Zusammenfassung
In der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik tritt seit 1990 stets der gleiche Konflikt zutage: Ist die Bundesrepublik mit der Frage konfrontiert, ob sie sich an internationalen militärischen Missionen beteiligen soll, dann stehen die Verpflichtungen gegenüber den Verbündeten, der Wille, als zuverlässiger und berechenbarer Partner zu gelten, sowie die traditionelle Westbindung im Spannungsverhältnis mit den Vorbehalten, militärische Mittel zur Lösung internationaler Konflikte einzusetzen, sich substanziell an militärischen Interventionen zu beteiligen und die Bundeswehr in Kampfeinsätze zu entsenden. Dieser immer wieder aktualisierte Grundkonflikt gründet auf der Ambivalenz zweier Prämissen, die die bundesdeutsche strategische Kultur prägen: „Nie wieder Krieg“ verweist auf die menschlichen, moralischen und politischen Abgründe des Zweiten Weltkrieges und auf die Zweifel an militärischer Gewalt als Mittel zur Lösung internationaler Konflikte. „Nie wieder alleine“ steht für die Abkehr von Vormachtstreben und Schaukelpolitik sowie für die feste Einbindung in die transatlantische Allianz und die europäische Gemeinschaft. Im Kalten Krieg konnten diese beiden Prämissen zumeist in Deckung gebracht werden. Gemeinsam mit den Verbündeten trug die Bundesrepublik zur glaubhaften Abschreckung bei, die wiederum Spielräume für die politischen Initiativen der Ostpolitik eröffnete.
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Biehl, H. (2019). Zwischen Bündnistreue und militärischer Zurückhaltung. In: Werkner, IJ., Haspel, M. (eds) Bündnissolidarität und ihre friedensethischen Kontroversen. Gerechter Frieden. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25160-4_3
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