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Die Rolle der nicht-zeichenhaften Praktiken wird im Folgenden ausgespart und lediglich auf die diskursproduktive Rolle von Artefakten bzw. technischen Systemen fokussiert.
- 4.
Ich gehe hier also auf Distanz zu der kürzlich noch von mir vertretenen, gegenteiligen Ansicht (s. Egbert und Paul 2018, S. 134). Trotzdem bietet der genannte Aufsatz eine treffende Ergänzung zum vorliegenden Artikel, da in ihm eine exemplarische Dispositivanalyse – am Beispiel der Entwicklung von modernen Verfahren der Lügendetektion im ‚war on terror‘ – dargestellt wird. Ein weiteres Beispiel – Drogentests – findet sich bei Egbert (2018).
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- 6.
Dies gilt ebenso für die geläufige Bedeutung des Begriffs im Französischen, der u. a. auf das Charakteristikum der Heterogenität abzielt (Keller 2017, S. 23).
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Mit Lindemann (2014, S. 187) kann man in diesem Zusammenhang auch von „technische(n) Sinnvorschl(ägen)“ sprechen.
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Egbert, S. (2019). Die Multimodalität von Diskursen und die Rekonstruktion dispositiver Konstruktionen von Wirklichkeit – ein programmatischer Vorschlag aus techniksoziologischer Perspektive. In: Bosančić, S., Keller, R. (eds) Diskursive Konstruktionen. Theorie und Praxis der Diskursforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25799-6_5
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